Aktuelle Rheumatologie 2022; 47(02): 89-90
DOI: 10.1055/a-1693-6188
Für Sie notiert

Rheumatoide Arthritis: Biologika begünstigen nicht schwere Infektionen

Bechman K. et al.
Nonserious Infections in Patients With Rheumatoid Arthritis: Results From the British Society for Rheumatology Biologics Register for Rheumatoid Arthritis..

Arthritis Rheumatol 2021;
73: 1800-1809
DOI: 10.1002/art.41754.
 

Patientinnen und Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis (RA) sind aufgrund der erkrankungsbedingten immunologischen Dysfunktion, immunkompromittierender Begleiterkrankungen sowie der Therapie mit Immunmodulatoren anfällig für Infektionen. Wie häufig erleiden sie nicht schwere, das heißt ambulant behandelbare Infektionen? Welche Faktoren prädisponieren hierfür und welche Rolle spielen diesbezüglich die verschiedenen Biologika?


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Diesen Fragen ging ein britisches Forscherteam mithilfe einer registerbasierten Studie nach. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werteten Daten des „British Society for Rheumatology Biologics Register for Rheumatoid Arthritis“ (BSRBR-RA), einer prospektiven Beobachtungskohorte, aus. Die BSRBR-RA-Population umfasste 23584 Patientinnen und Patienten im Durchschnittsalter von 57 Jahren und einer medianen Erkrankungsdauer von 10 Jahren. Rund 74% der Personen wurden mit einem TNF-Inhibitor (Etanercept, Adalimumab, Infliximab, Certolizumab) behandelt, 4,4% mit einem IL-6-Hemmer (Tocilizumab, Sarilumab), 5,3% mit Rituximab und 14,8% erhielten keine Biologika. Anhand von Patiententagebüchern sowie der ärztlichen Dokumentationen objektivierten die Forscherinnen und Forscher, wie viele RA-Kranke innerhalb der ersten 3 Jahre nach Beginn der Biologikatherapie Infektionen erlitten hatten. Als nicht schwere Infektion definierten sie dabei alle Infektionen, die weder eine Hospitalisierung noch eine intravenöse Therapie erforderlich machten.

Ergebnisse

Während der dreijährigen Nachbeobachtungsperiode verzeichneten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 17304 nicht schwere Infektionsepisoden bei 8145 Patientinnen und Patienten. In 36% der Fälle handelte es sich dabei um Atemwegsinfektionen, gefolgt von Harnwegs-, Ohr-, Nasen-, Rachen- und Hautinfektionen. Die Ereignisrate betrug 27,0 pro 100 Patientenjahre. Höheres Alter, weibliches Geschlecht, Begleiterkrankungen, eine mittels Disease Activity Score in 28 Gelenken objektivierte stärkere RA-Aktivität sowie eine stärkere, mittels Health Assessment Questionnaire Disability Index gemessene Behinderung gingen mit einem höheren Risiko für nicht schwere Infektionen einher. Die Biologika-naiven Patientinnen und Patienten, welche ausschließlich konventionelle synthetische krankheitsmodifizierende Medikamente erhielten, hatten im Vergleich zu den mit Biologika behandelten Personen ein deutlich geringeres Risiko für nicht schwere Infektionen. Beispielsweise errechnete sich im Vergleich zu den mit TNF-Inhibitoren behandelten Personen eine Risikoreduktion um 36% (adjustierte Hazard Ratio 0,64; 95% KI 0,59–0,70). Innerhalb der Biologika-Kohorte zeigte sich: Im Vergleich zur TNF-Inhibitor-Therapie ging sowohl die Behandlung mit IL-6-Hemmern als auch die Behandlung mit Rituximab mit einem signifikant höheren Infektionsrisiko einher (adjustierte Hazard Ratio 1,45; 95% KI 1,29–1,63 bzw. adjustierte Hazard Ratio 1,28; 95% KI 1,14–1,45). Innerhalb der TNF-Inhibitor-Gruppe prädisponierte Adalimumab stärker für nicht schwere Infektionen als Etanercept (adjustierte Hazard Ratio 1,11; 95% KI 1,05–1,18).

Fazit

Nicht schwere Infektionen stellen für RA-Betroffene ein häufiges Problem dar und es besteht diesbezüglich offenbar ein Zusammenhang mit immunmodulatorischen Therapien, so die Arbeitsgruppe. Die Erkrankungswahrscheinlichkeit ist laut der Studienergebnisse unter der Therapie mit Biologika am größten, wobei Unterschiede zwischen den einzelnen Wirkstoffen bestehen. Obwohl die Autorinnen und Autoren unerkannte Störvariablen nicht ausschließen können, gehen sie von einer erheblichen Effektgröße aus.

Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


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Publication History

Article published online:
07 April 2022

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