Schlüsselwörter Gelenkultraschall - Kinderrheumatologie - Synovialitis - Tenosynovialitis - Enthesitis
Key words Musculoskeletal ultrasound - Pediatric Rheumatology - Synovitis - Tenosynovitis - Enthesitis
Einführung
Über die letzten 20 Jahre hat sich die Gelenksonografie bei Kindern und
Jugendlichen zur wichtigsten bildgebenden Methode in der kinderrheumatologischen
Routinediagnostik entwickelt [1 ]
[5 ]
[6 ]
[7 ]
[8 ]. Vor dem Hintergrund der nicht immer
klinisch zu klärenden Ursache von kindlichen Gelenkschmerzen oder
-beschwerden, profitieren sehr viele Kinder und Jugendliche von der sicheren
Abgrenzung einer entzündlichen Genese wie z. B. einer Arthritis,
Tendinitis oder Enthesitis mittels der Ultraschalluntersuchung [9 ]
[10 ]
[11 ]
[12 ]
[13 ].
Bei der Abklärung von Gelenkbeschwerden kann durch den Einsatz der
Ultraschalltechnologie in der Routine meistens auf eine strahlenbelastende
Röntgenuntersuchung verzichtet werden und neben der guten Weichteilabbildung
bietet der Ultraschall inzwischen sogar Vorteile beim Nachweis von Läsionen
an der Knorpel- oder Knochenoberfläche. Der enorme Fortschritt bei der
Entwicklung immer höher auflösender Ultraschallapplikatoren und
-geräte hat inzwischen das Level der Magnetresonanztomografie (MRT)
erreicht. Die Gelenksonografie wird von Kindern und Jugendlichen hervorragend
toleriert und benötigt auch bei Kleinkindern keine sedierenden
Maßnahmen. In der Routine läßt sich die
Ultraschalluntersuchung der klinischen Untersuchung direkt anschliessen und bietet
somit eine Echtzeitdarstellung der untersuchten Gelenkregionen. Ein weiterer Vorteil
liegt in der möglichen Dynamik, mit der die Gelenke beim Ultraschall im
Gegensatz zur MRT-Diagnostik untersucht werden können, was zu einer besseren
Differenzierzung von Gelenkbefunden führen kann. So lassen sich
z. B. kleine Ergüsse, eine synoviale Hypertrophie oder
Knorpelstrukturen durch die unterschiedliche Beweglichkeit besser voneinander
abgrenzen, was insbesondere bei kleinen Kindern eine grosse Rolle spielen kann.
Neben den vielen Vorteilen beim Einsatz der Gelenksonografie, liegen aber auch
Limitationen zur Abklärung des kompletten Bewegungsapparates vor ([Tab. 1 ]). Da die Ultraschallwellen
knöcherne Strukuren nicht durchdringen können, läßt
der Ultraschall keine Aussagen zum Knochenmark und zu bestimmenten
intraartikulären Regionen und Gelenken zu (z. B. Wirbelsäule
und Sakroiliakalgelenke). Damit ist das MRT weiterhin der Goldstandard für
den Nachweis einer Entzündung am Achsenskelett und in den Kiefergelenken
aufgrund der begrenzten Darstellung mittels der Ultraschalltechnik [5 ]
[7 ]
[8 ]
[10 ]. Wesentliche Berücksichtigung beim
Einsatz des Ultraschallverfahrens muss die Qualität und Ausstattung des
Gerätes sowie auch die Erfahrung des Untersuchers finden.
Tab. 1 Vorteile und Limitationen der Gelenksonografie bei
Kindern und Jugendlichen mit Gelenkentzündungen.
