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DOI: 10.1055/a-1771-6953
S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome des Ösophagus
Version 3.1 – Juni 2022 – AWMF-Registernummer: 021/023OL- Wesentliche Neuerungen
- 1. Informationen zu dieser Leitlinie
- 2 Einführung
- 3 Patienteninformation und Aufklärung
- 4 Risikofaktoren
- 5 Prävention
- 6 Primärdiagnostik und Staging inklusive Pathologie
- 7 Ernährungsmedizinische Versorgung
- 8 Kurativ intendierte Therapie
- 9 Palliativtherapie
- 10 Psychoonkologie
- 11 Palliativversorgung
- 12 Qualitätsindikatoren
- 13 Anhänge
- 14 Abbildungsverzeichnis
- 15 Tabellenverzeichnis
- Literatur
Wesentliche Neuerungen
Wesentliche Neuerungen durch die Aktualisierung der Leitlinie (Version 3)
3.1 (Juni 2022) – Neue Empfehlungen zur adjuvanten und palliativen Immuntherapie
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siehe Kapitel 8.4.9
-
siehe Kapitel 9.1–9.4
3.0 (Oktober 2021)
In Rahmen der Aktualisierung wurden die Empfehlungen im Kapitel 6 („Primärdiagnostik und Staging inklusive Pathologie“), Kapitel 8 („Kurativ intendierte Therapie“) und im Kapitel 9 („Palliativtherapie“) auf Aktualität geprüft. Hierzu erfolgte eine systematische Recherche für priorisierte Themen sowie eine Befragung der beteiligten Fachexperten. Im Rahmen des Aktualisierungsprozesses wurden die unten aufgeführten Empfehlungen überarbeitet bzw. neu formuliert.
Neues Statement 6.7 Kapitel 6.3
Modifizierte Empfehlung 8.10 Kapitel 8.3.3.2
Neue Empfehlung 8.12 Kapitel 8.3.3.4
Modifizierte Empfehlung 8.13 Kapitel 8.3.3.5
Modifizierte Empfehlung 8.18 Kapitel 8.3.5
Modifizierte Empfehlung 8.25 Kapitel 8.4.2
Modifizierte Empfehlung 8.28 Kapitel 8.4.2
Neue Empfehlung 8.29 Kapitel 8.4.2
Modifizierte Empfehlung 8.35 Kapitel 8.4.5
Modifizierte Empfehlung 8.38 Kapitel 8.4.5
Neue Empfehlung 9.1 Kapitel 9.1
Modifizierte Empfehlung 9.4 Kapitel 9.1
Modifizierte Empfehlung 9.5 Kapitel 9.4
Neue Empfehlung 9.11 Kapitel 9.7
Eine detaillierte Übersicht der Änderungen befindet sich Kapitel 13.1.
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1. Informationen zu dieser Leitlinie
1.1 Herausgeber
Leitlinienprogramm Onkologie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF), Deutschen Krebsgesellschaft e. V. (DKG) und der Stiftung Deutsche Krebshilfe (DKH).
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1.2 Federführende Fachgesellschaft(en)
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e. V. (DGVS)
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1.3 Finanzierung der Leitlinie
Diese Leitlinie wurde von der Deutschen Krebshilfe im Rahmen des Leitlinienprogramms Onkologie gefördert.
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1.4 Kontakt
Office Leitlinienprogramm Onkologie
c/o Deutsche Krebsgesellschaft e. V.
Kuno-Fischer-Straße 8
14 057 Berlin
leitlinienprogramm@krebsgesellschaft.de
www.leitlinienprogramm-onkologie.de
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1.5 Zitierweise
Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Diagnostik und Therapie der Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome des Ösophagus, Langversion 3.1, 2022, AWMF-Registernummer: 021/023OL https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/oesophaguskarzinom/; Zugriff am [tt.mm.jjjj]
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1.6 Bisherige Änderungen an der Version 3
3.1 (Juni 2022): Neue Empfehlungen zur adjuvanten und palliativen Immuntherapie (Kapitel 8.4.9, Kapitel 9.1–9.4)
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1.7 Besonderer Hinweis
Die Medizin unterliegt einem fortwährenden Entwicklungsprozess, sodass alle Angaben, insbesondere zu diagnostischen und therapeutischen Verfahren, immer nur dem Wissensstand zur Zeit der Drucklegung der Leitlinie entsprechen können. Hinsichtlich der angegebenen Empfehlungen zur Therapie und der Auswahl sowie Dosierung von Medikamenten wurde die größtmögliche Sorgfalt beachtet. Gleichwohl werden die Benutzer aufgefordert, die Beipackzettel und Fachinformationen der Hersteller zur Kontrolle heranzuziehen und im Zweifelsfall einen Spezialisten zu konsultieren. Fragliche Unstimmigkeiten sollen bitte im allgemeinen Interesse der OL-Redaktion mitgeteilt werden.
Der Benutzer selbst bleibt verantwortlich für jede diagnostische und therapeutische Applikation, Medikation und Dosierung.
In dieser Leitlinie sind eingetragene Warenzeichen (geschützte Warennamen) nicht besonders kenntlich gemacht. Es kann also aus dem Fehlen eines entsprechenden Hinweises nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.
Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Bestimmung des Urhebergesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der OL-Redaktion unzulässig und strafbar. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung der OL-Redaktion reproduziert werden. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung, Nutzung und Verwertung in elektronischen Systemen, Intranets und dem Internet.
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1.8 Ziele des Leitlinienprogramms Onkologie
Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V., die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und die Stiftung Deutsche Krebshilfe haben sich mit dem Leitlinienprogramm Onkologie (OL) das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung und Fortschreibung und den Einsatz wissenschaftlich begründeter und praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen. Die Basis dieses Programms beruht auf den medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen der Fachgesellschaften und der DKG, dem Konsens der medizinischen Fachexperten, Anwender und Patienten sowie auf dem Regelwerk für die Leitlinienerstellung der AWMF und der fachlichen Unterstützung und Finanzierung durch die Deutsche Krebshilfe. Um den aktuellen Stand des medizinischen Wissens abzubilden und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen, müssen Leitlinien regelmäßig überprüft und fortgeschrieben werden. Die Anwendung des AWMF-Regelwerks soll hierbei Grundlage zur Entwicklung qualitativ hochwertiger onkologischer Leitlinien sein. Da Leitlinien ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements in der Onkologie darstellen, sollten sie gezielt und nachhaltig in den Versorgungsalltag eingebracht werden. So sind aktive Implementierungsmaßnahmen und auch Evaluationsprogramme ein wichtiger Bestandteil der Förderung des Leitlinienprogramms Onkologie. Ziel des Programms ist es, in Deutschland professionelle und mittelfristig finanziell gesicherte Voraussetzungen für die Entwicklung und Bereitstellung hochwertiger Leitlinien zu schaffen. Denn diese hochwertigen Leitlinien dienen nicht nur dem strukturierten Wissenstransfer, sondern können auch in der Gestaltung der Strukturen des Gesundheitssystems ihren Platz finden. Zu erwähnen sind hier evidenzbasierte Leitlinien als Grundlage zum Erstellen und Aktualisieren von Disease-Management-Programmen oder die Verwendung von aus Leitlinien extrahierten Qualitätsindikatoren im Rahmen der Zertifizierung von Organtumorzentren.
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1.9 Weitere Dokumente zu dieser Leitlinie
Bei diesem Dokument handelt es sich um die Langversion der S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome des Ösophagus“. Neben der Langversion gibt es folgende ergänzende Dokumente zu dieser Leitlinie:
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Kurzversion der Leitlinie
-
Laienversion (Patientenleitlinie)
-
Leitlinienreport zur Aktualisierung der Leitlinie
-
Evidenzbericht zu den Aktualisierungsrecherchen
Diese Leitlinie und alle Zusatzdokumente sind über die folgenden Seiten zugänglich.
-
Leitlinienprogramm Onkologie (https://www.leitlinienprogrammonkologie.de/leitlinien/oesophaguskarzinom/)
-
AWMF (www.awmf.org)
-
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) (https://www.dgvs.de/wissen-kompakt/leitlinien/leitlinien-der-dgvs/)
-
Guidelines International Network (www.g-i-n.net)
Dokumente zu den Vorgängerversionen der Leitlinie sind im Leitlinienarchiv unter:
https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/oesophaguskarzinom/ abrufbar.
Die Leitlinie ist außerdem in der App des Leitlinienprogramms Onkologie enthalten.
Weitere Informationen unter:
https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/oesophaguskarzinom/
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1.10 Zusammensetzung der Leitliniengruppe
1.10.1 Koordination
Leitlinienkoordination
Prof. Dr. med. Rainer Porschen
Gastroenterologische Praxis am
Kreiskrankenhaus Osterholz
Am Krankenhaus 4
27 711 Osterholz-Scharmbeck
Prof. Dr. med. Matthias P. A. Ebert
II. Medizinische Klinik
Universitätsmedizin Mannheim
Theodor-Kutzer-Ufer 1–3
68 167 Mannheim
Leitlinienmanagement
Frau Pia Lorenz, M.Sc., Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
E-Mail an: oesophaguskarzinom@leitlinienprogramm-onkologie.de
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1.10.2 Beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen
Porschen, R., Fischbach, W., Gockel, I., Hollerbach, S., Hölscher, A., Lynen Jansen, P., Miehlke, S., Pech, O., Stahl, Vanhoefer, U., Ebert, M., und die Mitarbeiter der Leitlinienkommission*
*Die Liste der Mitglieder der Leitlinienkommission sind in [Tab. 1] aufgeführt
Beteiligte Organisationen und Personen |
Mandatsträger |
Arbeitsgemeinschaft für onkologische Rehabilitation und Sozialmedizin (AGORS) |
Dr. Jürgen Körber |
Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie in der DKG (AIO) |
Prof. Dr. Sylvie Lorenzen Prof. Dr. Florian Lordick PD Dr. Peter Thuss-Patience |
Arbeitsgemeinschaft Psychoonkologie der Deutschen Krebsgesellschaft (PSO) |
PD Dr. Ute Goerling |
Arbeitsgemeinschaft Radiologische Onkologie der DKG e. V. (ARO) |
Prof. Dr. Heinz Schmidberger |
Arbeitsgemeinschaft Supportive Maßnahmen in der Onkologie (AGSMO) |
Dr. Maria Steingräber |
Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) |
Prof. Dr. Dietmar Lorenz Prof. Dr. Ines Gockel |
Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) |
Prof. Dr. Arnulf Hölscher Prof. Dr. Hans-Joachim Meyer Prof. Dr. Stefan Paul Mönig |
Deutsche Gesellschaft für Endoskopie und bildgebende Verfahren (DGE-BV) |
Prof. Dr. Alexander Meining Prof. Dr. Helmut Messmann |
Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) |
Prof. Dr. Ute Nöthlings |
Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) |
Prof. Dr. Arved Weimann |
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e. V. (DGVS) |
Prof. Dr. Rainer Porschen Prof. Dr. Stephan Miehlke Prof. Dr. Thomas Seufferlein Prof. Dr. Jörg Trojan Prof. Dr. Matthias Ebert Prof. Dr. Christian Ell[1] Prof. Dr. Stephan Hollerbach[1] |
Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. (DGHO) |
Prof. Dr. Michael Stahl Prof. Dr. Udo Vanhoefer |
Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM) |
PD Dr. Oliver Pech |
Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL) |
Prof. Dr. Christoph Wagener |
Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin e. V. (DGN) |
Prof. Dr. Matthias Schmidt |
Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e. V. (DGP) |
Prof. Dr. Philipp Lenz |
Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e. V. (DEGRO) |
Prof. Dr. Martin Stuschke Dr. Tilman Bostel Prof. Dr. Frederik Wenz |
Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e. V. (DEGUM) |
Prof. Dr. Josef Menzel |
Deutsche Krebsgesellschaft – Assoziation Chirurgische Onkologie |
Prof. Dr. Wolfram Trudo Knoefel |
Deutsche Röntgengesellschaft e. V. (DRG) |
Prof. Dr. Lars Grenacher |
Deutscher Verband für Physiotherapie (ZVK) e. V. |
Reina Tholen |
Dt. Gesellschaft für Pathologie/Bundesverband Deutscher Pathologen (DGP/BDP) |
Prof. Dr. Gustavo Baretton |
Gastro Liga e. V. |
Prof. Dr. Wolfgang Fischbach |
Selbsthilfegruppe Speiseröhrenerkrankungen |
Barbara Kade |
1 für die Sektion Endoskopie.
An der Erarbeitung dieser S3-Leitlinie waren zu einzelnen Aspekten mit sozialmedizinischer Relevanz Ärztinnen und Ärzte des Kompetenz Centrums Onkologie des GKV-Spitzenverbandes und der MDK-Gemeinschaft beratend beteiligt.
Sie haben an den Abstimmungen zu den einzelnen Empfehlungen nicht teilgenommen und sind für den Inhalt dieser Leitlinie nicht verantwortlich.
Die Schweizerische Gesellschaft für Gastroenterologie und die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V. (DEGAM) wurden ebenfalls angefragt, haben jedoch keine Vertretung benannt ([Tab. 2]).
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1.10.3 Patientenbeteiligung
Die Leitlinie wurde unter direkter Beteiligung von einer Patientenvertreterin erstellt. Frau Barbara Kade war von Beginn in die Erstellung der Leitlinie eingebunden und nahm mit eigenem Stimmrecht an den Konsensuskonferenzen teil.
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1.10.4 Methodische Begleitung
durch das Leitlinienprogramm Onkologie:
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Dr. Markus Follmann MPH MSc (OL-Office), Berlin
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Dipl. Soz.Wiss. Thomas Langer (OL-Office), Berlin
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Dr. Monika Nothacker, MPH (AWMF-IMWi), Berlin
durch die federführende Fachgesellschaft DGVS:
-
Priv. Doz. Dr. Petra Lynen Jansen (DGVS), Berlin
Durch externe Auftragnehmer
-
Dr. Paul Freudenberger (CGS User Group Leitlinienportal)
-
Erik Wolfarth (CGS User Group Leitlinienportal)
-
PD Dr. Simone Wesselmann, MBA (Aktualisierung der Qualitätsindikatoren)
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1.11 Abkürzungsverzeichnis ([Tab. 3])
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2 Einführung
2.1 Geltungsbereich und Zweck
2.1.1 Zielsetzung und Fragestellung
Beim Speiseröhrenkrebs (Ösophaguskarzinom) werden zwei verschiedene Gewebetypen, das Adenokarzinom und das Plattenepithelkarzinom unterschieden. 2020 sollen nach der Prognose des Robert-Koch-Instituts in Deutschland 6100 Männer und 1800 Frauen neu an Speiseröhrenkrebs erkranken – also eine steigende Tendenz. Dies entspricht einem Anteil von 3,5 % bei Männern und 1,2 % bei Frauen an allen bösartigen Neubildungen. Das Ösophaguskarzinom zählt zu den Tumorarten mit einer sehr schlechten Prognose: die relative 5-Jahres Überlebensrate liegt bei 22–24 % [1].
Die Diagnostik und Therapie des Ösophaguskarzinoms stellt mehr noch als bei anderen Tumorentitäten hohe Anforderungen an die beteiligten Fachdisziplinen. Dies ist auf der einen Seite durch die enge Nachbarschaft der Speiseröhre zum Bronchialsystem und zur Lunge bedingt – eine Tatsache, die erhebliche technische Anforderungen an das operative und therapeutische Vorgehen stellt. Deshalb ist ein hoher Grad an Interdisziplinarität erforderlich, um die Patienten nach subtiler Diagnostik einer stadiengerechten Therapie zuzuführen. Dies beinhaltet besonders die Entscheidung, welche Patienten alleine durch eine Operation, welche Patienten durch eine Kombination einer neoadjuvanten präoperativen Radiochemotherapie plus Operation oder welche sogar durch eine alleinige Radiochemotherapie behandelt werden sollen. Zudem sind neue diagnostische Verfahren (z. B. PET-CT) in die Stufendiagnostik des Ösophaguskarzinoms eingeführt worden, deren Stellenwert noch nicht eindeutig definiert und festgelegt worden ist.
Auf der anderen Seite ist die Therapie des Ösophaguskarzinoms – besonders bei den Plattenepithelkarzinomen – durch die Tatsache erschwert, dass durch den häufig begleitenden Alkohol- und Tabakkonsum Begleiterkrankungen vorliegen, die die Möglichkeiten einer einzuschlagenden Therapie erheblich beeinflussen.
Mit der Publikation 2015 wurde erstmal eine aktuelle, alle Themen abdeckende Leitlinie zum Thema „Speiseröhrenkrebs“ erstellt, die eine Standardisierung in der Prävention, Diagnostik, Therapie, Palliation und Nachsorge ermöglichte und somit das Ziel verfolgte, die Behandlungsergebnisse zu verbessern. Die vorliegende Aktualisierung der Leitlinie beabsichtigt, diese Aktualität zu erhalten und gleichzeitig ein schnelles Reagieren auf wesentliche Änderungen zu ermöglichen. Somit wird eine kontinuierliche, standardisierte Aktualisierung vorgenommen. Die Inhalte der Leitlinie werden dabei auf Basis aktueller Studiendaten und neuer Publikationen, Umfragen zu Qualität und Inhalten der Leitlinie und Rückmeldungen aus der Leitliniengruppe geprüft und gegebenenfalls aktualisiert. Für die hier vorliegende Version 3 der Leitlinie wurde eine erneute systematische Literaturrecherche (Suchzeitraum 06/2017–09/2019) mit anschließender Evidenzbeurteilung durch die UserGroup – Med. Leitlinienentwicklung e. V./CGS Clinical Guideline Services durchgeführt (siehe Leitlinienreport).
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2.1.2 Adressaten
In der Leitlinie „Ösophaguskarzinom“ wird das gesamte Spektrum der Prävention, Diagnostik und Therapie des Ösophaguskarzinoms behandelt. Sie richtet sich an Ärzte für Innere Medizin, Gastroenterologie, Hämatologie und Onkologie, Chirurgie, Radiologie, Strahlentherapie, Pathologie, Nuklearmedizin, und Palliativmedizin.
Die Leitlinie soll darüber hinaus Ärzten der Allgemeinmedizin sowie onkologisch tätigen Fachkräften und Berufsgruppen, die an der Versorgung von Patienten mit Ösophaguskarzinom beteiligt sind, sowie Organisationen der Patientenberatung, Selbsthilfegruppen sowie Entscheidungs- und Kostenträger im Gesundheitswesen zur Information diesen.
Der Ansatz der Leitlinie ist interdisziplinär und sektorenübergreifend, da sowohl stationäre/teilstationäre als auch ambulante Versorgungsstrukturen eingeschlossen werden.
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2.1.3 Gültigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren
Die S3-Leitlinie in der Version 3 ist bis zur nächsten Aktualisierung gültig, maximal aber 5 Jahre. Es ist vorgesehen, die Inhalte der Leitlinie regelhaft auf Basis aktueller Studiendaten und neuer Publikationen sowie Rückmeldungen aus der Leitliniengruppe zu prüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Hierzu wird regelmäßig eine systematische Literatur-recherche und Evidenzbeurteilung durchgeführt.
Kommentare und Hinweise für den Aktualisierungsprozess sind ausdrücklich erwünscht und können an: oesophaguskarzinom@leitlinienprogramm-onkologie.de adressiert werden.
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2.2 Grundlagen der Methodik
Die methodische Vorgehensweise bei der Erstellung der Leitlinie ist im Leitlinienreport dargelegt. Dieser ist im Internet z. B. auf den Seiten des Leitlinienprogramms Onkologie (https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/oesophaguskarzinom/) und den Seiten der AWMF (http://www.awmf.org/) frei verfügbar.
2.2.1 Schema der Evidenzgraduierung
Zur Klassifikation des Verzerrungsrisikos der identifizierten Studien wurde in dieser Leitlinie das Seit der Version in der nachfolgenden Tabelle aufgeführte System des Oxford Centre for Evidence-based Medicine in der Version von 2009 verwendet. Dieses System sieht die Klassifikation der Studien für verschiedene klinische Fragestellungen (Nutzen von Therapie, prognostische Aussagekraft, diagnostische Wertigkeit) vor.
Die Literaturbewertung erfolgte für die Version 3 nach der Evidenzklassifizierung des Oxford Centre for Evidence-based Medicine 2011 (siehe nachfolgende Tabelle „Evidenzklassifizierung nach Oxford 2011“). Alle eingeschlossenen Studien wurden darüber hinaus in Evidenztabellen extrahiert. Die methodische Qualität der eingeschlossenen Studien wurde mit Hilfe von Checklisten überprüft und die gefundenen Mängel im „Notes“ Bereich der Evidenztabellen festgehalten.
Die Evidenztabellen inklusive der Studienbewertungen können dem Methodenreport der UserGroup entnommen werden (verfügbar unter https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/oesophaguskarzinom/) ([Tab. 4], [5]).
Fragestellung |
Schritt 1 (Level 1[*]) |
Schritt 2 (Level 2[*]) |
Schritt 3 (Level 3[*]) |
Schritt 4 (Level 4[*]) |
Schritt 5 (Level 5[*]) |
Wie häufig ist das Problem |
Lokale und aktuelle randomisierte Proben aus Umfragen (oder Volkszählungen) |
Systematische Reviews von Umfragen die eine Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten ermöglichen[**] |
Lokale nicht-Zufalls Probe |
Fall-Serie[**] |
Nicht verfügbar |
Ist der diagnostische oder Monitoring Test akkurat? (Diagnose) |
Systematische Review von Querschnittsstudien mit konsistent applizierten Referenzstandard und Verblindung |
Einzelne Querschnitts- Studien mit konsistent applizierten Referenzstandard und Verblindung |
Nicht konsekutive Studien oder Studien ohne konsistent applizierten Referenzstandard[**] |
Fall-Kontroll Studien, oder minderwertiger, nicht unabhängiger Reeferenz Standard[**] |
Mechanismus-basierte Argumentation |
Was wird ohne Therapie passieren? (Prognose) |
Systematische Reviews von Inzeptions Kohorten Studien |
Inzeptions Kohorten Studien |
Kohortenstudien oder Kontrollarme von randomisierten Studien[*] |
Fall Serien oder Fall-Kontroll Studien, oder minderwertiger prognostische Kohortenstudien |
Nicht verfügbar |
Hilft die Intervention? Behandlungsvorteil |
Systematische Reviews von randomisierten Studien oder n = 1 Studien |
Randomisierte Studien oder Observationsstudien mit dramatischem Effekt |
Nicht-randomisierte kontrolliert Kohorten/Follow-up Studien[**] |
Fall Serien oder Fall-Kontroll Studien, oder historische kontrollierte Studien |
Mechanismus-basierte Argumentation |
Was sind die häufigen Nachteile/ Schäden durch die Intervention? Behandlungsnachteil |
Systematische Reviews von randomisierten Studien oder Nested Fall Kontroll Studien, n = 1 Studien, oder Observationsstudien mit dramatischem Effekt |
Randomisierte Studien oder (herausragende) Observationsstudien mit dramtischen Effekt |
Nicht-randomisierte kontrollierte Kohorten/Follow-up Studien (Beobachtung nach Marktzulassung), ausreichende Fallzahl vorausgesetzt, um häufige Schäden auszuschließen. (Für Langzeit Schäden muss die Nachfolgezeit ausreichend sein) |
Fall Serien oder Fall-Kontroll Studien, oder historische kontrollierte Studien |
Mechanismus-basierte Argumentation |
Was sind die seltenen Nachteile/ Schäden durch die Intervention? Behandlungsnachteil |
Systematische Reviews von randomisierten Studien oder n = 1 Studien |
Randomisierte Studien oder herausragende Observationsstudien mit dramtischen Effekt |
Fall Serien oder Fall-Kontroll Studien, oder historische kontrollierte Studien |
Mechanismus-basierte Argumentation |
|
Ist der (frühe Detektion) Test lohnenswert? (Screening) |
Systematische Reviews von randomisierten Studien |
Randomisierte Studien |
Nicht-randomisierte kontrollierte Kohorten/Follow-up Studien[**] |
Fall Serien oder Fall-Kontroll Studien, oder historische kontrollierte Studien |
Mechanismus-basierte Argumentation |
1 Entwickelt von OCEBM Table of Evidence Working Group = Jeremy Howick, Iain Chalmers (James Lind Library), Paul Glasziou, Trish Greenhalgh, Carl Heneghan, Alessandro Liberati, Ivan Moschetti, Bob Phillips, Hazel Thornton, Olive Goddard and Mary Hodgkinson 2011. Übersetzt und angepasst von CGS Usergroup 2020.
