Key words
pediatric - ultrasound - thorax - abdomen - CNS - musculosketetal
Einleitung
Die Sonografie im Kindes- und Jugendalter wird von konservativ und operativ tätigen
Kinder- und Jugendmedizinern und von (Kinder-) RadiologInnen durchgeführt. Den nicht
in der Kinderradiologie tätigen RadiologInnen sind Notfalluntersuchungen von Klein-
und Schulkindern geläufiger; selten werden sie bei Neugeborenen (NG) und Säuglingen
angefragt. Der vorliegende Artikel möchte das breite Spektrum der Möglichkeiten der
Sonografie bei Kindern und Jugendlichen aufzeigen und anhand einiger typischer Krankheitsbilder
vertiefen. Das Manuskript soll nicht als wissenschaftliche Abhandlung oder als systematische
Literaturrecherche verstanden werden und kann selbstverständlich auch keinen Anspruch
auf Vollständigkeit erheben. Vielmehr sollen eigene Erfahrungen anhand einer kurzen
Untersuchungsbeschreibung und von Bildern einiger typischer Erkrankungen präsentiert
werden.
Neben den allgemein bekannten Indikationen zur Sonografie der Oberbauchorgane, des
Gastrointestinal- und Urogenitaltraktes, der Schilddrüse, von Weichteilen und Blutgefäßen
ergibt sich insbesondere bei NG und Säuglingen aufgrund geeigneter Schallfenster ein
sehr breites Untersuchungsspektrum. Kindgerechte Untersuchungsbedingungen sind in
der pädiatrischen Sonografie essenziell. Die Untersuchung soll entspannt, in ruhiger
Atmosphäre und nach Kontaktaufnahme mit dem Kind erfolgen. Die Eltern werden in die
Untersuchung miteinbezogen, um auf das Kind beruhigend einwirken zu können. Bei NG
und Säuglingen ist z. B. durch Wärmelampen dafür zu sorgen, dass das Kind nicht auskühlt.
Oft schläft ein zufriedener, satter Säugling bei der Untersuchung ein. Generell wird
angewärmtes Ultraschallgel verwendet. Die Untersuchungsdauer sollte insbesondere bei
unkooperativen Kindern so kurz wie möglich gehalten werden. Zur Ablenkung kann z. B.
ein Videoclip über einen Monitor oder das Smartphone der Eltern abgespielt werden.
Bei wehrigen Patienten oder ausgeprägtem Meteorismus kann bei Säuglingen und Kleinkindern
die Aussagekraft der Sonografie eingeschränkt sein.
Thorax und Abdomen
Die Untersuchung von Thorax und Abdomen erfolgt in Analogie zur Untersuchung Erwachsener
bei Klein- und Schulkindern sowie Jugendlichen initial mit einem Curved-Array-Schallkopf,
in Abhängigkeit vom Körperbau möglichst hochfrequent (1–9 MHz). Bei Säuglingen sowie
zur Untersuchung von Darm und oberflächennahen Strukturen werden hochfrequente Linearsonden
(5–20 MHz) verwendet.
Aufgrund der Kürze des Artikels kann auf die Echokardiografie nicht eingegangen werden.
Häufig müssen Verschattungen im Röntgenbild wie Pleuraerguss oder Mediastinalverbreiterung
differenziert und quantifiziert werden. Bei Pneumonie dient die Sonografie dem Nachweis
bzw. Ausschluss eines Pleuraergusses bzw. -empyems ([Abb. 1a]). Bei pleuranahen Prozessen können Infiltrate sonografisch detektiert [1] und kontrolliert werden ([Abb. 1c, d]), i. v. applizierte Kontrastverstärker (Contrast enhanced ultrasound, CEUS) können
im off label use bei Empyem oder Abszessnachweis hilfreich sein. Auch bei Früh- und
Reifgeborenen sind die Befunde der sonografischen Pneumothoraxdiagnostik von hoher
diagnostischer Genauigkeit [2].
Abb. 1 a Pleuraempyem bei einem Schulkind mit komplizierter Pneumonie, Nachweis eines fibrinopurulenten
Ergusses rechts supradiaphragmal mit multiplen Binnensepten und Binnenechos. b Im M-Mode fehlende Zwerchfellmotilität (rechte Bildhälfte) bei einem Neugeborenen
mit einseitiger Zwerchfellparese, auf der Gegenseite normale Zwerchfellbeweglichkeit
(linke Bildhälfte). c Im Röntgen Thorax subtotale Verschattung der linken Lunge bei einem Kleinkind mit
Fieber, reduziertem Allgemeinzustand und Husten. d Selbes Kind wie in 1c), sonografisch Nachweis eines großen Lungenabszesses (weiße
Pfeile) in der Lingula bei nekrotisierender Pneumonie. Daneben Pleuraerguss mit wenigen
Septierungen (grüne Pfeile).