Vorteile
Limitationen
Hochauflösende Weichteilabbildung
Nichtinvasiv
Keine Strahlenbelastung
Keine notwendige Sedierung
Echtzeit-Darstellung
Multiple Gelenkuntersuchung möglich
Seitenvergleich möglich
Dynamische Untersuchung
Eignung zur Nadelführung
Wiederholbarkeit
Mobil
Relativ geringe Kosten
Frühzeitige Darstellung von
oberflächlichen Knorpel- und
Knochenläsionen
Akustischer Schallschatten an Knochen
Limitierte Darstellung von allen Gelenkanteilen
Einschränkung bei der Darstellung der Kiefer- und
Iliosakralgelenke
Untersucherabhängigkeit
Unvollständige Untersuchungs-standards und
-protokolle
Noch kein validiertes Scoring-System zur
Entzündungseinstufung
Einige Arbeiten konnten die wichtige Bedeutung der Ultraschalltechnik für die
Kinderrheumatologie, insbesondere für die Diagnosestellung der Juvenilen
idiopathischen Arthritis (JIA), hervorheben [5 ]
[6 ]
[8 ]. Die Standardisierung und Evidenz
für den routinemäßigen Einsatz der Ultraschalltechnik
wächst zunehmend auf der Basis zahlreicher Studien, die in den vergangenen
Jahren sonografische Normbefunde sowie international konsentierte Standards
für die Erhebung, Interpretation und auch Schwereeinteilung bei der
Gelenkentzündung publizieren konnten [14 ]
[15 ]
[16 ]
[17 ]
[18 ]
[19 ]
[20 ]
[21 ]
[22 ]
[23 ].
Technik der Gelenksonografie bei Kindern
Technik der Gelenksonografie bei Kindern
Für die Erhebung solider und sicherer Befunde bei Kindern, ist eine
eingehende Erfahrung auch bei der technischen Durchführung einer
Ultraschalluntersuchung unabdingbar. Eine präzise technische
Durchführung und die optimale Geräteeinstellung sind
Grundvoraussetzungen, um Fehlerquellen wie zum Beispiel Artefakte, zu vermeiden und
richtig zu interpretieren. Es gibt Ultraschallartefakte wie die Anisotropie, die
auch einen pathologischen Befund vortäuschen können.
Kleine und jüngere Kinder zu schallen, kann für den Untersucher bei
Abwehr des Kindes zu einer echten Herausforderung werden. Unter Einbezug der Eltern
sollte für die Kinder und Jugendlichen eine angenehme und positive
Untersuchungsatmosphäre geschaffen werden. Spielzeuge, z. B. ein
Monitor mit einem Zeichentrickfilm oder angewärmtes Ultraschallgel,
können einen erheblichen Einfluß auf den Erfolg der
Ultraschalluntersuchung nehmen.
Bei der Gelenksonografie werden für eine gute Abbildung der Weichteile
möglichst hohe Ultraschallfrequenzen eingesetzt. Insbesondere bei sehr
oberflächlichen Strukturen und kleinen Gelenken wie den Fingergelenken
profitiert man von hohen Frequenzen bis 24 MHZ, wodurch sich alle
Gelenkstrukturen einschließlich der benachbarten Sehnen
hochauflösend darstellen lassen. Die Gelenksonografie erfolgt in der
Kinderrheumatologie grundsätzlich mit verschiedenen Linearschallsonden, die
abghängig vom Gelenk und der Tiefe der zu untersuchenden Struktur, mit
verschiedenen Frequenzen eingesetzt werden. Für die kleinen und
oberflächlichen Gelenke (z. B. Fingergelenke) empfehlen sich
Frequenzen zwischen 12 bis 24 MHZ, für mittelgroße Gelenke
wie z. B. die Knie- oder Schultergelenke, Frequenzen zwischen
10-15 MHZ und für tiefer gelegene Gelenkregionen wie z.B, der
vordere Hüftrezessus, können Frequenzen zwischen 5-12 MHZ
gewählt werden. Bei adoleszenten und adipösen Patienten
können auch niedrigere Frequenzen sowie der Einsatz eines Curved-Array
Schallkopfes für eine bessere Penetration notwendig werden.
Wenige publizierte Arbeiten empfehlen ein standardisiertes Vorgehen und Protokoll mit
Standardebenen und -positionen für die Erhebung der Ultraschallbefunde an
bestimmten kindlichen Gelenkregionen [12 ]
[16 ]. So wurde 2019 ein Protokoll der
nordamerikanischen Childhood Arthritis and Rheumatology Research Alliance (CARRA)
Gruppe zur Erhebung von Entzündungsbefunden am kindlichen Kniegelenk
publiziert und vorgeschlagen [24 ].
International konsentierte Protokolle zur optimalen Erhebung von
entzündlichen Gelenkbefunden an verschiedenen Gelenkregionen werden aktuell
noch in Studien entwickelt und übereprüft.