* Das Evidenzlevel kann herabgestuft werden auf Grund der Studienqualität, Ungenauigkeit, Indirektheit (Studien PICO passt nicht genau zur Frage PICO), Inkonsistenz zwischen Studien, oder weil die absolute Effektgröße sehr klein ist. Das Evidenzlevel kann hochgestuft werden, wenn der beobachtete Effekt groß oder sehr groß ist.
** Wie immer ist ein Systematisches Review generell besser als eine einzelne Studie.
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2.2.2 Schema der Empfehlungsgraduierung
Die Methodik des Leitlinienprogramms Onkologie sieht eine Vergabe von Empfehlungsgraden durch die Leitlinienautoren im Rahmen eines formalen Konsensusverfahrens vor. Dementsprechend wurden durch die AWMF moderierte, nominale Gruppenprozesse bzw. strukturierte Konsensuskonferenzen oder DELPHI-Abstimmungen durchgeführt. Im Rahmen dieser Prozesse wurden die Empfehlungen von den stimmberechtigten Mandatsträgern (siehe Kapitel 1.10.2.) formal abgestimmt. Die Ergebnisse der jeweiligen Abstimmungen (Konsensstärke) sind entsprechend den Kategorien in der nachfolgenden Tabelle den Empfehlungen zugeordnet ([Tab. 6]).
In der Leitlinie werden zu allen evidenzbasierten Statements und Empfehlungen das Evidenzlevel der zugrunde liegenden Studien sowie bei Empfehlungen zusätzlich die Stärke der Empfehlung (Empfehlungsgrad) ausgewiesen. Hinsichtlich der Stärke der Empfehlung werden in dieser Leitlinie drei Empfehlungsgrade unterschieden (siehe vorherige Tabelle, die sich auch in der Formulierung der Empfehlungen jeweils widerspiegeln ([Tab. 7]).
Die Entscheidungskriterien für die Festlegung der Empfehlungsgrade werden im Leitlinienreport zu dieser Leitlinie erläutert.
Klug Entscheiden
Empfehlungen, die mit „Klug entscheiden“ gekennzeichnet sind, wurden für die „Klug entscheiden“-Initiative der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin ausgewählt. Diese Empfehlungen sollen als konkrete Hilfestellung bei der Indikationsstellung zu diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen dienen, um eine Unter- bzw. Überversorgung zu vermeiden. Weitere Informationen finden Sie unter https://www.klug-entscheiden.com/.
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2.2.3 Statements
Als Statements werden Darlegungen oder Erläuterungen von spezifischen Sachverhalten oder Fragestellungen ohne unmittelbare Handlungsaufforderung bezeichnet. Sie werden entsprechend der Vorgehensweise bei den Empfehlungen im Rahmen eines formalen Konsensusverfahrens verabschiedet und können entweder auf Studienergebnissen oder auf Expertenmeinungen (Expertenkonsens) beruhen.
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2.2.4 Expertenkonsens (EK)
Statements/Empfehlungen, für die eine Bearbeitung auf der Grundlage von Expertenkonsens der Leitliniengruppe beschlossen wurde, sind als „Expertenkonsens“ ausgewiesen. Für die Graduierung des Expertenkonsens wurden keine Symbole bzw. Buchstaben verwendet, die Empfehlungsstärke bei (Experten)konsensbasierten Empfehlungen ergibt sich aus der verwendeten Formulierung (soll/sollte/kann) entsprechend der Abstufung in der Tabelle in Abschnitt 2.2.2.
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2.2.5 Unabhängigkeit und Darlegung möglicher Interessenkonflikte
Die Deutsche Krebshilfe stellte über das Leitlinienprogramm Onkologie (OL) finanzielle Mittel für insgesamt drei Jahre zur Verfügung (2017/18–2020). Für die Aktualisierung 2020 wurden die Mittel eingesetzt für Büromaterial, Literaturbeschaffung/ Evidenzbeurteilungen, Delphi-Befragung und die Treffen der Steuergruppe (Technik, Verpflegung, Reisekosten der Teilnehmer). Die Erarbeitung der Leitlinie erfolgte in redaktioneller Unabhängigkeit von der finanzierenden Organisation. Die Leitliniengruppenteilnehmer arbeiteten ehrenamtlich.
Die Leitliniengruppenmitglieder legten während des Leitlinienprozesses vor der formalen Abstimmung der Empfehlungen eine schriftliche Erklärung zu Interessen anhand des AWMF-Formblattes Stand 17.01.2018 vor. Die offengelegten Interessen sind in einer standardisierten Tabelle im Leitlinienreport auf den Webseiten des Leitlinienprogramms Onkologie (https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/oesophaguskarzinom/) und der AWMF (https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/021-023OL.html) einsehbar. Verantwortlich für die Aktualisierung war zusammen mit dem Koordinator eine interdisziplinär zusammengesetzte Steuergruppe (siehe Kapitel 1.9). In dieser wurden alle Schritte der Aktualisierung besprochen. Bei einem Treffen der Steuergruppe am 05.07.2017 wurde nach interner Diskussion folgendes Procedere zur Bewertung von und zum Umgang mit den offengelegten Interessen festgelegt:
Bei positiven Angaben in den Rubriken: Berater- bzw. Gutachtertätigkeit oder bezahlte Mitarbeit in einem wissenschaftlichen Beirat eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft (z. B. Arzneimittelindustrie, Medizinproduktindustrie), eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung oder Besitz von Geschäftsanteilen, Aktien, Fonds mit Beteiligung von Unternehmen der Gesundheitswirtschaft oder Persönliche Beziehungen zu einem Vertretungsberechtigten eines Unternehmens erfolgte eine Bewertung in gering, moderat und hoch. Angaben der Rubriken Vortrags- und Schulungstätigkeit bzw. Wissenschaftlicher Schwerpunkt/Studien wurden in dieser Gruppe grundsätzlich als gering bewertet. Bei Vorliegen eines geringen Interessenkonflikts wurden aufgrund der vorhandenen protektiven Faktoren (unabhängige Evidenzsuche und Bewertung, formales Konsensverfahren, Einbeziehen aller relevanten Stakeholder) keine weitere Maßnahme als erforderlich erachtet. Bei Vorliegen eines moderaten Interessenkonflikts erfolgte eine Abstimmungsenthaltung und Doppelabstimmung, um festzustellen, ob die Enthaltung zu einer geänderten Zustimmungsquote führen würde. Wenn aufgrund der offengelegten Sachverhalte in diesen Kategorien ein hohes Risiko für einen Interessenkonflikt angenommen werden musste, sollte diese Personen nicht an der Abstimmung und der Diskussion der entsprechenden Empfehlungen teilnehmen.
Die Beurteilung wurde durch eine Kommission der Leitliniengruppe aus drei Klinikern (Hölscher (DGCH), Hollerbach (DGVS), Vanhoefer (DGHO)) und zwei Methodikern (Langer (OL-Office), Nothacker (AWMF)) vorgenommen. Nach Sichtung der eingegangenen Rückmeldungen der Fachexperten – und wenn erforderlich – persönlicher Rücksprache wurde für die Aspekte „computergestützte digitale Filter“ für die Chromoendoskopie bei Autoren aufgrund von Tätigkeit in Advisory Boards von Endoskopiefirmen für dieses Thema ein moderater Interessenkonflikt gesehen und eine Doppelabstimmung avisiert, eine solche Tätigkeit lag jedoch nicht vor. Weiterhin wurde zusätzlich zu den oben genannten Konstellationen für die Empfehlung zur Referenzpathologie ein moderater Interessenkonflikt bei den Vertretern des Berufsverbandes der Pathologen gesehen, hier erfolgte eine Doppelabstimmung. Es ergab sich keine Änderung des Konsenses. Bei der Aktualisierung 2020/2021 ergaben sich keine neuen Aspekte in der Bewertung der Interessen.
An dieser Stelle möchten wir allen Experten und Mitarbeitern für ihre ausschließlich ehrenamtliche Mitarbeit an dem Projekt danken.
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3 Patienteninformation und Aufklärung
3.1 Informationsmaterial
3.1 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Informationsmaterialien (Print- und Internetmedien) sollen nach definierten Qualitätskriterien für Gesundheitsinformationen erstellt und den Patienten zur Verfügung gestellt werden, um sie durch eine verständliche Risikokommunikation (z. B. Angabe von absoluten Risikoreduktionen) in ihrer selbstbestimmten Entscheidung für oder gegen die medizinischen Maßnahmen zu unterstützen. |
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Starker Konsens |
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3.2 Grundprinzipien einer patientenzentrierten Kommunikation
3.2 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
Empfehlungsgrad A |
Die Art der Vermittlung von Informationen und der Aufklärung der Patientin soll nach den folgenden Grundprinzipien einer patientenzentrierten Kommunikation, die eine partizipative Entscheidungsfindung ermöglicht, erfolgen:
|
|
Level of Evidence 1b |
[2] |
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Starker Konsens |
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3.3 Therapieaufklärungsgespräch
3.3 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Als Inhalte eines Therapieaufklärungsgespräches sollten je nach Therapieansatz folgende Punkte angesprochen werden: Kurative Therapie
Palliative Therapie
Betont werden sollten auch Notwendigkeit und Möglichkeiten der Patientenkooperation
Angeboten werden sollte in jedem Fall eine psychoonkologische Unterstützung. |
|
Konsens |
Hintergrund
Die Empfehlungen zu Patienteninformation und Aufklärung basieren auf entsprechenden Empfehlungen aus der S3-Leitlinie zum Mammakarzinom [2].
Gerade für Krebserkrankungen ist die Bedeutung der Arzt-Patienten-Beziehung für den Krankheitsverlauf und das Erreichen des Therapieziels unbestritten. Im heutigen Verständnis ist der Arzt vor allem Partner des Patienten mit besonderem Fachwissen und Können.
Information und Beratung müssen ergebnisoffen sein. Die vom Arzt medizinethisch zu berücksichtigenden Prinzipien sind die Fürsorge und das Nicht-Schaden unter Anerkennung der Selbstbestimmung und Autonomie des Patienten in der Phase einer existenziellen Bedrohung. Der Patientenautonomie kommt dabei höchste Priorität zu. Entscheidungen für oder gegen eine Therapie sind für das ärztliche Handeln absolut bindend. Ein zeitlicher Druck zur Entscheidungsfindung ist zu vermeiden [3] [4].
Dem Patienten muss mit Empathie das vertrauensvolle „gut Aufgehobensein“ in der Betreuung eines interdisziplinären und multiprofessionellen Teams mit verschiedenen klar definierten Kompetenzen und Aufgaben einschließlich Ernährungs- und Physiotherapie, Psychoonkologie und Sozialdienst vermittelt werden. Dies wird häufig mehrere Aufklärungsgespräche mit unterschiedlichen Partnern des Teams erforderlich machen. Für den Patienten und seine Angehörigen müssen dabei Koordination und Verantwortlichkeit klar erkennbar sein. Die einzelnen Abläufe sollten unter Einbeziehung von Informations- und Aufklärungsgespräch in einer Standard Operative Procedure festgelegt sein.
Patienteninformation und -aufklärung über die Karzinomdiagnose und das Therapiekonzept sollten sorgfältig und detailliert, möglichst stufenweise erfolgen. Dem Informationsbedürfnis des Patienten ist umfassend Rechnung zu tragen [5]. Durch das Internet haben viele Patienten bereits frühzeitig Informationen über ihre Krebserkrankung erhalten, die im Arzt-Patienten Gespräch thematisiert werden müssen und der Kommentierung bedürfen.
Grundlage der Beratung sollten die auf den Leitlinien fußenden Empfehlungen der jeweiligen Onkologischen Konferenz (Tumorboard) sein, die auf den Patienten individuell abgestimmt werden müssen. Diese betreffen mögliche Einschränkungen innerhalb des Therapiekonzepts z. B. durch die Komorbidität des Patienten, aber auch dessen Präferenzen und Wünsche zur Lebensplanung.
Aufgrund der multimodalen Therapiekonzepte für das Ösophaguskarzinom kann die Aufklärung in einem vertrauensbildenden gemeinsamen Gespräch z. B. durch Chirurgen und (Radio-) Onkologen sinnvoll sein – gerade im neoadjuvanten Vorgehen oder bei Abwägung der Alternative zwischen Operation und definitiver Radio-Chemotherapie. Deutlich müssen Risiken und Nebenwirkungen, Toxizität, Spätfolgen und auch die Auswirkungen auf die Lebensführung (Ernährung) mit der zu erwartenden Lebensqualität des Patienten besprochen werden. Thematisiert werden sollten Erwartungen und Ängste des Patienten sowie Notwendigkeit und Möglichkeiten der Kooperation. Falls in Betracht kommend, ist die Teilnahme an einer Therapiestudie mit dem Patienten abzuwägen. Ggf. muss dabei sorgfältig das Prinzip der Randomisierung erläutert werden.
Das Arzt-Patienten-Gespräch sollte mit Empathie patientenzentriert in ruhiger Atmosphäre durchgeführt werden. Wenn es dem Wunsch des Patienten entspricht, sind Partner und nächste Angehörige einzubeziehen. Die Beratung muss in einer dem Patienten verständlichen Sprache erfolgen. Sowohl die Verharmlosung der Erkrankung und des Operationsrisikos als auch eine paralysierende Verängstigung müssen vermieden werden. Statistische Informationen, nicht zuletzt zur Frage der Prognose sind mit besonderer Sensibilität zu vermitteln. Um das bestmögliche Behandlungsergebnis zu erreichen, muss auch der Bedarf zur eigenverantwortlichen Kooperation des Patienten herausgearbeitet werden. Hier ist auch auf die neuen Konzepte zur rascheren postoperativen Rekonvaleszenz unter aktiver Mitwirkung des Patienten einzugehen („ERAS“). Hilfreich ist die Verfügbarkeit von schriftlichen Informationen und Abbildungen, die ebenfalls in dem Patienten verständlicher Sprache abgefasst sein müssen. Geeignet wird hierfür z. B. die Laienversion (Patientenleitlinie) zu dieser Leitlinie sein (Download unter: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/patientenleitlinien/speiseroehrenkrebs/).
Die Aufklärung sollte in einer von Arzt und Patient partizipativ und gemeinsam getragenen Entscheidung zum therapeutischen Vorgehen münden („shared decision making“). Der Wunsch nach einer Zweitmeinung ist konstruktiv zu akzeptieren und durch zeitnahe Bereitstellung der medizinischen Patientenunterlagen (diagnostische Befunde, Arztbrief, Operationsbericht, Computertomographie auf CD-Rom) zu unterstützen. Zu jeder Zeit muss der Patient Einsicht in die Krankenunterlagen erhalten können.
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4 Risikofaktoren
In [Abb. 1] sind die bisher bekannten und nachfolgend in Detail dargestellten Risikofaktoren für die Entstehung eines Ösophaguskarzinoms zusammengefasst.
4.1 Rauchen
4.1 |
Konsensbasiertes Statement |
geprüft 2021 |
EK |
Rauchen erhöht das Risiko für Ösophaguskarzinome. Dies gilt für Plattenepithelkarzinome und für Adenokarzinome des Ösophagus und des ösophagogastralen Übergangs. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
In einer multizentrischen Fall-Kontroll-Studie aus Taiwan wurde der Einfluss von Rauchen, Alkohol und Betelnüssen auf die Entstehung von Plattenepithelkarzinomen und deren Lokalisation im Ösophagus untersucht [6], Rauchen steigerte das Karzinomrisiko um das 5,9- bis 8,5-fache, wobei das höchste Risiko im mittleren Ösophagus bestand. Raucher erkrankten 2,7- bis 6,2-mal häufiger an einem Plattenepithelkarzinom als Nichtraucher. Der gleichzeitige Genuss von Zigaretten und Alkohol wirkte synergistisch und erhöhte das Risiko auf das 10- bis 23,9-fache im Vergleich zu abstinenten Nichtrauchern.
In einer bevölkerungsbasierten Fall-Kontroll-Studie bei Patienten mit Reflux wurde u. a. der zusätzliche Einfluss von Rauchen auf das Karzinomrisiko analysiert [7], 365 bzw. 426 Patienten mit Adenokarzinomen des Ösophagus und des ösophagogastralen Übergangs sowie 303 Patienten mit Plattenepithelkarzinom wurden Kontrollen aus einem Bevölkerungsregister gegenübergestellt. Raucher mit Refluxbeschwerden wiesen für alle drei Tumorentitäten ein höheres Risiko als Nichtraucher auf.
Eine auf 30 Fall-Kontroll- und 3 Kohorten-Studien basierende Metaanalyse errechnete für Raucher ein relatives Risiko von 1,85 (95 % Konfidenzintervall 1,59–2,15), an einem Adenokarzinom des Ösophagus oder der Kardia zu erkranken [8].
Zwei neuere Fall-Kontroll-Studien bestätigen Rauchen als Risikofaktor für das Ösophaguskarzinom. In einer Studie aus Indien wurden 703 Patienten mit Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus mit 1664 Kontrollen verglichen [9]. Es fand sich eine dosisabhängige Risikoerhöhung durch „secondhand“ Rauchen.
Die andere Fall- (n = 670) Kontroll- (n = 1188) Studie fokussierte auf Tabak- und Alkoholkonsum [10]. Im Vergleich zu Nichtrauchern zeigten weibliche und männliche Raucher ein 3,5–4-fach erhöhtes Karzinomrisiko (Frauen: OR 3,45; 95 %CI 2,47–4,82; Männer: OR 4,11; 95 % CI 2,55–6,65). Bei Konsum von mehr als 14 g Tabak täglich stieg das Risiko auf den Faktor 6.
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4.2 Alkohol
4.2 |
Konsensbasiertes Statement |
geprüft 2021 |
EK |
Alkohol erhöht das Risiko für Plattenepithelkarzinome des Ösophagus. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Eine Metaanalyse von 40 retrospektiven und 13 prospektiven Studien aus USA, Asien, Australien und Europa errechnete folgende relative Risiken für ein Plattenepithelkarzinom des Ösophagus: leichter Alkoholkonsum (< 12,5 g/Tag) 1,31 (95 % KI 1,10–1,57); moderater Alkoholkonsum (12,5–50 g/Tag) 2,27 (95 % KI 1,89–2,72); starker Alkoholkonsum (≥ 50 g/Tag) 4,89 (95 % KI 3,84–6,23) [11]. Analysierte man die prospektiven Studien alleine, waren die Ergebnisse nahezu identisch. Leichter Alkoholkonsum war insbesondere in Asien mit einem erhöhten Karzinomrisiko assoziiert, was man mit dem Einfluss genetischer Faktoren erklärt. Eine weitere Metanalyse der gleichen Autorengruppe mit dem Fokus auf leichten Alkoholkonsum versus Alkoholabstinenz kam zu ähnlichen Ergebnissen: relatives Risiko für ösophageale Plattenepithelkarzinome 1,30 (95 % KI 1,09–1,56), statistisch signifikant nur in Asien (RR 1,49; 1,12–1,98) [12].
Für Adenokarzinome des Ösophagus und des ösophagogastralen Übergangs stellt Alkohol dagegen keinen gesicherten Risikofaktor dar. Hierfür sprechen eine Fall-Kontroll-Studie aus Australien [13], und eine gepoolte Analyse von 9 Fall-Kontroll- und 2 Kohortenstudien [14]. Eine Metaanalyse von 20 Fall-Kontroll- und 4 Kohorten-Studien aus allen Kontinenten konnte keine Assoziation zwischen Alkoholkonsum und Adenokarzinom des Ösophagus oder der Kardia aufzeigen [15] [16]. Dies galt auch für einen hohen Alkoholkonsum.
Die schon oben erwähnte Studie aus Südafrika bei SCC zeigt in ähnlicher Weise eine Risikoerhöhungvon 2- bis 3,5-fach für Alkohol auf, wobei das Karzinomrisiko mit der Alkoholmenge assoziiert war: bei Verbrauch von mehr als 52,9 g täglich stieg das Risiko auf das 5-fache an (Männer: OR 4,72; 95 %CI 2,64–8,41; Frauen: OR 5,24; 95 % CI 3,34–8,23) [10]. Das Risiko erhöhte sich um das 8,5fache für Personen, die zusätzlich > 14 g Tabak pro Tag rauchten.
Eine bevölkerungsbasierte Studie aus Schweden umfasste u. a. 14 518 Patienten mit Ösophaguskarzinom [17]. Fälle wurden mit dem ICD Code „alcohol use disorders“ identifiziert und mit dem schwedischen Krebsregister verlinkt. Alkoholmissbrauch bedingte im Vergleich zur Kontrollgruppe ein erhöhtes Ösophaguskarzinomrisiko (SIR = 2,24; 95 % CI 2,08–2,41). Dies galt sowohl für Plattenepithel- (2,89 (95 % CI 2,65–3,15); bei Männern: 2,69; bei Frauen: 4,83) als auch für Adenokarzinome (1,20 (95 % CI 1,01–1,41); bei Männern: 1,19 (95 % CI 1,00–1,41); bei Frauen: 1,30 (95 % CI 0,51–2,68). Wegen diesen Geschlechtsunterschieden und den angegebenen Konfidenzintervallen wurde diese Arbeit nicht als Grundlage für eine neue Empfehlung genommen.
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4.3 Übergewicht
4.3 |
Konsensbasiertes Statement |
geprüft 2021 |
EK |
Übergewicht erhöht das Risiko für Adenokarzinome des Ösophagus und des ösophagogastralen Übergangs. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Aktuelle Übersichtsarbeiten und Metaanalysen bestätigen Übergewicht und Adipositas als Risikofaktor für Ösophaguskarzinome [18] [19] [20]. Eine Metaanalyse umfasste 22 Studien mit insgesamt 7945 Fällen mit Adenokarziom der Speiseröhre und/oder des Magens [20]. Das geschätzte relative Risiko (RR) für den gemeinsamen Endpunkt war bei Übergewicht (Body Mass Index (BMI) 25–30 kg/m2) 1,71 (95 % KI 1,50–1,96) und bei Adipositas (BMI > 30 kg/m2) 2,34 (95 % KI 1,95–2,81). Die Beziehung war stärker für Adenokarzinome der Speiseröhre (BMI ≥ 30 kg/m2: RR = 2,73 (95 % KI 2,16–3,46) (10 Studien) als für die des Magens (RR = 1,93 (95 % KI 1,52–2,45) (9 Studien).
