Aktuelle Dermatologie 2021; 47(10): 420
DOI: 10.1055/a-1579-3957
Derma-Fokus

Hidradenitis suppurativa: Studie bewertet Wirksamkeit von Antibiotikatherapien

Van Straalen KR. et al.
The efficacy and tolerability of tetracyclines and clindamycin plus rifampicin for the treatment of hidradenitis suppurativa: Results of a prospective European cohort study.

J Am Acad Dermatol 2021;
85: 369-378
 

Aktuelle Leitlinien empfehlen derzeit sowohl orale Tetrazykline als auch eine Kombinationstherapie aus Clindamycin und Rifampicin zur Behandlung von Hidradenitis suppurativa. Dabei ist deren Wirksamkeit bislang nur in kleinen Studien mit häufig unvalidierten Ergebnissen belegt worden. Eine prospektive internationale Kohortenstudie soll nun Aufschluss über die Wirksamkeit und Verträglichkeit beider Therapien geben.


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Hidradenitis suppurativa (HiS) ist eine chronische, autoinflammatorische Hauterkrankung, die sich durch entzündete Knoten, Abszesse und Fisteln in den intertriginösen Bereichen des Körpers auszeichnet. Während orale Tetrazykline wie Doxyzyklin und Minozyklin eher zur Behandlung von leichter bis mittelschwerer HiS bevorzugt werden, wird eine Kombination von Clindamycin und Rifampicin hingegen bei mittelschwerer bis schwerer HiS empfohlen.

Zwischen Oktober 2018 und August 2019 führten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine multizentrische Kohortenstudie durch, um die Wirksamkeit und Verträglichkeit beider Therapien zu bewerten. Die Studie umfasste 283 Patientinnen und Patienten, die entweder mit oralen Tetrazyklinen (Tetrazyklin: 2 × tgl. 500 mg; Doxyzyklin 1 × tgl. 100 mg; Minozyklin 1 × tgl. 100 mg) oder Clindamycin (2 × tgl. 300 mg) in Kombination mit Rifampicin (1 × tgl. 600 mg) behandelt wurden. Ausschlusskriterien waren eine begleitende systemische Therapie oder eine invasive Behandlung während der 12-wöchigen Behandlungsphase. Zu Studienbeginn wurden Patientenmerkmale (u. a. Alter, Geschlecht, Body-Mass-Index [BMI]) sowie Angaben der Patienten zu Schmerzen (Numerical Rating Scale [NRS]-Schmerz), Juckreiz (NRS-Juckreiz) und der Dermatology Life Quality Index (DLQI) erhoben. Außerdem erfassten Ärzte jeweils zu Studienbeginn und nach 12 Wochen Behandlung folgende Werte: Anzahl der Entzündungsherde und der Abszesse, International Hidradenitis Suppurativa Severity Score-System (IHS4), modifizierter Sartorius-Score, Hurley- und verfeinertes Hurley-Stadium.

Das klinische Ansprechen auf die Hidradenitis suppurativa (Hidradenitis Suppurativa Clinical Response [HiSCR]) – die Anzahl der entzündlichen Läsionen geht im Vergleich zum Ausgangswert um mindestens 50 % zurück, und die Anzahl der Abszesse oder Ableitungsfisteln nimmt nicht zu – wurde nach 12 Wochen berechnet.

Ergebnisse

Orale Tetrazykline erhielten 63,6 % der Patienten (Tetrazyklin n = 42, Doxyzyklin n = 121, Minozyklin n = 17); 36,4 % wurden mit Clindamycin und Rifampicin behandelt. Patienten, die mit Clindamycin und Rifampicin behandelt wurden, wiesen eine signifikant schwerere Erkrankung auf.

  • Nach 12 Wochen Behandlung berichteten die Patienten in beiden Gruppen über einen signifikanten Rückgang des DLQI (beide p < 0,001), des NRS-Schmerzes (beide p < 0,001) und des NRS-Juckreizes (beide p < 0,001).

  • In beiden Gruppen wurde ein signifikanter Rückgang der IHS4-Werte gegenüber dem Ausgangswert beobachtet (beide p < 0,001).

  • Ein klinisches Ansprechen auf HiS wurde bei 40,1 % (Tetrazyklin-Gruppe) bzw. 48,2 % (Clindamycin- und Rifampicin-Gruppe) der Patienten erreicht (p = 0,26).

  • Das Erreichen des HiSCR hing weder bei den Tetrazyklinen noch bei der Kombinationstherapie mit dem Hurley-Stadium oder der IHS4-Kategorie zusammen.

  • Weder Patientenmerkmale noch der Schweregrad der Erkrankung waren mit dem Erreichen des HiSCR oder den minimalen klinisch bedeutsamen Unterschieden für den DLQI und für Schmerzen assoziiert.

  • In der Tetrazyklin-Gruppe berichteten 16,4 % der Patienten über unerwünschte gastrointestinale Wirkungen – im Vergleich zu 11,8 % der Patienten in der Kombinationsbehandlungsgruppe (p = 0,346).

Fazit

Sowohl die Behandlung mit Tetrazyklinen als auch die Kombinationstherapie aus Clindamycin und Rifampicin zeigten bei Patienten mit Hidradenitis suppurativa eine signifikante Wirksamkeit. Es wurden – unabhängig vom Schweregrad der Erkrankung – keine signifikanten Unterschiede in der Wirksamkeit zwischen beiden Therapien gefunden. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Tetrazykline auch bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Erkrankung in Betracht gezogen werden können, so die Autoren.

Leandra Metzger, Stuttgart


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Publication History

Article published online:
11 October 2021

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