Quelle: © I. Sterkele/privat
Im Rahmen des 5. Forschungssymposiums Physiotherapie (S. 48) nahm Erstautorin Iris
Sterkele am 27. November 2021, stellvertretend für das vierköpfige Team, den mit 3000
Euro dotierten physioscience-Preis von Laudatorin Claudia Pott entgegen. In ihrer
prämierten Originalarbeit „Eine Alternative zur klassischen Testtheorie?“, die in
der Märzausgabe der physioscience erschienen ist, erklären und vergleichen die Wissenschaft-ler*innen
detailliert zwei messtheoretische Ansätze zur Ermittlung möglicher Fehlerquellen.
Dabei hinterfragen sie die oft angewendete klassische Testtheorie (KTT) kritisch und
zeigen die Vorteile der Generalisierbarkeitstheorie (G-Theorie) auf.
G-Theorie ist näher an der Praxisrealität
Messungen können durch unterschiedliche Faktoren wie verschiedene messende Personen,
Messzeitpunkt, Messinstrument, Messprotokoll und vieles mehr beeinflusst werden. Daher
ist es wichtig, mögliche Fehlerquellen mit einzubeziehen. Iris Sterkele, Dr. Pierrette
Baschung Pfister, Dr. Ruud Knols und Professor Dr. Eling de Bruin setzten sich damit
auf der Basis von Sekundaärdaten intensiv auseinander. Mit der KTT und der G-Theorie
stehen derzeit zwei statistische Modelle zur Verfügung: „Bei der KTT wird lediglich
von einer einzelnen allgemeinen Fehlerquelle ausgegangen. Die G-Theorie hingegen nimmt
eine Vielzahl von Messfehlerquellen an. Zudem ist sie dazu geeignet, die Komponenten
im Messprozedere zu ermitteln, die am stärksten zu Messunterschieden beitragen“, fasst
Erstautorin Iris Sterkele es zusammen. Der Ansatz biete demnach die besseren Voraussetzungen,
mögliche Fehlerquellen zu identifizieren, und sei damit näher an der Praxisrealität.
Denn in der Physiotherapie ließen sich Messungen nicht unter vollständig kontrollierten
Bedingungen durchführen, betont die Physiotherapeutin vom Universitätsspital Zürich.
Solche Arbeiten helfen, die Profession weiterzuentwickeln.
Relevant für die physiotherapeutische Forschung
Die physioscience-Jury begründete ihre Entscheidung wie folgt: „Iris Sterkele und
ihre Ko-Autor*innen zeigen in ihrer Arbeit anschaulich die Vorteile der Generalisierbarkeitstheorie
gegenüber der klassischen Testtheorie auf. Ihre wissenschaftliche Arbeit ist für den
Praxisalltag relevant, um kosteneffiziente präzise Messprozedere etablieren zu können.
Es bedarf genau dieser Auseinandersetzung mit modernen Theorien, um die Forschung
in der Physiotherapie voranzutreiben und die Profession weiterzuentwickeln.“ Vor dem
Hintergrund, dass sich viele Physiotherapeutinnen und -therapeuten immer noch sehr
wenig mit Statistik befassten und oft veraltete Modelle nutzen, sei der ausgezeichnete
Beitrag besonders wertvoll.
In die Bewertung für den Preis gingen alle Original- und Übersichtsarbeiten und Fallberichte
ein, die zwischen Juni 2020 und Ende Mai 2021 ins Peer-Review-Verfahren eingereicht
wurden. Für den Preis 2022 können Forschende noch bis zum 31.5.2021 ihre Arbeiten
für das Peer-Review-Verfahren bei der physioscience einreichen.
Thieme Gruppe
Den Gewinnerartikel finden Interessierte frei zugänglich unter:
https://doi.org/10.1055/a-1201-6872
Die Autor*innenrichtlinien der physioscience helfen, Manuskripte bestmöglich für das
Peer-Review-Verfahren vorzubereiten: bit.ly/physioscience-Autorenhinweise