Key words breast - guideline - gynecology - DEGUM - ultrasound
1. Einführung
Das Mammakarzinom ist in den westlichen Industrieländern die häufigste maligne Erkrankung
der Frau. In Deutschland erkrankten nach aktuellen Angaben des Robert-Koch-Instituts
67 300 Frauen im Jahre 2017[1 ]. Auf der Basis der aktuellen Inzidenzraten erkrankt etwa 1 von 8 Frauen im Laufe
ihres Lebens an Brustkrebs. Um ein Mammakarzinom frühzeitig erkennen zu können, stehen
mehrere Verfahren zur Verfügung. Allen Frauen zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr
wird in Deutschland ein Mammografie-Screening angeboten. Fast 3 von 10 betroffenen
Frauen sind bei Diagnosestellung jünger als 55 Jahre alt und 30 % sind älter als 70
Jahre. In der Abklärung von Brustbefunden hat die Mammasonografie einen wichtigen
Stellenwert.
Die vorliegende Best Practice Guideline hat sich zum Ziel gesetzt, den Anforderungen
zur Qualitätssicherung und der Gewährleistung einer qualitätskontrollierten Durchführung
der Mammasonografie nachzukommen. Die Guideline ist eine Ausformulierung der vom Arbeitskreis
Mammasonografie der DEGUM empfohlenen und praktizierten Standards.
2. Grundlagen der Mammasonografie
2. Grundlagen der Mammasonografie
Die Sonografie ist ein bildgebendes Verfahren zur Diagnose von Erkrankungen der Brust,
welches sich durch minimale Belastung der Patientin, ohne Strahlung, geringe Kosten
und ubiquitäre Verfügbarkeit auszeichnet. Sie dient der Abklärung von klinischen und
radiologischen Auffälligkeiten sowie der Steuerung von Biopsien und Interventionen.
Sie hat in der Nachsorge einen festen Stellenwert und ergänzt die Früherkennung von
Brustkrebs bei radiologisch dichtem Gewebe, jungen Frauen und hohem Brustkrebsrisiko.
Ein diagnostisches Problem der Mammografie liegt bei hoher Brustdrüsendichte vor [5 ]. Es besteht zwar kein linearer Zusammenhang zwischen Brustdrüsendichte und der Entstehung
eines Mammakarzinoms, aber mit zunehmend dichter Brust nimmt die radiologische Diagnosesicherheit
ab [6 ]. Je dichter das Gewebe, umso eingeschränkter wird die Beurteilbarkeit und das Erkennen
eines Malignoms [7 ] bei gleichzeitig steigendem Risiko [8 ]. In der aktuellen S3-Leitlinie ist festgehalten, dass bei dichtem Drüsenparenchym
daher eine ergänzende Mammasonografie angezeigt ist [9 ]. Nach Daten aus dem Mammografie-Screening-Programm haben 46 % der Frauen ab 50 Jahren
dichtes und ca. 6 % der Frauen extrem dichtes Brustdrüsengewebe [10 ]. Die Problematik der eingeschränkten Aussagekraft bei dichtem Brustdrüsengewebe
trifft für die Mammasonografie weniger zu als für die Mammografie [11 ]. Der additive Einsatz der Mammasonografie zur Mammografie erhöht die Detektionsrate
für Mammakarzinome [11 ]
[12 ]
[13 ].
Zur Sicherung der Untersuchungsqualität ist neben der Einhaltung gerätetechnischer
Anforderungen insbesondere die Qualifikation des Untersuchenden von besonderer Bedeutung.
Wesentliche Einflussfaktoren der diagnostischen Ergebnisqualität einer Ultraschalluntersuchung
sind die Qualität des eingesetzten Geräts und die Frequenz des Schallkopfes.
3. Untersuchungstechnik
Positionierung der Patientin
Idealerweise sollte die Patientin/der Patient auf dem Rücken liegen. Der ipsilaterale
Arm sollte mindestens 90 Grad eleviert und die entsprechende Hand hinter dem Kopf
platziert werden. Dies erlaubt eine bequeme und übergangslose Untersuchung der Mamma,
der Axilla sowie der supra- und infraklavikulären Lymphknoten. Das Anheben der Arme,
einseitig oder beidseitig, führt zudem zur Anspannung der Pektoralismuskulatur, was
wiederum die Brust abflacht und fixiert. Letzteres gilt nur eingeschränkt für Patientinnen
mit einer Makromastie. Aufgrund einer erhöhten Mobilität der Brust sollte in diesem
Fall die Rückenlage während der Untersuchung durch ein Anheben der ipsilateralen Schulterregion
adaptiert werden, sodass durch eine Rotation des Körpers die Mamma medialisiert wird.
