Erfahrungsheilkunde 2021; 70(05): 241
DOI: 10.1055/a-1577-7340
Editorial

„Feindbild Cholesterin“ – Echter Risikofaktor oder doch nur Panikmache?

Peter W. Gündling

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Leserinnen, liebe Leser,

Kaum ein Blutwert beschäftigt die Gemüter der Patienten wie auch der Ärzte so sehr wie das Cholesterin. Während die einen seine absolute Gefährlichkeit speziell für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall predigen und die Normwerte insbesondere des LDL-Cholesterins immer weiter nach unten korrigieren, sprechen andere von einer Cholesterinlüge und behaupten, dass von dessen (medikamentöser) Senkung in erster Linie die Pharmaindustrie profitiere.

Tatsache ist, dass zumindest in unserer westlichen Welt kaum eine Person den in den Leitlinien geforderten LDL-Wert von unter 115 mg/dl – ohne die Einnahme von Statinen –erreicht.

Andererseits sind es gerade die gesunde Lebensweise im Allgemeinen, wie auch die Säulen der klassischen Naturheilverfahren im Speziellen, die „wie von Zauberhand“ das (gute) HDL-Cholesterin steigen und das (schlechte) LDL-Cholesterin sinken lassen. Teilweise etwas umstritten sind die genauen Wege dahin. Während einige Untersucher behaupten, eine fettarme Ernährung habe den größten Einfluss auf die LDL-Senkung, zeigen andere, dass es insbesondere die Reduktion von Kohlenhydraten ist, die den größten Effekt darauf wie auch auf die Triglyzeride hat.

Zweifellos ist ein großer Teil der überhöhten Blutfette dem bewegungsarmen Lebensstil unserer Überflussgesellschaft geschuldet. Und obgleich Fette zumindest teilweise essenziell für uns sind und Cholesterin als Baustein für Zellmembranen und Ausgangssubstanz beispielsweise für die Synthese von Steroidhormonen so wichtig ist, dass sich unserer Organismus nicht auf seine regelmäßige externe Zufuhr verlässt, sondern es selbst produziert, ist ein Übermaß sicher nicht unproblematisch.

Der alte Paracelsus-Spruch „Die Menge macht das Gift“, gilt sicher auch hier. Auch wenn die Ernährung allein vielleicht im Durchschnitt nur einen geringen Einfluss auf das Lipidprofil hat, so lohnt sich eine entsprechende Beratung und ein Versuch auf jeden Fall, da dies individuell sehr unterschiedlich ist.

Wird die Ernährungsumstellung durch bestimmte Nahrungsbestandteile wie ungesättigte Fettsäuren, insbesondere Omega-3, sowie um regelmäßige körperliche Aktivität, zur Anregung der Fettverbrennung und HDL-Synthese ergänzt, trägt dies nachweislich zur Verbesserung des Lipidprofils und damit der Reduktion der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität bei.

Die aktuelle Ausgabe unserer Zeitschrift gibt Ihnen nicht nur einen guten Einblick in die grundlegende Bedeutung des Cholesterins in Organismus und Stoffwechsel, sondern auch einen guten Überblick über die therapeutischen Möglichkeiten der Ernährung und Bewegung sowie pflanzlicher und tierischer Inhaltstoffe zur Verbesserung des Lipidprofils.

Wie immer wünsche ich Ihnen wieder viel Freude und neue Erkenntnis bei der Lektüre dieses Heftes.

Herzlichst Ihr
Peter W. Gündling



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Article published online:
12 October 2021

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