Schmidt SAJ.
et al.
Perceived psychological stress and risk of herpes zoster: a nationwide population-based cohort study.
Br J Dermatol 2021;
185: 130-138
DOI:
10.1111/bjd.19832
Akuter und chronischer psychischer Stress geht mit einer verminderten Anzahl und Aktivität zytotoxischer Lymphozyten einher. Diese ist auf eine Überaktivierung des sympathischen Nervensystems und der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse zurückzuführen. So könnte eine eingeschränkte zelluläre Immunfunktion auch das Risiko der Reaktivierung latenter Infektionen erhöhen.
Die dänischen Forscherinnen und Forscher wollten nun eine bislang fehlende Dosis-Wirkungs-Analyse für den Zusammenhang zwischen chronischem Stress und HZ durchführen. Sie erstellten dazu eine bevölkerungsbasierte Kohortenstudie mit 77 310 Personen. Die Daten stammten aus einer im Jahr 2010 durchgeführten nationalen dänischen Gesundheitsstudie. In die Analysen einbezogen wurden Menschen ab einem Alter von 40 Jahren. Diese wurden nachverfolgt bis zur HZ-Diagnose, zum Versterben, zur Auswanderung oder bis zum Jahr 2014, je nachdem, welches der Ereignisse zuerst eintrat. Die Wissenschaftler benutzten die Cohen Perceived Stress Scale (PSS) zur Feststellung des chronischen Stresses, der von einer Person als Reaktion auf die Anforderungen des täglichen Lebens wahrgenommen wird. Die Skala misst, inwieweit Menschen Alltagssituationen, wie unerwartete Ereignisse und persönliche Probleme, im vergangenen Monat als unvorhersehbar, unkontrollierbar oder überwältigend empfunden haben. Die Teilnehmer bewerteten den subjektiv wahrgenommenen Stress anhand verschiedener Fragen auf einer Skala von 0–4 resultierend in einem Gesamtergebnis zwischen 0 und 40 Punkten. Es erfolgte die Berechnung von Hazard Ratios (HRs) für HZ in Verbindung mit den PSS-Werten. Verwendet wurde eine Cox-Regression mit dem Alter als Zeitskala, bereinigt um das Geschlecht, immunsuppressive und ausgewählte chronische Erkrankungen, immunsuppressive Medikamente sowie soziodemografische, lebensstilbezogene und anthropometrische Faktoren. Die PSS-Werte wurden in Quintile eingeteilt und mit einer eingeschränkten kubischen Splinefunktion modelliert.
Ergebnisse
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Die unbereinigte HZ-Rate variierte zwischen 5,53 und 7,20 pro 1000 Personenjahre zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Quintil des PSS-Wertes.
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Im Vergleich zum niedrigsten PSS-Quintil betrugen die bereinigten HRs für HZ für das 2.–5.Quintil: 1,00 (95 %-KI 0,86–1,16); 1,08 (95 %-KI 0,92–1,26); 1,05 (95 %-KI 0,90–1,23) und 1,14 (95 %-KI 0,97–1,34).
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In kubischen Spline-Analysen waren PSS-Werte kleiner als 20 nicht mit einer erhöhten HR für HZ assoziiert. Danach stieg die HR jedoch linear von 1,10 (95 %-KI 0,85–1,41) auf 2,22 (95 %-KI 1,32–3,75) an.
Menschen mit einem PSS-Wert von 18 von 40 Punkten oder mehr hatten demnach ein um 14 % erhöhtes relatives Risiko für Gürtelrose – bereinigt um Alter, Geschlecht, immunbedingte Krankheiten, Einnahme immunsuppressiver Medikamente und Lebensstilfaktoren.
Die Daten zeigen, dass ein hohes Maß an psychischem Stress mit einem erhöhten Risiko für Gürtelrose verbunden ist, so die Autoren. Die Studie füge HZ zur Liste potenziell negativer gesundheitlicher Folgen von psychischem Stress hinzu und unterstreiche die Bedeutung des psychischen Wohlbefindens in der Allgemeinbevölkerung. Die Ergebnisse aus Dänemark seien auf ähnliche Populationen übertragbar, jedoch nicht ohne Weiteres auf Menschen jeglicher ethnischen Herkunft.
Annkatrin Wagner, Stuttgart
Herpes Zoster. In einer dänischen Studie konnte gezeigt werden, dass ein Zusammenhang zwischen psychischem Stress und dem Risiko für Herpes Zoster besteht. Bildquelle: Lautenschlager S. Herpes zoster. In: Battegay E, Hrsg. Differenzialdianose Innerer Krankheiten. 21., vollst. überarb. und erw. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2017. doi:10.1055/b-004-129980