Die Untersuchung kann dann problemloser und vollumfänglich durchgeführt werden.
Untersuchungsablauf und Schallkopfführung
Das Festhalten des Schallkopfes (Transducer) an der Sondenbasis und das zeitgleiche
„Abstützen“ der untersuchenden Hand auf der Mamma ist durchaus sinnvoll. Ein freies
Halten des Schallkopfes sollte vermieden werden. Der Applikationsdruck sollte so gewählt
werden, dass die Anatomie sich im B-Bild ohne Artefakte abbildet und gleichzeitig
der Druck auf die Brust für die Patientin nicht als unangenehm empfunden wird. Durch
das Erfassen von Orientierungspunkten wie Klavikula, Sternum, Rippen und Mamillen-Areola-Komplex
ist eine kontinuierliche Bildbefundung möglich, ohne dass der Untersucher intermittierend
das Blickfeld wechseln muss.
Ziel eines adäquaten Untersuchungsvorgangs ist die komplette Untersuchung und Dokumentation
beider Mammae, der Axillae und ggfs. der supra- und infraklavikulären Lymphabflussgebiete.
In der Praxis unterscheidet man in der Mammasonografie 4 hauptsächliche Schallkopf-
bzw. Schnittführungen. Welche Technik angewendet wird, ist dem Untersuchenden überlassen.
Wichtig ist allerdings, dass die gesamte Brust überlappend geschallt und dargestellt
wird. Die 4 Grundtechniken sind:
Sagittale/parasagittale Schnittführung: Der Schallkopf wird senkrecht zur Brustregion aufgesetzt. Hierdurch ergibt sich eine
sagittale bzw. parasagittale Schnittebene. Die Brust wird mäanderförmig vollständig
von der vorderen Axillarlinie bis parasternal untersucht, indem man den Schallkopf
horizontal bewegt ([Abb. 1 ]). Um die Brust lückenlos zu untersuchen, wird der Schallkopf immer um etwas weniger
als eine Schallkopfbreite nach kaudal oder kranial versetzt.
Transversale/horizontale Schnittführung: Der Schallkopf wird hierbei horizontal aufgesetzt, sodass sich ein Transversalschnitt
im B-Bild ergibt. Auch hier erfolgt anschließend eine mäanderförmige Untersuchung
der Brust von kranial nach kaudal, der Schallkopf wird ebenfalls nur um etwas weniger
als eine Schallkopfbreite nach medial oder lateral versetzt ([Abb. 2 ]). Die DEGUM empfiehlt die Kombination dieser beiden Untersuchungstechniken. Dies erlaubt
eine 2-fache systematische, lückenlose Untersuchung der gesamten Mamma und unter anderem
die problemlose Darstellung von Befunden in 2 Ebenen ([Abb. 1 ], [2 ]).
Antiradiäre/tangentiale Schnittführung: Dieses Vorgehen eignet sich besonders zur Evaluation einer größeren Brust, ist aber
auch eine Alternative zu den vorgenannten Methoden. Die Sonde wird am Brustansatz
tangential aufgesetzt und von peripher nach zentral senkrecht zu den Milchgängen,
im Uhrzeigersinn, auf die Mamille zugeführt. Es ist darauf zu achten, dass die Überlappungsbereiche
vor allem peripher vollständig erfolgen ([Abb. 3 ]).
Radiäre Schnittführung: Eine radiäre Schnittführung eignet sich insbesondere für das Verfolgen von Gangstrukturen.
Dieses Vorgehen dient somit vornehmlich der Abklärung von Duktektasien und intraduktalen
Formationen ([Abb. 4 ]). Der Schallkopf wird von peripher nach zentral entlang eines Milchgangs geführt
und danach im Uhrzeigersinn auf den nächsten Milchgang verschoben, um dann diesen
wieder von peripher nach zentral bis zur Einmündung in die Mamille zu verfolgen.
Abb. 1 Sagittale/parasagittale Schnittführung.
Abb. 2 Transversale/horizontale Schnittführung.
Abb. 3 Antiradiäre/tangentiale Schnittführung.
Abb. 4 Radiäre Schnittführung.