Bedeutung der Gelenksonografie bei der Juvenilen idiopathischen Arthritis
Bedeutung der Gelenksonografie bei der Juvenilen idiopathischen Arthritis
Um in der Kinderrheumatologie eine potenziell beteiligte Gelenkregion zu untersuchen,
werden sowohl der B-Bild-Modus (Brightness-Modulation) als auch der Doppler-Modus
(Color Doppler oder Power-Doppler-Modus) eingesetzt. Insbesondere der
Power-Doppler-Modus hat sich in der Rheumatologie etabliert. Der B-Mode sollte mit
der höchsten Auflösung eingestellt werden und der Doppler-Mode mit
der höchsten Sensitivität für die niedrigen
Blutflüsse in den Gelenk- und Synovialgefäßen (niedrige PRF
(pulse repetition frequency) zwischen 6–8 kHz) [25 ]
[26 ].
Ein positives Dopplersignal darf nur als sicherer Entzündungsmarker gewertet
werden, wenn sich das Dopplersignal intrasynovial nachweisen lässt. So
können gelegentlich auch kleine physiologische Blutgefäße
intra- und periartikulär dargestellt werden, die für den
Entzündungsnachweis keine Bedeutung haben. Hierbei handelt es sich auch um
kleine Versorgungsgefäße der Knorpel- und Knochenstrukturen [26 ]
[27 ].
Die Juvenile idiopathische Arthritis (JIA) ist kein einheitliches Krankheitsbild,
sondern eine Ausschlussdiagnose, welche eine heterogene Gruppe chronischer
Arthritiden im Kindes- und Jugendalter umfasst, die vor dem 16. Lebensjahr beginnen,
über 6 Wochen persistieren und keine weitere bekannte Ursache haben. Die
aktuelle Klassifikation der JIA unterscheidet verschiedene Kategorien, die vor allem
durch klinische Merkmale und in wenigen Kategorien auch durch genetische Faktoren
charakterisiert sind. Bei allen Unterformen kann es durch die chronische
Entzündung der Synovialis unter inadäquater Therapie zu einer
Knorpel- und Knochenschädigung mit der Folge einer langfristigen
Funktionseinschränkung der Gelenke kommen. Die individuelle Prognose ist
selten vorhersehbar und es können viele Schattierungen zwischen leichten bis
hin zu schwer destruierenden Verläufen auftreten. Die Prognose der
Erkrankung hat sich in den letzten 20 Jahren unter den Entwicklungen in der
medikamentösen Therapie dramatisch verbessert. Doch nicht alle Patienten
benötigen eine intensivere Therapie mit Biologika. Vor diesem Hintergrund
hat die Entwicklung sensitiver Methoden, um Krankheitsaktivität und
Prognosefaktoren besser zu erfassen, eine ganz neue Rolle bekommen. Hierbei spielt
auch die Gelenksonografie als bildgebender Biomarker eine zunehmend entscheidende
Rolle bei der Diagnosestellung und Verlaufskontrolle [4 ]
[5 ]
[7 ]
[8 ]. Bei klinischer Unsicherheit ist der Einsatz
der Gelenksonografie inzwischen obligat [28 ].
Wichtige Differenzialdiagnosen wie Weichteilinfektionen, traumatische
Läsionen oder andere Entzündungsprozesse können mittels der
Ultraschalltechnik sicher abgeklärt werden. Für die Differenzierung
und Lokalisation von Gelenk-, Sehnen- und Sehnenansatzentzündungen nimmt der
Ultraschall inzwischen eine Hauptrolle ein und ist der klinischen Untersuchung
insbesondere an komplexen Gelenkregionen wie zum Beispiel den Sprunggelenken
überlegen [29 ]. Aber auch an anderen
Gelenken konnte eine Überlegenheit der Ultraschalluntersuchung im Vergleich
zur klinischen Untersuchung gezeigt warden [30 ]
[31 ]. In weiteren Studien muss
untersucht werden, ob der frühzeitige Nachweis einer Aktivität durch
den Ultraschall verbunden mit dem frühzeitigen Einsatz einer
medikamentösen Therapie im sogenannten „Window of
opportunity“, auch das Outcome der Patienten verbessern kann.