Bei Raumforderungen im Mediastinum (z. B. Lymphom, Teratom, Zysten, Duplikaturen oder
Neuroblastom) kann die Sonografie als initiale Bildgebung dienlich sein; weiterführend
sind je nach klinischer Dringlichkeit und Verdacht häufig MRT oder CT indiziert ([Abb. 2a, b]). Der Thymus als solide homogene Formation mit multiplen kleinsten echoreichen Binnenreflexen
ist im vorderen oberen Mediastinum bei NG und Säuglingen jedoch sonografisch problemlos
von echten Tumoren abzugrenzen ([Abb. 2c]).
Abb. 2 a Im Röntgen Thorax ausgedehnte rechtsseitige Mediastinalverbreiterung bei einem 5
Jahre alten Kind. Zusätzlich teilweise Ausdünnung der rechten dorsalen Rippen bzw.
Aufweitung der Interkostalräume (Pfeile), im MRT hier Infiltration der Interkostalräume
(Bilder nicht gezeigt). b Selbes Kind wie in 2a), sonografisch Nachweis einer großen rechts paravertebralen
thorakalen Raumforderung bei Neuroblastom des Grenzstranges. c Unauffälliger Thymus (Pfeile) bei einem Säugling, parasternaler Sagittalschnitt.
d Hiatushernie bei einem Säugling mit rezidivierendem Erbrechen, supradiaphragmale
Darstellung der luftgefüllten hernierten Magenanteile (Pfeil) im paramedianen Oberbauchlängsschnitt.
Bei Kindern mit Zwerchfellhochstand kann sonografisch im bewegten Bild die Zwerchfellmotilität
beurteilt und im M-Mode dokumentiert werden ([Abb. 1b]). Dabei erfolgt der Zugang von lateral bzw. subkostal, die Leber oder der flüssigkeitsgefüllte
Magen dienen als Schallfenster.
Die Abklärung akuter Bauchschmerzen erfolgt im Kindes- und Jugendalter primär sonografisch.
Meist ist keine weitere Bildgebung erforderlich. Kriterien der akuten Appendizitis
sind neben vergrößertem Durchmesser der Appendix (> 6 mm) mit Wandverdickung, Hyperperfusion
der Wand in der farbkodierten Duplexsonografie (FKDS), echogener mesenterialer Umgebungsreaktion
sowie umgebender Flüssigkeit insbesondere der lokale Druckschmerz bei der Sonopalpation
[3]. Appendikolithen kommen häufiger auch ohne akute Entzündung vor und sind nicht überzubewerten.
Bei Säuglingen mit rezidivierendem Erbrechen kann sonografisch zwischen gastroösophagealem
Reflux, Hiatushernie ([Abb. 2d]) und hypertropher Pylorusstenose ([Abb. 3a]) unterschieden werden. Anspruchsvoll ist bei galligem Erbrechen die Darstellung
des Pancreas anulare bzw. der Duodenalstenose/-membran.
Abb. 3 a Hypertrophe Pylorusstenose mit deutlich verdickter Pyloruswand (Messung der Gesamtlänge,
des Gesamtdurchmessers und der Muskeldicke) bei einem Säugling mit rezidivierendem
Erbrechen und fehlendem Gedeihen. Im bewegten Bild fehlende Passage des Mageninhaltes
in den leeren Bulbus duodeni. b Ileokolische Invagination (Pfeile) bei einem dreijährigen Kind; zentral innerhalb
des Invaginates Mesenterium und terminales Ileum, peripher Wand des umhüllenden Kolons.
c Unauffällige rechte Niere bei einem Säugling mit physiologischer Renkulierung und
deutlich echoarmen Markpyramiden. d Multizystisch dysplastische Niere links bei einem Neugeborenen. In diesem Fall zusätzliche
Lagenanomalie im Becken links (siehe Piktogramm).