Die positive Assoziation zwischen Übergewicht bzw. Adipositas und dem Risiko für Adenokarzinome der Speiseröhre wurden auch in einer Übersichtsarbeit mit 6 Fall-Kontroll- und 6 Kohortenstudien konsistent gezeigt [19]. Guh et al. [18], berichten ebenfalls über Ösophaguskarzinome als Ko-Morbiditäten von Adipositas. Die relativen Risiken für Ösophaguskarzinome bei Übergewicht waren bei Frauen 1,15 (95 % KI 0,97–1,36) und bei Männern 1,13 (95 % KI 1,02–1,26), bei Adipositas lagen sie bei 1,20 (95 % KI 0,95–1,53) und 1,21 (95 % KI 0,97–1,52).
Eine prospektive Kohortenstudie mit 218 854 Teilnehmern (NIH-AARP Studie) untersuchte den Taillenumfang, d. h. eine abdominelle Fettverteilung, als Risikofaktor [21]. In der Nachbeobachtungszeit traten 253 Fälle mit einem Adenokarzinom der Speiseröhre auf. Sowohl Taillenumfang als auch das Taille-Hüftumfangs-Verhältnis waren positiv mit dem Risiko für Speisenröhrenkrebs assoziiert. Die Beziehung wurde auch für Personen mit Normalgewicht berichtet.
In einer retrospektiven Kohortenstudie mit insgesamt 1239 Patienten war ein hoher BMI mit einer erhöhten Dysplasieprävalenz im Barrett-Ösophagus assoziiert [22]. Allerdings wirkten sich BMI und eine Änderung des BMI nicht auf die Progression zur hochgradigen Dysplasie oder zum Adenokarzinom aus.
In einer großen bevölkerungsbasierten Kohortenstudie mit 9660 Patienten mit Barrett-Ösophagus erwies sich neben Alter und männlichem Geschlecht der BMI als Risikofaktor für eine Progression zum Adenokarzinom [23]. Interessant ist auch die Beobachtung, dass Statine karzinoprotektiv waren.
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4.4 Weitere Risikofaktoren
4.4 |
Konsensbasiertes Statement |
geprüft 2021 |
EK |
Eine Achalasie erhöht das Risiko für Plattenepithel- und Adenokarzinome des Ösophagus. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Eine Kohorte von fast 3000 Patienten, bei denen zwischen 1965 und 2003 die Entlassungsdiagnose einer Achalasie gestellt worden war, wurden mit der schwedischen Normalbevölkerung verglichen [24]. Die Achalasie ging mit einem erhöhten Risiko für Plattenepithelkarzinome (Standardisiertes Inzidenzverhältnis (SIR) 11,0; 6,0–18,4) und für Adenokarzinome (SIR 10,4; 3,8–22,6) des Ösophagus einher. Eine vorausgegangene chirurgische Myotomie erhöhte das Karzinomrisiko nicht.
Eine andere Langzeitstudie kommt aus den Niederlanden [25]. 448 Patienten (218 Männer und 330 Frauen; 51 (4–92) Jahre) mit zwischen 1975 und 2006 diagnostizierter Achalasie wurden nach pneumatischer Dilatation regelmäßig endoskopisch-bioptisch kontrolliert. Während einer Beobachtungszeit von 9,6 (0,1–32) Jahren wurden bei 15 Patienten (3,3 %) 11 (2–23) Jahre nach Diagnosestellung der Achalasie bzw. 24 (10–43) Jahre nach Symptombeginn ein Ösophaguskarzinom diagnostiziert. Das Karzinomrisiko des Achalasiekollektivs wurde mit der erwarteten Ösophaguskarzinomrate einer alters- und geschlechtsadjustierten Population aus dem niederländischen Krebsregister verglichen. Daraus ergab sich eine signifikant erhöhte Hazard Ratio von 28 (KI17–46) für das Auftreten eines Ösophaguskarzinoms bei Patienten mit Achalasie. Trotz der strukturierten endoskopischen Überwachung wurden die meisten Karzinome erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert.
Eine Auswertung des schwedischen Krebsfamilienregisters hat gezeigt, dass das Risiko für ein ösophageales Adenokarzinom erhöht ist, wenn ein Elternteil an einem Ösophaguskarzinom (SIR 2,60) und speziell einem Plattenepithelkarzinom (SIR 4,05) erkrankt war [26]. Auch wenn in Assoziationsstudien genetische Varianten identifiziert wurden, die mit einem erhöhten Risiko für Ösophaguskarzinome einhergehen, gibt es derzeit mit Ausnahme der sehr seltenen Tylose keine genetischen oder hereditären Faktoren mit Implikationen für die klinische Praxis.
4.5 |
Konsensbasiertes Statement |
geprüft 2021 |
EK |
Eine frühere Strahlentherapie im Hals-Thorax-Bereich kann dosisabhängig das Risiko für ein späteres Ösophaguskarzinom erhöhen. |
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Konsens |
Hintergrund
Die Empfehlung basiert auf einer selektiven Literaturauswahl durch die beteiligten Experten (Expertenkonsens). Es besteht ein signifikant erhöhtes, wenngleich absolut geringes Risiko für das Auftreten von Ösophaguskarzinomen nach früherer Bestrahlung im Hals-Thorax-Bereich (RR 2,0–8,3) [27] [28] [29] [30]. Daten hierzu beziehen sich überwiegend auf Mammakarzinome und nur ausnahmsweise auf den Morbus Hodgkin. Das Risiko betrifft vor allem Plattenepithelkarzinome, die Daten für strahleninduzierte Adenokarzinome des Ösophagus sind indessen kontrovers.
In einer Fall-Kontroll-Studie mit 289 748 Mammakarzinompatientinnen, die länger als 5 Jahre überlebt hatten, war eine Bestrahlung mit einer Dosis von mehr als 35 Gy mit einem erhöhten Ösophaguskarzinomrisiko assoziiert (OR 8,3; 95 % KI 2,7–28). Das absolute Risiko war gering, es wurden 252 Fälle mit Ösophaguskarzinomen beobachtet [27].
Basierend auf den Daten eines bevölkerungsbasierten US-Registers der Jahre 1973 bis 2000 errechnete sich ein relatives Risiko von 2,83 (95 % KI 1,35–5,92) bzw. 2,17 (95 % KI 1,67–4,02) für Plattenepithelkarzinome des Ösophagus 5–9 bzw. mehr als 10 Jahre nach einer adjuvanten Bestrahlung von Patientinnen mit Mammakarzinom. Für ösophageale Adenokarzinome ergab sich kein erhöhtes Risiko [28]. Das Risiko von Ösophaguskarzinomen war in dieser Studie nicht nach brusterhaltender Operation und Tangentenbestrahlung, wohl aber nach Postmastektomie-Strahlentherapie erhöht.
Unter 11 130 schweizerischen Patientinnen mit Mammakarzinom in den Jahren 1974–2002 wurden 18 Fälle mit Ösophaguskarzinom im Vergleich zu 8,9 erwarteten beobachtet. Die SIR betrug 1,6 in den ersten 10 Jahren nach Bestrahlung, danach 3,3. Das Risiko für Plattenepithelkarzinome war dabei doppelt so hoch wie für Adenokarzinome (2,3 versus 1,3) [29].
Bei Mammakarzinompatientinnen mit zusätzlicher Bestrahlung bestand mehr als 15 Jahre nach der Bestrahlung ein erhöhtes relatives Risiko von 2,19 (1,10–4,62) für das Auftreten von Ösophaguskarzinomen im Vergleich zu Mammakarzinom- Patientinnen mit alleiniger Operation und ohne Bestrahlung [30].
4.6 |
Konsensbasiertes Statement |
geprüft 2021 |
EK |
Stenosen nach Säure- und Laugenverätzungen erhöhen das Risiko für das Ösophaguskarzinom. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Kontrollierte Studien zum Risiko eines Ösophaguskarzinoms bei Patienten mit kaustischen Ösophagusstenosen existieren nicht. Okonta et al. identifizierten im Rahmen einer systematischen Literatursuche 6 informative Publikationen [31]. Darin werden insgesamt 198 Patienten mit korrosiven Ösophagusstenosen nach Säure- oder Laugeningestion beschrieben, von denen 50 (25,3 %; 1,4–31,3 %) nach im Mittel 46,1 (25–58) Jahren ein Ösophaguskarzinom entwickelten.
4.7 |
Konsensbasiertes Statement |
geprüft 2021 |
EK |
Gastroösophagealer Reflux erhöht das Risiko für Adenokarzinome des Ösophagus. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
In einer schwedischen Fall-Kontroll-Studie lag bei Personen mit rezidivierenden Refluxsymptomen im Vergleich zu Personen ohne solche Symptome die Odds Ratio (OR) für ein Adenokarzinom des distalen Ösophagus bei 7,7 [32]. Je häufiger, schwerer und länger dauernd die Symptome waren, umso größer war das Karzinomrisiko.
In einer Fall-Kontroll Studie aus den USA wird eine höhere Prävalenz Reflux-assoziierter Symptome bei Patienten mit einem Karzinom des gastroösophagealen Übergangs als bei Kontrollpatienten gleichen Alters und gleichen Geschlechts beschrieben [33]. In einer weiteren bevölkerungsbasierten Fall-Kontroll-Studie aus den USA fand sich nach Berücksichtigung demografischer Faktoren ein 3-fach erhöhtes Risiko für ein Ösophaguskarzinom bei Refluxsymptomen (OR 3,61; 95 % KI 2,49–5,25) [34]. Bei Vorliegen einer Hiatushernie war das Risiko 6-fach (OR 5,85; 95 % KI 3,18–10,75) und bei Refluxsymptomen und Hiatushernie 8-fach (OR 8,11; 95 % KI 4,75–13,87) erhöht.
In einer Studie aus den USA wurden Patienten, bei denen endoskopisch ein Adenokarzinom des Ösophagus oder ein Long-Segment-Barrett-Ösophagus festgestellt worden war, nach ihren Refluxsymptomen befragt [35]. 61 % der Patienten mit Adenokarzinom des Ösophagus und 70 % derer mit Barrett-Ösophagus berichteten über chronische Refluxsymptome mehr als 5 Jahre vor der Diagnosestellung.
In einer bevölkerungsbasierten Fall-Kontroll-Studie bei Patienten mit Reflux wurden 365 Patienten mit Adenokarzinom des Ösophagus, 426 Patienten mit einem Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs und 303 Patienten mit einem ösophagealen Plattenepithelkarzinom entsprechende Kontrollen aus einem Bevölkerungsregister gegenübergestellt [7]. Häufige Refluxsymptome (≥ 1x/Woche) erhöhten das Risiko für ein Adenokarzinom des Ösophagus um das 6,4-fache, für ein Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs um das 4,6-fache, und für das Plattenepithelkarzinom um das 2,2fache.
Rubenstein et al. führten eine systematische Literatursuche und Metaanalyse von fünf populationsbasierten Studien durch (Suche bis 2008). Die Metaanalyse der Studien zeigte, dass sich bei mindestens einmal wöchentlichen Refluxsymptomen das Karzinomrisiko um das 5-fache und bei täglichen Symptome um das 7-fache erhöht [36].
In einer auf der SEER-Datenbank basierenden Modellrechnung zeigte sich, dass bei Männern 13,4 % (11,4–17,3 %) der Fälle mit Adenokarzinom des Ösophagus auf eine symptomatische GERD zurückzuführen sind. Für Frauen errechneten sich 13,6 % (12,5–15,9 %) [37].
4.8 |
Konsensbasiertes Statement |
geprüft 2021 |
EK |
Der Barrett-Ösophagus erhöht das Risiko für Adenokarzinome des Ösophagus. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
In einer populationsbasierten Kohortenstudie aus Dänemark wurden 11 028 Patienten, bei denen Barrettösophagus in den Jahren 1992 bis 2009 diagnostiziert worden war, über einen Zeitraum von durchschnittlich 5,2 Jahren nachverfolgt [38]. Innerhalb des ersten Jahres nach der Indexendoskopie wurden 131 ösophageale Adenokarzinome beobachtet. In den darauffolgenden Jahren traten 66 neue Adenokarzinome auf (1,2 Fälle/1000 Patientenjahre). Im Vergleich zur Normalbevölkerung hatten die Patienten mit Barrettösophagus ein 11-fach erhöhtes Risiko für ein Adenokarzinom des Ösophagus (RR 11,3, 95 % KI 8,8–14,4). Das jährliche Risiko betrug nur 0,12 % (95 % KI 0,09–0,15). Der Nachweis einer low-grade intraepithelialen Neoplasie in der Indexendoskopie erhöhte das Karzinomrisiko (5,1 Fälle/1000 Patientenjahre).
In einer multizentrischen Kohortenstudie aus den USA entwickelten 18 von 1204 Patienten mit Barrettösophagus innerhalb von 5,5 Jahren ein Adenokarzinom (0,27 %/Jahr) und 32 eine high-grade Neoplasie (0,48 %/Jahr) [39]. Die Inzidenz der Barrettneoplasie betrug insgesamt 0,63 %/Jahr. Patienten mit nicht-dysplastischem Barrettösophagus waren 5 und 10 Jahre nach der Diagnosestellung in 98,6 % und 97,1 % der Fälle karzinomfrei. Die Länge des Barrettösophagus korrelierte mit dem Neoplasierisiko (< 6 cm: 0,09 %, ≥ 6 cm: 0,65 %, p = 0,001). In einer Analyse von 1175 Patienten dieser Kohorte wurde der Einfluss der Länge des Barrettösophagus auf das Karzinomrisiko genauer analysiert [40]. Das jährliche Neoplasie/Karzinomrisiko war in Abhängigkeit von der Länge des Barrettösophagus wie folgt: ≤ 3 cm: 0,3 %; 4–6 cm: 0,97 %; 7–9 cm: 1,26 %; 10–12 cm: 1,64 %; ≥ 13 cm: 2,4 %. Rechnerisch betrug die Risikosteigerung für jeden weiteren Zentimeter des Barrettösophagus 28 % (p = 0,01).
In einer weiteren multizentrischen Kohortenstudie aus den USA wurden 1401 Patienten mit Barrettösophagus ohne intraepitheliale Neoplasie im ersten Jahr der Nachbeobachtung endoskopisch nachverfolgt [41]. In der logistischen Regressionsanalyse korrelierte die Anzahl der Überwachungsendoskopien, die einen nicht-dysplastischen Barrettösophagus ergaben, negativ mit dem jährlichen Karzinomrisiko (n = 1: 0,32 %; n = 2: 0,27 %; n = 3: 0,16 %; n = 4: 0,20 %; n = 5: 0,11 %, p = 0,03).
In einer Metaanalyse von 57 Studien mit 11 434 Patienten mit nicht-dysplastischem Barrettösophagus und einer Nachbeobachtungszeit von 58 547 Patientenjahren wurde eine Inzidenz des Ösophaguskarzinoms von 0,33 % pro Jahr errechnet [42]. Bei Patienten mit einem short-segment-Barrettösophagus betrug das Karzinomrisiko nur 0,19 %. In 16 Studien, die Informationen zur Mortalität enthielten, war die Todesursache in 56 Fällen das Ösophaguskarzinom und in 684 Fällen eine Ösophagus-unabhängige Erkrankung.
In einer populationsbasierte Kohortenstudie aus England wurden 8448 Patienten mit einem Barrett-Ösophagus prospektiv ab dem ersten Jahr der Nachbeobachtung identifiziert und nachverfolgt [43]. Die Mortalität durch ein Barrett-assoziiertes Adenokarzinom betrug nach 5 Jahren 0,5 % und nach 10 Jahren 2 %. Die häufigsten Todesursachen waren kardiovaskuläre Erkrankungen (31,6 %), andere Malignome (23,5 %), oder respiratorische Erkrankungen (15,1 %). Ösophaguskarzinome waren nur in 4,5 % der Fälle die verantwortliche Todesursache.
In der S2k-Leitlinie „Gastroösophageale Refluxkrankheit“ der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten werden – basierend auf einem Expertenkonsens – endoskopische Überwachungsintervalle von Patienten mit Barrettösophagus in Abhängigkeit vom Vorhandensein intraepithelialer Neoplasien empfohlen (keine intraepitheliale Neoplasie: Kontrolle nach 1 Jahr, bei Bestätigung kann ein Kontrolle alle 3 bis 4 Jahre erfolgen; leichtgradige intraepitheliale Neoplasie: falls sichtbar, endoskopische Therapie, sonst im 1. Jahr halbjährlich, dann jährlich, alternativ Ablation mit RFA; hochgradige intraepitheliale Neoplasie: endoskopische Therapie) [44].
In einer Fall-Kontroll-Studie entwickelten 55 Barrett-Patienten während eines Follow-ups von 17 743 Patientenjahren ein Adenokarzinom [45]. Daraus berechnete sich eine Karzinomprogressionsrate von 0,3 %/Jahr. Zunehmendes Alter (1,03, 95 % CI 1,01–1,05, p = 0,005), männliches Geschlecht (3,06, 95 % CI 1,50–6,24, p = 0,002) und die Einnahme von Asthmamitteln (2,91, 95 % CI 1,10–7,68, p = 0,0314) konnten als Risikofaktoren identifiziert werden.
Das Risiko für ein Adenokarzinom bei nicht-dysplastischem Barrett nimmt mit der Zeit und der Zahl der Endoskopien nicht ab. Zu diesem Ergebnis kommt eine retrospektive Kohortenstudie aus den USA, in die 28 561 Patienten mit einem zwischen 2004 und 2009 neu diagnostizierten Barrett eingingen [46]. Das mediane Follow-up betrug 4,9 Jahre. Die Inzidenzrate der Adenokarzinome stieg mit jeder weiteren Endoskopie nach vorherigem endoskopischen Negativbefund an: RR 1,43; 1,25–1,64. Im Vergleich zur ersten Kontrollendoskopie war das Karzinomrisiko nach der fünften Kontrolle 9-fach höher. Ebenso stieg die Inzidenzrate mit der Zeit an: RR 1,49 bei Vergleich nach 5 Jahren mit der Inzidenz im zweiten Beobachtungsjahr.
Im Zeitraum von 2000 bis 2012 wurden im UK 12 312 inzidente Fälle mit BE identifiziert, von denen 40 (0,3 %) im Verlauf ein Adenokarzinom entwickelten [47]. In den NL waren es 1383 BE-Patienten, von denen 5 (0,4 %) ein Karzinom entwickelten. In beiden Kohorten stieg das Barrett-Risiko linear mit dem Alter an. In den Jahren 200–2003 nahm die Inzidenz des BE um 35 % bei Männern und 41 % bei Frauen zu, ab 2012 blieben die Inzidenzraten stabil.
Auf der Basis des holländischen Pathologieregisters wurden 1579 Patienten mit BE weiter verfolgt, von denen bei 161 in der Indexendoskopie eine LGD von einem Zweitpathologen bestätigt worden war [48]. In dieser Gruppe betrug die Inzidenz einer HGD bzw. eines Karzinoms 5,18/100 Personenjahre. Im Vergleich dazu betrug die Inzidenz nur 1,85/100 Personenjahre, wenn die LGD nicht durch einen Zweitpathologen verifiziert worden war.
4.9 |
Konsensbasiertes Statement |
geprüft 2021 |
EK |
Patienten mit Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus besitzen ein erhöhtes Risiko für synchrone und metachrone Kopf-/Halstumoren und umgekehrt. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Eine Literaturübersicht ergibt für Patienten mit Kopf-Hals-Karzinomen ein Risiko von 5–14 %, simultan oder metachron an einem Plattenepithelzweitkarzinom der Speiseröhre zu erkranken [49]. Umgekehrt beträgt das Risiko für pharyngolaryngeale Zweitneoplasien bei Patienten mit Plattenepithelkarzinom des Ösophagus ebenfalls 9–11 %. Es bietet sich daher an, diesen Personenkreis interdisziplinär zu betreuen und zu überwachen, zumal durch prospektive Studien gezeigt werden konnte, dass durch endoskopische Vorsorgeuntersuchungen eine Früherkennung von Zweitneoplasien und eine kurative Therapie möglich sind [50].
Zu etwas anderen Ergebnissen kam eine bevölkerungsbasierte Fall-Kontroll-Studie in Schweden insofern, als eine Erkrankung der Mundhöhle mit keinem erhöhten Risiko für ein Plattenepithelkarzinom des Ösophagus assoziiert war, wenn man Alkohol und Tabakkonsum berücksichtigte (OR 1,1; 95 % KI0,8–1,7) [51]. Erstaunlicherweise bestand nach Berücksichtigung dieser Einflussfaktoren jedoch ein erhöhtes Risiko für ösophageale Adenokarzinome.
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5 Prävention
5.1 |
Konsensbasiertes Statement |
geprüft 2021 |
EK |
Eine Empfehlung zur medikamentösen Prävention der Entwicklung eines Ösophaguskarzinoms kann nicht gegeben werden. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
ASS und nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) können in der primären Prävention nicht empfohlen werden. Diese Ansicht äußerte auch die britische Leitlinie zum Management des Ösophagus- und Magenkarzinoms, die keine etablierte Rolle für eine Chemoprävention bei Karzinomen des oberen Gastrointestinaltraktes sah [52]. Zum Zeitpunkt dieser Aussage lagen allerdings zwei Studien noch nicht vor [53] [54].
Eine Analyse von acht randomisierten Studien mit über 25 000 Patienten, die zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse ASS über einen Zeitraum von mindestens vier Jahren erhalten hatten (75–1200 mg/d), kam zu dem Schluss, dass die tägliche ASS-Einnahme das Risiko an einem Karzinom zu versterben um 21 % (OR 0,79; 95 % KI 0,68–0,92; p = 0,003) reduziert [53]. Auf der Basis individueller Daten von 23 535 Patienten aus sieben Studien errechnete sich ein Vorteil zugunsten von ASS bereits nach fünf Jahren Einnahme. Der Nutzen nahm mit der Dauer der Medikation zu und war unabhängig von der ASS-Dosis (75 mg oder mehr). Die Autoren weisen auf die Konsistenz der Daten in den verschiedenen Studienpopulationen hin und leiten daraus die allgemeine Gültigkeit ihrer Ergebnisse ab. Selbst unter Berücksichtigung der gastrointestinalen Toxizität des ASS bedingt die Medikation eine Abnahme der Gesamtsterblichkeit um 10 %.
Eine systematische Literaturanalyse verglich die Ergebnisse von Fall-Kontroll- und Kohortenstudien der Jahre 1950 bis 2011, die über eine Assoziation zwischen ASS und Karzinomrisiko berichteten, mit denen von randomisierten Studien [54]. In Fall-Kontroll-Studien war die regelmäßige Einnahme von ASS mit einer Risikominderung von 38 % für Ösophagus-, Magen-, Gallenwegs und kolorektale Karzinome assoziiert, wobei dies mit den Daten randomisierter Studien gut übereinstimmte. Observationsstudien zeigten ähnliche Ergebnisse und darüber hinaus ein reduziertes Risiko für Fernmetastasen um 31 %.
Dennoch konnte man sich in dieser wie auch in den S3-Leitlinien zum Magenkarzinom und kolorektalen Karzinom bislang nicht zu einer Empfehlung im Sinne der medikamentösen Primärprävention entschließen. Ergänzend gibt es zwischenzeitlich eine neue Kosten-Nutzen-Analyse für gesunde Individuen im Alter von 50 bis 65 Jahren [55] [56]. Sie zeigt, dass eine ASS-Einnahme über 10 Jahre mit einer Reduktion des relativen Risikos für Krebs, Herzinfarkt oder Schlaganfall um 7 % für Frauen und 9 % für Männer einhergeht. Die Gesamtsterblichkeit über 20 Jahre nimmt um 4 % ab. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass in der randomisierten Women’s Health Study (39 876 Frauen aus der Gesundheitsbranche randomisiert von 4/1993–1/1996; 100 mg Aspirin alle 2 Tage; medianes Follow-up 17,5 Jahre) bezüglich der totalen Karzinominzidenz, der Mamma- und der Bronchialkarzinominzidenz kein Unterschied zwischen beiden Gruppen bestand und dass selbst unter niedrig dosiertem Aspirin gastrointestinale Blutungen signifikant häufiger (HR 1,14) auftraten [57].
