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DOI: 10.1055/a-1643-5642
Erhöht aktives Rauchen das Risiko einer symptomatischen COVID-19-Erkrankung?
Das Rauchen von Tabak gilt als Risikofaktor für virale und bakterielle Infektionen der Atemwege – so haben Raucher u. a. ein 5-mal höheres Risiko für eine Grippe. Auch auf eine SARS-CoV-2-Infektion könnte sich das Rauchen nachteilig auswirken. Zwar gibt es bereits einige Fallstudien, die über den Zusammenhang zwischen dem Tabakkonsum und dem Risiko einer schweren COVID-19-Erkrankung berichten – doch die aktuelle Studienlage ist widersprüchlich.
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Während einige Fallstudien belegen, dass das Rauchen mit einem schweren Krankheitsverlauf und einer höheren Sterblichkeitsrate assoziiert sei, deuten andere Berichte hingegen darauf hin, dass die aktuellen Raucherquoten bei hospitalisierten Patienten niedriger seien, als man aufgrund der Raucherprävalenz in der Bevölkerung erwarten würde. Angesichts der widersprüchlichen Studienlage analysierte eine britische Studie nun das Risiko von Rauchern, eine symptomatische COVID-19-Erkrankung zu entwickeln. Dafür griffen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf die Daten der britischen „Zoe-COVID-19-Symptom-Study-App“ zurück.
Beim erstmaligen Anwenden der App gaben die Nutzer Auskunft über Alter, Wohnort und die wichtigsten Gesundheitsmerkmale (Größe, Gewicht, aktueller Raucherstatus, Diabetes, Herz- und Lungenkrankheiten, Einnahme von Medikamenten). Außerdem beantworteten sie, ob sie glaubten, bereits an COVID-19 erkrankt zu sein. In der weiteren Anwendung der App protokollierten die Teilnehmenden täglich ihr Befinden und gaben an, ob sie auf SARS-CoV-2 getestet wurden. Diejenigen, die angaben, sich „körperlich nicht normal zu fühlen“, füllten anschließend Fragen zu potenziellen COVID-19-Symptomen und eventuellen Krankenhausaufenthalten aus.
Die Studie schloss alle Daten mit ein, die zwischen dem 24 März und dem 23. April 2020 von den registrierten Nutzern (mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich) eingegeben wurden. Das primäre Ergebnis der Studie war die Entwicklung „klassischer“ COVID-19-Symptome (Fieber, hartnäckiger Husten, Atemnot) und deren Zusammenhang mit aktivem Rauchen. Die Anzahl an gleichzeitig auftretenden Symptomen zogen die Forschenden als Indikator für den Schweregrad heran. Zudem verglichen sie das Muster der Assoziationen zwischen den Symptomen zwischen Rauchern und Nichtrauchern.
Ergebnisse
Insgesamt lagen für den Studienzeitraum Daten von 2 401 982 Teilnehmenden (Durchschnittsalter 43,6 Jahre, 63,3 % weiblich) vor. Die Gesamtprävalenz für Rauchen betrug 11,0 %.
Die 2 401 982 Teilnehmenden wurden in 4 Gruppen eingeteilt: 1. SARS-CoV-2-positiv getestet (SC2P; n = 7123), 2. SARS-CoV-2-negativ getestet (SC2N; n = 16 759), 3. Personen, die nach eigenen Angaben COVID-19 hatten (SC2S; n = 157 406), 4. „Standardnutzer“ (die restlichen n = 2 221 088).
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Insgesamt berichteten 834 437 (35 %) Teilnehmer, dass sie sich „körperlich nicht normal“ fühlten und gaben mindestens ein COVID-19-bezogenes Symptom an.
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Bei aktiven Rauchern war die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie Symptome angaben, die auf eine COVID-19-Diagnose hindeuteten. Raucher berichteten mit größerer Wahrscheinlichkeit über die „klassische Trias“ von Symptomen, die auf COVID-19 hindeuten (adjustierte OR = 1,14 [95 %-KI 1,10–1,18]) und mit größerer Wahrscheinlichkeit über mehr Symptome (> 5 Symptome adjustierte OR = 1,29 [95 %-KI 1,26–1,31]; > 10 Symptome adjustierte OR = 1,50 [95 %-KI 1,42–1,58]).
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Das Rauchen war bei den positiv getesteten Personen mit einer höheren Symptombelastung assoziiert (OR = 1,42; 95 %-KI 1,09–1,83; p = 0,007).
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Aktive Raucher, die positiv getestet wurden, hatten ein höheres Risiko aufgrund von COVID-19 ins Krankenhaus eingewiesen zu werden als Nichtraucher (OR = 2,11; 95 %-KI 1,41–3,11; p = 0,0002).
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Obwohl Raucher mehr Symptome aufwiesen als Nichtraucher, konnte kein spezifisches Muster von gemeinsam auftretenden Symptomen beobachtet werden, das Raucher von Nichtrauchern unterscheidet.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass aktives Rauchen mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer symptomatischen COVID-19-Erkrankung einhergehe. Zudem weise die größere Symptombelastung auf einen Einfluss des Rauchens auf den Schweregrad der Erkrankung hin, so die Autoren. Da aktives Rauchen die individuelle Belastung und damit auch die Belastung des Gesundheitssystems erhöhe, empfehlen die Autoren, Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums zu beschleunigen.
Leandra Metzger, Stuttgart
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Publication History
Article published online:
17 November 2021
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