Unabhängig von der gewählten Untersuchungstechnik muss grundsätzlich lückenlos und
überlappend untersucht werden, damit auch kleine pathologische Befunde nicht übersehen
werden!
Sonopalpation und Kompression
Im Zeitalter der Scherwellen-Elastografie (Shear-wave elastography) sowie der Kompressions-Elastografie
(Strain elastography) ist die Sonopalpation mit manueller Kompression zur Beurteilung
der Elastizität von sonografisch darstellbaren Befunden nur noch als zweitrangig zu
bewerten, ist aber ein gutes Tool zur optimierten Bilddarstellung.
4. Sonoanatomie der Brust und Axilla
4. Sonoanatomie der Brust und Axilla
Die sonografisch korrekte Beurteilung der Brust und Axilla setzt eine genaue Kenntnis
der physiologischen und anatomischen Gegebenheiten voraus.
Sonoanatomie der Mamma
Der sichtbare Teil der Brustdrüse erstreckt sich von der 2. bis zur 7.Rippe, wobei
der subkutan gelegene Brustdrüsenkörper der Faszie des M. pectoralis major aufliegt.
Der Brustdrüsenkörper besteht aus ca. 15–20 einzelnen Brustdrüsenlappen (Lobi), welche
radiär um die Brustwarze herum angeordnet sind. Ihre jeweiligen Ausführungsgänge münden
in einem oder mehreren Hauptmilchgängen (Ductus lactiferi) in der Brustwarze. Umgeben
sind die Lobi von Bindegewebe und den Cooper-Ligamenten, welche als „Stützskelett“
von subkutan bis nach präpektoral reichen. Eine Fettgewebeschicht trennt den Drüsenkörper
sowohl von der Haut als auch von der Muskelfaszie.
Zur systematischen Erfassung der einzelnen anatomischen Bruststrukturen sollte der
Schallkopf mäanderförmig transversal bzw. sagittal oder antiradiär geführt werden
(siehe auch Kapitel 3).
Im Querschnitt der Brust ([Abb. 5 ], [6 ]) lassen sich die sonomorphologisch relevanten Strukturen von ventral nach dorsal
sonografisch wie folgt erfassen ([Abb. 7 ]) [14 ]:
Abb. 5 Schematische Darstellung der Brust im Querschnitt. © LOGO! Design & mehr
Abb. 6 Korrelierendes Ultraschallbild zu [Abb. 5 ].
Abb. 7 B-Bild mit sonomorphologisch relevanten Strukturen: a echoreiche Haut, b echoarmes Fettgewebe, c echoreiches fibroglanduläres Gewebe, d echoreiches Cooper-Ligament, e M.pectoralis major.
echoreiche Haut und echoarme Mamille,
echoarmes subkutanes Fettgewebe und echoreiche Cooper-Ligamente,
echoreiches fibroglanduläres Gewebe,
echoarmes retromammäres präpektorales Fettgewebe,
echoreiche Faszie des. M. pectoralis major und
Thoraxwand mit Muskulatur und Rippen.
Zu beachten ist, dass der Feinbau der Brustdrüse und damit auch das sonomorphologische
Bild u. a. vom hormonellen Status der Frau beeinflusst wird [15 ]
[16 ]. Prämenopausal unterliegt das Brustdrüsengewebe dem Einfluss von Östrogen und Progesteron,
wobei nach dem Eisprung, in der Zyklusmitte, sich die Drüsenläppchen vorübergehend
vergrößern und das Bindegewebe Flüssigkeit aufnimmt. Das typische sonomorphologische
Bild einer jungen prämenopausalen Frau präsentiert sich in der Regel mit einem überwiegend
dicht gepackten Drüsenkörper und wenig Fettgewebe ([Abb. 8a ]). Mit zunehmendem Alter nimmt dann der Anteil an funktionsfähigem Drüsengewebe ab
und gleichzeitig nimmt der Fettanteil zu. Mit Beginn der Menopause und dem damit verbundenen
Absinken der Östrogene tritt eine Atrophie des fibroglandulären Gewebes und eine Dominanz
des Fettgewebes (Involution) ein. ([Abb. 8b ]) [3 ]
Abb. 8 a Prämenopausal. b Postmenopausal.
