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DOI: 10.1055/a-1547-3498
Risiko-Wahrscheinlichkeits-Index zur Diagnose eines Lupus erythematodes
Einen systemischen Lupus erythematodes (SLE) zu diagnostizieren kann sich mitunter über Monate oder sogar Jahre hinziehen. Selbst die inzwischen verbesserten Diagnosekriterien der Fachgesellschaften konnten die Diagnosestellung, gerade in den frühen Erkrankungsstadien, nicht erleichtern. Mit dem von Adamichou und ihren Kollegen entwickelten Modell kann ein SLE hingegen mit hoher Genauigkeit detektiert werden.
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Grundlage für die Entwicklung und das Training des maschinellen Lernmodells (ML) bildete eine Kohorte aus je 401 Patienten mit SLE bzw. anderen rheumatologischen Erkrankungen aus den rheumatologischen Abteilungen der Universitätskliniken in Heraklion und Athen. An einer weiteren Gruppe, bestehend aus 512 SLE- bzw. 143 Kontrollpatienten, wurde das Modell dann validiert.
Das mit den Daten der Trainingskohorte entwickelte Modell umfasste Diagnosekriterien der European League against Rheumatism (EULAR), des American College of Rheumatology (ACR) und der Systemic Lupus International Collaborating Clinics (SLICC) sowie interstitielle Lungenerkrankungen (ILD) als zusätzlichen SLE-Prädiktor. In der Validierungskohorte zeigte sich dann, dass mit Hilfe dieses Modells ausgezeichnet zwischen tatsächlich positiven und falsch positiven SLE-Fällen differenziert werden kann.
Aus dem Modell bildeten die Autoren vier Risikogruppen mit unterschiedlichen SLE-Wahrscheinlichkeiten: von 0–14% (SLE unwahrscheinlich) bis 87–100% (SLE definitiv). Die Erkrankungswahrscheinlichkeit korrelierte positiv mit der Zunahme von Erkrankungsschwere und Organschäden; Patienten der niedrigen Risikogruppen (0–14%, 15–43%) litten unter einer milderen Verlaufsform des SLE.
Um das Modell auch für die klinische Praxis nutzbar zu machen, wandelten es Adamichou und ihre Kollegen in ein einfaches Punktesystem (SLE-Risk-Probability-Index/SLERPI) um. Jedes der insgesamt 14 Modell-Kriterien (Autoimmun-Thrombozytopenie/hämolytische Anämie, Schmetterlingserythem/makulopapulöse Veränderungen, kutaner/diskoider SLE, Alopezie, Schleimhautulzera, Arthritis, Serositis, Leukozytopenie < 4000/µl, neurologische Symptome, Proteinurie, ANA-Antikörper, niedriges C3/C4, ILD, immunologische ACR-Kriterien) erhielt also einen Punktwert zwischen 1 und 4,5 (insgesamt 30,5). Ein SLE kann ab einem Schwellenwert von mehr als 7 Punkten diagnostiziert werden; Sensitivität, Spezifität und Genauigkeit liegen dabei bei 94,2, 94,4 und 94,2%.
Mit dem hier vorgestellten Modell kann ein SLE nicht nur ausgeschlossen oder bestätigt werden, sondern es ermöglicht auch eine Selektion von Patienten mit mittleren Wahrscheinlichkeiten. Der SLERPI ist einfach zu handhaben und interpretieren und ließe sich leicht in die klinische Praxis integrieren. Auch wenn die endgültige Diagnose natürlich letztlich den behandelnden Ärzten obliegt und das Modell noch in weiteren Kohorten validiert werden muss, könnte es so schon jetzt eine frühzeitige SLE-Diagnose ermöglichen und so möglicherweise das Outcome betroffener Patienten verbessern.
Stephanie Gräwert, Leipzig
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Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
02. Dezember 2021
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