Ein sehr spezifischer Befund für einen Volvulus bei Säuglingen und Kleinkindern mit
Schreiattacken und Erbrechen ist das „Whirlpool sign“ [4], das aus der Verdrehung von Darm, Mesenterium und V. mesenterica superior um die
A. mesenterica superior resultiert. Die FKDS hilft dabei, die Mesenterialgefäße darzustellen.
Eine wesentlich häufigere Differenzialdiagnose bei Säuglingen und Kleinkindern mit
Schreiattacken und Erbrechen ist die ileokolische Invagination ([Abb. 3b]). Diese lässt sich sicher an dem pathognomonischen Schießscheibenphänomen im Querschnitt
erkennen. Die Invagination reicht häufig bis in das Colon transversum, gelegentlich
auch bis zum Rektum [5]. Die hydrostatische Desinvagination mit z. B. angewärmter Ringer-Lösung erfolgt
unter Ultraschallkontrolle [6].
Die Gastroenteritis ist per se keine Ultraschallindikation, wird aber häufig zum Ausschluss
anderer Ursachen von Bauchschmerzen angefordert. Sie zeigt evtl. verdickte Darmwände,
flüssigkeitsgefüllte Darmschlingen, eine Hyperperistaltik und eine reaktive mesenteriale
Lymphadenopathie.
Bei den Nieren von NG und Säuglingen ist die Renkulierung (Lappung) der Organoberfläche
noch gut erkennbar [7]. Die Markpyramiden stellen sich im Vergleich zum Kortex deutlich echoärmer dar und
können bei niederfrequenten Ultraschallsonden mit Zysten oder dilatierten Kelchen
verwechselt werden ([Abb. 3c]). Dilatative Harnwegserkrankungen, Parenchymveränderungen und zystische Nierenerkrankungen
sind sonografisch sicher zu diagnostizieren.
Die unilaterale multizystische Nierendysplasie (MCKD) ist eine der häufigsten angeborenen
Nierenfehlbildungen [8] und zeigt sich durch multiple verschieden große echofreie Zysten der funktionslosen
Niere ([Abb. 3d]). Die MCKD neigt zur Organinvolution [9] und ist im Erwachsenenalter häufig nicht mehr nachweisbar.
Zum Nachweis oder Ausschluss eines vesikoureteralen Refluxes (VUR) ist die kontrastverstärkte
Miktionsurosonografie (MUS) weit verbreitet und etabliert. Sie kann gleichwertig zur
konventionellen Miktionszystourografie (MCU) als röntgenstrahlenfreie Untersuchung
bei Abklärung von Harnwegsdilatationen [10] oder -infekten [11] eingesetzt werden. Nach Füllung der Harnblase mit angewärmter physiologischer NaCl-Lösung
und Kontrastverstärker (SonoVue, Bracco Imaging, Zulassung der europäischen Arzneimittelkommission
liegt vor) über einen Blasenkatheter erfolgt die alternierende Darstellung der distalen
Ureteren und der Nieren im Kontrast-Modus des Ultraschallgerätes zur Detektion eines
Nieder- oder Hochdruck-VUR ([Abb. 4a]) vor Miktion sowie unter Miktion. Dabei erreicht die MUS eine hohe Sensitivität
und Spezifität [12], die Einteilung erfolgt analog zur MCU in 5 Schweregrade [13]. Die Urethra kann unter Miktion von perineal aus beurteilt werden.
Abb. 4 a Kontrastverstärkte Miktionsurosonografie bei einem Kleinkind, drittgradiger vesikoureteraler
Reflux der linken Niere (Pfeile). b Großes von der linken Nebenniere ausgehendes Neuroblastom (Pfeile) bei einem dreijährigen
Kind, deutliche Verlagerung der linken Niere nach kaudal mit möglicher Infiltration
des Oberpoles. c Unauffällige rechte Nebenniere (Pfeile) bei einem reifen Neugeborenen. d Panorama-Aufnahme eines ausgedehnten Nephroblastoms der linken Niere bei einem fünfjährigen
Kind; am kaudalen Pol erkennbares Residuum der überwiegend infiltrierten linken Niere.
Pathologien der parenchymatösen Organe werden bildgebend primär sonografisch untersucht.
Zur Abklärung von fokalen Läsionen der Abdominalorgane (Entzündung, Trauma, Tumor)
wird auch im Kindes- und Jugendalter zunehmend die CEUS als off-label-use eingesetzt
[14]
[15]. Ergänzend zu B-Bild, Farbdoppler und CEUS kommt im Oberbauch die Ultraschall-Elastografie
erfolgreich zum Einsatz und kann diffuse und fokale Organpathologien weiter differenzieren
[16].