Inwieweit orale Bisphosphonate das Risiko für Ösophaguskarzinome beeinflussen, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Die Datenlage hierzu ist widersprüchlich [58] [59] [60] [61] [62]. Nach der jüngsten Fall-Kontroll-Studie fand sich ein geringfügig erhöhtes Risiko für Bisphosphonate (OR 1,34; 95 % CI 1,03–1,74), ohne dass eine Dosisabhängigkeit festgestellt werden konnte [63].
Auch für Antioxidantien als Nahrungsergänzungsmittel kann keine Empfehlung ausgesprochen werden. In einer Metaanalyse von 20 randomisierten Studien mit über 200 000 Teilnehmern fand sich keine Evidenz für eine Prävention gastrointestinaler Karzinome durch Betakarotin, Vitamin A, C, E und Selen (OR 0,94; 95 % KI 0,83–1,06) [64].
Körperliche Aktivität kann unter allgemeinen Gesundheitsaspekten und der Prävention empfohlen werden. Eine bevölkerungsbasierte Fall-Kontroll-Studie ließ einen mäßigen protektiven Effekt von körperlicher Aktivität auf das Adenokarzinom des Ösophagus erkennen [65].
5.2 |
Konsensbasiertes Statement |
geprüft 2021 |
EK |
Eine hohe Aufnahme von Obst und Gemüse kann zu einer Risikosenkung des Ösophaguskarzinoms beitragen. |
|
Starker Konsens |
Hintergrund
Eine systematische Evidenzbewertung der Beziehung zwischen Lebensmittelzufuhr und dem Risiko für Ösophaguskarzinome wurde im Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung 2012 veröffentlicht [66]. Die inverse Beziehung zwischen dem Verzehr von Obst und Gemüse und dem Risiko der Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms der Speiseröhre wurde als wahrscheinlich eingestuft, die positive Beziehung mit dem Verzehr von rotem Fleisch und Fleischerzeugnissen als möglich. Die Bewertung stützt sich auf prospektive Kohortenstudien und Metaanalysen, die bis 2011 veröffentlicht wurden.
Eine aktuellere Metaanalyse zum Verzehr von Obst und Gemüse wertete 27 Fall-Kontroll- und 5 Kohortenstudien aus [67]. Eine statistisch signifikant inverse Beziehung zwischen dem Verzehr von Gemüse und Obst und dem Risiko für ein Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre wurde gezeigt. Die Betrachtung der Kohortenstudien alleine zeigte eine inverse Beziehung für Obst, jedoch nicht für Gemüse.
Kohortenstudien und Metaanalysen zum Verzehr von Fleisch und Fleischerzeugnissen und dem Risiko für Ösophaguskarzinome zeigen unterschiedliche Zusammenhänge [68] [69] [70] [71] [72]. Einige Studien belegen eine positive Assoziation zwischen dem Verzehr von rotem Fleisch oder Fleischerzeugnissen und dem Plattenepithelkarzinom, andere mit dem Adenokarzinom. Die Datenlage ist hier zu unsicher, um eine allgemein verbindliche Aussage treffen zu können.
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6 Primärdiagnostik und Staging inklusive Pathologie
6.1 Primärdiagnostik
6.1 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Alle Patienten mit neu aufgetretener Dysphagie, gastrointestinaler Blutung, rezidivierender Aspiration, rezidivierendem Erbrechen, Dyspepsie, Gewichtsverlust und/oder Inappetenz sollen einer frühzeitigen Endoskopie (ÖGD) zugeführt werden. |
|
Starker Konsens |
6.2 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Bei der ÖGD sollen Biopsien aus allen suspekten Läsionen genommen werden. Beim Barrett-Ösophagus sollen zusätzlich 4-Quadranten-Biopsien entnommen werden. Suspekte Areale sollen getrennt asserviert und histopathologisch untersucht werden. |
|
Starker Konsens |
6.3 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Die ÖGD mittels hochauflösender Videoendoskopie besitzt die höchste Sensitivität und Spezifität für den Nachweis von Neoplasien des oberen Gastrointestinaltraktes und soll daher als Standardverfahren zur Diagnosestellung eingesetzt werden. |
|
Starker Konsens |
Hintergrund
Dysphagie-Beschwerden treten mit zunehmendem Alter gehäuft auf (7–10 % Erwachsene > 50 Jahre, 25 % bei Krankenhauspatienten, 30–40 % Insassen von Pflegeheimen) [73]. Anamnese und klinische Untersuchung geben häufig schon wichtige Hinweise auf neurogene, degenerative, pharyngeale oder medikamentös getriggerte Schluckstörungen, Störungen im HNO-Bereich, rezidivierende Aspiration/Pneumonien, psychogene Syndrome und andere, nicht-tumorös bedingte dysphagische Beschwerden. Beispiele für zuletzt genannte Ursachen sind die Refluxösophagitis, Hiatushernien, Ringe, eosinophile Ösophagitis, Divertikel (einschl. Zenker-Divertikel), subepitheliale Tumoren (Leiomyome, GIST) oder seltene Prozesse. Weltweit wird daher als „Good Clinical Practice“–Übereinkunft (GCP) bei Patienten mit sogenannten „Warn-“ oder „Alarmsymptomen“ (progrediente/rezidivierende Dysphagie, GI-Blutung, Gewichtsabnahme, rezidivierendes Erbrechen, rezidivierende Aspirationspneumonie, Inappetenz) frühzeitig zu einer hoch-auflösenden Video-Endoskopie des oberen Verdauungstraktes mit Biopsie-Entnahme geraten.
Vorteile der hochauflösenden ÖGD sind die direkte Visualisierung und Lokalisierung mit Größenangabe suspekter Läsionen, Entnahme von Biopsien, die Oberflächenanalyse gesehener Veränderungen und die Einsatzmöglichkeit zusätzlicher optischer Verbesserungsverfahren (einschließlich HDTV-Auflösung, Vergrößerungsendoskopie, Chromoendoskopie sowie computerbearbeitete virtuelle Chromoendoskopie). Die Methode ist breit verfügbar und die Sicherheit heute hoch (Komplikationsrate einschl. Sedierung 1 ‰/Letalität < 0,1 ‰ [74]. Langjährige Praxiserfahrungen haben demonstriert, dass die ÖGD die höchste Sensitivität und Spezifität für den Nachweis von Neoplasien aller Stadien im oberen Verdauungstrakt besitzt. Im Endoskopiebericht soll der Abstand des oralen und aboralen Tumorrandes in Zentimetern von den Schneidezähnen, der endoskopische Aspekt des Tumors (z. B. bei V. a. Frühkarzinom die Paris-Klassifikation) und die Lokalisation des ösophagogastralen Übergangs und des oberen Ösophagussphinkters dokumentiert werden. Bei hochgradig stenosierenden, hochsitzenden Tumoren kann ein dünnkalibriges Spezialendoskop (4–5 mm Durchmesser) hilfreich sein, um Passage-bedingte Komplikationen (Perforation, Blutungen) zu vermeiden.
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6.2 Erweiterte Diagnostik
6.4 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
Empfehlungsgrad B |
Die Chromoendoskopie (Lugol´sche Lösung) oder die computergestützten digitalen (Filter-) Verfahren sollten bei Risiko-Patienten für ein Ösophaguskarzinom (= anamnestisch Plattenepithelkarzinom des Mundes/Nase/Rachens/Bronchial-Systems, Ösophagus) eingesetzt werden. |
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Level of Evidence 2a |
||
Starker Konsens |
6.5 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
Empfehlungsgrad B |
Die Chromoendoskopie oder die computergestützten digitalen (Filter-) Verfahren sollten zur Verbesserung der Detektion von Dysplasien/Frühkarzinomen eingesetzt werden. |
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Level of Evidence 1b |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Zum Nachweis eines Ösophaguskarzinoms ist die video-endoskopische Untersuchung mit gezielter Biopsie obligat. Bei Vorliegen einer hochgradigen, auch mit einem Pädiatergastroskop nicht passierbaren malignen Stenose ist die Zangenbiopsie aus dem proximalen Tumorbereich ggf. in Kombination mit einer Bürstenzytologie zum Karzinomnachweis sinnvoll. Beim Plattenepithelkarzinom kann durch topische Färbung mit Lugol’scher Lösung (Jodalkali) die Ausbeute neoplastischer Läsionen um ca. 30 % erhöht werden (neoplastisches Gewebe ist Glykogen-arm und wird somit nicht angefärbt) [87] [88] [89] [90]. Gerade bei Hochrisikopatienten (Alkoholiker, starke Raucher) und Patienten mit bereits bekannten Plattenepithelkarzinomen im Mund-Nasen-Rachenraum (hohes Risiko synchroner Läsionen im Ösophagus) ist die Chromoendoskopie nützlich [76] [77] [78]. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass neben malignen Veränderungen auch entzündliche Schleimhaut-Veränderungen von der Färbung ausgespart bleiben, die Spezifität der Chromoendoskopie mit Lugol’scher (Jodalkali) Lösung folglich relativ niedrig ist. Andere computergestützte, endoskopisch einsetzbare digitale Filterverfahren wie das Narrow-Band-Imaging [85], – oder von anderen Herstellern verwendete, digitale „post-processing“-Verfahren wie FICE (Fujinon intelligent chromoendoscopy) und iSCAN – zielen darauf ab, durch digitale Änderung des Farbspektrums eine bessere Darstellung von Oberflächen oder Kapillargefäßen zu ermöglichen und somit die im Rahmen der Karzinogenese auftretende Neovaskularisierung als diagnostisches Kriterium zur Detektion früher Neoplasien zu nutzen („Virtuelle Chromoendoskopie“). Ein systematisches Review mit Metaanalyse von 14 überwiegend randomisierten Cross-over-Studien mit insgesamt 843 Patienten zur Frage „Advanced Imaging“ vs. Weißlicht-Endoskopie (WLE) zeigte eine im Mittel um 34 % höhere diagnostische Ausbeute beim „Advanced Imaging“ gegenüber der WLE. Im Rahmen einer Subgruppenanalyse konnte dies auch für die „virtuelle Chromoendoskopie“ gezeigt werden. Direkte vergleichende Studien, die eine Überlegenheit der virtuellen Chromoendoskopie gegenüber der „klassischen“ Färbe-Spray-Chromoendoskopie beweisen würden, existieren derzeit nicht. Die vorhandenen Untersuchungen schlossen in der Regel auch Patienten mit Barrett-Ösophagus/IEN mit ein, wobei man aber von einer Übertragbarkeit der Ergebnisse ausgeht [77] [86]. Ein Einsatz dieser Verfahren wird daher empfohlen.
Weitere, neue, endoskopische Verfahren wie die Endozytoskopie, die konfokale Laserscanning-Endomikroskopie oder die optische Kohärenztomographie ermöglichen – zumindest theoretisch – eine starke Vergrößerung der oberen Schleimhautschichten mit der Möglichkeit einer in-vivo Bilddarstellung und einer Auflösung, die vergleichbar mit einer konventionellen Histologie ist. Bisher sind die hierfür verwandten Systeme jedoch wenig verbreitet, die Evidenz ist bei nur wenigen Studien aus einzelnen Zentren limitiert und mit entsprechender Patientenselektion gering. Weitere randomisierte, kontrollierte Studien sind daher zur Einschätzung des praktischen Nutzens dieser Verfahren notwendig. Eine Empfehlung hierzu kann derzeit nicht getroffen werden.
Neue Arbeiten zeigen, dass die Detektionsraten für Präkanzerosen und für Dysplasien/IEN im Ösophagus durch konsequenten Einsatz von fortgeschrittenen endoskopischen Zusatz-Verfahren bei der Endoskopie des OGI-Traktes – vor allem beim Barrett-Karzinom – verbessert werden. Deshalb sollten diese Verfahren in der Praxis großzügig – und routinemäßig – eingesetzt werden. Dazu zählen alle derzeit bekannten Verfahren von der lokalen Essigsäure-Applikation über die klassische Chromoendoskopie mit Aufsprühen von Farbstoffen, die aufwendige konfokale Laer-Endomikroskopie sowie die neuen virtuellen Chromo-Endoskopieverfahren (NBI, FICE, iSCAN).
So zeigt eine RCT-Crossover-Studie von Sharma et al. (2013) [80], dass der Einsatz des Narrow-band imaging (NBI) – Verfahrens (n = 123 Patienten) während der ÖGD gegenüber dem (ohnehin schon guten) HD-Weißlicht-Verfahren mit randomisierten Biopsien die histologische Diagnose einer intestinalen Metaplasie beim Barrett-Ösophagus mit weniger gezielten Biopsien vereinfachen kann (Evidenzlevel 1b). Die Dysplasie-Aufdeckrate war beim gezielten NBI-Einsatz ebenfalls besser (Sensitivität NBI 64 %, Spezifität 100 %, NPV 77 %, PPV 100 % gegenüber Sensitivität 53 %, Spezifität 100 %, NPV 53 % und PPV 100 %). Wenn bei der NBI-Endoskopie die Schleimhaut völlig regelmäßig aussah, fanden sich hier in keinem Fall IEN bzw. Dysplasien.
Eine weitere Arbeit (Multicenter-RCT) von Canto M et al. (2014) [81], fand bei 192 Patienten, dass die in-vivo-Endomikroskopie (eCLE) unter real-time-Bedingungen mit gezielten Biopsien bei der HD-Weißlichtendoskopie (HDWLE) die Aufdeckung von neoplastischem Gewebe beim Barrett-Ösophagus deutlich verbessert (Evidenzlevel 1b). Dabei erlaubte die eCLE eine fast 5-fache Reduktion der Biopsiemenge pro Patient (p < 0,0001). Beim Einsatz der eCLE konnten Neoplasien bei 40/119 Biopsien (34 %) nachgewiesen werden, während mit der HDWLE nur bei 41/580 Biopsien (7 %, p < 0,0001) IEN nachgewiesen werden konnten. Im klinischen Kontext bedeutete diese Verbesserung, dass von den 94 Patienten der HDWLE+eCLE-Gruppe bei 32 Patienten (34 %) der Dysplasie-Grad nach der eCLE geändert werden musste. Daher scheint der systematische Einsatz der eCLE unter Studienbedingungen die Detektion von Dysplasien/IEN signifikant zu verbessern. Es stellt sich jedoch die Frage, ob diese Vorteile in der klinischen Praxis den hohen Preis und die erheblichen Ressourcen für das Teamtraining rechtfertigen können, da sich diese Methode aufgrund dieser Limitationen bisher nicht weit verbreitet hat.
Eine Metaanalyse von 2016 [82], untersuchte alle Arbeiten zur konfokalen Laser-Mikroskopie (CLE) beim Barrett-Ösophagus und anderen Anwendungsgebieten im GI-Trakt. In 7 Studien wurden Anwendungen im Ösophagus untersucht. Dabei fand sich eine moderate Verbesserung der Detektionsraten von Dysplasien/IEN durch den Einsatz von CLE neben der HD-Weisslicht-Endoskopie. Für diese Technik werden dabei erhebliche Limitationen durch hohe Kosten, geringe Ausbreitung und der Notwendigkeit längerer Lernkurven und das Teamtraining gesehen. Die Metaanalyse von Gupta et al. (2014) [83], zum gleichen Thema fokussierte ausschließlich auf den Einsatz der CLE zur Aufdeckung von HG-IEN oder Frühkarzinomen mittels „targeted biopsies“ bei Barrett-Patienten. Dabei wurde in 7 Studien eine gepoolte Sensitivität der CLE von 68 % bei einer Spezifität von 88 % (in der Per-Läsions-Analyse) bzw. in 4 Studien als Per-Patienen-Analyse von 86 % und 83 % gefunden. Aufgrund der Einschränkungen bezüglich der Sensitivität und der positiven „Likelihood-Ratio“ (von 6,56 bzw. 5,61) wird in dieser Metaanalyse jedoch darauf hingewiesen, dass die CLE keineswegs den bisherigen Standard ersetzen kann und nur als Zusatzverfahren in der klinischen Praxis die individuellen Ergebnisse verbessern helfen kann.
Drei weitere Studien mit dem Evidenzlevel 2a deuten klar darauf hin, dass sowohl einfache Spray-Techniken, als auch vorhandene technische Verfahren zur genaueren/besser kontrastierten mukosalen Oberflächen-Betrachtung die Aufdeckung von Frühneoplasien bei Risiko-Patienten verbessert. So zeigt die Arbeit von Coletta etal (2016) [84], in Form einer Metaanalyse (13 Studien) einmal mehr, dass die simple Essigsäurespülung beim Barrett-Ösophagus – aber nur in Verbindung mit der Histologie – dieses Ziel erreicht. So erreicht man mit dieser Technik eine Sensitivität für HG-EIN und Frühkarzinome (Barrett) von 92 % bei einer Spezifität von 96 %. Für die Aufdeckung einer nicht-dysplastischen, reinen Barrett-Metaplasie betrugen diese Werte 96 % und 69 % (Spezifität ohne Histologie). Daher sind Essigsäue-positive Befunde stets mit der Histologie aufgrund der Spezifitäts-Limitationen zu kombinieren.
Die Arbeit von Qumseya BJ et al. (2013) [79], ist eine Metaanalyse, die 11 RCT´s eingeschlossen hat. Dabei wurde untersucht, ob die klassische und die virtuelle Chromoendoskopie-Verfahren (z. B. FICE, NBI) die Ergebnisse der Weißlicht-Endoskopie bei der Aufdeckung von Ösophagus-Neoplasien beim Barrett-Ösophagus verbessen können. Dabei verbesserten die klassiche Chromoendoskopie und die virtuellen Verfahren die bioptisch überprüfte Aufdeckungsraten von HG-IEN und Frühkarzinomen um bis zu 34 % (CI 20–56 %, p < 0,0001). Subgruppenanalysen zeigten zudem, dass v. a. die virtuellen Chromoendoskopie-Verfahren diese diagnostische Verbesserung erlaubten (Evidenzlevel 2a).
Sehr interessant erscheint schließlich noch die Arbeit von Chung CS et al. (2016) [75]. Diese besteht aus einer Metaanalyse von 16 Studien mit insgesamt 4918 Patienten. Das Evidenzlevel dieser Arbeit beträgt 2a. Die eingeschlossenen Patienten hatten alle ein primäres Karzinom aus dem Bereich der Kopf-Hals-Tumoren (n = 1781) oder ein hochsitzendes Plattenepithel-Ca. des Ösophagus (n = 2205) in der Vorgeschichte. Fragestellung war die Erkennung von sekundär-primären neoplastischen Läsionen im Ösophagus (= Zweitkarzinomen). Dazu wurden neben der Weißlicht-Endoskopie (WLE) das NBI-Verfahren und die klassische Chromoendoskopie mittels gesprühter Lugol´scher Lösung (Lugol-CE) im Ösophagus eingesetzt. Dabei erreichte die WLE alleine eine Sensitivität für Neoplasien von 53 %, während das NBI auf 87 % und die Lugol-CE auf 88 % kamen. Die Spezifitäten betrugen dabei 99 %, 95 % und 63 %. Die entsprechenden Areale unter der Receiver-Operator-Kurcve (ROC) betrugen 66 % (WLE), 97 % (NBI) und 82 % (Lugol-CE). Diese Daten zeigen überzeugend, dass Patienten mit Plattenepithel-Karzinomen im Kopf-Hals-Bereich und dem Ösophagus im Verlauf hinsichtlich der Entwicklung von Zweitkarzinomen im Ösophagus überwacht werden sollten. Dazu sollten Zusatzmethoden wie NBI und CE großzügig eingesetzt werden.
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6.3 Staging des Ösophaguskarzinoms
6.6 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
Empfehlungsgrad B |
Der endoskopische Ultraschall (EUS) sollte Bestandteil des Stagings bei Patienten mit kurativer Therapieintention sein. |
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Level of Evidence 1b |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Die Prognose des Ösophaguskarzinoms ist insgesamt schlecht, da der Tumor sich sehr früh lymphatisch und vaskulär ausbreitet und bereits ab der Infiltration der tiefen Submukosa (sm2) ein deutlich erhöhtes Risiko für eine lymphatische Ausbreitung aufweist [97]. Die Mehrzahl der Tumoren im Stadium cT2-T3 N0 M0 (prätherapeutisch) hatten in einer kürzlichen Analyse bei der OP bereits Lymphknotenmetastasen [98]. Daher wird ein möglichst genaues, prätherapeutisches Staging zur Therapiesteuerung immer wichtiger. Die Prognose der Patienten korreliert mit der lokalen Tumorinfiltrationstiefe (T-Kategorie) und dem Grad der lymphatischen Aussaat (N-Kategorie). Die Endosonographie (EUS) hat aufgrund ihrer hohen lokalen Ortsauflösung die höchste Treffsicherheit aller Verfahren zur Beurteilung der lokalen Infiltrationstiefe (T-Kategorie) und ist geeignet zur Beurteilung von Metastasen in regionären Lymphknoten bei Plattenepithel-Karzinomen des Ösophagus und bei Adenokarzinomen des ösophagogastralen Übergangs (AEG). Aufgrund ihrer relativ guten Treffsicherheit – vor allem für eine höhere T-Kategorie (Sensitivität 91–92 %, Spezifität 94–99 %; [Tab. 8]) – und für das lokale N-Staging ([Tab. 8]) ist sie das bildgebende Stagingverfahren der ersten Wahl (siehe [Abb. 2]). [Tab. 8] zeigt eine Übersicht über die Staging-Ergebnisse des endoskopischen Ultraschalls für die T-Kategorie und das nodale Staging (N-Kategorie) von Ösophaguskarzinomen in vorhandenen Metaanalysen [93] [94] [95] [96]. Allerdings zeigt eine aktuelle Metaanalyse [99], dass beim Einsatz der EUS zur Beurteilung hochgradiger Dysplasien (HGD) und Frühkarzinome (pT1) beim Barrett-Ösophagus relativ häufig (in bis zu 10 %) ein Overstaging auftritt und auch die Rate an falsch negativen Befunden relativ hoch ist. Dies ist aber nicht verwunderlich, da HGD in der EUS methodenbedingt nicht von entzündlichen Läsionen unterschieden werden können und die „Kleinheit“ der Läsionen ein Ankoppeln ohnehin schwierig machen. Klinisch relevant ist dieser Zusammenhang zumeist nicht, da die EUS nicht zur Unterscheidung von HGD von pT1-Frühkarzinomen geeignet ist und diese Frage zum Staging auch nicht untersucht werden sollte. Zumeist ist erst nach vollständiger endoskopischer Entfernung derartiger Läsionen eine genaue histopathologische und onkologische Beurteilung und Kategorisierung möglich (i. e., nach ER bzw. ESD – siehe unten).