Pilotstudien konnten auch zeigen, dass der Gelenkultraschall für die
Darstellung eines Therapieansprechens im Verlauf mit dem direkten Nachweis einer
entzündlichen Aktivität, sensitiver als die klinische Untersuchung
ist. So konnten Lanni et al. kürzlich zeigen, dass der Ultraschall nicht nur
eine hervorragende Sensitivität bei der Verlaufskontrolle einer
Entzündungsaktivität bei JIA Patienten hat, sondern dass auch ein
großer Teil der Patienten in klinischer Remission eine anhaltende
Aktivität im Ultraschall aufweist [32 ]. Eine weitere Studie konnte kürzlich den wichtigen Stellenwert
einer im Ultraschall nachgewiesenen subklinischen Aktivität für die
Prognose einer JIA herausarbeiten [33 ]. Das
Ergebnis der Studie zeigte, dass der sonografische Nachweis einer subklinischen
Entzündungsaktivität bei Remission der JIA mit einem signifikant
höheren Auftreten eines Krankheitsschubes korreliert. Insbesondere scheint
hier der Nachweis einer intrasynovialen Hypervaskularisation die Hauptrolle zu
spielen. Auch bei der rheumatoiden Arthritis korrelierte der positive Nachweis von
intrasynovialen Dopplersignalen mit einem höheren Auftreten von
strukturellen Knorpel- und Knochenläsionen [34 ]. Aktuell bleibt die Frage noch unbeantwortet, ob es auch bei der JIA
unter dem Nachweis einer persistierenden Ultraschallaktivität zu einem
erhöhten Auftreten von Gelenkschäden kommt. Dies hätte
sicher auch Konsequenzen für das Therapieregime bei Patienten mit
subklinischer Aktivität.
Obwohl die Vorzüge der Ultraschalltechnik beim Monitoring der JIA Patienten
auf der Hand liegen, bleibt ein flächendeckender Einsatz in der Routine und
in Studien noch ein Zukunftsprojekt. Ursachen hierfür sind in der aktuell
noch nicht abgeschlossenen Entwicklung von standardisierten Ultraschall-Protokollen
und Algorithmen für die JIA zu sehen. Weitere Hürden sind sicher die
noch fehlenden Geräte- und Ausbildungskapazitäten verbunden mit
einer vertieften Weiterbildung, die für die Befundung von kindlichen
Gelenken im Kontext der wachstumsbedingten Veränderungen mit entsprechender
Ossifikation und Vaskularisation notwendig ist. Die Unterscheidung von
physiologischen und pathologischen Befunden ist dabei ein Kernelement. Einige
Studien haben sich in den letzten Jahren mit der genauen Beschreibung von
physiologischen Ultraschallbefunden der kindlichen Gelenke befasst.
Die Gelenksonografie spielt bei der JIA eine zunehmende Rolle bei der
Diagnosestellung, dem Therapiemonitoring und der Verlaufsbeobachtung
unter Remission.
Einige Studien konnten zeigen, dass die Gelenksonografie sensitiver als
die klinische Untersuchung eine Entzündung der Gelenke und
Sehnen zeigen kann.
In Zukunft könnte die Gelenksonografie als bildgebender Biomarker
einen wichtigen Platz im Treat-to-target Management der JIA
einnehmen.
Der Einsatz der Gelenksonografie in der täglichen
kinderrheumatologischen Routine sowie in Studien sollte weiterhin
vorangetrieben werden.
Pitfalls können eine Überinterpretation von
physiologischen Veränderungen bei Kindern wie die normale
Vaskularisation und Ossifikation am wachsenden Skelettapparat sein.
Physiologische Ultraschallbefunde an kindlichen Gelenken
Physiologische Ultraschallbefunde an kindlichen Gelenken
Der kindliche Bewegungsapparat ist im Wachstum erheblichen Veränderungen
ausgesetzt. Bei Geburt liegt noch ein großer Teil des Skelettapparates als
Knorpel vor und der corticale Knochen zeigt sich als primäres
Ossifikationszentrum in den Diaphysen der Röhrenknochen. Nur wenige
sekundäre Ossifikationszentren im Bereich der Epiphysen und Apophysen sind
bereits bei Geburt nachweisbar. Für die Ultraschallbefundung kindlicher
Gelenke ist die eingehende Kenntnis der normalen Skelettentwiclung im
Ultraschallbild fundamental, um Fehlinterpretationen zu vermeiden ([Abb. 1 ]
[2 ]). Doch bevor die pathologischen Merkmale einer Entzündung im
Ultraschall beschrieben und definiert werden können, müssen normale
B-Mode und Doppler-Mode-Befunde des kindlichen Skelettapparates für
unterschiedliche Altersgruppen ausreichend bekannt und beschrieben sein, um den
Einsatz der Ultraschalltechnik bei kindlichen Gelenken zu validieren. So beinhaltete
zum Beispiel die Arbeit der internationalen OMERACT Ultraschall Taskforce mehrere
Schritte und wissenschaftliche Projekte, um dieses Ziel zu erreichen. So wurden
Definitionen für normale Ultraschallbefunde an kindlichen Gelenken
entwickelt und international konsentiert [35 ]
[36 ]
[37 ]. Ein standardisiertes Vorgehen bei der
Ultraschalluntersuchung wurde ebenfall konsentiert und an Kindern und Jugendlichen
in unterschiedlichen Altersgruppen überprüft [16 ]. Es wurde ein Atlas mit physiologischen
B-Mode-Befunden und Doppler-Befunden für alle Altersgruppen erstellt sowie
ein Multi-Observer Test zum Nachweis der wachstumsabhängigen Vaskularisation
kindlicher Gelenke durchgeführt [15 ].