Der häufigste extrakranielle Tumor im Kindesalter ist das von Nebenniere (NN) oder
Grenzstrang ausgehende Neuroblastom, der häufigste maligne Nierentumor das Nephroblastom
[17]. Es ist wichtig, beide Tumorentitäten sicher voneinander zu differenzieren, da sich
das therapeutische Vorgehen wesentlich voneinander unterscheidet und beim Nephroblastom
nur auf Grundlage der Bildgebung ohne Biopsie eine präoperative Chemotherapie indiziert
wird ([Abb. 4b, d]).
Die NN sind im NG-Alter noch physiologisch hypertrophiert ([Abb. 4c]); ihre Größe nimmt in den ersten Lebenswochen rasch ab [18]. Bei NG kann unter perinataler Asphyxie eine eventuell raumfordernde NN-Blutung
entstehen [19], deren spontane Remission sonografisch verfolgt wird.
In der Neonatalperiode können Ovarialzysten sehr große Ausmaße annehmen und eine Ovarialtorsion
befördern. Unkomplizierte echofreie Zysten ohne soliden Inhalt werden sonografisch
kontrolliert, Zysten > 5 cm und hämorrhagische Zysten werden den Kinderchirurgen vorgestellt
[20]. Bei weiblichen Jugendlichen mit akuten Unterbauchschmerzen ist immer differenzialdiagnostisch
an eine Ovarialtorsion zu denken. Diese zeigt sich durch ein vergrößertes und häufig
median liegendes Ovar mit peripher angeordneten Follikeln und perifokaler Flüssigkeitsansammlung.
Generell erfolgt die sonografische Evaluation von Uterus und Ovarien bei auffälliger
Pubertätsentwicklung. Bei gefüllter Harnblase als Schallfenster werden der Uterus
und die häufig distanziert liegenden Ovarien beurteilt. Anhand der Uterusgröße wird
bei vorzeitig auftretenden Pubertätszeichen z. B. zwischen der häufigeren isolierten
prämaturen Thelarche (mit altersentsprechendem Uterus) und der seltenen Pubertas praecox
vera (mit vergrößertem Uterus) unterschieden [21]. Bei verspäteter Pubertätsentwicklung (Pubertas tarda) weisen Ovarien und Uterus
ein altersentsprechendes Volumen auf [22], während beim hypogonadotropen Hypogonadismus die inneren Geschlechtsorgane nur
sehr klein oder rudimentär erkennbar sind.
Beim Maldescensus testis wird sonografisch der nicht deszendierte Hoden gesucht –
lässt sich dieser nicht finden, ist eine Laparoskopie erforderlich. Die Darstellung
eines Leistenhodens gelingt zuverlässig, während ein intraabdominell gelegener Hoden
oft schwer detektierbar ist [23].
Bei einem akuten Skrotum muss sonografisch eine Hoden- oder Hydatidentorsion ausgeschlossen
werden. Mit der FKDS sind Hodenperfusion sowie zu- und abführende Gefäße zu beurteilen,
hierbei muss zum Ausschluss einer Torsion eine Verdrehung der Gefäße („Twisting sign“)
ausgeschlossen werden [24]. Epididymitis/Orchitis und inkarzerierte Hernie können sicher abgegrenzt werden.
ZNS
Unter Verwendung möglichst hochfrequenter Linear- und Micro-Konvex-Sonden (5–20 MHz)
erfolgt über die große Fontanelle (Verschluss zwischen dem 9. und 30. Lebensmonat)
[25]) in Coronar- und (Para)Sagittalschnitten die Beurteilung des Hirnparenchyms einschließlich
der Stammganglien, der inneren und äußeren Liquorräume, der hinteren Schädelgrube
sowie der venösen und arteriellen Blutleiter. Als weitere Schallfenster werden die
hintere Fontanelle und die Temporalfontanellen genutzt ([Abb. 5a–c]) [26]. Bei der transkraniellen Sonografie älterer Kinder werden generell niedrigere Frequenzen
benötigt.
Abb. 5 a Koronarschnitt durch die Seitenventrikel und den 3. Ventrikel auf Höhe der Foramina
Monroi: Normalbefund bei einem Frühgeborenen von 35 Schwangerschaftswochen (SSW).
