Aktuelle Rheumatologie 2022; 47(02): 85-86
DOI: 10.1055/a-1693-6342
Für Sie notiert

Rheumatoide Arthritis: Adipositas begünstigt Opiatanwendung

Baker JF. et al.
Obesity and the Risk of Incident Chronic Opioid Use in Rheumatoid Arthritis..

Arthritis Care Res (Hoboken) 2021;
73: 1405-1412
DOI: 10.1002/acr.24341.
 

Eine rheumatoide Arthritis (RA) prädisponiert für eine Langzeitbehandlung mit Opiaten. Besonders gefährdet sind diesbezüglich Patientinnen und Patienten mit einer hohen Krankheitsaktivität, stärkeren Einschränkungen sowie begleitender Antidepressivaeinnahme. Ob auch eine Adipositas eine chronische Opiatanwendung begünstigt, untersuchte nun ein US-Forscherteam mithilfe einer registerbasierten Studie.


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Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werteten die Daten von 37868 Personen mit einer RA aus, die seit ihrem Einschluss in das FORWARD-Register, einer rheumatologischen Datenbank, zwischen 1999 und 2019 halbjährlich Fragebögen beantwortet hatten. Hierbei hatten die Patientinnen und Patienten unter anderem ihre Körpergröße und ihr Gewicht angegeben und waren zur Anwendung von Opiaten befragt worden. Die Forschenden prüfte nun, ob bei Personen, die bei Aufnahme in das Register keine Opiate angewendet hatten, ein Zusammenhang zwischen dem Bodymassindex bei Registereinschluss und einer späteren chronischen Opiatbehandlung bestand. Von einer chronischen Opiatanwendung gingen sie aus, wenn eine Person bei 2 Fragebögen in Folge die Behandlung mit entsprechenden Präparaten angegeben hatte. Bei ihrer Analyse unterschieden sie dabei zwischen schwachen (z. B. Codein, Tramadol) und starken (z. B. Morphin, Fentanyl, Methadon) Opiaten und berücksichtigten eine Reihe von Kovariablen wie demografische Parameter, das Rauchen, die Krankheitsdauer, die RA-Therapie, das Haushaltseinkommen und den Bildungsgrad.

Ergebnisse

Die Prävalenz der Adipositas (Bodymassindex≥30 bis 35 kg/m2) und der schweren Adipositas (Bodymassindex≥35 kg/m2) betrug im Gesamtkollektiv 34 bzw. 15%. 27% der Personen wendeten bereits bei Registereinschluss Opiate an. Das Analysekollektiv bildeten 19794 Personen ohne initiale Opiatbehandlung. Im Verlauf von 93254 Personenjahren Nachbeobachtungszeit begannen 2802 dieser Personen eine chronische Opiatanwendung. Ein höherer Bodymassindex korrelierte dabei mit einem höheren Risiko für einen chronischen Opiatbedarf. Mittels multivariater Analyse identifizierten die Forscherinnen und Forscher die Adipositas als signifikanten Risikofaktor für eine chronische Opiatbehandlung, wobei eine schwere Adipositasausprägung das Anwendungsrisiko im Vergleich zu Personen mit normalem Bodymassindex am deutlichsten erhöhte (adjustierte Hazard Ratio 1,74; 95% KI 1,54–1,95). Eine schwere Adipositas prädisponierte ferner für die Anwendung stark wirksamer Medikamente (adjustierte Hazard Ratio 2,11; 95% KI 1,64–1,71). Dieser Zusammenhang war teilweise auf eine stärkere Belastung der Adipösen mit Komorbiditäten, Schmerzen und Einschränkungen erklärbar. Dem Berechnungsmodell der Forschenden zu Folge beträgt die prognostizierte Inzidenz des chronischen Opiatkonsums bei RA-Kranken nach 5 Jahren 15%. Bei Normalgewichtigen beträgt dabei die kumulative 5-Jahres-Inzindenz 13%, bei schwer adipösen Personen dagegen 21%. Das attributable Risiko der Adipositas bezüglich der Anwendung jeglicher Opiate betrug im Studienkollektiv 15% und bezüglich stark wirksamer Präparate 26%.

Fazit

Adipöse RA-Kranke haben ein deutlich höheres Risiko für einen inzidenten Opiatbedarf, so die Autorinnen und Autoren. Besonders bedenklich finden sie, dass der Konsum stark wirksamer Präparate in etwa jedem vierten Fall auf exzessives Übergewicht und die damit verbundenen Komorbiditäten zurückzuführen ist. Es besteht Handlungsbedarf, meinen sie: Die Prävention und die Behandlung des Übergewichts können vermutlich dazu beitragen, die insbesondere in den USA verbreitete Opiat-Krise zu bekämpfen.

Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


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Publication History

Article published online:
07 April 2022

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