Metaanalysen zum EUS |
Anzahl Patienten/Studien |
Sensitivität/Spezifität T-Kategorie |
Sensitivität/Spezifität N-Kategorie |
Thosani et al., 2012 [93] |
1019/19 |
Frühe Karzinome[*] (T1a/T1b): T1a: 85 %/87 % T1b: 86 %//86 % |
n.a. |
Puli et al., 2008 [94] |
2585/49 |
T1: 82 %/96 % T2: 81 %/94 % T3: 91 %/94 % T4: 92 %/97 % |
EUS: 85 %/85 % EUS-FNP: 97 %/96 % |
Van Vliet, 2008 [95] |
1841/31[**] |
EUS: 80 %/70 % Zöliakale Lymphknoten (früher „M1a“): 85 %/96 % |
|
Tranchemontagne, 2009 [96] |
na/na |
<T2: -/75 % ≥ T2: 97 %/ T4: -/99 % |
76 %/67 % Zöliakale Lymphknoten (früher „M1a“): 75 %/94 % |
T1a: 84 %/91 % T1b: 81 %/89 % T4: 84 %/96 % |
n.a. |
||
Qumseya et al. 2018 [99] |
Metaanalyse 11 Studien nur Barrett- HGD und Früh-Ca. (pT1) |
Overstaging in 9,1 % (6,5–12,5 %) Falsch Negativ: 9,2 % Accuracy 75 % |
n.a. |
n.a. = nicht angegeben.
* in dieser Literaturarbeit ist die Treffsicherheit für frühe Karzinome angegeben.
** 5 Studien zu zöliakalen Lymphknoten.
Die zusätzliche Verwendung von EUS-gesteuerten Feinnadel-Biopsien (FNP) kann die nodale Staging-Genauigkeit erhöhen, besonders bei der Abklärung zöliakaler, kleinkurvaturseitiger abdomineller LK-Metastasen (Sensitivität 97 %, Spezifität 96 %; siehe [Tab. 8]). Die Ergebnisse haben erheblichen Einfluss auf das Patienten-Management. Leider haben bisher nur wenige Studien die EUS-FNP systematisch untersucht und die wenigen vorhandenen Studien weisen eine erhebliche Heterogenität auf. Die EUS stellt aber neben der Computertomographie das Verfahren der Wahl zum Staging des Ösophaguskarzinoms dar. Sie beeinflusst das Patientenmanagement und sollte – trotz bestehender Limitationen – großzügig eingesetzt werden, um frühzeitig eine Selektion von Patienten für eine endoskopische, primär operative, primär neo-adjuvante oder primär palliative Therapie zu ermöglichen. Die vergleichende und interdisziplinäre Interpretation der Ergebnisse von EUS und Computertomographie verbessern die Stagingaussage gegenüber den Einzelbefunden. Die Leitliniengruppe ist daher der Meinung, dass die Limitationen der einzelnen Stagingverfahren durch den individuell sinnvollen Einsatz einer Kombination der zur Verfügung stehenden diagnostischen Verfahren ein insgesamt gutes, präoperatives klinisches Staging ermöglicht ([Abb. 2]).
Einschränkungen bestehen zum einen durch die Untersucher-Abhängigkeit, zum anderen ist die Unterscheidbarkeit kleiner, mukosaler Prozesse methodisch begrenzt und die EUS-Diagnostik bei hochgradig stenosierenden Tumoren nur eingeschränkt möglich. Letzteres Problem ist klinisch zumeist zu vernachlässigen, da nicht passierbare Tumoren fast immer fortgeschrittenen (≥T3-) Karzinomen entsprechen. Die vorhandenen Studien weisen eine hohe Heterogenität durch Verwendung verschiedenster Geräte, Prozessorgenerationen und Techniken auf (mechanische und digitale Radial- und Longitudinalscanner, Minisonden, nur wenige Studien mit Feinnadelpunktionen EUS-FNP), was die Vergleichbarkeit einschränkt. Die T-Kategorie wird im EUS ähnlich wie in der CT etwas häufiger überschätzt (Median EUS 10,6 %; CT 9,4 %) als unterschätzt (Median EUS 7,6 %; CT 6,7 %). Schwierigkeiten gibt es v. a. beim lokalen Staging von T2-Karzinomen, bei denen aufgrund von peritumoralen, entzündlichen Prozessen in bis zu 12,5 % ein Overstaging beobachtet wird.
Der EUS kann nicht zwischen HGIEN und mukosalen Frühkarzinomen unterscheiden, kann aber bei dieser Fragestellung vor geplanter EMR oder ESD zum Ausschluss bisher nicht vermuteter, Wand-überschreitender Tumorprozesse bei vermeintlichem Frühkarzinom und ggf. zur Diagnostik von – bei Frühkarzinomen sehr seltenen – regionären Lymphknoten-Metastasen eingesetzt werden. In bis zu 8–12 % der Fälle in der Praxis kann man mittels EUS bildgebend bisher unbeschriebener, „okkulter“ Leberherde im linken Leberlappen sowie andere suspekte pathologische Befunde wie Aszites oder Pleuraverdickungen erkennen und teilweise mittels EUS-FNP weiter abklären. Fakultativ können „distante“ (tumorferne) LK-Metastasen paraaortal oder parathyreoidal mittels EUS-FNP gesichert werden, v. a. zöliakale LK-Metastasen beim Plattenepithelkarzinom (siehe [Abb. 2]). Der Einsatz der Kontrastmittel-Endosonographie (KM-Endosonographie, CE-EUS) und der Ultraschall-Elastographie sind neue Methoden, okkulte und kleine Metastasen verbessert zu erkennen und ggf. die FNP zu verbessern, größere Datensammlungen liegen hierzu noch nicht vor.
Die N-Kategorie ist ein weiterer wichtiger prognostischer Parameter beim Ösophaguskarzinom. [Tab. 9] zeigt hierzu eine Übersicht der Leistungsfähigkeit des nodalen Stagings für verschiedene Verfahren. Allerdings ist hier zu bemerken, dass alle Studien bisher die alte UICC-Klassifikation von 2002 verwendeten, die distante „zöliakale“ Lymphknoten als Fernmetastasen („M1a“) wertete, was bei der aktuellen Version 7 von 2009 geändert wurde.
Eine neuere Arbeit (Evidenzgrad 1b) von Russell et al. [91], deutet darauf hin, dass ein konsequentes EUS-Tumorstaging bei Ösophagus-Karzinomen zu verbesserten Überlebensraten der mittels EUS untersuchten Patienten führt (ca. 3 Monate gegenüber der Vergleichsgruppe). Möglicher Hauptgrund dafür ist, dass die mittels EUS – Staging untersuchten Patienten häufiger operiert wurden, was auf eine Selektion der Patienten aufgrund der dabei erhobenen Befunde hindeutet.
Eine weitere neue Arbeit von Luo LN et al. (2016) [92], bestätigt, daß die EUS im Vergleich zur CT die deutlich höhere „Staging accuracy“ bei Plattenepithel-Karzinomen aufweist. Diese ist besonders gut bei der Differenzierung eines T1a- von einem T1b-Karzinom (Sensitivität 84 und 83 %, Spezifität 91 % und 89 %), sowie beim Staging eines T4-Tumors (Sensitivität 84 %, Spezifität 96 %).
Zum Staging des Ösophagus-Karzinoms wird der folgende diagnostische Algorithmus vorgeschlagen ([Abb. 2])
6.7 |
Evidenzbasiertes Statement |
neu 2021 |
Level of Evidence 2a |
Die Beurteilung einer „Vollremission“ nach neoadjuvanter Tumorbehandlung ist mit den gegenwärtigen Untersuchungsverfahren (Endoskopie/Biopsie, EUS-FNP, CT/MRT und PET-CT) nicht mit ausreichender Sensitivität und Spezifität möglich. |
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Starker Konsens |
Das „Re-Staging“ nach erfolgter neo-adjuvanter Therapie von Ösophaguskarzinomen und AEG-Tumoren ist in der klinischen Praxis erheblich limitiert, da die Tumoren häufig post-therapeutisch starke Regressions-Veränderungen (Nekrosen, Narben) aufweisen und entzündliche lokale Faktoren zu falsch positiven Ergebnissen bei allen bildgebenden Modalitäten führen können. Dies zeigen neue Meta-Analysen [100] [101] [102] deutlich, indem die gepoolte Sensitivität für CT, PET-CT, EUS und MRT zur Erfassung einer „Vollremission“ nach neo-adjuvanter Therapie zur Aufdeckung einer ypT0 – Response nur 35 % (CT), 62 % (PET-CT), < 10 % (EUS) und 80 % für das MRT betrugen. Die korrespondierende Spezifität lag dabei zwischen 73 % und 99 % (de Gouw et al.). Die Autoren fordern hierfür in der nahen Zukunft neue Verfahren, die die o. g. Limitationen umgehend können, z. B. „liquid biopsy“ u. a. Da diese Verfahren aktuell nicht im Alltag zur Verfügung stehen, ist man jedoch gegenwärtig weiterhin auf „Näherungsverfahren“ angewiesen. Eine prospektive Arbeit [102], beurteilt die Kombination aus ÖGD mit lokalen „bite-on-bite“-Biopsien, EUS mit FNP suspekter Strukturen und Lymphknoten (EUS-FNP) sowie PET-CT zur Response-Evaluation nach Vortherapie deutlich besser. Jedes Einzelverfahren übersah zwar eine signifikante Anzahl (10 % bei Biopsien und EUS-FNP bis 28 % „Wanddicken-Messung“ bei der EUS und 31 % bei der Standard-ÖGD mit Zangen-PE) an noch vitalen Tumoranteilen nach bildgebend gutem Ansprechen und hohem Tumor-Regressionsgrad (TRG3-TRG4) nach neo-adjuvanter Therapie, die Kombination der Verfahren liess diese Rate jedoch deutlich kleiner werden und das PET-CT deckte in 9 % der 190 Patientenfälle Intervallmetastasen auf. Derzeit läuft eine randomisierte, kontrollierte Phase-3-Studie, die die Rolle der aktiven Überwachung dieser Patienten mit den genannten Modalitäten prüft.
6.8 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Die B-Bild-Sonographie sollte als erstes bildgebendes Verfahren zum Ausschluss von Lebermetastasen eingesetzt werden. |
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Konsens |
Hintergrund
Die Abdomensonographie ist als risikofreie, nicht-invasive, verfügbare und von Patienten akzeptierte Methode das bevorzugte initiale bildgebende Verfahren im Rahmen der Stagingdiagnostik. Die Untersucherexpertise ist ein wesentlicher Parameter für die Qualität der Ultraschall-Diagnostik. Die B-Bild-Sonographie weist eine Sensitivität von 53–81 % sowie eine Spezifität von 59–98 % bei der Detektion von Lebermetastasen, unabhängig von der zugrunde liegenden Tumorerkrankung, auf [103]. Eine Metaanalyse aus dem Jahre 2002, in die Ergebnisse von 9 publizierten Studien (N = 509) zur sonographischen Detektion von Lebermetastasen gastrointestinaler Tumoren eingegangen sind, fand eine gepoolte Sensitivität von 66 % (95 % KI, 54–77 %) [104]. In neueren Studien wird eine Sensitivität von 77 bzw. 81 % [105] [106], für den Nachweis von Lebermetastasen gastrointestinaler Tumoren durch die B-Bild-Sonographie berichtet.
Durch den zusätzlichen Einsatz der kontrastverstärkten Sonographie (contrast-enhanced ultrasound, CEUS) werden sowohl Sensivität als auch Spezifität deutlich erhöht. Der CEUS ist im klinischen Kontext hinsichtlich Spezifität und Sensitivität bei der Detektion von Lebermetastasen der CT und MRT vergleichbar [106] [107] [108]. Die Abgrenzung von Metastasen gegenüber primären malignen und benignen Tumoren der Leber gelingt mittels kontrastverstärkter Sonographie mit einer im Vergleich zur CT oder MRT identischen Genauigkeit von mehr als 90 % [109] [110] [111] [112].
6.9 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Die B-Bild-Sonographie des Halses kann ergänzend zum Ausschluss von zervikalen Lymphknotenmetastasen zum Staging eingesetzt werden. |
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Konsens |
Hintergrund
Eine zervikale Lymphknotenmetastasierung tritt bei 10–28 % der Patienten mit einem Ösophaguskarzinom auf, vor allem bei zervikalem oder hoch intrathorakalem Sitz des Tumors [113]. Die Detektion von nicht palpierbaren, zervikalen Lymphknotenmetastasen ist sowohl sonographisch als auch mit der CT möglich [114]. Die B-Bild-Sonographie ist der Computertomographie im Nachweis von zervikalen Lymphknotenmetastasen gleichwertig oder geringfügig überlegen [115] [116] [117]. Die ultraschallgestützte Feinnadelaspirationsbiopsie ist zusätzlich geeignet, den metastatischen Lymphknotenbefall morphologisch zu sichern [118] [119] [120].
Zum laparoskopischen Ultraschall oder dem intra-operativen Ultraschall der Leber existieren derzeit keine methodisch höherwertigen Studien.
6.10 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Die Bestimmung zirkulierender Tumormarker zur Diagnose oder zur Therapieüberwachung des Ösophaguskarzinoms soll nicht erfolgen. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Derzeit gibt es keine Leitlinien oder Daten-gestützte Empfehlung zur diagnostischen Anwendung von zirkulierenden Tumormarkern zur Primärdiagnose oder zum Monitoring von Ösophaguskarzinomen.
6.11 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Der Röntgen-Breischluck soll nicht zur Diagnosestellung des Ösophaguskarzinoms eingesetzt werden. |
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Starker Konsens |
6.12 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Zur Diagnostik von lokalen Tumorkomplikationen (Fisteln) kann eine Röntgen-Untersuchung mit oralem, wasserlöslichem Kontrastmittel durchgeführt werden. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Auf eine routinemäßige Röntgen-Thorax- oder eine Breischluck-Untersuchung (Röntgenkontrastdarstellung des Ösophagus) soll bei erfolgtem Staging mittels Endoskopie, Endosonographie und Computertomographie verzichtet werden, da keine neuen Informationen gewonnen werden.
Eine Röntgen-Thorax-Untersuchung und eine Röntgenkontrastdarstellung des Ösophagus zur Diagnosestellung eines Ösophaguskarzinoms haben heute medizinhistorische Bedeutung. Vor Einführung der Computertomographie waren beide Verfahren feste Bestandteile der Diagnostik und des Stagings des Ösophaguskarzinoms [121]. Heute bringen diese Untersuchung im Hinblick auf die Diagnosestellung und das TNM-Staging keine ergänzenden Erkenntnisse zur Endoskopie, Computertomographie und Endosonographie. Zwei Arbeiten aus den Jahren 2002 und 2006 führen die Röntgenkontrastdarstellung des Ösophagus zwar noch als Bestandteil des publizierten Diagnose-Algorithmus auf, ohne aber eine klinische Notwendigkeit oder Relevanz gegenüber den weiteren Verfahren abzuleiten [122] [123]. Die überwiegende Zahl der Arbeiten zur Diagnosestellung und Staging des Ösophaguskarzinoms erwähnt beide Untersuchungen nicht mehr [124] [125] [126]. Eine Studie aus 2007 beschreibt bei 569 Patienten die mit 90 % höhere Sensitivität des Thorax-CT gegenüber einer Röntgenthoraxuntersuchung mit 68 % bei der Entdeckung pulmonaler Metastasen von Ösophagus- und Kardiakarzinomen [117].
Eine weitere Arbeit [127], erwähnt die Röntgenkontrastdarstellung des Ösophagus als Option in der bildgebenden Diagnosestellung von ösophago-trachealen Fisteln, bevorzugt aber auch hier das Thorax-CT. Diese Untersuchung sollte bei V. a. Fistel oder Perforation mit 50 ml wasserlöslichem Kontrastmittel durchgeführt werden.
6.13 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
Empfehlungsgrad B |
Bei Patienten mit einem neu diagnostizierten Ösophaguskarzinom sollte zum primären Staging eine Multidetektor-CT (MDCT) von Hals/ Thorax und Abdomen (mit multiplanaren Rekonstruktionen und Wanddistension mit oralem negativem Kontrastmittel) und zusätzlich i. v. Kontrastmittel durchgeführt werden. |
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Level of Evidence 4 |
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Konsens |
Hintergrund
Da die Prognose des Ösophaguskarzinoms deutlich mit dem TNM-Stadium korreliert, ist ein möglichst exaktes, prätherapeutisches Schnittbild-Staging prognoserelevant und für die Entscheidung der individuellen Therapiestrategie obligat [135] [136] [137] [138].
Um bei der MDCT in allen Raumebenen rekonstruieren zu können, ist die Minimalanforderung an den Scannertyp ein Multidetektor-CT mit mindestens 16 Zeilen (isotrope Voxel). Üblicherweise werden bei den heutigen Scannergenerationen mindestens 64 Zeilen verwendet, um zu einer Ortsauflösung von unter 1 mm zu gelangen und damit ein adäquates T-Staging zu ermöglichen. Die CT sollte zur Verbesserung des T-Stagings als Protokolloptimierung stets mit einer Wanddistension, [128], vornehmlich negatives, orales KM, idealerweise 1–1,5 l Wasser unter Spasmolyse in folgender Weise (sog. „Hydro-Technik“) durchgeführt werden: Der Patient sollte über einen Zeitraum von etwa 25–40 Minuten vor Untersuchungsbeginn etwa 1 Liter Wasser trinken. Unmittelbar vor Beginn des CT-Scans werden auf dem Scannertisch weitere ca. 150–200 ml Wasser verabreicht. Abhängig von der Lokalisation des Tumors kann eine Rücken- oder Bauchlage erwogen werden. Die empfohlene Schichtdicke beträgt dabei 2,5–3 mm.
Zusätzlich zu der Negativ-Kontrastierung mittels Wasser ist eine i. v. Kontrastmittelgabe mit jodhaltigem Kontrastmittel obligat. Neben der vollständigen Abbildung des Ösophagus sollte die Leber in der portalvenösen Phase aufgenommen werden [129]. Gasbildende Granulate (wie Weinsäuretartrat) können zur maximalen Wanddistension verabreicht werden, meistens ist aber die alleinige, orale Wassergabe ausreichend. Mehrere Studien belegen, dass es nicht notwendig ist, eine pelvine CT durchzuführen [130] [131]. Isolierte Metastasen des kleinen Beckens jenseits des Skelettssystems bei einem Ösophaguskarzinom sind eine Rarität, weshalb aus Gründen der Dosisreduzierung und Kostenersparnis auf eine Becken-CT verzichtet werden kann.
Die Höhenlokalisation und kranio-kaudale Ausdehnung des Karzinoms ist dabei durch koronare und sagittale Reformatierungen der CT heutzutage gut möglich, weswegen auch diese typische Fragestellung an die Röntgenkontrastdarstellung des Ösophagus obsolet ist. Aufgrund der Mehrzeilentechnologie in der Computertomographie sind auch längere Scanstrecken des gesamten Ösophagus vom zervikalen Anteil bis zum ösophago-gastrischen Übergang heute problemlos in wenigen Sekunden möglich. Es bietet sich daher an, den Hals, – sofern noch keine anderweitige z. B. US-Abklärung erfolgt ist – in das Field of View einzuschließen. In diesem Fall ist eine zusätzliche Ultraschallabklärung des Halses nicht mehr erforderlich. Liegt hingegen bereits eine CT des Abdomen und Thorax ohne die zervikalen Anteile des Ösophagus vor, sollte ergänzend noch eine Ultraschallabklärung des Halses erfolgen. Unabhängig von der Höhenlokalisation des Karzinoms sollte wegen der Möglichkeit von Fernmetastasen immer eine vollständige Abklärung des gesamten Ösophagus angestrebt werden. Der kraniale Rand des Field of view wird daher durch den Oberkiefer markiert, die Scanstrecke sollte grundsätzlich bis zum Leberunterrand reichen.
T-Staging: Die MDCT ist im T-Staging in den frühen Stadien limitiert. Dennoch können unter Verwendung der „Hydro-Technik“ Sensitivitäten von 95 % und ein positiver prädiktiver Wert von 96 % erreicht werden [132]. Ein T-Staging konnte in dieser Studie bei bis zu 76 % der Fälle korrekt durchgeführt werden.
N-Staging: Im LK-Staging ist die EUS sensitiver (68 %) als die CT (33 %), aber weniger spezifisch (58 % vs. 75 %), – außer wenn sie mit einer Feinnadelpunktion (FNP) kombiniert wird, wie oben unter Punkt 6.6 ausgeführt [97]. In Kombination mit der EUS wird eine Sensitivität von einem nodalem Befall von 91 % erreicht. Eine Kombination von PET-CT, MDCT und EUS erzielt die höchste Genauigkeit für die Ermittlung des LK-Status [52] ([Tab. 9]). Die Sensitivität für ein korrektes N-Staging wird dabei unterschiedlich limitiert angegeben, z. B. mit 42 % für die EUS, 49 % für die PET und 35 % für das CT [133]. Die Spezifität betrug hierbei 91 %, 87 % und 93 %, die Korrektheit 66 %, 68 % und 63 %. Es ergaben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede. Weitere Ergebnisse siehe [Tab. 9].
M-Staging: Die CT hat eine deutliche Streuung in der Genauigkeit der Detektion einer metastasierten Situation (Sensitivität zwischen 37–46 %, Spezifität zwischen 63–80 %). Die multiphasische CT der Leber erhöht die Sensitivität für die Detektion von Leber-Metastasen. Jedoch können hämatogene oder peritoneale Fernmetastasen der CT Diagnostik entgehen, weshalb hier nur Sensitivitäten von 46–81 % und Spezifitäten von 63–82 % erreicht werden [134].
MRT zum Staging des Ösophaguskarzinoms
In Fällen, wenn eine CT nicht durchgeführt werden kann (z. B. bei KM-Kontraindikationen), – oder als ergänzende Untersuchung zu CT/EUS -, kann eine MRT durchgeführt werden. Das MRT ist vergleichbar genau zum CT für das TNM Staging [139], insbesondere bei Tumoren des gastro-ösophagealen Übergangs [140], aber weniger exakt für pulmonale Läsionen [141]. Es ist in keiner Region dem CT überlegen [142]. Der diagnostische Wert für das T-Staging von Ösophagus-Karzinomen mit der MRT ist im Laufe der letzten Jahre stetig gestiegen. Aktuell ist die verfügbare Anzahl von Studien für eindeutige Schlussfolgerungen noch zu gering.
In naher Zukunft hat die MRT das Potential, beim Staging die Tumorabgrenzung und eine Echtzeit-Kontrolle für eine Radiotherapie zu verbessern. Gleiches gilt auch für das Therapieansprechen, insbesondere in der individualisierten Tumortherapie. Darüber hinaus kann die funktionelle MRT-Bildgebung als sogenannte Diffusions-MRT [143], über die reine Morphologie hinaus wertvolle Informationen liefern. Zudem gibt es aktuelle Entwicklungen in der MRT, auch die Ösophaguswand genauer darzustellen und damit die Tiefeninfiltration besser abzubilden – und damit das T-Staging ggf. weiter zu verbessern [144]. Zur Rolle des MRT in der Response-Beurteilung nach neoadjuvanter Therapie darf auf das o. g. Statement und den Hintergrundtext zur Empfehlung 6.7 verwiesen werden.
6.14 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
Empfehlungsgrad 0 |
Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren (cT 2–4 und cN+) kann zusätzlich eine PET/CT-Untersuchung zum M-Staging eingesetzt werden, falls der Patient potenziell kurativ behandelbar ist bzw. das Ergebnis klinische Konsequenzen hat. |
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Level of Evidence 1b |
[52] [95] [96] [114] [133] [145] [146] [147] [148] [149] [150] [151] [152] [153] [154] [155] [156] [157] [158] [159] |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Ein diagnostisches CT ist der gegenwärtige Standard zum M-Staging. Die Kombination von PET mit diagnostischem CT hat die höchste Sensitivität zum M-Staging und erfasst üblicherweise den Körperstamm (PET/CT: Schädelbasis bis proximale Femora und diagnostisches CT von Hals, Thorax und Abdomen). Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat 2014 einen Beschluss zur ambulanten spezialärztlichen Versorgung von Patienten mit schweren Verläufen bei gastrointestinalen Tumoren und Tumoren der Bauchhöhle herausgegeben: darin eingeschlossene Patienten mit Ösophagus-Karzinom können eine PET bzw. PET-CT zur Detektion von Fernmetastasen erhalten, wenn die § 116b-Anträge genehmigt werden.
Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat hingegen in seinem Abschlussbericht Nr. 172 zur „Positronen-Emissionstomographie (PET) und PET/CT bei Ösophaguskarzinom“ im Juni 2013 festgestellt, [160] dass mit den von ihnen angewendeten Methoden kein patientenrelevanter Nutzen für die PET/CT beim Ösophaguskarzinom festgestellt werden konnte. In Diskrepanz hierzu steht das praktische Vorgehen in den USA, wonach PET/CT-Untersuchungen bei einer Reihe von soliden Tumoren einschließlich des Ösophaguskarzinoms bezahlt werden (CMS Final Decision on PET in Solid Tumors, JNM 2013 und www.cancerpetregistry.org/pdf/FinalNOPR-PET-%20Webinar-6-19-2013.pdf) [161]. Die Bewertung der PET/CT beim Ösophaguskarzinom weist erhebliche Unterschiede in der internationalen Literatur auf. Originalarbeiten zeigen beim Vergleich CT versus PET-CT eine verbesserte Sensitivität zur Detektion von Fernmetastasen (PET-CT: 71 %, CT: 52 %) [145] [146].
Der von Trachemontagne in 2009 verfasste Bericht AETMIS [96] trennte in der Analyse PET und PET/CT-Daten. PET-Daten kamen von systematischen Reviews und Metaanalysen. Die Sensitivität der PET für das N-Staging betrug 57 % (95 % KI 43–70 %), die Spezifität 85 % (95 %KI 76–95 %). PET verbesserte gegenüber dem CT die Beurteilung distanter Lymphknoten- und Fernmetastasen. Die Sensitivität lag hier bei 71 % (95 % KI: 62–79 %) und die Spezifität bei 93 % (95 % KI: 89–97 %). Daten zum PET/CT für das initiale Staging kamen aus nur 2 Studien, von denen eine Studie Patienten einschloss, die eine neoadjuvante Chemotherapie erhalten hatten. Für die Beurteilung einer Lymphknotenmetastasierung und das M1a-Staging zeigte das PET/CT eine Sensitivität zwischen 83 % und 94 %, wohingegen die Spezifität einen Wert von 92 % erreichte. Dieser Bericht empfahl die PET-CT, wenn die Patienten nach konventionellem Staging (CT und EUS) als chirurgisch kurabel eingestuft wurden. Weitere Studienergebnisse zur Bestätigung dieses Vorgehens wurden gefordert.
Das italienische Dossier 209–2011 ISSN 1591–223X [146], zum Einsatz der FDG-PET beim Ösophaguskarzinom kommt zur Feststellung, dass der Einsatz der FDG-PET zum M-Staging angemessen ist (Level of Evidence: moderat). In dem darin eingeschlossenen systematischen Review von van Vliet et al. [95], wurde die diagnostische Genauigkeit der PET bei Lymphknotenmetastasen (10 Studien, n = 424 Patienten) mit einer niedrigen gepoolten Sensitivität (57 %; 95 %KI: 43–70 %), aber einer moderaten gepoolten Spezifität (85 %; 95 %KI 76–95 %) und für Fernmetastasen (9 Studien; n = 475 Patienten) mit einer niedrigen gepoolten Sensitivität (71 %; 95 %KI: 62–79 %) und einer hohen gepoolten Spezifität (93 %; 95 %KI: 89–97 %) errechnet.
Die englische Leitlinie von Allum et al. [52], empfiehlt PET in Kombination mit EUS und CT für das initiale Staging aufgrund des verbesserten M-Staging in bis zu 30 % der Fälle mit einer Sensitivität von 69–78 % und einer Spezifität von 82–88 %. Der belgische KCE Report [114], empfiehlt die PET/CT zum M-Staging, wenn Patienten mit T2–4 N+ Ösophaguskarzinomen für eine kurative Therapie nach dem CT- und EUS-Staging in Betracht kommen (starke Zustimmung, niedriger Level der Evidenz). Die Wahrscheinlichkeit, dass es durch PET/CT bei frühen Tumorstadien (cT1–2, N0) zu einem Upstaging kommt, ist gering.
Eine Reihe von Autoren berichteten in Originalarbeiten zum klinischen Wert der FDG-PET bzw. FDG-PET/CT zum Staging des Ösophaguskarzinoms: Choi et al. [133] [147], analysierten PET/CT bei 109 Patienten zum N- und M-Staging und fanden jeweils Sensitivitäten von 49 % und 40 % und Spezifitäten von 87 % und 99 %. Da in dieser Studie nur chirurgisch resezierbare Patienten eingeschlossen wurden, ist eine Unterschätzung der Sensitivität zur Detektion von Lymphknotenmetastasen möglich.
Flamen et al. [148], fanden bei 74 Patienten, von denen 34 Fernmetastasen hatten, mit FDG-PET eine bessere diagnostische Genauigkeit von 82 % bei der Detektion von Fernmetastasen im Vergleich zum konventionellen Staging (EUS + CT) von 64 % [149], fanden mit FDG-PET bei 6/39 Patienten (15 %) zusätzliche Fernmetastasen gegenüber dem konventionellen Staging. Fernmetastasen fanden sich in supraklavikulären Lymphknoten (1 Pt.), der Leber (1 Pt.), dem Skelett (1 Pt.), retroperitonealen/Becken-LK (2 Pt.) und sowohl in supraklavikulären LK und der Leber (1 Pt.). Heeren et.al [150], verglichen FDG-PET mit konventionellem Staging (EUS + CT) und fanden mit PET-CT mehr distante Lymphknotenmetastasen (17/24 Pt. = 71 % vs. 7/24 Pt. = 29 %). FDG-PET führte bei 15/74 Patienten (20 %) zu einem Upstaging wegen Fernmetastasen. Noble et al. [151], untersuchten den Einfluss der PET/CT bei 191 Patienten, die nach CT/EUS-Staging als chirurgisch heilbar angesehen wurden. Die Sensitivität der PET/CT lag bei 91 %, die Spezifität bei 94 %. PET/CT detektierte distante Metastasen bei 16 % der Patienten, die bei 9 % der Patienten bestätigt wurden. Kato et al. [152], analysierten PET/CT bei 50 Patienten und alleiniger PET bei 117 Patienten im Hinblick auf das initiale Lymphknotenstaging. Die Sensitivität und diagnostische Genauigkeit von PET/CT (75,9 % und 78 %) waren signifikant besser als von alleiniger PET (55 % and 70,1 %).
Hsu et al. [153], berichteten bei 45 Patienten über eine niedrigere Sensitivität zur Detektion lokaler (Sensitivität 57,1 %) und distanter (Sensitivität 36,4 %) Lymphknotenmetastasen bei moderater Spezifität (83,3 % und 84 %) im Vergleich zu den pathohistologischen Befunden nach Resektion. Barber et al. [154], untersuchte FDG-PET-CT bei 139 Patienten im Primärstaging und fanden eine Änderung im Staging durch PET-CT bei 56/139 Patienten (40 %) und eine Änderung im Management bei 47/139 Patienten (34 %). Cervino et al. [155], verglichen bei 29 Patienten PET/CT mit konventionellem Staging. PET/CT detektierte distante Lymphknotenmetastasen bei 7 Patienten (59 %) und Fernmetastasen bei 4 Patienten (31 %). Die Arbeit von Cervino et al. ist retrospektiv und CT gehört nicht zum konventionellen Staging. Von den 13 im konventionellen Staging nicht richtig bewerteten Patienten, war die CT bei 8 und PET/CT bei 9 Patienten korrekt, so dass die Differenz zwischen CT und PET/CT bei einem Patienten lag. Die Society of Thoracic Surgeons Guidelines on the Diagnosis and Staging of Patients With Esophageal Cancer [156], empfiehlt das PET-CT als das beste Verfahren zum M-Staging mit einer mittleren Sensitivität von 71 % und einer mittleren Spezifität von 93 %.
Findlay et al. [157], führten in einer Kohorten-Studie (Evidenzlevel 1b) bei Patienten ohne eindeutigen Metastasennachweis im herkömmlichen Staging routinemäßig sequentiell eine [18F]FluoroDeoxyGlucose (FDG)-PET/CT, einen endoskopischen Ultraschall (EUS) und eine diagnostische Laparoskopie bei AEG-Tumoren und distalen Ösophaguskarzinomen durch, welche bis unterhalb des Zwerchfells reichten. Das PET/CT änderte das Vorgehen in 23 %, indem in 7,1 % Metastasen bestätigt, in 13 % unerwartete Metastasen und in 2,1 % zusätzliche Pathologien identifiziert und in 0,8 % synchrone Karzinome detektiert wurden. Hinsichtlich der Prädiktion unerwarteter Metastasen war die Analyse auf n = 700 Patienten mit in der CT nachgewiesenen cM0-Befunden beschränkt. Es fanden sich hier allerdings keine Parameter zur Identifikation von Patienten mit ausreichend geringem Metastasen-Risiko, um das Risiko einer PET/CT nicht zu gerechtfertigen. Wenngleich sich keine Metastaseninzidenz im Stadium uT1 fand, war das 95 % Konfidenzintervall weit (0–6,12 %), was nahelegt, dass – im Gegensatz zur gängigen klinischen Praxis – die PET/CT doch einen Stellenwert bei in der Endosonographie nachgewiesenen uT1-Tumoren hat.
Zwei aktuelle Metaanalysen beschäftigen sich mit der PET/CT im Rahmen des Primärstagings [158] [159]. Beide bestätigen die bekannte hohe diagnostische Spezifität, jedoch die geringe Sensitivität, insbesondere hinsichtlich lokoregionärer Lymphknotenmetastasen. Wenngleich die falsch-negative Rate nicht unerheblich ist, bringt der Nachweis von lokoregionalen Lymphknotenmetastasen im PET/CT doch die klinische Konsequenz der Ausweitung des Strahlenvolumens bzw. der Ausweitung der Lymphknotendissektion mit sich.
Zur Rolle der PET-CT in der Response-Beurteilung nach neo-adjuvanter Therapie darf auf das o. g. Statement und den Hintergrundtext unter Empfehlung 6.7 verwiesen werden.
6.15 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
Empfehlungsgrad B |
Eine flexible Bronchoskopie sollte bei lokal fortgeschrittenen Tumoren mit Kontakt zum Tracheo-Bronchialsystem auf Höhe – oder oberhalb – der Karina durchgeführt werden. |
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Level of Evidence 4 |
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Starker Konsens |
6.16 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Zum Staging des Ösophaguskarzinoms sollte keine starre Endoskopie der oberen Luft- und Speisewege durchgeführt werden. |
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Konsens |
Hintergrund
Zu dieser Thematik gibt es bisher relativ wenig Evidenz, da sich nur wenige Studien damit systematisch auseinandergesetzt haben. Frühere Daten weisen auf einen Zusammenhang von Plattenepithel-Ösophaguskarzinomen mit synchron auftretenden Neoplasien im Bronchialbaum/Oropharynx hin, jedoch handelt es sich hierbei in der Regel um Fallserien und Beobachtungsstudien [167]. Beim Patienten mit einem Plattenepithel-Karzinom des Ösophagus kann auf der Grundlage dieser Daten – und der heute üblichen, hohen Sicherheit des Eingriffs -, eine flexible diagnostische Bronchoskopie durchaus erwogen und eingesetzt werden. Die früher übliche „Pan-Endoskopie“ der gesamten erreichbaren Hohlsysteme im Kopf und den Atemwegen hingegen ist aufgrund fehlender Evidenzgrundlage als Routine-Maßnahme zum Staging des Ösophaguskarzinoms unnötig.
Bei klinischem Verdacht auf Vorliegen einer ösophago-trachealen oder -bronchialen Fistel und/oder höhergradiger Infiltration des tracheo-bronchialen Systems kann eine diagnostische Bronchoskopie +/– endobronchialem Ultraschall (EBUS)/Biopsie im Einzelfall klinisch nützlich sein [162] [163]. Die Evidenzgrundlage hierfür ist aber eher gering, da systematische Studien fehlen. Eine neuere, kleinere Studie [164], favorisiert eher den EBUS als die Bronchoskopie zur frühzeitigen Identifizierung von inkurablen Patienten beim Primär-Staging von Tumoren auf/oberhalb der Karina-Höhe. Ältere Studien [165] [166], geben demgegenüber eine Treffsicherheit der Bronchoskopie mit Biopsien/Bürstenzytologie für eine Invasion der Atemwege von bis zu 96 % an, wenn die Tumoren hoch sitzen und lokal weit fortgeschritten sind. Auch die Beweglichkeit des Tracheo-Bronchialsystems bei der Bronchoskopie soll ein Prädiktor für die Infiltration versus reiner Impression durch den Ösophagustumor sein [166].
Auf der Grundlage bisheriger Publikationen mit schwacher Evidenz kann zusammenfassend derzeit eine generelle Bronchoskopie-Staging-Abklärung +/– EBUS- Anwendung nur bei definierten Patienten mit lokal fortgeschrittenen, (supra-) bifurkalen Plattenepithel-Karzinomen empfohlen werden, bei denen die Klinik/Bildgebung eine mögliche Invasion in das Tracheo-Bronchialsystem suggeriert und die Ergebnisse eine klinische Konsequenz nach sich ziehen würden.
#
6.4 Diagnostische Laparoskopie und Thorakoskopie (Staging)
6.17 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
Empfehlungsgrad 0 |
Eine diagnostische Laparoskopie kann bei Adenokarzinomen des distalen Ösophagus und des ösophagogastralen Überganges zum Ausschluss von Metastasen der Leber und/oder des Peritoneums in fortgeschrittenen Stadien durchgeführt werden (insbesondere im Falle einer cT3-, cT4-Kategorie). |
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Level of Evidence 1b |
[157] |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Wenngleich es Hinweise auf einen diagnostischen Gewinn in bestimmten Situationen gibt, ist ein Stellenwert der diagnostischen Laparoskopie und/oder Thorakoskopie im Rahmen des Stagings von Ösophaguskarzinomen und Karzinomen des ösophagogastralen Übergangs nicht eindeutig belegt. Frühe Arbeiten zum Thema aus den 1990er Jahren beinhalteten überwiegend heterogene Patientenkollektive mit Malignomen unterschiedlicher gastrointestinaler Entitäten und konnten in den Subgruppen einzelner Tumorentitäten keine eindeutigen Aussagen treffen. Nieveen van Dijkum et al. [168], fanden beispielsweise 1997 bei 6 % der 64 Patienten mit Karzinomen des Ösophagus oder der Kardia zuvor unbekannte Fernmetastasen. Eine Studie aus 2007 von De Graaf et al. [169], untersuchte 511 Karzinome des Ösophagus, des ösophagogastralen Übergangs und des Magens. Nach bildgebendem (Computertomographie, Endosonographie) Vorliegen einer tumorbezogenen Resektabilität erfolgte eine ergänzende Laparoskopie. Hierbei wurde eine Irresektabilität bei 28/164 (17 %) der Patienten mit Karzinomen des distalen Ösophagus festgestellt, bei Patienten mit Karzinomen des ösophagogastralen Übergangs in 11/64 (17 %), bei Magenkarzinomen in 36/109 (33 %). Grund für die Irresektabilität waren in 75 % Fernmetastasen, in 20 % ein lokal fortgeschrittener Tumor, in 5 % ein ausgedehnter Lymphknotenbefall.
Bei Karzinomen des mittleren und oberen Ösophagusdrittels zeigte die Laparoskopie bei keinem der 28 Patienten eine Fernmetastasierung. Der diagnostische Gewinn fand sich fast ausschließlich bei Adenokarzinomen. Nach Ausschluss einer Irresektabilität in der diagnostischen Laparoskopie zeigte sich bei weiteren 27/332 (8,1 %) der Patienten bei der Laparotomie zur Resektion eine Irresektabilität [169]. Eine Untersuchung aus 2008 bei 255 Patienten von Nath et al. [170], belegt ebenfalls, dass der diagnostische Gewinn einer Laparoskopie bei Ösophaguskarzinomen und Karzinomen des ösophagogastralen Übergangs geringer ist als bei Magenkarzinomen (9,2 % vs. 28,8 %), zeigt aber auch, dass eine Pertitoneal-Lavage bei 7,2 % (15/207) der makroskopisch unauffälligen Laparoskopien den Nachweis von Tumorzellen erbringt mit einem schlechten medianen Überleben von 13 Monaten. Aufgrund der sehr kleinen Fallzahl dieser Subgruppe kann aus dieser Studie jedoch keine allgemeine Empfehlung für eine Therapieentscheidung abgeleitet werden.
Noch begrenzter ist die Studienlage zur diagnostischen Thorakoskopie. 1995 zeigten Krasna et al. [171], bei 49 Patienten, dass eine Thorakoskopie geeignet sein kann, mediastinale Lymphknoten zur erweiterten Diagnostik zu gewinnen. Eine US-amerikanische Multicenterstudie bestätigte diese Aussage [172], und sie fand doppelt so viele positive Lymphknoten durch die Thorakoskopie wie durch die konventionelle, nicht-invasive Diagnostik. Aufgrund fehlender Langzeitdaten können aus dieser Studie keine Aussagen zur klinischen Relevanz dieses Ergebnisses abgeleitet werden. Ein Vergleich dieser thorakoskopischer Methoden mit endosonographisch gestützen Feinnadel-Aspirationen aus para-ösophagealen Lymphknoten existiert bisher nicht.
Eine Arbeit aus 1999 von Luketich et al. [173], bemerkt, dass kleine Metastasen, die ein PET-CT nicht zeigt, bei der Laparoskopie und Thorakoskopie gesehen werden können.
In der bereits zitierten Kohorten-Studie von Findlay et al. [157], in der Patienten ohne eindeutigen Metastasennachweis im herkömmlichen Staging routinemäßig sequentiell einer [18F]FluoroDeoxyGlucose (FDG)-PET/CT, einem endoskopischen Ultraschall (EUS) und einer diagnostischen Laparoskopie unterzogen wurden (AEG-Tumoren und distale Ösophaguskarzinome, welche bis unterhalb des Zwerchfells reichten), erhielten n = 397 Patienten eine diagnostische Laparoskopie. Metastasen wurden bei n = 28 Patienten nachgewiesen (entsprechend 7,1 %). Diese fanden sich bei n = 2 (4 %) der n = 54 distalen Ösophaguskarzinome, die endoskopisch nicht den ösophagogastralen Übergang überschritten. Es konnte kein Parameter zur Identifikation des Schwellenwerts nachgewiesen werden, bei dem der Benefit der Untersuchung deren Risiken aufwiegt. Die diagnostische Laparoskopie schien gemäß den Autoren dieser Untersuchung bei Patienten mit Ösophaguskarzinomen > T2 gerechtfertigt.
Die aktuell überarbeitete S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Adenokarzinome des Magens und des ösophagogastralen Übergangs (https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/magenkarzinom/) äußert sich zur diagnostischen, prätherapeutischen Laparoskopie folgendermaßen: Die Staging-Laparoskopie verbessert die Therapieentscheidungen beim lokal fortgeschrittenen Magenkarzinom (Insbesondere cT3, cT4) und sollte vor Beginn der neoadjuvanten Therapie durchgeführt werden (Empfehlungsgrad B, LoE 1b). Aufgrund der hohen diagnostischen Genauigkeit verbessert sie die Therapieentscheidungen beim lokal fortgeschrittenen Magenkarzinom. Dies betrifft auch die Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs. Im Gegensatz dazu gibt es derzeit keine Evidenz für die routinemäßige Durchführung der diagnostischen Laparoskopie beim distalen Adenokarzinom des Ösophagus (AEG Typ I nach Siewert), da hier – im Vergleich zu den AEG II-III-Tumoren – die Inzidenz einer Peritonealkarzinose sehr selten ist [157]. In der Arbeit von Findlay et al. 2015 [157], änderte sich das Management durch die diagnostische Laparoskopie beim AEG Typ I nur in einem vernachlässigbaren Anteil der Fälle, so dass die diagnostische Laparoskopie beim AEG Typ I nicht routinemäßig empfohlen werden kann.
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6.5 Pathologie
6.18 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Dysplasien/intraepitheliale Neoplasien sollen nach der gültigen WHO-Klassifikation graduiert werden in negativ, unklar/fraglich, niedriggradige (low grade/LGD) oder hochgradige (high grade/HGD) Dysplasie. |
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Starker Konsens |
6.19 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Bei histologischer Diagnose einer IEN/Dysplasie im Barrett-Ösophagus soll der Prozess einer kompetenten (dokumentierten) pathologischen Zweitmeinung im Sinne eines Vier-Augen-Prinzips durchgeführt werden. Bei Dissens oder Unsicherheit bezüglich der Dysplasiediagnose soll eine externe Begutachtung erfolgen. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Plattenepithel
Intraepitheliale Neoplasien (IEN/Dysplasien) des Plattenepithels im Ösophagus sind unmittelbare Vorläuferläsionen des ösophagealen Plattenepithelkarzinoms. Das Karzinom-Risiko steigt mit dem Schweregrad der IEN/Dysplasie an [174]: bei LGIEN/LGD 2,9 %, bei HGIEN/HGD 28,3 % und beim Carcinoma in situ auf 34,4 %. Darüber hinaus lassen sich bei Nachweis einer IEN/Dysplasie nebenbefundlich in ca. 20 % der Fälle bereits Plattenepithelkarzinome nachweisen, die meist unmittelbar im Tumorrandbereich liegen. Dabei ist die Prävalenz Karzinom-assoziierter IEN/Dysplasien bei frühen Tumorstadien höher, wahrscheinlich infolge einer Destruktion bei der Tumorprogression [175].
Nach der gültigen WHO-Klassifikation soll ein zweistufiges Graduierungssystem verwendet werden [176]; das Carcinoma in situ unterscheidet sich bezüglich des biologischen Verhaltens nicht von der HGD/HGIEN und kann daher in der HGD/HGIEN subsummiert werden.
Barrett-Mukosa
Wie auch in anderen Lokalisationen des GI-Traktes wird die intraepitheliale Neoplasie/IEN bzw. Dysplasie im Barrett-Ösophagus (BÖ) als eindeutig neoplastisches Epithel ohne Anhalt für ein infiltratives Wachstum definiert [176]. Die Klassifizierung der Dysplasie (intraepithelialer Neoplasie) erfolgt als negativ, unklar/fraglich oder positiv (niedrig- oder hochgradig) [176]. Derzeit ist der Nachweis eine Dysplasie der valideste Marker für ein erhöhtes Malignomrisiko beim BÖ. Die WHO-Klassifikation soll daher obligatorisch bei jedem Befund mit Barrett-Mukosa angegeben werden. Obwohl die meisten Patienten mit BÖ, die ein Karzinom entwickeln, einer linearen Progression von der Metaplasie über eine zunächst niedrig- und dann hochgradige Dysplasie folgen, entsteht in einigen Fällen das Karzinom möglicherweise direkt aus der Metaplasie oder einer niedriggradigen Dysplasie (LGD) bzw. intraepitheliale Neoplasie (LGIEN) [177].
Die histologische Dysplasie-Diagnostik im BÖ unterliegt einer nicht unbeträchtlichen Interobserver-Variabilität (Kappa-Werte von 0,28 bis 0,65), v. a. am unteren (Regenerat vs. LGD/LGIEN) und am oberen Ende des Spektrums (HGD/HGIEN vs. Adenokarzinom) [178] [179] [180] [181] [182], sie liegt jedoch bei der Beurteilung von endoskopischen Mukosa-Resektaten deutlich höher als bei Biopsien [183].