Während der Schwangerschaft und Stillzeit kommt es zu physiologischen und damit auch
zu sonomorphologischen Veränderungen der Brust. So führen während der Schwangerschaft
konstante Östrogen- und Progesteronspiegel aus der Plazenta sowie Prolaktin aus der
Hirnanhangsdrüse zu einer duktulo-lobulären Proliferation. Die Brustdrüsenzellen differenzieren
sich zu milchproduzierenden Alveolarzellen innerhalb der Drüsenläppchen (Laktogenese).
Diese Proliferation und Differenzierung lassen sich sonomorphologisch mit einer Volumenvergrößerung
und Verdichtung der Drüse korrelieren ([Abb. 9a ]). Zudem kommt es zu einer Zunahme der Durchblutung der Drüse ([Abb. 9b ]) und einer Erweiterung der Milchdrüsengänge aufgrund der Laktogenese ([Abb. 9c ]).
Abb. 9 Sonomorphologische Veränderungen während der Schwangerschaft und Stillzeit: a Verdichtung der Drüse, b Zunahme der Durchblutung, c Erweiterung der Milchdrüsengänge.
Sonomorphologisch besteht die Brust des Mannes hauptsächlich aus echoarmem Fettgewebe
und dazwischen gelagertem echoreichem netzartigem Bindegewebe ([Abb. 10a ]). Kommt es jedoch zu einer Störung des Hormonhaushaltes mit einem Mangel an männlichen
Hormonen und meist einem Überschuss an Östrogenen (z. B. durch chronische Erkrankungen
oder medikamenteninduziert), so kann dies zu einer Gynäkomastia vera führen [17 ]. Hierbei zeigt sich histologisch eine Fibrosierung des Parenchyms einhergehend mit
einer Epithelhyperplasie der einzelnen Drüsengänge, sonomorphologisch erkennbar durch
eine retroareolär betonte echoarme Drüsengewebeformation ([Abb. 10b ]).
Abb. 10 a Retroareoläre Darstellung der normalen männlichen Brust. b Gynäkomastia vera, retroareoläres hypoechogenes Drüsengewebe.
Sonoanatomie der Lymphabflussregionen
Die Axillasonografie ist im Rahmen der Früherkennung, des präoperativen sonografischen
Lymphknotenstagings sowie auch im Rahmen der Nachsorge indiziert [18 ]. Die genauen anatomischen Kenntnisse der Leitstrukturen sind hierbei Voraussetzung
für eine korrekte topografische Einordung und Darstellung der einzelnen Lymphknotenregionen
Level I–III ([Abb. 11 ]). Level I wird lateral vom Caput humeri und dem M. latissimus dorsi, kranial von
der Arteria und Vena axillaris, medial vom M. pectoralis minor begrenzt. Level II
erstreckt sich vom lateralen bis zum medialen Rand des M. pectoralis minor. Auffällige
Lymphknoten sind hier insbesondere im daruntergelegenen Fettgewebe bzw. zwischen M.
pectoralis major und minor (Rotter´sche Lymphknoten) zu finden. Level III definiert
sich als Region medial des M. pectoralis minor.
Abb. 11 Sonografische Darstellung der Lymphknotenregionen: Level I (grün), Level II (rot),
Level III (blau).
Zur sonomorphologischen Dignitätseinschätzung des Nodalstatus werden folgende Kriterien
herangezogen: Lymphknotenform, Rinden-Mark-Verhältnis, Struktur sowie Vaskularisation
[18 ]
[19 ], wobei es sich hier um eine multimodale Betrachtungsweise handelt. Ein histologisch
benigner Lymphknoten imponiert mit einer ovalen Form, mit einem zentralen echoreichen
Kern, histomorphologisch der Medulla (Mark) entsprechend, und einem echoarmen Randsaum,
dem Kortex (Rinde) entsprechend ([Abb. 12 ]) [18 ]. Zentral zeigen sich vereinzelt Blutgefäße. Eine Zunahme des zentralen echoreichen
Kerns, meist auch einhergehend mit einer Größenzunahme des einzelnen Lymphknotens,
wird durch im Laufe des Lebens durchgemachte reaktiv-entzündliche Prozesse hervorgerufen.
Diese zentral verfetteten Lymphknoten sind ebenfalls als benigne zu werten.
Abb. 12 Benigner ovaler Lymphknoten mit: a echoarmem Kortex und b echoreicher Medulla.
