Aktuelle Rheumatologie 2022; 47(02): 93-94
DOI: 10.1055/a-1693-6446
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COVID-19-Verlauf bei Personen mit systemischen Vaskulitiden

Rutherford MA. et al.
Risk Factors for Severe Outcomes in Patients With Systemic Vasculitis and COVID-19: A Binational, Registry-Based Cohort Study.

Arthritis Rheumatol 2021;
73: 1713-1719
DOI: 10.1002/art.41728.
 

Systemische Vaskulitiden sind seltene Multisystem-Autoimmunerkrankungen, die angesichts der potenziell drohenden schweren Organschäden in der Regel eine aggressive immunsuppressive Therapie erforderlich machen. Diese Behandlung begünstigt allerdings schwere Infektionskomplikationen, was gerade während der gegenwärtigen SARS-CoV-2-Pandemie problematisch sein kann. Welche Risikofaktoren prädisponieren für einen schweren COVID-19-Verlauf?


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Dieser Frage ging ein Forscherteam aus Irland und Großbritannien nach. Die Wissenschaftlerinnen interessierte dabei insbesondere, ob die Behandlung mit Glukokortikoiden schwere Erkrankungsverläufe begünstigt. Im Rahmen einer registerbasierten Studie werteten sie die Daten von 65 Personen mit einer systemischen Vaskulitis aus, die während der ersten Pandemiewelle an COVID-19 erkrankt waren. Die Arbeitsgruppe analysierte eine Vielzahl demografischer und klinischer Parameter, die Komorbiditäten der Betroffenen sowie die eingesetzten Therapien. Ferner untersuchten sie aufgetretene Komplikationen wie das akute Nieren- oder respiratorische Versagen, den Vasopressorbedarf sowie die Mortalität. Als schweren COVID-19-Verlauf definierten sie die Kombination aus einem intensiven Sauerstoffbedarf (nicht invasive Beatmung, High-Flow-Sauerstofftherapie), der invasiven Beatmung sowie dem Tod.

Ergebnisse

Die Studienteilnehmenden waren im Median 70 Jahre alt und 49% waren Frauen. In 55 Fällen (85%) handelte es sich bei der systemischen Vaskulitis um eine Antineutrophile-zytoplasmatische-Antikörper-assoziierte Vaskulitis (AAV). 32 Patientinnen und Patienten (49%) litten unter einer aktiven Erkrankung. 45 Personen (69%) standen zum Infektionszeitpunkt unter einer Dauertherapie mit Glukokortikoiden und 22 (34%) bzw. 10 (15%) hatten kürzlich Rituximab bzw. Cyclophosphamid erhalten. Dyspnoe, Fieber und Husten stellten die häufigsten COVID-19-Symptome dar. Nahezu alle Patientinnen und Patienten (n=59; 91%) mussten stationär behandelt werden, 7 (11%) wurden intensivbehandlungspflichtig und 18 (28%) verstarben. Einen schweren COVID-19-Verlauf erlitten insgesamt 25 Personen (38%). Als Risikofaktoren hierfür identifizierten die Forscherinnen und Forscher begleitende Atemwegserkrankungen (adjustierte Odds Ratio 7,5; 95% KI 1,9–38,2) sowie die Glukokortikoidtherapie (adjustierte Odds Ratio 3,7; 95% KI 1,1–14,9). Demografische Charakteristika, andere Komorbiditäten und die Vaskulitisdiagnose standen dagegen in keinem signifikanten Zusammenhang mit der COVID-19-Schwere. Gleiches galt für die Erkrankungsaktivität der Vaskulitis sowie die Behandlung mit Nicht-Glukokortikoid-Immunsuppressiva. Die häufigsten Komplikationen der Studienteilnehmenden umfassten das respiratorische Versagen (35/65; 54%), gefolgt vom akuten Nierenversagen (12/65; 18%) und Sekundärinfektionen (10/65; 15%).

Fazit

Patientinnen und Patienten mit einer systemischen Vaskulitis, die mit Glukokortikoiden behandelt werden oder unter begleitenden Atemwegserkrankungen leiden, haben ein deutlich erhöhtes Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf, schlussfolgern die Autorinnen und Autoren. Andere Immunsuppressiva und die Vaskulitisaktivität scheinen dagegen keinen wesentlichen Einfluss auf die Infektionsschwere zu haben. Sie hoffen, dass diese Ergebnisse bei der klinischen Betreuung dieser Risikopersonen helfen können.

Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


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Publication History

Article published online:
07 April 2022

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