Um gelenkspezifische Normalbefunde für eine große Anzahl gesunder
Kinder und Jugendlicher zu untersuchen und zu sammeln, nahmen in den letzten Jahren
auch mehrere nationale Arbeitsgruppen wichtige Studienprojekte auf. So konnten
sonografische Normalbefunde für das Knie-, das Hüft-, das
Schultergelenk, die Ellenbogen- und Handgelenke erstellt und publiziert werden [19 ]
[20 ]
[21 ]
[22 ]
[23 ].
Gemeinsame Ergebnisse in allen untersuchten Gelenken waren ein hoher Knorpelanteil
im Kleinkindalter aufgrund der inkompletten Mineralisation der Epi- und Apophysen.
Die Unterscheidung zwischen einer Entzündung mit Erguss und Synovialitis zum
unverknöchrten Knorpelanteil der Gelenke kann aufgrund der echoarmen
Darstellung im Ultraschallbild erschwert sein. Durch eine dynamische Untersuchung
lassen sich diese Strukturen besser differenzieren, da der unverknöcherte
Knorpel auch bei Bewegung seine Kontur beibehält während sich der
Erguss unter Bewegung verändert. Viele dieser Studien zeigten auch, dass
sich nicht nur die B-Mode-Befunde sondern auch die Durchblutung der kindlichen
Gelenke im Doppler-Modus unter diesen Wachstumsveränderungen variiert. Die
physiologische Vaskularisation der Gelenke muss sicher von einer intrasynovialen
Entzündungsdurchblutung unterschieden und abgegrenzt werden. In einem
großen Anteil gesunder Kinder und Jugendlicher findet sich auch immer eine
physiologische Flüssigkeitsmenge in den Gelenkrecessus, die nicht als
pathologischer Befund gewertet werden darf. Die vorliegenden sonografischen
Normbefunde für kindliche Gelenke stellen eine gute Basis für die
sichere und klare Interpretation von pathologischen Ultraschallbefunden dar und
erhöhen die Evidenz für den Einsatz der Gelenksonografie in der
kinderrheumatologischen Praxis und bei Studien [14 ]
[15 ]
[16 ]
[17 ]
[18 ]
[19 ]
[20 ]
[21 ]
[22 ]
[23 ]
[24 ]
[25 ].
Abb. 1 Normale Versorgungsgefäße im Handgelenk
(Pfeile). Dorsaler Longitudinalschnitt Handgelenk mit Power-Doppler.
Abb. 2 Normaler echoarmer Knorpel mit glatter Kontur bei einem
Kleinkind (Pfeile). Dorsaler Longitudinalschnitt Handgelenk (B-Mode).
Entzündliche Veränderungen im Ultraschall bei Kindern und
Jugendlichen
Entzündliche Veränderungen im Ultraschall bei Kindern und
Jugendlichen
Basierend auf den kindlichen Normbefunden haben sich mehrere Arbeitsgruppen mit der
standardisierten Erfassung pathologischer Befunde bei rheumatischen
Entzündungen im Kindes- und Jugendalter befasst.
Synovialitis
Klinische Zeichen einer Synovialitis sind Schwellung oder Erguß und
Überwärmung, Bewegungseinschränkung und/oder Schmerzen des
Gelenks. Neben einer rheumatischen Ursache sind differentialdiagnostisch weitere
mögliche Erkrankungen abzugrenzen, die mit ähnlicher oder sogar
gleicher Symptomatik auftreten können wie z. B.
Weichteilinfektionen, Knochenentzündungen, Frakturen oder Erkrankungen, die
mit Ödembildung einhergehen können.
Die Beurteilung der Synovialitis erfolgt sowohl im B-Bild als auch Doppler Verfahren.