Aufgrund dieser ausgeprägten Interobserver-Variabilität wird in der deutschen Leitlinie „Gastroösophageale Refluxkrankkheit/Barrett Ösophagus“ [44], empfohlen, dass die Diagnose einer „Dysplasie“ durch einen Referenzpathologen zu bestätigen ist, um Fehldiagnosen zu verringern. Dieser diagnostischen Problematik wird auch in den ESGE-Leitlinien (“STATEMENT 9: The diagnosis of any degree of dysplasia (including “indefinite for dysplasia”) in BE requires confirmation by an expert GI pathologist.”) [184], und in den ACG-Leitlinien (“Statement 19. For BE patients with dysplasia of any grade, review by two pathologists, at least one of whom has specialized expertise in GI pathology, is warranted because of interobserver variability in the interpretation of dysplasia”) [185], Rechnung getragen. Bevor eine endoskopische Resektion durchgeführt wird, empfiehlt die ESGE die zusätzliche Bestätigung durch einen externen Pathologen.
In den USA wird derzeit versucht, eine Differenzierung der IEN in einen „adenomatösen“ bzw. „intestinalen“ (Kennzeichen: Verlust der Kernpolarität/Pseudoschichtung der Kerne; einschließlich Mischtyp ca. 85 %) und einen „gastral-foveolären“ Typ (Kennzeichen: flaches atypisches Epithel; ca. 15 %) vorzunehmen [186] [187], wobei dem gastralen Typ ein höheres Progressionsrisiko zugeschrieben wird. Diese Unterteilung ist aber bislang noch nicht allgemein etabliert [188] [189] [190], passt aber zu der teils „intestinalen“, teils „gastralen“ Differenzierung der Karzinome im distalen Ösophagus/des ösophagogastralen Übergangs [191] [192].
Die Biologie der LGD/LGIEN wird kontrovers diskutiert, insbesondere aufgrund der selbst unter erfahrenen GI-Pathologen höheren Interobserver-Variabilität. Eine LDG/LGIEN kann im Verlauf bei bis zu 2/3 der Fälle regredieren, bei etwa 20 % der Fälle persistieren, bei etwa 13–15 % der Fälle voranschreiten [193]. Aktuelle Daten zum Progressionsrisiko bei LGD/LGIEN zeigen ein kumulatives Risiko für eine HGD/HGIEN nach einer LGD/LGIEN-Diagnose von 85 % in 5 Jahren. Allerdings musste bei 77 % der re-evaluierten Fälle (n = 110) die LGD/LGIEN Diagnose revidiert werden [86]. In einer Untersuchung von Gatenby et al. [194], betrug das relative Karzinomrisiko bei einer LGD/LGIEN-Diagnose 2,871 bzw. die jährliche Inzidenz einer HGD/HGIEN und/oder eines Karzinoms 2,2 % (nur Karzinom 1,4 %); jedoch war bei ca. 70 % der Fälle (n = 283) im Verlauf keine bzw. keine sichere Dysplasie/IEN mehr nachweisbar.
HGD/HGIEN sind bei bis zu 59 % der Fälle mit einem synchronen oder metachronen Adenokarzinom assoziiert [177] [195] [196]. Die Inzidenz eines Adenokarzinoms in einem Resektat korreliert stark mit dem Vorliegen einer knotigen, ulzerösen oder tumorösen Läsion [197] [198]; Patienten mit flacher, endoskopisch nicht sichtbarer HGD/HGIEN haben ein wesentlich geringeres synchrones Karzinomrisiko [197]. Überdies kommt es darauf an, ob es sich bei der HGD/HGIEN um einen prävalenten oder einen inzidenten Befund handelt (metachrones Adenokarzinom bei 59 % vs. 31 % d.F.) [196].
6.20 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Der histopathologische Befund am Biopsiematerial soll die folgenden Angaben enthalten:
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Starker Konsens |
Hintergrund
Die Mindestanzahl von Biopsien zur sicheren Diagnostik eines Ösophagusmalignoms ist bislang nicht definiert. Aus unserer Sicht gibt es keine evidenzbasierte Empfehlung zur optimalen Anzahl von Zangenbiopsien, die notwendig sind, um möglichst sicher ein Barrett-Karzinom oder Plattenepithelkarzinom zu erfassen und zu diagnostizieren. Nach den Ergebnissen von Harrison und Perry [199], wäre zu postulieren: Je mehr Biopsien, desto wahrscheinlicher ist die Diagnose. Dies ist jedoch problematisch, da eine spätere endoskopische Abtragung nach tiefen/großen Biopsien erschwert sein kann. Daher hat es sich in der Praxis bewährt, mindestens vier mukosale Biopsien aus makroskopisch suspekten Arealen zu entnehmen.
Ein Karzinom im Ösophagus ist definiert als neoplastische Epithelproliferationen, die über die Basalmembran hinaus das Schleimhautstroma (= intramukosales Karzinom) oder die Submukosa und tiefer infiltriert. Aufgrund des unterschiedlichen biologischen Verhaltens ist insbesondere die Unterscheidung zwischen Plattenepithel- und Adenokarzinom klinisch relevant. Bei gering differenzierten oder undifferenzierten (G 3/4) Tumoren soll unter diesem Aspekt eine immunhistologische Phänotypisierung erfolgen, weiterhin auch zur Identifizierung seltener Karzinomtypen, wie dem neuroendokrinen Karzinom sowie der Abgrenzung gegenüber einer sekundären Infiltration (p63, CK5/6, CK7, CK8/18, Synaptophysin, Chromogranin, TTF-1 etc.).
6.21 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Die histologische Klassifikation und Stadieneinteilung der Ösophaguskarzinome soll nach der jeweils aktuellen WHO- und der TNM-Klassifikation der UICC erfolgen. Die pathologisch-anatomische Begutachtung soll stets vollständig und in standardisierter Form durchgeführt werden. |
|
Starker Konsens |
Hintergrund
Die aktuell gültige TNM-Klassifikation [200], definiert, dass ein Tumor, dessen Zentrum in einem Abstand von 2 cm vom ösophagogastralen Übergang liegt und in den Ösophagus hineinreicht, nach der TNM-Klassifikation der Ösophaguskarzinome klassifiziert wird. Tumoren, die den ösophagogastralen Übergang einbeziehen und deren Zentrum innerhalb der proximalen 2 cm der Cardia liegt (Siewert-Typen I/II) werden ebenfalls nach dem Schema für Ösophaguskarzinome klassifiziert. Tumoren deren Zentren mehr als 2 cm vom ösophagogastralen Übergang entfernt sind (Siewert Typ III) werden als Magenkarzinome klassifiziert (auch dann wenn der ösophagogastrale Übergang einbezogen ist).
Anatomische Unterbezirke
Die Unterteilung der einzelnen Abschnitte des Ösophagus und des Magens erfolgt nach der Einteilung der ICD-O, topographischer Teil [201] [202].
C15.0 Zervikaler Ösophagus
C15.3 Oberer thorakaler Abschnitt des intrathorakalen Ösophagus
C15.4 Mittlerer thorakaler Abschnitt des intrathorakalen Ösophagus
C15.5 Unterer thorakaler Abschnitt des intrathorakalen Ösophagus
C16.0 Ösophagogastraler Übergang
Regionäre Lymphknoten
Unabhängig vom Sitz des Primärtumors sind die regionären Lymphknoten diejenigen, die in dem lymphatischen Abflussgebiet des Ösophagus lokalisiert sind, eingeschlossen die zoeliakalen Lymphknoten und paraösophagealen Lymphknoten des Halses, aber nicht die supraklavikulären Lymphknoten.
Dabei ist zu beachten, dass bei Ösophaguskarzinomen – und besonders bei Karzinomen des ösophagogastralen Übergangs, die in den Magen einwachsen – auch die Lymphknoten des Magens zu den regionären Lymphknoten gerechnet werden [200] ([Tab. 10], [11], [12]).
Quelle: [200]. Anmerkung: pM0 und pMX sind keine anwendbaren Kategorien.
Quelle: [200]
Quelle: [200]
6.22 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Der histopathologische Befund an lokalen Exzidaten (endoskopische Resektion; ER) soll folgende Angaben enthalten:
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Starker Konsens |
Hintergrund
Plattenepithelkarzinom
Bei der histopathologischen Stadieneinteilung von plattenepithelialen Frühkarzinomen des Ösophagus soll insbesondere im Rahmen endoskopischer Tumorresektionen die Infiltrationstiefe innerhalb der Mukosa bzw. Submukosa nach den Vorgaben der Japanese Society for Esophageal Diseases durchgeführt werden (m1-m3 bzw. sm1-sm3), da eine direkte Korrelation zwischen Infiltrationstiefe und dem Risiko einer lokoregionären LK-Metastasierung besteht (bei m1: 0 %, m2: 3,3 %, m3: 12,2 %; sm1: 26,5 %, sm2: 35,8 %, sm3: 45,9 %) laut [203]. In einem chirurgischen Kollektiv betrug sie 0 % für Mukosa-Karzinome vs. 50 % bei Submukosa-Infiltration: sm1: 33 %, sm3: 78 % [204]
Daher ist die spezifizierte Infiltrationstiefe (und wahrscheinlich auch der Nachweis einer Angioinvasion) der wichtigste Parameter für die klinische Frage, ob eine lokale Tumorresektion ausreicht oder eine onkologische Resektion erforderlich ist. Überdies konnte auch das Grading als unabhängiger Risikofaktor nachgewiesen werden [204].
Barrett-Adenokarzinom
Da in der Lamina propria mucosae im Ösophagus Lymph- und Blutgefäße vorkommen, können selbst bei auf die Mukosa begrenzten Adenokarzinomen Lymphknotenmetastasen auftreten [205], dies ist hierbei jedoch deutlich seltener der Fall als beim Plattenepithelkarzinom. Auch hier besteht eine direkte Korrelation zur mikroskopischen Infiltrationstiefe, wobei aufgrund der beim Barrett-Ösophagus typischerweise auftretenden Neo-Muscularis mucosae eine 4-stufige Unterteilung der Mukosa vorgenommen wird: pT1a (m1, m2, m3, m4)/pT1b (sm1, sm2, sm3) plus Infiltrationstiefe in µm. Allerdings ist die Genauigkeit der histopathologischen Bestimmung der Infiltrationstiefe in den Schichten m1-m3 und sm1-sm3 aufgrund von Präparatunzulänglichkeiten nicht immer exakt festzulegen.
6.23 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Der histopathologische Befund an Operationsresektaten soll folgende Angaben enthalten:
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Starker Konsens |
6.24 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
Empfehlungsgrad B |
Der histopathologische Befund an Resektaten sollte nach präoperativer Therapie (neoadjuvanter Therapie) zusätzlich Aussagen zum Regressions-Score enthalten. |
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Level of Evidence 2b |
[206] |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Bei den Empfehlungen zur histopathologischen Befundung an Operations-Resektaten kann die Angabe zur Lokalisation des Tumorzentrums in Beziehung zum ösophagogastralen Übergang (ÖGU) und Angabe, ob der Tumor den ösophagogastralen Übergang kreuzt, schwierig sein und ist deswegen nicht in allen Fällen möglich: der ÖGÜ wird unterschiedlich definiert, die für die pathologische Anatomie einzig interpretierbare Definition ist der Übergang von Plattenepithel zu Zylinderepithel (Definition nach „the American Heritage Medical Dictionary Copyright 2007“ [207]. Gerade diese Grenzlinie ist sehr häufig bei Karzinomen, insbesondere AEG II nach Siewert [208], im pathohistologischen Präparat nicht mehr erkennbar, da sie von Tumorgewebe durchwachsen bzw. ersetzt wird. Alle übrigen Definitionen [203] [204] [205], betreffen ausschließlich die physiologische Grenze zwischen Ösophagus und Magen, eine Grenze, welche am Operationspräparat nicht mehr feststellbar ist.
Die postoperative Stadieneinteilung nach UICC (pTNM) ist der wichtigste Prognosefaktor für das Ösophaguskarzinom [209] [210]. Mit zunehmender Infiltrationstiefe nimmt das Risiko einer Lymphknotenmetastasierung sowohl beim Plattenepithel- als auch beim Adenokarzinom signifikant zu [204].
Die stadienunabhängige 5-Jahres-Überlebensrate beträgt sowohl beim Plattenepithel- als auch beim Adenokarzinom 10–20 %; im Stadium 0 > 95 %, im Stadium I 50–80 %, im Stadium IIA 30–40 %, im Stadium IIB 10–30 %, im Stadium III 10–15 % und im Stadium IV < 5 % [211].
Neben der pN-Kategorie der UICC wurde auch die Ratio aus metastatisch befallenen Lymphknoten und der Gesamtzahl der untersuchten Lymphknoten als prognoserelevanter Faktor vorgeschlagen [212].
Ein weiterer gesicherter Prognosefaktor ist der R-Status bzgl. einer Infiltration des oralen bzw. aboralen Resektionsrand [213], dagegen wird dies für den zirkumferenziellen Schnittrand noch kontrovers diskutiert [214] [215].
Überdies konnte der Nachweis von Lymphgefäß-/Veneninvasion als unabhängiger Prognosefaktor identifiziert werden [216] [217]. „Molekularpathologische“ Analysen haben bisher keine zusätzliche diagnostische und prädiktive Bedeutung. Molekulare Prognosefaktoren sind bislang nicht etabliert.
Histologische Ermittlung der Tumor-Regression nach neo-adjuvanter Therapie
Die Angabe zum Tumorregressions-Score ist wichtig und sie sollte in jedem Befund enthalten sein, sofern eine präoperative Therapie erfolgt ist. Dabei zeigen Patienten mit kompletter Tumorregression einen signifikant besseren Verlauf als Patienten mit Residualtumor. Zur Evaluation des Therapie-Effektes soll daher das gesamte Tumorbett eingebettet und histologisch untersucht werden. Für die Klassifizierung des Tumorregressionsgrades sind verschiedene Systeme publiziert worden, von denen bislang keines allgemein und international gleichermaßen akzeptiert ist. Im deutschsprachigen Raum werden die Regressionsgraduierungen nach Mandard [218], und Becker [219] [220] [221], häufig verwendet.
Die 5-stufige Einteilung nach Mandard [218], ist primär an Plattenepithelkarzinomen etabliert worden und basiert auf der Abschätzung des Anteils residualer Tumorzellen im Verhältnis zum Ausmaß der Fibrose. Die Klassifikation nach Becker et al. basiert auf der Quantifizierung des Residualtumors im komplett untersuchten Tumorbett [219] [220] [221] ([Tab. 13]).
Zwei Arbeiten haben sich mit der Reproduzierbarkeit verschiedener Scoring-Systeme beschäftigt [223] [224], und fanden das System von Becker [219], am besten reproduzierbar. Allerdings haben beide Systeme eine vergleichbare prognostische Wertigkeit, ebenso wie das international, und vor allem im englischsprachigem Raum verbreitete Ryan-System [225], das in modifizierter Form auch vom College of American Pathologists (CAP) und der AJCC empfohlen wird [226] [227]. Die UICC TNM Klassifikation erwähnt den Faktor Tumorregression nicht [200].
Die prognostische Bedeutung einer kompletten und fast kompletten histopathologischen Tumor-Regression nach neoadjuvanter Therapie konnte bei Patienten mit Plattenepithel- und Adenokarzinom des Ösophagus in mehreren Studien belegt werden [220] [228] [229] [230] [231]. Das ypTNM-Stadium war der beste Prädiktor für das Überleben von Patienten mit lokoregionärem Ösophaguskarzinom nach neoadjuvanter Radiochemotherapie [232], wobei sich der Nodalstatus als der prognostisch dominierende Faktor darstellt [233] [234]. In einer Kohortenstudie erhielten 400 von 584 operierten Patienten mit einem Ösophagus- oder Übergangskarzinom eine neoadjuvante Chemotherapie [206]. Ein Tumordownstaging nach neoadjuvanter Chemotherapie führte zu einem verbesserten Überleben (HR 0,43; 95 % CI 0,31–0,59) und war der stärkste unabhängige Überlebensprädiktor – stärker als das klinische prätherapeutische Tumorstadium.
6.25 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Vor dem Einsatz einer palliativen medikamentösen Tumortherapie beim Adenokarzinom soll der HER2-Status als positiver prädiktiver Faktor für eine potenzielle Therapie mit Trastuzumab bestimmt werden. Die histopathologische Bestimmung am Tumorgewebe soll qualitätsgesichert durchgeführt werden. |
|
Starker Konsens |
Hintergrund
Die Ergebnisse einer randomisierten Phase-III-Studie (ToGA-Studie) bei Patienten mit fortgeschrittenen Karzinomen des Magens (82 %) oder des gastro-ösophagealen Übergangs (18 %) zeigen, dass die Addition des HER2-Antikörpers Trastuzumab zur Standard-Chemotherapie bei Patienten mit positivem HER2-Status eine signifikante und klinisch relevante Verbesserung der medianen Überlebenszeit von 11,1 auf 13,8 Monate bewirkt [235]. Im Vorfeld dieser Studie war der HER2-Status bei 3807 Patienten aus Europa, Lateinamerika und Asien bestimmt worden. Der Anteil der HER2-positiven Magenkarzinome – definiert als eine HER2-Genamplifikation, nachgewiesen mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH +) oder immunhistochemisch 3-fach positiver HER2-Expression (IHC 3 +) – lag bei 22 % [236].
In der Subgruppe der Patienten, deren Tumoren IHC3 + oder IHC2 + /FISH + waren, war der Einsatz des HER2-Inhibitors Trastuzumab besonders wirksam. Das mediane Überleben stieg mit Trastuzumab in dieser Subgruppe auf 16 Monate (versus 11,8 Monate in der Gruppe ohne Trastuzumab). In den Subgruppen IHC0 /FISH + und IHC1 + /FISH + konnte hingegen für Trastuzumab kein Vorteil in Bezug auf die Überlebenszeit beobachtet werden. Diese Korrelation zwischen dem HER2-Status und der Wirksamkeit von Trastuzumab zeigt eine starke Analogie zum Mammakarzinom, wo die HER2-Inhibition als therapeutische Strategie bei HER2-überexprimierenden Tumoren bereits etabliert ist. Die Ergebnisse der ToGA-Studie führen dazu, dass die medikamentöse Therapie des metastasierten Magenkarzinoms und Adenokarzinoms des ösophagogastralen Übergangs erstmals aufgrund eines prädiktiven molekular-biologischen Faktors definiert wird. Für eine Indikation zur Therapie mit Trastuzumab wird (gemäß der Richtlinie der EMEA) die HER2-Positivität als IHC3 + oder IHC2 + /FISH + definiert. Die Rate der Grad 3 oder 4 unerwünschten Nebenwirkungen unterschieden sich zwischen den beiden behandlungsgruppen (Trastuzumab plus Chemotherapie vs. alleinige Chemotherapie) nicht. Die Chemotherapie bestand dabei aus einer Kombination von Capecetabine/Cisplatin oder 5- Fluouoracil/Cisplatin. [235]. Im Vergleich mit der alleinigen Chemotherapie verbesserte die Kombination von Trastuzumab und Chemotherapie auch die Lebensqualität [237].
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7 Ernährungsmedizinische Versorgung
7.1 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Die ernährungsmedizinische Versorgung von Patienten/innen mit Ösophaguskarzinom sollte ein integraler Bestandteil der onkologischen Diagnostik, Therapie und Nachsorge sein und eine interdisziplinäre Aufgabe sein. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Patienten mit Ösophaguskarzinom weisen nicht zuletzt aufgrund einer mechanischen Behinderung der Nahrungspassage sehr frühzeitig einen Gewichtsverlust auf [238]. Hierbei korreliert das Ausmaß der Dysphagie mit dem Ernährungsdefizit [239]. Der Gewichtsverlust kann bereits bei mehr als der Hälfte der Patienten bei der stationären Aufnahme zur Operation über 5 % des gewohnten Körpergewichts und in 40 % über 10 % des gewohnten Körpergewichts betragen. Bei 30 % findet sich ein Serumalbumin < 30 g/l [240].
Trotz krankheitsassoziiertem Gewichtsverlust kann der Körpermassenindex (BMI) bei Patienten mit vorbestehendem Übergewicht präoperativ deutlich über der von der World Health Organization (WHO) als kritisch definierten Grenze von 18,5 kg/m2 liegen. Der Gewichtsverlust für sich bedeutet jedoch eine Veränderung der Körperzusammensetzung, die ein „metabolisches Risiko“ nach sich zieht, welches bei Patienten vor und während der Behandlung insbesondere auch bei der Operation berücksichtigt werden muss [241].
Metabolisch handelt es sich um Hochrisikopatienten [242]. Dies gilt umso mehr für den Fall einer palliativen Therapie, wo das Aufhalten eines Gewichtsverlusts die Therapietoleranz erhöhen, Nebenwirkungen und Fatigue reduzieren und die Lebensqualität erhöhen kann (Leitlinie nicht-chirurgische Onkologie). All dies legt eine Erfassung und Beobachtung des Ernährungsstatus, beginnend bei der stationären Aufnahme oder dem ersten Patientenkontakt nahe und erfordert lokale klare Zuständigkeiten mit transparenten klinische Ablaufstandards (SOP) wie für die Indikation zur perkutanen Endoskopischen Gastrostomie (PEG) [243], (siehe auch Empfehlungen 8.14.–8.17., 8.21., 8.39.).
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8 Kurativ intendierte Therapie
8.1 Allgemeine Therapieentscheidung
8.1 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Therapieempfehlungen sollen in einer interdisziplinären Tumorkonferenz getroffen werden. Als Grundlage für die Therapieempfehlung sollen Staging-Informationen, die Patienten-Komorbiditäten, der Ernährungsstatus und die Patientenpräferenz berücksichtigt werden. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Bei der Diagnostik und der Therapie des Ösophaguskarzinoms werden hohe Anforderungen an die beteiligten Fachdisziplinen gestellt. Dies ist einerseits durch die anatomischen Gegebenheiten zu erklären – Nachbarschaft zur Speiseröhre und zum Bronchialsystem und der Lunge – andererseits aber auch durch die Besonderheiten des zu behandelnden Patientenkollektives (insbesondere beim Plattenepithelkarzinom).
Deshalb ist ein hoher Grad an Interdisziplinarität erforderlich, um die Patienten nach subtiler Diagnostik einer stadiengerechten Therapie zuzuführen. Dies beinhaltet besonders die Entscheidung, welche Patienten alleine durch eine Operation und welche Patienten durch eine Kombination einer neoadjuvanten präoperativen Radiochemotherapie plus Operation oder welche durch eine definitive, alleinige Radiochemotherapie behandelt werden sollten.
Die auszusprechenden Therapieempfehlungen sollen deshalb in einer interdisziplinären Tumorkonferenz unter Einschluss der beteiligten Fachdisziplinen getroffen werden.
