Simon D.
et al.
SARS-CoV-2 vaccination responses in untreated, conventionally treated and
anticytokine-treated patients with immune-mediated inflammatory diseases.
Ann Rheum Dis 2021;
80: 1312-1316
DOI:
10.1136/annrheumdis-2021-220461
Deutsche Forscherinnen und Forscher schließen nun diese Wissenslücke.
An der am Deutschen Zentrum für Immuntherapie (DZI) in Erlangen
durchgeführten Studie nahmen 84 Patientinnen und Patienten mit einer
immunvermittelten inflammatorischen Erkrankung (z. B. Spondyloarthritis,
rheumatoide Arthritis, entzündliche Darmerkrankungen, Psoriasis) sowie 182
gesunde Kontrollen teil. Alle Teilnehmenden hatten eine leere COVID-19-Anamnese. In
allen Fällen war im Dezember 2020 bzw. im Januar 2021 der Test auf
Anti-SARS-CoV-2-IgG-Antikörper negativ ausgefallen und alle Personen hatten
anschließend mindestens eine Dosis des mRNA-Impfstoffs BNT162b2
(BioNTech/Pfizer) erhalten. Frühestens 10 Tage später
untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Serumproben der
Studienteilnehmenden auf IgG-Antikörper gegen die S1-Domäne des
Spike-Proteins und testeten deren neutralisierende Kapazität.
Ergebnisse
Die Patientinnen und Patienten mit einer immunvermittelten inflammatorischen
Erkrankung waren im Schnitt 53 und die Kontrollen 40 Jahre alt. In 66 bzw.
57% der Fälle handelte es sich um Frauen. Rund 43% der
Erkrankten wurden mit biologischen oder gezielt wirkenden synthetischen
krankheitsmodifizierenden antirheumatischen Medikamenten (DMARD) behandelt,
24% erhielten konventionelle synthetische DMARDs und 29% erhielten
keine Therapie. Die Mehrheit der Probandinnen und Probanden (96%) hatte zum
Studienzeitpunkt bereits die zweite Impfdosis erhalten. Alle Kontrollen entwickelten
– frühestens 11 Tage nach der Erstimpfung – virusspezifische
Antikörper. Bei 5 der Patientinnen und Patienten mit einer immunvermittelten
inflammatorischen Erkrankung blieb dagegen die Impfantwort aus (p=0,003).
Während bei 181 der 182 Gesunden (99,5%) eine neutralisierende
Aktivität der Antikörper nachweisbar war, war dies nur bei 76 der 84
Patientinnen und Patienten (90,5%) der Fall (p=0,0008). Insgesamt
stellten die Forschenden bei den Personen mit einer immunvermittelten
inflammatorischen Erkrankung im Vergleich zu den Kontrollen eine deutlich
schwächere und verzögerte Impfantwort fest – und zwar
unabhängig vom Erkrankungstyp und der Art der Behandlung
(biologische/gezielt wirkende synthetische DMARDs, konventionelle
synthetische DMARDs bzw. keine Therapie).
Personen mit einer immunvermittelten inflammatorischen Erkrankung sprechen
schlechter auf die SARS-CoV-2-Vakzine an als Gesunde. In jedem zehnten Fall
bleibt die Bildung neutralisierender Antikörper sogar ganz aus, so die
Autorinnen und Autoren. Das liege offenbar an der Erkrankung selbst und nicht an
der immunmodulatorischen Therapie. Obwohl die Bedeutung der zellvermittelten
Immunität für den Impfschutz unklar sei, empfehlen sie, bei
diesen Risikopersonen die humorale Immunantwort zu objektivieren.
Dr. med. Judith Lorenz, Künzell