Der Erguß stellt sich im B-Bild echofrei oder echoarm und verschiebbliches
Areal dar, die synoviale Hyperproliferation weist eine echoarme bis mittelechogene
Struktur auf, ist jedoch nicht verschiebblich. Im Vergleich zum meist echoarmen oder
echofreien Erguss ist das synoviale Gewebe echoreicher. Diese international
konsentierten Kriterien zur Beurteiung einer Synovitis bei pädiatrischen
Patienten wurden von einer Task Force der OMERACT Ultraschallgruppe erarbeitet [14 ].
Bei Kindern sind im Gegensatz zu Erwachsenen infolge der physiologischen
Reifungsvorgänge in der Doppler-Untersuchung der Gelenke vermehrt
intraartikuläre Blutflüsse darstellbar. Ausschließlich eine
Hypervaskularisation im Bereich der synovialen Hypertrophie darf daher als Hinweis
auf ein entzündliches Geschehen gewertet werden. Somit ist, als klare
Abgrenzung zur Doppler Untersuchung bei RA, eine präzise Zuordnung der
Dopplersignale zur Gelenkschleimhaut erforderlich ([Abb. 3 ]
[4 ]
[5 ]).
Abb. 3 Synoviale Hypertrophie im Recessus suprapatellaris.
Transversaler Suprapatellarschnitt bei Juveniler idiopathischer
Arthritis.
Abb. 4 Erguss im Ellenbogengelenk bei Juveniler idiopathischer
Arthritis. Humeroradialer Longitudinalschnitt (B-Mode).
Abb. 5 Carpalarthritis mit deutlicher Hypervaskularisation. Dorsaler
radiocarpaler Longitudinalschnitt Handgelenk.
Ultraschall-Scores können neben der Quantifizierung pathologischer Befunde
auch zur Verlaufsbeurteilung der Gelenkentzündung und damit zur Beurteilung
der Wirksamkeit therapeutischer Interventionen dienen. Ein die Arthritis im
Kniegelenk beschreibender Score liegt durch die nordamerikanische Arbeitsgruppe der
CARRA vor [24 ]. Weitere andere Gelenke
berücksichtigende Scores werden derzeit von verschiedenen Arbeitsgruppen der
OMERACT und PReS (europäische Gesellschaft für Kinderrheumatologie)
erarbeit.
Wie auch in der internistischen Rheumatologie stellt sich bei der Betreuung der
kindlichen Rheumatiker die Frage nach der notwendigen Anzahl sonografisch zu
untersuchenden Gelenke, um einen sicheren Überblick über die
allgemeine Entzündungsaktivität der Gelenke eines Patienten zu
erhalten. Diese Frage ist weiter offen, eine erste Arbeit von Collado et al. konnte
zeigen, dass wahrscheinlich die Untersuchung von 10 Gelenken (Knie-, Sprung-, Hand-,
Ellenbogengelenk und MCP II bds.) bei Patienten mit einer polyartikulären
JIA eine gleich gute Beurteilbarkeit der Geamtentzündungsaktivität
verglichen mit einem 44 Gelenke umfassenden Score bieten kann [12 ].
Tenosynovialitis
Eine bei Kindern gerade zu Beginn der Erkrankung häufig anzutreffende,
klinisch jedoch oftmals inapperent verlaufende Sehnenscheidenentzündung kann
mittels Ultraschalluntersuchung hervorragend diagnostiziert werden. Rooney et al.
konnten zeigen, das mittels Ultraschall bei 71% von 49 untersuchten
geschwollenen Sprunggelenken eine klinisch nicht diagnostizierte
Sehnenenscheidenentzündung vorlag [29 ].
Gerade bei noch sehr jungen Kindern mit stärker ausgeprägtem
subkutanen Fettgewebe ist eine klare klinische Unterscheidung zwischen
entzündetem Gelenk und/oder Sehne oft schwierig. Darüber
hinaus haben KInder in dieser Altersgruppe noch sehr kleine Hände und
Füße und damit liegen auch anatomisch Gelenke und Sehnen sehr eng
beinander, was in der klinischen Differenzierung zwischen Arthritis und
Tenosynovialitis zu Schwierigkeiten führen kann. Daher sollten bei der
Sonografie der Gelenke auch immer die benachbarten Sehnen einbezogen werden. Da in
der pädiatrischen Rheumatologie therapeutische Gelenk- und Sehnenpunktionen
einen hohen Stellenwert besitzen, ist das Ergebnis dieser sonografischen
Untersuchung oftmals auch Therapie bestimmend.