Eine Metastasierung vollzieht sich entsprechend dem Lymphabfluss meist von peripher
(Kortex/Rinde) nach zentral (Medulla/Mark), wobei sich dadurch sonomorphologisch die
Rindenmarkstruktur (RMS) wie folgt verändert ([Abb. 13a–d ]) [18 ]
[19 ]:
Abb. 13 a Maligne Lymphknoten mit asymmetrischer Verbreiterung des echoarmen Kortex. b Maligner Lymphknoten mit Auflösung der RMS. c Maligner Lymphknoten mit subkapsulärer Vaskularisation. d Maligner Lymphknoten mit Kapseldurchbruch.
Asymmetrische Verbreiterung der echoarmen Randzone (Rinde) und damit Verdrängung der
echoreichen Markstruktur.
Auflösung der RMS durch Verlust der echoreichen Markstruktur und Übergang in eine
echoarme runde Struktur.
Subkapsuläre, periphere, aberrante Vaskularisation.
Kapseldurchbruch und dadurch irreguläre Außenkontur.
Echoarme Areale sind Folge der lokalisierten malignen Infiltration. Sie können jedoch
auch bei ausgeprägten entzündlichen Einschmelzungen mit fokalen Koagulationsnekrosen
im Rahmen von z. B. systemischen Lymphadenopathien beobachtet werden. Der ergänzende
Einsatz der US-Elastografie mit der Identifizierung von „harten“ Lymphknotenarealen
kann in diesem Zusammenhang zur weiteren Differenzierung zwischen benignen und malignen
Lymphknoten dienen [20 ]. Durch die Metastasierung verändert sich die RMS und damit das sonomorphologische
Verhältnis zwischen Längs- und Querdurchmesser des Lymphknotens. Der Solbiati-Index
beschreibt das Verhältnis des longitudinalen Durchmessers zum transversalen Durchmesser
und kann als weiteres Beurteilungskriterium zur Dignitätseinschätzung herangezogen
werden. So spricht ein Solbiati-Index von < 1,5 für Malignität, wobei ein Indexwert
von > 2 eher für benigne Lymphknoten typisch ist [21 ].
Aufgrund der verbesserten Orts- und Kontrastauflösung der modernen Hochfrequenzsonografie
ist nach aktuellen Daten die Kortexdicke von ≤ 3,0 mm als wesentliches und akkurates
Kriterium eines nicht abklärungswürdigen Lymphknotens anzusehen. Eine Metastasierung
wird umso wahrscheinlicher, je ausgeprägter sich eine Kortexverbreiterung darstellt
[22 ].
Ein weiteres seltenes, aber spezifisches Zeichen für eine Lymphknotenmetastasierung
ist die nodulär-irreguläre Außenkontur aufgrund eines Kapseldurchbruchs ([Abb. 13 d ]) [23 ]. Die semiquantitative Beurteilung der Gesamtvaskularisation trägt ebenfalls zur
Differenzierung zwischen benignen und malignen Lymphknoten bei. So zeigen benigne
Lymphknoten nur vereinzelte Hilusgefäße, während maligne Lymphknoten sowohl eine subkapsuläre,
periphere als auch aberrante Gefäßzeichnung mit teilweise auch lokalisierten Perfusionsausfällen
aufweisen ([Abb. 13c ]).
5. US-DEGUM-Kategorien, Dignitätskriterien und Dokumentation
5. US-DEGUM-Kategorien, Dignitätskriterien und Dokumentation
5.1. US-DEGUM-Kategorien
Allgemein sei zu Beginn des Kapitels darauf hingewiesen, dass sich die abschließende Beurteilung einer durchgeführten Mammasonografie aus einer Beurteilung des Parenchyms (Parenchym-Kategorie)
und eines oder mehrerer potenzieller Befunde (Befund-Kategorie) zusammensetzt.
Befund-Kategorien
Es werden neben einer unzureichenden Beurteilbarkeit einer Läsion (US-Kategorie 0)
sowie den bereits histologisch gesicherten malignen Befunden entsprechend der US-Kategorie
6 weitere 5 Befund-Kategorien unterschieden:
0 Bildgebung unzureichend, zusätzliche Diagnostik erforderlich
1 Unauffälliges Brustdrüsengewebe ohne Befund, kleinste blande Zysten und retroareoläre,
seitensymmetrische Duktektasien werden nicht gesondert beschrieben
2 Benigne Befunde, z. B. unkomplizierte, größere Zysten, bekannte Fibroadenome, intramammäre
Lymphknoten, Lipoidnekrosen, Implantate, verlaufskonstante und größenregrediente Narben
3 Wahrscheinlich benigne, kontrollbedürftige Befunde (Malignitätsrisiko ≤ 2 %)
4 Malignomverdächtige Befunde (Malignitätsrisiko > 2 % bis < 95 %) – histologische
Abklärung erforderlich
5 Hochgradig malignomverdächtige Befunde (Malignitätsrisiko ≥ 95 %) – histologische
Abklärung erforderlich
6 Histopathologisch bereits gesichertes Malignom
Für jede Brust wird, nach Beschreibung aller Befunde, eine Befund-Kategorie vergeben.
