Aktuelle Rheumatologie 2022; 47(03): 184-185
DOI: 10.1055/a-1737-0939
Für Sie Notiert

Zervixkarzinomscreening bei Patientinnen mit systemischem Lupus erythematodes

Bruera S. et al.
Cervical Cancer Screening in Women With Systemic Lupus Erythematosus.

Arthritis Care Res (Hoboken) 2021;
73: 1796-1803
DOI: 10.1002/acr.24414
 

Patientinnen mit einem systemischen Lupus erythematodes (SLE) sind aufgrund der Immunerkrankung sowie der chronischen immunsuppressiven Therapie anfällig für Virusinfektionen und für Malignome. Ein besonders hohes Risiko besteht im Hinblick auf das durch humane Papillomviren (HPV) verursachte Zervixkarzinom. Wie häufig nehmen die Betroffenen die empfohlenen Screeninguntersuchungen wahr? Und wie häufig werden dabei auffällige Befunde detektiert?


#

Diesen und anderen Fragen ging ein US-Forscherteam mithilfe einer retrospektiven Studie nach. Anhand der Datenbank einer privaten betrieblichen Krankenversicherung identifizierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 4136 Frauen, die zwischen 2001 und 2014 im Alter zwischen 21 und 64 Jahren eine SLE-Diagnose erhalten hatten. Anschließend prüften sie, wie viele Patientinnen innerhalb von einem Jahr vor bis 2 Jahre nach der Diagnose an einem Zytologie- und/oder HPV-Test-basierten Zervixkarzinomscreening teilgenommen hatten, und wie häufig dies einen abnormen Befund ergeben hatte. Bei der Analyse berücksichtigten sie unter anderem das Alter der Frauen, ihre Komorbiditäten, den Versicherungstyp, den Wohnort sowie die SLE-Therapie (Glukokortikoide, Immunsuppressiva, Biologika). Die Forschenden prüften, inwiefern ein Zusammenhang zwischen den Screeningraten und der immunsuppressiven Therapie bestand. Ferner konstruierten sie 2 Vergleichskollektive ähnlichen Alters – Frauen ohne Bindegewebserkrankung sowie Frauen ohne Bindegewebserkrankung aber bekanntem Diabetes mellitus Typ 2 – und untersuchten, ob sich die Patientinnen mit und ohne SLE bezüglich der Häufigkeit auffälliger Screeningergebnisse unterschieden.

Ergebnisse

Die Patientinnen mit SLE waren bei der Diagnose im median 45 Jahre alt. Innerhalb des 3-Jahres-Zeitfensters um die SLE-Diagnose nahmen 3165 dieser Frauen (73,4%) ein Zervixkarzinomscreening in Anspruch. Im 82732 gesunde Frauen umfassenden Vergleichskollektiv betrug die Screeningrate dagegen nur 58,5% (Odds Ratio 2,2; 95% KI 2,03–2,36). Allerdings beobachteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im SLE-Kollektiv im Zeitverlauf zwischen 2004 und 2015 eine deutliche Abnahme der Screening-Teilnahmerate (von 75,6 auf 69,9%). Auch im Vergleichskollektiv nahmen die Früherkennungsraten im Zeitverlauf ab. Folgende Faktoren gingen den Berechnungen der Forschenden bei Patientinnen mit SLE mit einer signifikant geringeren Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen einher: Lupusdiagnose im jüngsten Studienzeitraum (Odds Ratio 0,70; 95% KI 0,55–0,89), Alter über 61 Jahre (Odds Ratio 0,27; 95% KI 0,18–0,39), stärkere Belastung mit Komorbiditäten (Odds Ratio 0,71; 95% KI 0,60–0,83), eine länger als 90 Tage dauernde Glukokortikoidbehandlung (Odds Ratio 0,77; 95% KI 0,61–0,97) sowie die Behandlung mit Biologika und anderen Immunsuppressiva (Odds Ratio 0,80; 95% KI 0,69–0,94). Die Analyse der Screeningergebnisse zeigte: Frauen mit SLE hatten im Vergleich zu gesunden Frauen sowie im Vergleich zu Frauen mit einem Diabetes mellitus Typ 2 signifikant häufiger abnorme Screeningbefunde (12,3 vs. 9,8 vs. 9,0%).

Fazit

Auch wenn Patientinnen mit SLE häufiger ein Zervixkarzinomscreening in Anspruch nehmen als gesunde Frauen, so die Autorinnen und Autoren, erfolgt in rund 25% der Fälle innerhalb von 3 Jahren um den Diagnosezeitpunkt herum keine Früherkennung. Dabei werden Dysplasien und Karzinome bei Frauen mit SLE deutlich häufiger detektiert. Bedenklich finden sie die insbesondere unter Immunsuppressiva geringen Screeningraten sowie die Tatsache, dass die Teilnahmeraten in diesem Risikokollektiv seit Jahren sinken.

Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


#
#

Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
15. Juni 2022

© 2022. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany