Pneumologie 2021; 75(12): 927
DOI: 10.1055/a-1654-3958
Pneumo-Fokus

Unterstützt die Elimination von CO2 die Beatmung mit niedrigen Tidalvolumina?

McNamee JJ. et al.
Effect of Lower Tidal Volume Ventilation Facilitated by Extracorporeal Carbon Dioxide Removal vs Standard Care Ventilation on 90-Day Mortality in Patients With Acute Hypoxemic Respiratory Failure. The REST Randomized Clinical Trial.

Jama 2021;
326: 1013-1023
 

Akute hypoxämische respiratorische Insuffizienz gilt als eine der Hauptursachen für die Aufnahme auf eine Intensivstation und ist mit einer hohen Sterblichkeit verbunden. Zur Aufrechterhaltung eines angemessenen Gasaustausches wird oft eine invasive mechanische Beatmung nach einer Trachealintubation eingesetzt – doch diese trägt zur Gesamtmortalität der Erkrankung bei. Abhilfe könnte die extrakorporale CO2-Elimination (ECCO2R) schaffen.


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Die Sterblichkeit von Patienten mit akuter hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz kann durch die Beatmung mit einer lungenprotektiven Strategie, die auf ein Tidalvolumen von 6 mL/kg prädiktivem Körpergewicht und einen Plateaudruck von höchstens 30 cm H2O abzielt, nachweislich gesenkt werden. Jedoch kann eine starke Reduktion der Tidalvolumina zu einer respiratorischen Azidose führen. Laut den Autoren der vorliegenden Studie erleichtere eine extrakorporale CO2-Elimination die mechanische Beatmung auch bei niedrigen Tidalvolumina, da sie die Entfernung von CO2 unterstützt, das sich in einer solchen Situation ansammelt. Ziel der Studie war es zu untersuchen, ob eine Beatmung mit niedrigem Tidalvolumen durch die ECCO2R im Vergleich zur Standardbehandlung bei Patienten mit akuter hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz die Sterblichkeit reduziert. Dafür führten die Forschenden zwischen Mai 2016 und Dezember 2019 in Großbritannien eine multizentrische, randomisierte klinische Studie durch. Eingeschlossen wurden Erwachsene (≥ 16 Jahre) aus 51 Intensivstationen, die aufgrund von akuter hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz mit einem positiven endexspiratorischen Druck von mindestens 5 cm H2O mechanisch beatmet wurden. Nach der Rekrutierung wurden die Teilnehmer randomisiert und erhielten entweder eine Beatmung mit niedrigem Tidalvolumen, die für mindestens 48 h durch ECCO2R unterstützt wurde, oder eine Behandlung mit konventioneller Beatmung mit niedrigem Tidalvolumen.

Als primäres Ergebnis der Studie war die Gesamtmortalität 90 Tage nach der Randomisierung definiert. Zu den sekundären Ergebnissen gehörten u. a. die beatmungsfreien Tage an Tag 28, die Dauer der invasiven mechanischen Beatmung, die Sterblichkeit an Tag 28 und unerwünschte Ereignisse.

Ergebnisse

Insgesamt umfasste die Studie 412 Patienten (Durchschnittsalter: 59 Jahre; 143 [35 %] Frauen), wovon 405 (98 %) die Studie abschlossen. Es erhielten 202 Pateinten eine Beatmung mit niedrigem Tidalvolumen, die durch ECCO2R unterstützt wurde, und 210 eine Behandlung mit konventioneller Beatmung mit niedrigem Tidalvolumen.

Auf Empfehlung der unabhängigen Datenüberwachungs- und Ethikkommission hin wurde die Studie vorzeitig am 11. Februar 2020 abgebrochen, da selbst unter optimistischen Annahmen ein signifikanter Nutzen der Intervention unwahrscheinlich war.

  • Hinsichtlich der Sterblichkeit gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen zu beobachten. Die 90-Tage-Sterblichkeitsrate betrug 41,5 % in der Interventionsgruppe und 39,5 % in der Standardbehandlungsgruppe (Risikoverhältnis = 1,05 [95 %-KI 0,83–1,33]; p = 0,68).

  • Die Interventionsgruppe wies im Vergleich zur Standardbehandlungsgruppe signifikant weniger beatmungsfreie Tage auf (7,1 [95 %-KI 5,9–8,3] vs. 9,2 [95 %-KI 7,9–10,4] Tage; mittlere Differenz –2,1; p = 0,02).

  • Die Gruppen unterschieden sich nicht signifikant in Bezug auf die Dauer der Beatmung und die Sterblichkeit nach 28 Tagen.

  • In der Interventionsgruppe traten signifikant häufiger unerwünschte Ereignisse auf (62 [31 %] vs. 18 [9 %]). Bei 9 Patienten der Interventionsgruppe und bei keinem der Patienten der Gruppe mit der Standardbehandlung wurden intrakranielle Blutungen festgestellt. Blutungen an anderen Stellen wurden bei 6 Patienten der Interventionsgruppe und bei einem in der Standardbehandlungsgruppe beobachtet.

Fazit

Die Unterstützung der invasiven mechanischen Beatmung mit niedrigem Tidalvolumen durch die extrakorporale CO2-Elimination reduzierte die Sterblichkeit von Patienten mit hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz nicht signifikant. Allerdings könne die Studie aufgrund des vorzeitigen Studienabbruchs nicht aussagekräftig genug sein, um einen klinisch bedeutsamen Unterschied zu erkennen, so die Autorinnen und Autorinnen.

Leandra Metzger, Stuttgart


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Publication History

Article published online:
07 December 2021

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