Führend für die Beurteilung ist immer der Befund mit der höchsten (schlechtesten)
Kategorie.
Parenchym-Kategorien
Die Bestimmung des Parenchymanteils kann nach wie vor prozentual (I–IV) erfolgen,
analog zu der Mammografiebefundung in der 4. Edition des ACR-Breast-Imaging-Atlas
von 2003 [4 ], den DEGUM-Empfehlungen von 2006 [3 ] und den WOBI-Empfehlungen von 2016 [24 ]. Sie ist in dieser Form aber deutlich schwieriger in der Sonografie zu objektivieren,
als dass dies in der Mammografie möglich ist. Lediglich die volumetrische Erfassung
der gesamten Brust als automatische 3-dimensionale Brustsonografie (ABUS) erlaubt
eine computerbasierte objektive Bestimmung des prozentualen Parenchymanteils.
Ein kritischer Diskurs zur Beurteilbarkeit des Parenchyms war zudem schon 2016 von
11 Fachgesellschaften, unter anderem auch der DEGUM, geführt worden [25 ].
Daher empfiehlt die DEGUM, analog der derzeit aktuellen Mammografie- und auch der
MRT-Beurteilung im ACR-Atlas in seiner 5. Edition [26 ]
[27 ] eine Beschreibung der Gewebezusammensetzung (Tissue Composition) in 4 Kategorien ([Abb. 14 ], [15 ], [16 ], [17 ]) vorzunehmen:
Abb. 14 Parenchym-Kategorie a, überwiegendes Fettgewebe, gut beurteilbar.
Abb. 15 Parenchym-Kategorie b, ausgewogen fibroglanduläres und Fettgewebe, gut beurteilbar.
Abb. 16 Parenchym-Kategorie c, überwiegendes fibroglanduläres Gewebe, gut beurteilbar.
Abb. 17 a Parenchym-Kategorie d, extremes fibroglanduläres Gewebe, ohne Kompression, eingeschränkt
beurteilbar. b Parenchym-Kategorie d, extremes fibroglanduläres Gewebe, gleicher Befund wie in [Abb. 18a ], aber mit Kompression.
a überwiegendes Fettgewebe ([Abb. 14 ]),
b ausgewogen fibroglanduläres und Fettgewebe ([Abb. 15 ]),
c überwiegendes fibroglanduläres Gewebe ([Abb. 16 ]),
d extremes fibroglanduläres Gewebe ([Abb. 17a, b ]),
verbunden mit dem Zusatz „gut beurteilbar“ oder „eingeschränkt beurteilbar“.
Bei homogenem und vollständig einsehbarem Brustgewebe sollte somit die Parenchym-Kategorie
a-d mit dem Zusatz „gut beurteilbar“ angegeben werden und bei inhomogenem und/oder
unvollständig einsehbarem Brustgewebe sollte neben der Parenchym-Kategorie a-d der
Zusatz „eingeschränkt beurteilbar“ angegeben werden.
Beispiel 1
Eine Involutionsmamma einer Gigantomastie kann damit aufgrund der Brustgröße als „überwiegendes
Fettgewebe, eingeschränkt beurteilbar“ bewertet werden. Wird keine Läsion nachgewiesen,
wäre die abschließende Beurteilung „Parenchym-Kategorie a, eingeschränkt beurteilbar, Befund-Kategorie 1“ bzw. als verkürzte
Form: DEGUM-Kategorie a/1, eingeschränkt beurteilbar .
Fibroglanduläres Gewebe muss hingegen mittels der eingesetzten Ultraschall-Modi, der
angewandten Untersuchungstechnik, dem eingesetzten US-System und der Transducer-Technologie
optimiert werden, um es einer Beurteilbarkeit zuweisen zu können. Basierende Faktoren
sind hierbei die Kompression, die Frequenz, die Fokuseinstellung und der Tiefenausgleich
(time gain compensation, TGC), um schallphysikalische Artefakte und Einschränkungen
zu minimieren und die Beurteilung zu optimieren.