Für die internistische Rheumatologie wurden durch die OMERACT Gruppe
sonografische Kriterien einer Tenosynovialitis wie folgt definiert: Darstellung
eines echofreien oder echoarmen, verdickten Gewebes mit/ohne
Flüssigkeit in der Sehnenscheide, in dem Doppler-Signale, die nicht
physiologischen Gefäßen entsprechen, auftreten können [38 ]. Diese Definition kann nach unseren
Erfahrungen auch für kindliche Tenosynovitiden im Wesentlichen angewendet
werden. Ob diese Charakterisierung vollständig für die
pädiatrische Ultraschalldiagnostik übernommen werden kann oder noch
Altersspezifika zu berücksichtigen sind, ist derzeit Inhalt einer Studie der
pädiatrischen Task Force Gruppe der OMERACT ([Abb. 6 ]).
Abb. 6 Tenosynovialitis der beiden Peroneussehnen mit synovialer
Hypertrophie und Hypervaskularisation in den Sehnenscheiden.
Transversalschnitt mit Power-Doppler.
Enthesitis
Enthesen sind der Ultraschalldiagnostik, bedingt durch ihre oberflächliche
Lage, sehr gut zugänglich. Durch den Nachweis einer Enthesitis ist eine
präzisere Zuordnung der rheumatischen Erkrankung des Kindes zu einer der
Subgruppen der juvenilen idiopathischen Arthritis möglich und damit auch
Therapie vorgebend. Vor allem bei der juvenilen Psoriasisarthritis sowie der
Enthesitis-assoziierten Arthritis sind auch im Kindesalter Enthesitiden zu
finden.
Der sonografischen Diagnostik auch dieser Pathologie kommt gerade auch im Kindesalter
eine besondere Bedeutung zu, da Sehnenansatzentzündungen klinisch inapperent
verlaufen können. So konnte in einer Arbeit gezeigt werden, dass in der
Hälfte der sonografisch nachgewiesenen Sehnenansatzentzündungen die
klinische Untersuchung einen unauffälligen Befund erbrachte [39 ].
Sonomorphologische Charakteristika einer Sehnenansatzentzündung im B-Bild
sind der Verlust der fibrillären Echotextur und eine Sehnenverdickung, in
der Doppler Untersuchung gilt das Auftreten von Signalen an der Insertionsstelle der
Sehne am Knochen als spezifisches Zeichen der Entzündung. Es muß
jedoch betont werden, dass bei Kindern infolge des nicht vollständig
ausgereiften Knochens auch physiologische Dopplersignale auftreten. Diese sind an
der Ansatzstelle der Sehne am Knorpel sowie innerhalb der Sehne mit variablen
Entfernungen vom Sehnenansatz zu finden. Pathologische Veränderungen wie
Erosionen. Enthesiophyten oder Sehnenansatzverkalkungen sind auch beim Kind zu
finden. Auf Grund dieser hohen Variabilität bedarf die korrekte
Unterscheidung zwischen normalem und pathologischen Befund viel Erfahrung. Normative
Daten für die pädiatrischen Enthesen liegen nur in wenigen Studien
vor [40 ].
Läsionen der Knorpel- und Knochenstruktur
Läsionen der Knorpel- und Knochenstruktur
Der Gelenkknorpel ist die häufigste befallene Struktur bei rheumatischen
Gelenkentzündungen. Sonografisch können sich pathologische
Veränderungen als oberflächliche oder subchondrale
Unschärfen, Ausdünnungen oder Inhomogenitäten der
Knorpelstruktur darstellen. Bei der Beurteilung der strukturellen Integrität
ist immer die im Prozess der Knochenentwicklung altersabhängige
physiologische Abnahme der Knorpeldicke zu beachten. Hilfreich bei der Beurteilung
können dabei die in verschiedenen Studien erarbeiteten Referenzintervalle
altersabhängiger Knorpeldicken sein [19 ]
[20 ]
[21 ]
[22 ]
[41 ]
[42 ]
[43 ].
Dass mittels heutiger Geräte eine ausgezeichnete Abbildung- und
Meßqualität auch der knorpeligen Strukturen erreicht wird, konnten
Spannow et al. in einer Vergleichsstudie zwischen MRT als Goldstandard und der
Sonografie zeigen. Es konnte belegt werden, dass mit dem MSUS ein
zuverlässiges Instrument für die Beurteilung von
Knorpelschäden bei der JIA zur Verfügung steht [44 ]
[45 ].