Darstellung der Stammganglien, der Sylvischen Fissur (weiße Pfeile), Cavum septi pellucidi
(grüner Pfeil), altersentsprechende periventrikuläre Echogenität (gelbe Pfeile) und
etwas unreife Gyrierung. b Medianer Sagittalschnitt: Normalbefund bei einem Frühgeborenen von 35 SSW mit Darstellung
des Corpus callosum (weiße Pfeile), Hirnstamm (grüne Pfeile), Vermis cerebelli (gelbe
Pfeile) und Cisterna magna (roter Pfeil). c Parasagittalschnitt durch den rechten Seitenventrikel: Normalbefund bei einem Frühgeborenen
von 35 SSW mit Darstellung des schlanken Seitenventrikels mitsamt des echoreichen
Plexus choroideus (weiße Pfeile), Stammganglien mit kaudothalamischer Rinne (grüner
Pfeil), altersentsprechende periventrikuläre Echogenität (gelber Pfeil). d Darstellung einer Kalottenfraktur (Versatz ca. 1 mm) links parietal mit angrenzend
kräftigem Kephalhämatom (Pfeile) bei einem Säugling nach Sturz vom Wickeltisch.
Bei Säuglingen und Kleinkindern kann die Sonografie zur Suche nach Kalottenfraktur
(z. B. nach Sturz vom Wickeltisch) eingesetzt werden [27]. Dabei wird über der Prellmarke mit einem Linearschallkopf nach Kephalhämatom und
Fraktur gesucht ([Abb. 5d]). Es ist essenziell, die offenen, gezähnelten Suturen nicht mit einer Fraktur zu
verwechseln. Bei vermuteter intrakranieller Hämorrhagie kann die Sonografie hilfreich
sein [28], bei verschlossener vorderer Fontanelle erfolgt die Sonografie transkraniell. Bei
klinisch beeinträchtigtem Kind sollte eine Schnittbildgebung (cMRT oder beim instabilen
Kind cCT) erfolgen [29].
Vor allem bei sehr unreifen Frühgeborenen (FG) wird ein sonografisches Screening nach
intraventrikulärer Hämorrhagie (IVH) durchgeführt. Ursächlich für die IVH ist eine
erhöhte Vulnerabilität der subependymal in der kaudothalamischen Rinne lokalisierten
unreifen Gefäße der Germinalmatrix gegenüber Hypoxie und Blutdruckschwankung [30]. Die Einteilung der IVH erfolgt nach Papile [31] oder nach DEGUM [32] ([Abb. 6a, c, d]). Nach Ventrikeleinbruch kann sich ein posthämorrhagischer Hydrozephalus entwickeln,
Verlaufskontrollen erfolgen sonografisch. OP-Indikationen zur Anlage einer Liquorableitung
ergeben sich klinisch oder bei pathologischer Dopplersonografie der cerebralen Arterien
[33].
Abb. 6 a Parasagittalschnitt durch den linken Seitenventrikel bei einem Frühgeborenen von
24 Schwangerschaftswochen (SSW): Darstellung einer echogenen subependymalen Blutung
in der kaudothalamischen Rinne (weißer Pfeil) und Nachweis eines intraventrikulären
Koagels (grüner Pfeil, neben dem Plexus choroideus) bei einer Ventrikeleinbruchsblutung,
weniger als 50 % des Ventrikellumens durch das Koagel ausgefüllt (Intraventrikuläre
Hämorrhagie = IVH °II nach DEGUM). b Koronarschnitt durch das periventrikuläre Marklager dorsal der Seitenventrikelhinterhörner
bei einem Frühgeborenen von 26 SSW im Alter von ca. 5 Wochen: Multiple teils miteinander
kommunizierende zystische Marklagerläsionen im Sinne einer periventrikulären Leukomalazie
Stadium 2. c Koronarschnitt bei einem Frühgeborenen von 25 SSW: Durch eine große subependymale
Blutung in der linken kaudothalamischen Rinne ist es zu einer Kompression der linken
Terminalvene mit sekundärer hämorrhagischer Infarzierung links periventrikulär gekommen,
IVH mit hämorrhagischer Infarzierung des Hirnparenchyms (nach DEGUM). Zusätzlich rechts
kleine subependymale Blutung (Pfeil). d Selbes Kind wie in 6c), Verlauf nach ca. 12 Wochen. Zystische Umwandlung des Infarktareales,
großer porenzephaler Defekt mit Anschluss an den linken Seitenventrikel, darin Darstellung
eines residuellen Blutkoagels.