Der rein prozentuale Anteil des fibroglandulären Gewebes spielt bei der Beurteilung
a–d eine untergeordnete Rolle. Für die letztendliche Einteilung ist nicht nur das
Verhältnis von Fettgewebe zu Drüsengewebe wesentlich, sondern vor allem auch dessen
Struktur. Ein extremes fibroglanduläres Gewebe liegt dann vor, wenn ausgeprägt echoreiche
und echoarme Areale sich abwechseln und Schallauslöschungen artifiziell das Gewebe
nur noch bedingt einsehbar gestalten, insbesondere in den tiefergelegenen Schichten.
Wenn, trotz der erwähnten Optimierung des Ultraschallsystems, eine Beurteilung nur
eingeschränkt möglich ist, sollte dies dokumentiert werden.
Beispiel 2
Liegt ein kleinerer und in seiner Gesamtheit damit vollständig bis zur Muskelfaszie
gut beurteilbarer Brustdrüsenkörper vor, ist trotz eines extrem fibroglandulären Gewebes
hingegen die Beurteilbarkeit als „gut beurteilbar“ einzustufen. Wird keine Läsion
nachgewiesen, würde die abschließende Beurteilung in diesem Falle lauten: „Parenchym-Kategorie d, gut beurteilbar, Befund-Kategorie
1“ bzw. in verkürzter Form: DEGUM-Kategorie d/1, gut beurteilbar .
5.2. Indikationen zur Mammasonografie
Abklärung von klinisch unklaren Befunden (Tastbefunde, entzündliche Veränderungen,
kutane Auffälligkeiten, Mamillensekretion) [9 ]
Abklärung von mammografischen und MR-tomografischen Befunden der Beurteilungskategorien
0, 3, 4, und 5 [9 ]
[25 ]
Differenzierung zwischen zystischen und soliden Befunden
bei dichtem Drüsenparenchym in Ergänzung zur Mammografie
Bildgebung der ersten Wahl bei Frauen < 40 Jahre
Bildgebung der ersten Wahl in Schwangerschaft und Stillzeit
erhöhtes Brustkrebsrisiko
Verlaufskontrollen unter neoadjuvanter Chemotherapie
sonografische Steuerung von Punktionen, Biopsien und Markierungen [28 ]
[29 ]
intraoperative Tumordetektion und Zielsteuerung [30 ]
[31 ]
Präparatesonografie [32 ]
Beurteilung von Lymphknoten
in der Nachsorge, ergänzend zur Mammografie, unter Einbeziehung der lokoregionären
Lymphabflussregionen
Beurteilung von Implantaten und deren anatomischer Lage im Situs [33 ]
5.3. Ultraschall-DEGUM-Dignitätskriterien
Herdläsionen ([Abb. 18 ])
Abb. 18 Schematische Darstellung der wichtigsten Dignitätskriterien für Herdläsionen mit
der Zuordnung zu wahrscheinlich benignen und wahrscheinlich malignen Befunden (in
Anlehnung an Madjar et al. [3 ]).
Verkalkungen:
Der V. a. Verkalkungen ist stets mit einer aktuellen Mammografie zu korrelieren.
Begleitmerkmale:
Architekturstörungen
duktale Veränderungen
Hautveränderungen
Ödem
Vaskularisation – fehlend, verstärkt in der Läsion, verstärkt im Randsaum der Läsion
Elastizität – weich, intermediär, hart
Spezialfälle:
einfache (blande) Zysten
Mikrozystenkonglomerate
komplizierte Zysten
Läsionen in/auf der Haut
Fremdkörper, einschließlich Implantate
intramammäre Lymphknoten
lokoregionäre Lymphknoten
postoperativer Flüssigkeitsverhalt – Serom, Hämatom
Lipoidnekrosen
5.4. Geräte-/Bildeinstellungen
Bildausschnitt vollständig nutzen, am unteren Bildrand ist die Thoraxwand zu sehen
(min. 2/3 des Bildes soll Brustdrüsengewebe beinhalten) ([Abb. 19 ])
korrekte Fokuseinstellung in Abhängigkeit der Lokalisation der Läsion (
Cave
: zu viele Foci verlangsamen den Bildaufbau) ([Abb. 19 ])
auch größere Läsionen sollten nach Möglichkeit ganz erfasst werden – Panoramaaufnahmen
oder geteilte zusammengesetzte Bilder nutzen
Tiefenausgleich (TGC) adaptieren
Auswahl der höchstmöglichen Schallfrequenz
Helligkeit des Bildes an Monitor und Drucker optimieren
Compound Imaging, Harmonic Imaging und natives B-Bild vergleichen und nutzen, um Randbereiche
der Läsion und das dorsale Schallverhalten besser beurteilen zu können [36 ]
Abb. 19 Korrekte Bildeinstellung mit vollständiger Nutzung des Bildausschnitts, korrekter
Fokuseinstellung in Höhe der Läsion und die Läsion zentral im Bild.
