Nervenheilkunde 2021; 40(10): 823
DOI: 10.1055/a-1614-3522
Gesellschaftsnachrichten

Mitteilungen der Berliner Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie e. V.

Tom Bschor
,
Anja Bauer
 

Im Interview: Dr. Hans-Ulrich Puhlmann

Hans-Ulrich Puhlmann ist Leiter der Arbeitsgemeinschaft neurologischer und psychiatrischer Gutachter der BGPN und langjähriger Oberarzt der Abteilung Neurologie der Schlosspark-Klinik Berlin. Wir möchten die Geschichte und die Arbeit der AG hier vorstellen und trafen Puhlmann zum Interview.

Seit wann gibt es die AG und wie ist sie entstanden?

Puhlmann: Ende der 1990er-Jahre hat es eine Art Qualitätsoffensive in der neurologischen Begutachtung gegeben. Einerseits hat sich eine deutschlandweite Arbeitsgemeinschaft gegründet: Die Arbeitsgemeinschaft Neurologischer Begutachtung (ANB). Ziel war die Qualitätssicherung und -verbesserung in der Begutachtung, insbesondere unter Einbeziehung juristischer Aspekte. Andererseits haben sich in Berlin Neurologen und ein Richter, Herr Lösche, stellvertretender Leiter des LSG Berlin, zusammengefunden, um eine Qualitätsverbesserung der Begutachtung anzustreben.


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Wie kann man sich die Treffen vorstellen?

Puhlmann: Inzwischen treffen wir uns in der Regel 4 Mal im Jahr und es gibt einen oder 2 Vorträge mit intensiver Diskussion. Es gibt immer eine breite Palette von Vortragenden und Vortragsthemen mit dem Schwerpunkt Psychiatrie und Neurologie, auch aus anderen Fächern. Es waren von vornherein immer Richter dabei, die die Treffen mitgestaltet haben. In dem Planungskomitee mit 10 Mitgliedern, davon 3 Juristen, besprechen wir das Jahresprogramm. Ein Thema ist immer die Kommunikation zwischen Juristen und Medizinern. Daneben gibt es auch Mitarbeiter von anderen Einrichtungen, wie dem LaGeSo, der Deutschen Rentenversicherung, der Berufsgenossenschaft, Arbeitsagenturen und einigen mehr, die als Teilnehmer dabei sind oder einen Abend mit ihren Themen gestaltet haben. Bei mir als Organisator laufen die Fäden zusammen und ich achte darauf, dass es wirklich um gutachterliche Fragen und Themen geht.

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Hans-Ulrich Puhlmann, Schlosspark-Klinik Berlin. Quelle: ©privat

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Wie steht Ihre AG mit der BGPN in Zusammenhang?

Puhlmann: Der damalige Vorsitzende der BGPN Prof. Vogel, der auch gutachterlich interessiert ist, hatte etwa 2005 vorgeschlagen, ob wir die AG-Treffen nicht unter dem Dach der Gesellschaft durchführen wollen. Die BGPN lässt uns im Programm freie Hand und die AG-Treffen werden allen Mitgliedern der Gesellschaft angekündigt.


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Was ist für die Gutachtertätigkeit besonders wichtig?

Puhlmann: Generell ist es für die Gutachter wichtig – und das ist auch ein Schwerpunkt von uns und der deutschlandweiten AG, die sich vor einigen Jahren in DGNB umgetauft hat –, dass juristische Aspekte der Begutachtung beachtet werden. Das ist aus meiner Sicht der wesentliche Qualitätssprung. Natürlich haben wir gelernt, medizinisch sachgerecht zu beurteilen. Aber rechtliche Begriffe zumindest zu kennen und zu wissen, was sie bedeuten, das ist ein wesentlicher Qualitätsgewinn.


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Was sind besonders schwierige Fälle?

Puhlmann: Zum Beispiel Schmerzbegutachtungen und Begutachtungen im Übergang von Psychiatrie und Neurologie. Immer wieder Schwierigkeiten macht auch die Frage einer möglichst ‚gerechten‘ objektiven Leistungsbeurteilung. Als Gutachter muss man insofern eine andere, neutralere Haltung haben als der behandelnde Arzt, was vor allem am Anfang vielen schwer fällt.


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Gibt es einen Fall, der Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist?

Puhlmann: Das war ein junger Mensch mit einer Gefäßdissektion. Das Gutachten ist schon viele Jahre her und ich bin zu dem Urteil gekommen, dass ich diese nicht als unfallbedingt ansehen konnte. Trotzdem hat es mir wahnsinnig leidgetan, dass ich so urteilen musste. Manchmal ist es schwer, zu einem Urteil zu kommen, bei dem man sagt, „so kann ich es begründen, auch wenn ich es menschlich bedauerlich finde“. Doch solche Situationen muss man manchmal aushalten.


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Was wünschen Sie sich für die Zukunft der AG und für den Bereich Gutachten?

Puhlmann: Ich freue mich, dass es jetzt nach der Corona-Pause weitergeht. Ich hoffe, dass es weiter spannende Themen gibt mit interessanten Vortragenden und reizvollen Diskussionen. Und eine ganz persönliche Hoffnung ist noch, dass sich irgendwann – ich mache das ja jetzt 25 Jahre und irgendwann werde ich diese Leitung abgeben müssen – jemand findet, der das engagiert weitermacht. Auch über meine aktive Tätigkeit hinaus, denn die AG wird von den Teilnehmern als sehr, sehr bereichernd für ihre Gutachtertätigkeit erlebt.

Das Gespräch führte Dr. Anja Bauer, Berlin


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IMPRESSUM

Prof. Dr. Tom Bschor
Redaktion: Dr. Anja M. Bauer
Berliner Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie e. V.
Schlosspark-Klinik, Abteilung für Psychiatrie
Heubnerweg 2, 14059 Berlin
Email: info@bgpn.de   

Publication History

Article published online:
05 October 2021

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Hans-Ulrich Puhlmann, Schlosspark-Klinik Berlin. Quelle: ©privat