Aktuelle Dermatologie 2021; 47(10): 418-420
DOI: 10.1055/a-1541-3863
Derma-Fokus

Beeinflusst die Zeit zwischen erster Melanomexzision und SLNB die Behandlung?

Vargas-Mora P. et al.
Impact of the time interval between primary melanoma excision and sentinel node biopsy: A systematic review and meta-analysis.

J Am Acad Dermatol 2021;
85: 128-134
 

Zwar gilt die Entnahme einer Sentinel-Lymphknoten-Biopsie (SLNB) bei der Behandlung des kutanen Melanoms als Standardverfahren, doch wurde ihre Rolle in den letzten Jahren häufiger infrage gestellt. Nicht zuletzt deshalb, weil weder der direkte Einfluss auf das Gesamtüberleben (GÜ) noch auf das melanomspezifische Überleben (MSÜ) nachgewiesen werden konnte.


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So kann der Eingriff für die Patientinnen und Patienten – abgesehen von der Gefahr lokaler Komplikationen – sehr belastend sein und sich insofern auf die Behandlung auswirken. Durch einen zeitlichen Abstand zwischen der primären Melanombiopsie und der weiten lokalen Exzision mit SLNB könnte diese Belastung noch weiter erhöht werden. Derzeit gibt keine klinische Leitlinie einen maximalen Zeitabstand vor, wobei davon ausgegangen wird, dass dieser so gering wie möglich zu halten ist – dennoch bleibt der Einfluss des Zeitintervalls bislang unklar. Während einige Studien darüber berichten, dass das MSÜ verbessert werden kann, wenn die SLNB innerhalb von 30 Tagen stattfindet, zeigten andere wiederum, dass sich die Prognose verschlechtert, wenn die SLNB früh durchgeführt wird. In Anbetracht der kontroversen Befunde zielte eine aktuelle Metaanalyse darauf ab, den Zusammenhang zwischen dem Zeitintervall (von der primären Biopsie zur SLNB) und den Behandlungsergebnissen bei Melanomen (GÜ, MSÜ und krankheitsfreies Überleben [KFÜ)]) zu untersuchen.

In ihre Studie nahmen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler all diejenigen Studien mit auf, die die Auswirkungen der genannten Zeitspanne auf GÜ, MSÜ und KFÜ bewerteten. Dabei erhoben sie folgende Daten: Name des Erstautors, Jahr der Veröffentlichung, Land, Studiendesign, Anzahl der Patienten, mediane Nachbeobachtungszeit, mittlerer Breslow-Index, Vorhandensein von Ulzerationen, Anzahl und Prozentsatz positiver Sentinel-Knoten, Ergebnis (GÜ, MSÜ oder KFÜ) und Hazard Ratio (HR) mit dem entsprechenden 95 %-Konfidenzintervall (KI).

Ergebnisse

Die Metaanalyse bezog 6 retrospektive Studien mit insgesamt 9705 Patienten ein, von denen sich 4383 in einem als kurz definierten Zeitintervall und 4574 in einem als lang definierten Intervall einem SLNB-Verfahren unterzogen. In einer Studie wurden 43 Tage, in 2 Studien 40 Tage, in 2 Studien 30 Tage und in einer Studie 28 Tage als Grenzwert zwischen früher und später SLNB definiert.

  • Drei der Studien analysierten den Einfluss auf das MSÜ: Die kombinierte HR für das MSÜ betrug 1,25 (95 %-KI 0,92–1,68); es bestand eine hohe Heterogenität (I2 = 83 %; p = 0,002).

  • Fünf der Studien analysierten den Einfluss auf das KFÜ: Die kombinierte HR für das KFÜ betrug 1,05 (95 %-KI 0,95–1,15) bei geringer Heterogenität (I2 = 9 %; p = 0,36).

  • Drei Studien analysierten den Einfluss auf das GÜ: Im Hinblick auf das GÜ wurde eine kombinierte HR von 1,25 (95 %-KI 0,92–1,70) bei geringer Heterogenität (I2 = 37 %; p = 0,2) ermittelt.

Fazit

Die Metaanalyse zeigt, dass das Zeitintervall zwischen dem primären Biopsieverfahren und der SLNB keinen signifikanten Einfluss auf den Behandlungserfolg hat. Diese Erkenntnis liefere wichtige klinische Empfehlungen für die Behandlung von Patienten mit Hautkrebs, so die Autoren. Einschränkungen seien jedoch, dass es sich bei den einbezogenen Studien um retrospektive, nicht randomisierte klinische Studien handelte und die Heterogenität zwischen den einzelnen Substudien hoch war.

Leandra Metzger, Stuttgart


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Publication History

Article published online:
11 October 2021

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