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DOI: 10.1055/a-1643-5600
Behandlung von ARDS: Metaanalyse identifiziert beste Beatmungsstrategie
Comparative Effectiveness of Protective Ventilation Strategies for Moderate and Severe Acute Respiratory Distress Syndrome. A Network Meta-Analysis.
Am J Respir Crit Care Med 2021;
203: 1366-1377
DOI: 10.1164/rccm.202008-3039OC
Das akute Atemnotsyndrom (Acute Respiratory Distress Syndrome, ARDS) zeichnet sich u. a. durch eine gestörte Oxygenierung aus und kann durch eine direkte Lungenverletzung oder eine schwere systemische Entzündung verursacht werden. Eine mechanische Beatmung kann den Tod verhindern, jedoch die Lungenschädigung perpetuieren. Die Wahl der optimalen Beatmungsstrategie bei ARDS ist daher von großer Bedeutung – erweist sich allerdings als sehr komplex.
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Aktuelle Leitlinien empfehlen die Verwendung von niedrigem Tidalvolumen (VT), hohem positiven endexspiratorischem Druck (positive end-expiratory pressure, PEEP) und eine Beatmung in Bauchlage. Angesichts der Coronavirus-Pandemie führten kanadische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun eine Metaanalyse durch, um die Auswirkungen von niedrigem VT, hohem VT, hohem PEEP, Beatmung in Bauchlage, Hochfrequenzbeatmung (HFO) und venovenöser extrakorporaler Membranoxygenierung (VV ECMO) auf die Sterblichkeit bei ARDS zu vergleichen. Dafür durchsuchten sie bis November 2020 u. a. MEDLINE, Embase und das Cochrane Central Register of Controlled Trials nach randomisierten, klinischen Studien (randomized controlled clinical trial, RCT). Eingeschlossen wurden diejenigen RCTs, an denen Erwachsene mit ARDS teilnahmen, die experimentelle lungenprotektive Beatmungsstrategien miteinander oder mit der traditionellen hohen-VT-Beatmung verglichen und die über die Krankenhaussterblichkeit berichteten. Primäres Ergebnis der Metaanalyse war die Krankenhaussterblichkeit.
Ergebnisse
Die Metaanalyse umfasste 34 Studien mit insgesamt 9637 Teilnehmenden. Für 9085 lagen eine ARDS-Diagnose (überwiegend mittelschweres bis schweres ARDS) und Daten zur Mortalität vor. Der mittlere PaO2/FiO2-Wert lag zu Beginn der Studie bei 118 mmHg (IQR 110–143), der mediane PEEP betrug 12 cmH2O (IQR 10–13).
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Als beste Strategie wurde die Beatmung in Bauchlage in Kombination mit einem niedrigen VT bewertet (Risikoverhältnis [risk ratio, RR = 0,74 [95 %-KI 0,60–0,92] vs. niedrige VT; hohe Sicherheit).
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Die VV ECMO senkte die Sterblichkeit im Vergleich zu hohem VT (RR = 0,66 [95 %-KI 0,49–0,88]),
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aber nicht im Vergleich zu niedrigem VT (RR = 0,78 [95 %-KI 0,58–1,05]), wurde aber mit einer geringeren Sicherheit bewertet, da die VV ECMO auf sehr schweres ARDS (mittlerer Ausgangswert PaO2/FiO2 < 75) beschränkt war.
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Ein hoher PEEP in Kombination mit einem niedrigen VT reduzierte die Sterblichkeit im Vergleich mit hohem VT (RR = 0,77 [95 %-Kl 0,65–0,91], mäßige Sicherheit), aber nicht im Vergleich zu niedrigem VT (RR = 0,91 [95 %-KI 0,81–1,03], geringe Sicherheit).
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Ein hohes VT war die einzige Strategie, die die Sterblichkeit im Vergleich zu niedrigem VT erhöhte (RR = 1,19 [95 %-KI 1,02–1,37], mäßige Sicherheit).
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Es wurde kein signifikanter Unterschied bei der Sterblichkeit zwischen der HFO und einem niedrigem VT gefunden. Ebenfalls unterschieden sich ein niedriges VT in Kombination mit einer Beatmung in Bauchlage, VV ECMO und ein hohes VT in Kombination mit hohem PEEP nicht in Bezug auf die Sterblichkeit.
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Kombination aus niedrigem VT und einer Beatmung in Bauchlage bei Patientinnen und Patienten mit mittelschwerem bis schwerem ARDS die Sterblichkeit am meisten reduziere. Eine VV ECMO könne v. a. bei Patienten mit sehr schwerem ARDS in Betracht gezogen werden, jedoch sei die Evidenz hierfür sehr gering und die Kosten hoch, so die Studienautoren.
Leandra Metzger, Stuttgart
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Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
17. November 2021
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