Bei unreifen FG kann es infolge einer hypoxisch-ischämischen Läsion mit hämorrhagischer
Infarzierung und Koagulationsnekrose zu zystischen Defekten im periventrikulären Marklager
kommen (periventrikuläre Leukomalazie, PVL) [34]. Das initiale Stadium (1–2 Wochen) zeigt periventrikulär eine Echogenitätserhöhung
(echoreicher als der Plexus choroideus). Im zweiten Stadium (ab 3 Wochen) bilden sich
klein(st)e porenzephale Zysten aus, die dem Nachweis im MRT entgehen können ([Abb. 6b]). Bei hypoxisch-ischämischen Encephalopathien (HIE) des Reifgeborenen nach schwerer
perinataler Asphyxie [35] sind hingegen insbesondere der zerebrale Kortex und Subkortex sowie die Stammganglien
gefährdet [36].
Pränatal diagnostizierte Veränderungen wie z. B. Fehlbildungen werden postnatal mittels
Sonografie und ergänzender MRT abgeklärt ([Abb. 7a, b]).
Abb. 7 a Reifgeborenes mit Balkenagenesie, Stierhornkonfiguration der Seitenventrikel (Pfeile).
b Reifes Neugeborenes mit Chiari-Malformation: Im medianen Sagittalschnitt fehlende
Abgrenzbarkeit des 4. Ventrikels und der Cisterna magna, verdickte Massa intermedia.
Kind bereits mit Ventrikuloperitoneal-Shunt versorgt (in der Mittellinie bildrandlich
miterfasst, Pfeil). c Großer links-frontaler Hirnabszess (weiße Pfeile) bei einem Reifgeborenen mit Meningoenzephalitis
durch Listeria monocytogenes. Zusätzlich deutliche Binnenechos im linken Seitenventrikelhinterhorn
im Sinne einer Ventrikulitis (grüner Pfeil). d Farbduplexsonografisch normale Darstellung des Circulus arteriosus willisii von transtemporal,
in diesem Fall von links: mit M1-Segment der linken A. cerebri media (weißer Pfeil),
A1-Segment der linken A. cerebri anterior (grüner Pfeil) und P1-Segment der linken
A. cerebri posterior (gelber Pfeil). Jenseits der Mittellinie entsprechende Gefäße
der Gegenseite. Dorsal des Circulus Darstellung der Pedunculi cerebri als Leitstruktur.
Die Meningitis bei NG und Säuglingen kann sonografisch echogene Auflagerungen im Subarachnoidalraum
oder ein Subduralempyem aufzeigen, auch Komplikationen wie Ventrikulitis oder der
seltene Hirnabszess [37] sind nachweisbar ([Abb. 7c]).
Sehr häufig wird ergänzend die Dopplersonografie der zerebralen Gefäße eingesetzt:
z. B. bei FG zur Beurteilung der zerebralen Perfusion bei persistierendem Ductus arteriosus
(reduzierte diastolische Flussgeschwindigkeit bei fehlender Windkesselfunktion der
Aorta), bei Hydrozephalus zum Nachweis eines erhöhten intrakraniellen Drucks (reduzierter
bzw. negativer diastolischer Fluss), zur Diagnose von territorialer Ischämie ([Abb. 7d]) oder Sinusthrombose.
Die Sonografie des Spinalkanals ist beim NG und kleinen Säugling aufgrund der noch
nicht verknöcherten Wirbelbögen problemlos möglich, sie erfolgt in Bauchlage mit hochauflösenden
Linearschallköpfen. Im Sagittalschnitt kann der gesamte Spinalkanal gescannt und die
Höhe des Conus medullaris verlässlich bestimmt werden ([Abb. 8a]). Bei sonografisch dokumentierter normaler Anatomie unter guten Untersuchungsbedingungen
ist keine zusätzliche Bildgebung nötig [38]. Übliche Fragestellungen in der Neonatologie sind der Ausschluss eines Tethered
cord oder einer spinalen Dysraphie, z. B. bei Chiari-Malformation oder Verdacht einer
Blasen-und Mastdarmentleerungsstörung ([Abb. 8b]). Der kraniozervikale Übergang wird mit einem Convex-Schallkopf von nuchal dargestellt
([Abb. 8c]).