Die Überlegenheit des MSUS im Vergleich zum Röntgen liegt in der
Möglichkeit der Untersuchung der Gelenke in beliebig vielen Ebenen. Eine
höhere Sensitivität der Ultraschalluntersuchung gegenüber
dem Röntgen für die Darstellung erosiver Veränderungen
konnte in Studien gezeigt werden, stellvertretend seien hier die Studien von Ventura
et al. für die Metacarpophalangealknochen und von Malattia et al.
für die Mittelhandknochen genannt [46 ]
[47 ].
Knöcherne Erosionen stellen sich im B-Bild als Unterbrechung der
Knochenoberfläche dar. Bei Kindern muß bei der Interpretation
möglicher erosiver Veränderungen immer die große
Oberflächenvariabilität des wachsenden Knochens
berücksichtigt werden. Durch eine Untersuchung in verschiedenen Ebenen kann
eine Überdiagnostik von Erosionen vermieden werden. Eine Fehlinterpretation
kann z. B. durch die falsche Beurteilung noch nicht vollständig
geschlossener Epiphysenfugen entstehen, diese können wie erosive
Veränderungen imponieren. Eine weitere Besonderheit im Kindesalter besteht
darin, daß entzündungsbedingte Hypervaskularistationen langfristig
zu einem vorzeitigen Knochenwachstum der am entzündeten Gelenk beteiligten
Knochen führen können, diese imponieren sonografisch dann als
deutlicher Knochenreifungsvorsprung [15 ].
Ultraschall gestützte Gelenkpunktion
Ultraschall gestützte Gelenkpunktion
Gelenkpunktionen sind ein wesentlicher Bestandteil der Therapie rheumatischer
Erkrankungen. Gerade bei sehr kleinen Kindern ist die ultraschallgeführte
Injektion, sei es zu ausschließlich diagnostischen oder therapeutischen
Zwecken, ein großer Vorteil.
Am häufigsten ist bei der JIA das Kniegelenk betroffen und stellt damit auch
das am häufigsten punktierte Gelenk dar. Doch neben der Punktion
„großer“ Gelenke können mittels der heute zur
Verfügung stehenden Ultraschallgeräte auch bei Kleinkindern
Punktionen kleinster Gelenke und Sehnenscheiden unter Ultraschallführung
sicherer unternommen werden - eine Erfordernis, die sich aus der potenziell
schädlichen Wirkung inkorrekt applizierter kristalliner
Glukokortikoid-Präparate in Knorpel- und Weicheilstrukturen ergibt. Gleiches
gilt für die Punktion von Sehnenscheiden und Enthesen. Die zur
Verfügung stehenden hochauflösenden Ultraschallsonden lassen auch
die Punktion sehr oberflächlich gelegener Strukturen wie beispielsweise die
oft betroffenen Peroneus- und Tibialissehnen zu. Studien konnten zeigen, dass die
Sicherheit und Effektivität von ultraschallgestützten Punktionen
deutlich höher im Vergleich zu ungeführten Punktionen ist ([Abb. 7a, b ]). Weder ein relevant
erhöhter Zeitaufwand noch andere negative Effekte dieser Punktionstechnik
konnten bisher beobachtet werden [48 ]
[49 ]
[50 ]
[51 ]
[52 ].
Abb. 7 Punktion des Handgelenkes mit Ultraschallführung und
Instillation eines Glukokortikoids.
Weitere Anwendungsgebiete
Zusammenfassung
Durch die Anwendung des Gelenkultraschalls konnten große Fortschritte in der
Diagnostik und Therapie rheumatischer Erkrankungen im Kindesalter erzielt werden.
Für die pädiatrische Rheumatologie stellt das Verfahren bedingt
durch das sich noch ausreifende Skelett besondere Herausforderungen an den
Untersucher. Sichere Kenntnisse der sich verändernden Anatomie
müssen erworben werden, um die Möglichkeiten des Ultraschalls sowohl
für Diagnostik, Therapie und als auch Verlaufsbeurteilung effektiv
auszuschöpfen. Die Weiterentwicklung von pädiatrischen
Scoring-Systemen und standardisierten Ultraschallprotokollen wird helfen, die
Implementierung in Studien und auch in die tägliche kinderrheumatologische
Praxis fortzusetzen.