5.5. Bilddokumentation
Name der Einrichtung
Datum der Untersuchung
Name/Geburtsdatum und/oder ID der Patientin
Piktogramm mit korrekter Einzeichnung der Schallkopforientierung
objektiv reproduzierbare Messungen der Läsion in 2 senkrecht zueinander stehenden Ebenen, mit Angabe von 3 Durchmessern,
ausgehend von der Ebene mit dem größten Durchmesser und ggf. Bestimmung des Tumorvolumens.
([Abb. 20 ], [21 ])
Einbeziehung des hyperechogenen Randsaums, sofern vorhanden!
standardisierte Messungen bei jeweils senkrecht auf die Haut aufgesetztem Schallkopf,
wichtig vor allem zur Verlaufsbeurteilung auch unter neoadjuvanter Chemotherapie
Hautabstand zum Tumor: Oberrand des Tumors zum Unterrand der Kutis als On-to-on-Messung
(unabhängige Messung von postoperativ, radiogen oder entzündlich bedingten Veränderungen
der Kutis)
bei mehreren Herdbefunden getrennte Dokumentation mit Schema-Zeichnung zur Lokalisation
bei unauffälliger Sonografie besteht die Mindestdokumentation (2 Bilder) in jeweils einem Bild aus dem oberen/äußeren Quadranten rechts und links; eine zusätzliche
Bilddokumentation jeweils eines repräsentativen Lymphknotens beider Axillae wird empfohlen
bei auffälliger Sonografie sind alle suspekten Befunde der Brustdrüse und der lokoregionären
Lymphabflussregionen in Schrift- und Bildform zu dokumentieren; die Supraklavikulargrube
sollte bei Auffälligkeiten in Level II und/oder III ebenfalls orientierend geschallt
werden
Abb. 20 Messung von 2 senkrecht zueinander stehenden Durchmessern in der Ebene mit dem größten
Durchmesser der Läsion. Vollständige, korrekte Nutzung des gesamten Field of View.
Korrekte Einzeichnung der Schallsonde im Piktogramm.
Abb. 21 Messung des 3. Durchmessers (gleiche Läsion wie in [Abb. 20 ]) in der auf die erste Ebene orthogonalen Ebene und Errechnung des Tumorvolumens.
Messung der Distanz zur Haut (on-to-on). Exakte Angabe der Lokalisation. Korrekte
Einzeichnung der Schallsonde im Piktogramm.
5.6. Dokumentation von Ultraschallbefunden
Name der Einrichtung, Name des Untersuchers, Datum der Untersuchung
Daten zur Patientin: Name, Geburtsdatum, ggfs.ID
Fragestellung/Indikation
Anamnese
Inspektion und Palpation
Beurteilung der Mammasonografie in DEGUM-Kategorien
Beschreibung der Lymphknoten
Beschreibung des Parenchyms und dessen Beurteilbarkeit nach Parenchym-Kategorie a–d, verbunden mit dem Zusatz „gut oder eingeschränkt beurteilbar “ (siehe 5.1.)
Beschreibung von auffälligen Läsionen nach den DEGUM-Dignitätskriterien (siehe 5.3.)
Lokalisationsangaben der Läsionen – Uhrzeit, Distanz zur Haut, Distanz zur Mamille
(nicht zur Areola, da diese anatomisch bedingt unterschiedliche Größen hat und sich
nach einer Schwangerschaft oder OP verändern kann)
Erstellung einer US-Befund-Kategorie 0–6 (siehe 5.1.)
Korrelation des Befundes zur Klinik und zu eventuell vorhandenen vorausgegangenen
Sonografien oder anderen Befunden wie MG oder MRT
Empfohlenes Prozedere