Abb. 8 a Panorama-Darstellung des Spinalkanals auf Höhe mittlere bis untere Brustwirbelsäule,
Lendenwirbelsäule und Os sacrum mit normaler Lage des unauffälligen Conus medullaris
(Pfeil). b Tethered-Cord-Syndrom mit Tiefstand des Conus medullaris auf Höhe des lumbosakralen
Übergangs (weißer Pfeil), zusätzlich assoziiertes echogenes intraspinales Lipom (grüne
Pfeile) und sakraler Dermalsinus (gelbe Pfeile). c Herniation der Kleinhirntonsillen (Pfeile) in den zervikalen Spinalkanal bei einem
Säugling mit Chiari-Malformation, ventral davon das echoarme Zervikalmark.
Weichteile
Sehr häufig werden Weichteilschwellungen zur sonografischen Abklärung vorgestellt.
Dafür werden räumlich hochauflösende hochfrequente Linearschallköpfe eingesetzt. Ursächlich
sind zervikal sehr oft vergrößerte Lymphknoten (LK). Die meist vorliegende reaktive
LK-Vergrößerung ist sonografisch in der Regel sicher zu erkennen. Davon müssen Lymphknotenabszesse
oder maligne LK-Vergrößerungen (z. B. Lymphom) abgegrenzt werden, um zeitnah eine
histologische/mikrobiologische Sicherung und eine adäquate Therapie einzuleiten. Reaktive
LK weisen eine ovaläre Konfiguration (Verhältnis Länge zu Durchmesser ≥ 2:1) und einen
zentralen Hilus auf [39] mit teilweise kräftigem hilärem Perfusionsmuster in der FKDS. Demgegenüber zeigen
LK-Abszesse neben Randunschärfe eine aufgehobene Architektur mit echoarmen Einschmelzungen
und echogener entzündlicher Umgebungsreaktion. Bei weniger akuten Verläufen und LK-Verkalkungen
muss eine Infektion mit atypischen Mykobakterien erwogen werden, die einer kompletten
chirurgischen Sanierung bedarf [40]. Maligne LK sind häufig rund, sehr echoarm und gruppiert angeordnet; die Architektur
ist gestört, ein Hilus nicht abgrenzbar und die FKDS zeigt ein atypisches, peripheres
Vaskularisationsmuster [41].
Weitere Ursachen von Weichteilschwellungen sind die meist gut abgrenzbaren Gefäß-Malformationen
oder Hämangiome ([Abb. 10a]). Ihr Binnenmuster wird von der Größe der Gefäße, dem Grad der Thrombosierung und
dem Gehalt an Fettgewebe bestimmt. Mit der FKDS können high und low flow Gefäßmalformationen
differenziert werden. Lymphatische Malformationen sind zystisch echofrei/gekammert,
nach Einblutungen finden sich häufig Binnenechos ([Abb. 10b]).
Abb. 10 a Typisches Erscheinungsbild eines Hämangiomes mit deutlicher Vaskularisation in der
farbkodierten Duplexsonografie bei einem Säugling mit kleiner periorbitaler Raumforderung.
b Große lymphatische Malformation (weiße Pfeile) mit wenigen Septierungen und fluktuierenden
Binnenechos bei einem 5 Jahre alten Jungen mit größenprogredienter links zervikaler/nuchaler
Raumforderung. c Normalbefund eines Hüftgelenks bei einem Kleinkind: Hüftkopf (weißer Pfeil) mit noch
gut erkennbarer Wachstumsfuge (grüner Pfeil), die Gelenkkapsel (gelber Pfeil) folgt
der Konkavität entlang des proximalen metadiahysären Übergangs. d Echofreier Erguss bei einem Kleinkind mit Coxitis fugax: deutliche konvexe Abhebung
der Gelenkkapsel (Pfeil) entlang des proximalen metadiahysären Übergangs.
Zervikale Weichteilschwellungen werden auch durch mediane oder laterale Halszysten
hervorgerufen, die bei Binnenechos infolge von eingedicktem Inhalt mit soliden Raumforderungen
verwechselt werden können [42]. Schilddrüsenvolumen und -parenchym können sonografisch exzellent beurteilt werden.
Mit der FKDS kann zwischen akuter und chronischer Thyreoiditis bzw. einem Morbus Basedow
differenziert werden. Raumforderungen der Schilddrüse werden anhand der Morphologie,
der Perfusion und der Elastografie beurteilt [43].
Muskuloskelettales System
Im Rahmen der U3 erfolgt ein sonografisches Screening der Säuglingshüfte nach Graf
zur Beurteilung der Hüftreifung. Die Hüftreifungsstörung ist die häufigste angeborene
Deformität des menschlichen Skelettsystems (in Deutschland 2–5 %), unbehandelt kann
eine frühzeitige Hüftgelenksarthrose entstehen [44]. Seit Einführung des flächendeckenden Screenings waren in Deutschland deutlich weniger
orthopädische Eingriffe notwendig [45]. Die Untersuchung ist hochgradig standardisiert (korrekte Seitlagerung des Kindes,
Abtastmethode, Einstellen der Standardebene) [46]
[47]. Beim reifen Hüftgelenk steht der noch knorpelige, echoarme Hüftkopf zentriert in
der bereits partiell verknöcherten Hüftpfanne ([Abb. 9a]). Bei einer Dysplasie mit mangelhafter bis schlechter knöcherner Formgebung der
Hüftpfanne ist der Hüftkopf mehr oder weniger dezentriert ([Abb. 9b]).
Abb. 9 a Reifes linkes Hüftgelenk (Typ Ia nach Graf) bei einem jungen Säugling in der Standardebene
nach Graf in der empfohlenen „stehenden Position“, mit Kennzeichnung der anatomischen
Landmarken. 1: Knorpel-Knochen Grenze des proximalen Femur. 2: Hüftkopf (noch ohne
zentralen Verknöcherungskern). 3: „Umschlagfalte“, kaudales Ende der Gelenkkapsel
neben Trochanter major. 4: Gelenkkapsel. 5: Labrum acetabulare. 6: knorpelig präformiertes
Pfannendach. 7: Knochenkontur des Os ilium bis zum knöchernen Unterrand mit 8: „knöcherner
Erker“ b Dezentriertes rechtes Hüftgelenk bei einem Neugeborenen, der Hüftkopf hat die schlecht
ausgebildete knöcherne Pfanne komplett verlassen, das knorpelige Pfannendach wird
nach kaudal verdrängt (Pfeil), Hüfttyp IV nach Graf.
Bei Kleinkindern mit spontan aufgetretenem Humpeln liegt häufig ein Hüftgelenkerguss
z. B. bei Coxitis fugax vor. Das Hüftgelenk wird sonografisch von ventral eingestellt,
bei einem Erguss zeigt sich eine Abhebung der Gelenkkapsel durch echofreie ([Abb. 10c, d]) oder auch echoreiche Flüssigkeit (z. B. bei septischer Arthritis oder Hämarthrose).
Sonografische Verlaufskontrollen werden bis zur Regredienz des Ergusses durchgeführt,
bei Persistenz erfolgt die weitere Abklärung mittels MRT [48].
Eine Fraktur kann sonografisch mit hoher Sensitivität und Spezifität verifiziert werden
[49]. Frakturzeichen sind Kortikalisunterbrechung evtl. mit Stufenbildung, Wulstbildung,
Achsknick, subperiostales Hämatom, Weichteilhämatom und bei Gelenkbeteiligung Hämarthrose
[50]. Aufgrund limitierter standardisierter Dokumentation und Nachvollziehbarkeit durch
Nichtuntersucher wird das Verfahren derzeit noch zurückhaltend eingesetzt. Weichteilverletzungen
(Einblutungen, Muskelfaserrisse), Entzündungen, Tumore und einige genetisch determinierte
Muskelerkrankungen können bei Kindern und Jugendlichen sonografisch beurteilt und
differenziert werden.
Zusammenfassung
Die Sonografie im Kindes- und Jugendalter begeistert durch ein extrem breites Spektrum
an Möglichkeiten. Zusätzlich zu den aus der Erwachsenenmedizin bekannten Fragestellungen
ergeben sich zahlreiche weitere, altersspezifische Aspekte. Besonders hervorzuheben
ist die Sonografie des Gehirns und Spinalkanals bei Neugeborenen und Säuglingen. Die
Sonografie wird in der Mehrzahl der Fälle als primäre Bildgebung eingesetzt und macht
häufig weitere Bildgebung überflüssig.
Optimale Untersuchungsbedingungen für das Kind und dessen Eltern erfordern eine Berücksichtigung
der kindlichen Bedürfnisse. Die Untersuchung selbst sollte so kurz als möglich gehalten
werden. Abhängig von der Compliance des Kindes kann aber ein deutlich größerer Zeitaufwand
als bei Erwachsenen erforderlich werden.
Essenziell für eine schnelle und suffiziente Untersuchung sind die Kenntnis der verschiedenen
pädiatrischen Krankheitsbilder und eine gute Zusammenarbeit mit den pädiatrischen
KollegInnen.