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8.2 Endoskopische Therapie
8.2.1 Endoskopische Resektion (ER) und lokal ablative Verfahren
8.2 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
a. Bei Nachweis einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie oder eines mukosalen Karzinoms (L0, V0, keine Ulzerationen, Grading G1 / G2) im Barrett-Ösophagus soll eine endoskopische Resektion durchgeführt werden, da hierdurch neben der Therapie auch ein Staging der Läsion mit der Frage der Tiefeninfiltration erfolgt. b. Daher ist eine endoskopisch komplette Resektion mit kurativer Intention anzustreben. c. Bei Patienten mit oberflächlicher Submukosainfiltration eines Adenokarzinoms und ohne Risikokriterien (pT1sm1; < 500 µm Tiefeninvasion, L0, V0, G1/2, < 20 mm, keine Ulceration) kann die endoskopische Resektion eine ausreichende Alternative zur Operation sein. d. Nach erfolgreicher Resektion von Neoplasien im Barrett-Ösophagus soll die nicht neoplastische Barrett-Mukosa thermisch abladiert werden, um die Rate an metachronen Neoplasien zu senken. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Der Begriff endoskopische Resektion (ER) beinhaltet sowohl die endoskopische Mukosaresektion (EMR), die in Saug- und Schneidetechnik durchgeführt wird, sowie die endoskopische Submukosadissektion (ESD). Die EMR wird hierzulande meistens mittels Ligaturset bzw. in Kappentechnik eingesetzt.
Mittlerweile ist die endoskopische Resektion (ER) in Form der EMR in vielen westlichen Ländern als Standardtherapieverfahren für HGIEN und mukosale Adenokarzinome etabliert [114] [244] [245]. In zahlreichen Kohortenstudien konnte gezeigt werden, dass die ER sicher und effektiv ist und bei gleicher Kurationsrate eine geringere Morbidität und Mortalität als die Ösophagusresektion aufweist [246] [247] [248] [249] [250] [251] [252] [253] [254]. Idealerweise sollte mit der ER die neoplastische Läsion R0-en-bloc entfernt werden, um ein exaktes histologisches Staging zu gewährleisten.
Der Pathologe kann durch sorgfältige Aufarbeitung des Resektats eine genaue Aussage über die Tiefeninfiltration, den Differenzierungsgrad und das mögliche Vorliegen einer Lymph- und Veneninvasion treffen. Diese Informationen erlauben eine Risikostratifizierung, so dass entweder die ER die definitive Therapiemaßnahme darstellt oder die Entscheidung zu einer chirurgischen Therapie getroffen werden muss.
Eine Ösophagusresektion sollte immer dann in Erwägung gezogen werden, wenn einer der folgenden Punkte vorliegt:
-
Lymph (L1)- oder Veneninvasion (V1)
-
schlechter Differenzierungsgrad (≥G3)
-
tiefe Submukosainfiltration (≥ 500 µm)
-
Tumorrest am basalen Resektionsrand (R1 basal) [255] [256] [257] [258]
Im Falle einer nicht sicher kompletten ER oder „piecemeal“-ER einer neoplastischen Läsion mit Nachweis von Tumor am lateralen Resektionsrand (R1 lateral) kann nochmals ein endoskopischer Therapieversuch unternommen werden. Im Rahmen der nächsten Verlaufskontrolle ist eine sorgfältige Evaluation der Resektionsstelle und ggf. Nachresektion bei Vorliegen von Neoplasieresten indiziert [249]. Die Grenze bis zu der neoplastische Läsionen mittels EMR R0-en-bloc reseziert werden können liegt bei ca. 15 mm. Bei größeren neoplastischen Läsionen erfolgt die Resektion in „piecemeal“-Technik. Ein Nachteil der „piecemeal“-EMR ist jedoch die höhere Rezidivrate als bei der Resektion kleinerer Läsionen, die en-bloc reseziert werden können [248].
Zur en bloc-Resektion größerer Läsionen kann neuerdings die endoskopische Submukosadissektion eingesetzt werden. Mit dieser Technik kann eine vom onkologischen Standpunkt her wünschenswerte R0-Resektion unabhängig von der Läsionsgröße erfolgen. Für das Plattenepithelkarzinom konnte in zahlreichen Studien gezeigt werden, dass die ESD der EMR hinsichtlich en-bloc-Resektionsrate, kurativer Resektionsrate und Lokalrezidivrate überlegen ist [259]
Allerdings existieren für das Barrettkarzinom kaum Daten. In einer prospektiven unizentrischen Studie bei 30 Patienten mit HGIEN oder fokalem Barrettkarzinom gelang eine komplette Resektion mit tumorfreien Resektionsrändern trotz ESD in nur 38,5 % der Patienten [260]. Neue Daten aus Japan zeigen, dass durchaus auch beim Barrettösophagus in 85 % der Fälle eine R0-Resektion möglich ist [261]. Offensichtlich hängen die besseren Daten aus Japan damit zusammen, dass die Resektate größer sind und ein höherer Sicherheitsabstand zur Seite gewählt wird. Probst et al zeigten, dass eine ESD beim Barrettadenokarzinom auch hierzulande mit einer en-bloc-Resektionsrate von 95,4 % und einer R0-Resektionsrate von 84 % möglich ist [262]
Bei Patienten mit oberflächlicher Submukosainfiltration eines Adenokarzinoms kann in ausgewählten Fällen die endoskopische Resektion eine ausreichende Alternative zur Operation sein. Manner et al. behandelten 66 Patienten mit low-risk Läsionen (Infiltration sm1, L0, V0, G1/2, keine Ulceration). Eine komplette Remission konnte bei 53 Patienten erzielt werden. Nach einem mittleren follow-up von 47 + 29,1 Monaten lag die geschätzte 5-Jahres-Überlebesrate bei 84 % [255] [256]
Die Infiltrationstiefe eines Barrettadenokarzinoms ist entscheidend für den Befall von Lymphknoten [263]. Die Rate an Lymphknotenmetastasen war 0 % bei 70 Patienten mit Mucosakarzinom (m1: n = 25, m2: n = 10, m3: n = 35) und 34 % bei 101 Patienten mit Submukosakarzinom. 30 Patienten mit sm1 hatten in 13 %, 26 Patienten mit sm2 in 19 % und 45 Patienten mit sm3 in 56 % einen Lymphknotenbefall [264]. Eine Analyse von 472 Patienten zeigte, dass bei einem undifferenzierten oberflächlichen Mukosakarzinom (m1) in 0,8 % ein Lymphknotenbefall vorliegt, bei einem Befall bis in die tiefe Submukosa (sm3) in 41,4 % positive Lymphknoten nachzuweisen sind [265]. Buskens et al konnten mittels EUS in 93 % das Lymphknotenstadium korrekt voraussagen. Bei m1-m3 sowie sm1 Tumoren fanden sich im EUS keine positiven Lymphknoten, während bei sm2 in 23 % und bei sm3 in 69 % positive Lymphknoten nachweisbar waren [266]. Diese Daten konnten von Westerterp et al. an 120 Patienten, die operiert wurden, bestätigt werden. Von 79 Patienten mit m1-sm1 Tumoren hatte nur 1 Patient (1 %) positive Lymphknoten, während 18 von 44 Patienten (41 %) mit sm2-sm3 Infiltration einen metastasierten Befall der Lymphknoten aufwiesen [267]. Ancona et al. fanden ebenfalls keine positiven Lymphknoten im Stadium m1-sm1 [268]. Eine Literaturzusammenstellung (2005–2014) hat gezeigt, dass bei insgesamt 183 Patienten mit Ösophagektomie wegen sm1-Adenokarzinomen in 12 % der Fälle Lymphknotenmetastasen nachweisbar waren [264] [267] [269] [270] [271] [272] [273] [274]. Hölscher et al. [264], zeigten, dass nach einer radikalen Ösophagektomie Patienten, die eine sm1 oder sm2 Infiltration hatten, die gleiche Prognose hatten wie Patienten mit einem Mukosakarzinom und ein signifikant besseres Überleben aufwiesen als Patienten mit sm3 Tumoren.
Ein Problem der EMR von Barrettneoplasien ist die hohe Rate an Rezidiven und metachronen Läsionen, die bis zu 30 % berichtet wird [275]. Gründe dafür sind, dass bei „piecemeal“-Resektionen per definitionem keine R0-Resektion vorliegt, dass aber auch multifokale Läsionen im Barrettösophagus übersehen werden können. Ein weiteres Problem sind die bestehenden genetischen Alterationen in der Barrettschleimhaut, die durch eine fokale Therapie einer HGIEN oder eines Adenokarzinoms nicht eliminiert werden können und im Verlauf zu metachronen Neoplasien führen.
In einer retrospektiven Analyse konnte die Wiesbadener Arbeitsgruppe zeigen, dass eine Ablation (PDT oder APC) der restlichen, nicht-neoplastischen Barrett-Schleimhaut nach vorheriger Therapie einer HGIEN oder eines mukosalen Karzinoms die Rate an metachronen Neoplasien signifikant senkte [248]. Mittlerweile belegen mehrere Studien, dass ein zweistufiges Konzept bestehend aus initialer ER gefolgt von einer Ablation der nicht-neoplastischen Barrettschleimhaut am effektivsten und komplikationsärmsten ist [253] [254].
Für die Ablation stehen mehrere Verfahren zur Verfügung. Aktuell spielen derzeit nur die Radiofrequenzablation (RFA) und die Argon-Plasma-Coagulation (APC) eine klinische Rolle. Die PDT – lange Jahre als Standardverfahren eingesetzt [276] [277] [278], – wurde aufgrund der komplexen Handhabung und ihrer Nebenwirkungen (Stenosen und Phototoxizität) nahezu verdrängt und spielt aktuell keine Rolle mehr [279] [280] [281]. Kürzlich publizierte Langzeitergebnisse zur RFA zeigen, dass es in einer relevanten Anzahl von Patienten zu einem Rezidiv der Barrett-Schleimhaut und einer Neoplasie kommen kann [282] [283].
Ein weiteres Ablationsverfahren, das sich etabliert hat, ist die APC-Therapie. Aufgrund der einfachen Handhabung, der hohen Verfügbarkeit und der niedrigen Kosten im Vergleich zur RFA wird die APC-Therapie vor allem zur Ablation des Short-Segment-Barrett-Ösophagus eingesetzt [284] [285] [286]. Der Einsatz beim Long-Segment-Barrett-Ösophagus ist sicherlich komplexer und aufwändiger als die RFA. Allerdings existieren bis heute keine prospektiven randomisierten Studien, die beide Methoden miteinander vergleichen.
Zur Kryotherapie gibt es bislang nur spärliche Daten aus den USA [287] [288]. Sie wird deshalb hierzulande nicht eingesetzt.
8.3 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
a. Bei Nachweis einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie oder eines mukosalen. Karzinoms (L0, V0, keine Ulzerationen, Grading G1 / G2, Infiltrationstiefe m1 / m2) im Plattenepithel sollte eine endoskopische en-bloc-Resektion angestrebt werden, da hierdurch neben der Therapie auch ein Staging der Läsion mit der Frage der Tiefeninfiltration erfolgt. b. Daher ist eine Resektion mit kurativer Intention und R0-Resektion anzustreben. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
In Analogie zum Barrettadenokarzinom stellt die endoskopische Resektion (ER) das Standardverfahren zur Therapie von Mukosakarzinomen im Plattenepithel dar. Erst durch die exakte Beurteilung des Pathologen ist es möglich zu klären, ob eine R0-Resektion bzw. eine low-risk-Situation vorliegt und damit auch, ob die Resektion kurativen Anforderungen genügt.
Anders als beim Barrettadenokarzinom gibt es zur Frage des Resektionsverfahrens zahlreiche Studien aus Japan. Hier hat die ESD klare Vorteile gegenüber der EMR. Insbesondere bei Läsionen > 15 mm ist die Rate der en-bloc-Resektionen und der kurativen R0-en-bloc-Resektionen signifikant besser. Ishihara et al. hatten bei Läsionen > 15 mm mit der ESD eine kurative Resektionsrate von 95 % (20/21 Patienten), während mit der EMR die kurative Resektionsrate mit 52 % (16/31) signifikant schlechter war [289]. Cao et al. kommen in ihrer Metaanalyse ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die ESD der EMR hinsichtlich en-bloc-Resektionsrate, R0-en-bloc-Resektionsrate sowie Rezidiven überlegen ist [290].
8.4 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
a. Bei Nachweis einer endoskopisch nicht lokalisierbaren, niedriggradigen intraepithelialen Neoplasie im Barrett-Ösophagus, die durch einen Referenzpathologen bestätigt wurde, sollen Verlaufskontrollen nach 6 Monaten und dann jährlich erfolgen. b. Eine Radiofrequenzablation des gesamten Barrett Segments zur Verhinderung einer Progression der niedriggradigen intraepitheliale Neoplasie kann erfolgen. c. Beim Nachweis einer endoskopisch nicht lokalisierbaren hochgradigen intraepithelialen Neoplasie sollte ein ablatives Verfahren zum Einsatz kommen. |
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a&b = Starker Konsens, c = Konsens |
Hintergrund
Wie bereits beschrieben, handelt es sich bei der LGIEN um eine Diagnose mit einer gewissen Progressionsrate [291]. Hvid-Jensen et al. [38], zeigten, dass Patienten mit LGIEN ein 5fach höheres Risiko haben, ein Barrettadenokarzinom zu entwickeln als Patienten ohne LGIEN. Curvers et al. [86], zeigten, dass bei Bestätigung einer LGIEN durch einen Zweitpathologen die Inzidenz für die Entwicklung einer HGIEN oder Karzinoms 13,4 % pro Patient und Jahr beträgt. Wurde die LGIEN nicht bestätigt und zu einem nicht-dysplastischem Barrettösophagus erklärt, lag die Inzidenzrate bei 0,49 %. Wani et al. [39], fanden jedoch kein erhöhtes Progressionsrisiko bei Patienten mit LGIEN im Vergleich zu Patienten ohne LGIEN.
Dennoch werden international Kontrollendoskopien nach 6–12 Monaten empfohlen, bei der alle sichtbaren Läsionen erneut biopsiert werden und zusätzlich Quadrantenbiopsien alle 1–2 cm entnommen werden. Bei Bestätigung einer LGIEN sind entweder jährlich Kontrollendoskopien oder eine RFA angezeigt.
Die Radiofrequenzablation (RFA) von Barrettepithel mit LGIEN ist sicher und effektiv. In einer prospektiv-randomisierten scheinkontrollierten Studie von Shaheen et al. 2009 [279], konnten mittels RFA 95 % der LGIEN eliminiert werden. Interessanterweise kam es auch in der Schein-Therapie-Gruppe zu einer Elimination in 26 %. Phoa et al. [292], untersuchten in einer prospektiv randomisierten Studie die Frage, ob Patienten mit Barrettösophagus und LGIEN überwacht oder mittels RFA behandelt werden sollten. 136 Patienten mit LGIEN wurden 1:1 in den RFA- bzw. Kontrollarm randomisiert. Eine komplette Remission der LGIEN konnte in 98 % der Patienten im Therapiearm erreicht werden. Bei 37 % der Patienten in der Beobachtungsgruppe konnte im Verlauf keine LGIEN mehr gefunden werden. Bezüglich der Progression zeigte sich bereits nach einem medianen Nachbeobachtungszeitraum von 21 Monaten ein hoch signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen: In der Therapiegruppe kam es bei 1,5 % der Patienten zu einer Progression und in der Beobachtungsgruppe bei 25 %. Dieser Unterschied legt nahe, dass die RFA eine gute Alternative zur Verlaufskontrolle nach 6 Monaten zu sein scheint. Allerdings können anhand der Studie keine Aussagen zum Langzeitverlauf getroffen werden.
Ablative Verfahren gelten beim Barrettfrühkarzinom als Therapie der 2. Wahl nach der ER bzw. Operation. Sind jedoch Areale mit HGIEN Veränderungen trotz Wiederholungsuntersuchung an einem Zentrum makroskopisch nicht sichtbar, kann eine gezielte Resektion des Areals nicht erfolgen. In diesen Fällen muss man abwägen, ob ein ablatives Verfahren, eine Resektion des kompletten Barrettareals in „piecemeal“-Technik oder mittels ESD oder ein chirurgisches Verfahren zu wählen ist. In einem derartigen Fall ist das Risiko eine fortgeschrittene Neoplasie zu übersehen sehr gering, so dass eine Untertherapie sehr unwahrscheinlich ist. Hier stellt die RFA eine ausreichende und sichere Therapiemöglichkeit dar [279] [280]. Alternativ kann aber auch die ER insbesondere beim Short-Segment-Barrettösophagus erfolgreich zum Einsatz kommen. Hiermit wäre sowohl eine suffiziente Therapie als auch die histologische Korrelation mit Staging gewährleistet [250] [254].
Der Stellenwert der ablativen Verfahren beim Plattenepithelkarzinom ist von untergeordneter Bedeutung. Die PDT konnte in den 90iger Jahren eine gewisse Bedeutung erlangen, spielt aber heute so gut wie keine Rolle mehr, allenfalls als Salvage-Therapie, wenn andere Verfahren kontraindiziert sind [293].
Die Datenlage zur APC und RFA Therapie ist spärlich. Während die Daten zur RFA eher enttäuschend sind (50 % CR für Dysplasien bei 20 Patienten), schneidet die APC deutlich besser ab (CR von 95 % bei 19 Patienten) [294] [295] [296]. Die Kryotherapie hat bislang keinen Stellenwert.
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8.2.2 Vorgehen bei Lokalrezidiven nach endoskopischer Therapie
8.5 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Ein auf die Mukosa beschränktes Lokalrezidiv (crT1a cN0 cM0) nach früherer endoskopischer Resektion eines mukosalen Karzinoms im Barrett-Ösophagus kann erneut endoskopisch behandelt werden. Wenn damit keine R0-Resektion möglich ist, sollte ein chirurgisches Verfahren gewählt werden. |
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Konsens |
Hintergrund
Pech et al. 2014 [249], berichten über 1000 mukosale Barrettadenokarzinome, die endoskopisch behandelt wurden. In 14,5 % kam es im Follow-up von 56,6 ± 33,4 Monaten zu metachronen bzw. Rezidivkarzinomen. Von diesen 140 Patienten konnten 114 erneut erfolgreich endoskopisch behandelt werden. Dies betrifft besonders die Fälle, in denen die R1 Situation am lateralen Rand besteht. In den Fällen, in denen eine endoskopische Therapie letztendlich versagt, ist eine Operation immer noch unter kurativen Bedingungen möglich. Dies beinhaltet auch die R1-Situation am basalen Resektionsrand [247] [248] [297]
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8.2.3 Nachsorge nach endoskopischer Therapie
8.6 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Nach erfolgreicher endoskopischer Therapie einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie oder eines Frühkarzinoms sollen regelmäßige Kontroll-Endoskopien (nach 3 Monaten, dann für 2 Jahre halbjährlich und danach jährlich) erfolgen. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Das Problem der endoskopischen Therapie von Barrettneoplasien ist das Auftreten von Rezidiven oder metachronen Läsionen, die bis zu 30 % betragen [246]. Da Rezidive oftmals einer erneuten endoskopischen Therapie zugänglich sind, sollten die Kontrollen in den ersten 2 Jahren nach Therapie engmaschig erfolgen. Die Evidenz für dieses Vorgehen ist gering und richtet sich im Wesentlichen nach der in Studien durchgeführten Praxis.
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8.3 Chirurgische Therapie
8.3.1 Hospitalvolumen
8.7 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Die operative Therapie von Ösophagustumoren sollte in Kliniken mit hoher Fallzahl durchgeführt werden. |
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Konsens |
Hintergrund
In einem systematischen Review mit Meta-Regressionsanalyse konnte gezeigt werden, dass eine Mindestanzahl von 20 durchgeführten komplexen Operationen am Ösophagus pro Jahr nötig ist, um eine deutliche Reduktion der postoperativen Mortalität zu erreichen [298] [299]. Aktuelle Literaturdaten bestätigen diese Mindestanzahl und definieren low-volume Kliniken als solche, die weniger als 20 Ösophagektomien pro Jahr durchführen [300] [301]. Hierbei spielt auch die Fallzahl pro Chirurg eine wesentliche Rolle [302]. Weiterhin gibt es Hinweise, dass sich sowohl „Hospital-Volume“ als auch „Chirurgen-Volume“ auf die Prognose der Patienten mit Ösophaguskarzinom auswirkt und in Kliniken mit hoher Fallzahl ein höheres Langzeitüberleben erreicht wird als in Kliniken mit niedriger Fallzahl [301] [303].
Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Fallzahl und der postoperativen Mortalität wurde inzwischen auch flächendeckend für Deutschland nachgewiesen. In dieser Studie [304], wurde anhand der DRG-Statistik 2010–2015 nachgewiesen, dass in Krankenhäusern mit sehr hoher Fallzahl (im Median 62 Behandlungsfälle/Jahr) im Vergleich zu Krankenhäusern mit sehr geringer Fallzahl (im Median 2 Behandlungsfälle/Jahr) eine deutlich geringere Wahrscheinlichkeit bestand, infolge des Ösophaguseingriffs zu versterben (Odds Ratio [OR]: 0,50; 95-%- Konfidenz Intervall: [0,42; 0,60]). Der beobachtete Mengen-Ergebnis-Zusammenhang war wesentlich mit dem besseren Komplikationsmanagement in den Zentren mit hoher Fallzahl assoziiert („failure to rescue“).
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8.3.2 Präoperative Risikoanalyse
8.8 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Vor geplanter Ösophagektomie soll eine Risikoanalyse wichtiger Organfunktionen des Patienten erfolgen. Bei funktioneller Inoperabilität trotz onkologischer Resektabilität sollen andere Therapieverfahren eingesetzt werden. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Aufgrund des abdomino-thorakalen Zugangs und der notwendigen Einseitenventilation stellt die Ösophagektomie auch bei minimal invasiven Verfahren eine Belastung für den Patienten dar. Daher sollte eine präoperative Überprüfung der funktionellen Belastbarkeit des Patienten erfolgen. Diese sollte die kardiale, respiratorische, hepatische und metabolische Funktion sowie die Kooperationsfähigkeit des Patienten beurteilen [305] [306].
In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass bei systematischer Erfassung des Risikos für postoperative Komplikationen eine gute Korrelation zur postoperativen Mortalität und Morbidität besteht. Hierzu stehen verschiedene Score-Systeme zur Verfügung, die speziell für die komplexen Ösophaguseingriffe validiert wurden, z. B. Kölner Risikoscore [305], O-POSSUM (angepasster POSSUM Score für Ösophagektomie, [307] [308]).
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8.3.3 Chirurgische Technik
Ziel der Resektion
8.9 |
Konsensbasiertes Statement |
geprüft 2021 |
EK |
Das Ziel der chirurgischen Resektion beim Plattenepithelkarzinom und Adenokarzinom ist die vollständige Entfernung des Tumors (oral, aboral und in der Zirkumferenz) und der regionären Lymphknoten. |
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Starker Konsens |
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Resektionsausmaß
8.10 |
Konsensbasierte Empfehlung |
modifiziert 2021 |
EK |
Bei Lokalisation des Tumors
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Konsens |
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Ausmaß der Lymphadenektomie
8.11 |
Konsensbasiertes Statement |
geprüft 2021 |
EK |
Das Ausmaß der Lymphadenektomie richtet sich nach der Lokalisation des Primärtumors, wobei drei Felder (abdominal, thorakal und cervikal) unterschieden werden. Die Zweifeld-Lymphadenektomie (abdominal, thorakal) stellt den Standard dar. |
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Starker Konsens |
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Rekonstruktion
8.12 |
Konsensbasierte Empfehlung |
neu 2021 |
EK |
Nach transhiatal erweiterter Gastrektomie und distaler Ösophagusresektion sollte mit einer End-zu-Seit Ösophagojejunostomie Roux-Y rekonstruiert werden. Nach subtotaler Ösophagektomie sollte ein Magenhochzug mit hoch intrathorakaler Ösophagogastrostomie erfolgen, bei totaler Ösophagektomie mit cervikaler Anastomose. Bei nicht geeignetem Mageninterponat oder nach totaler Ösophagogastrektomie sollte eine Coloninterposition erfolgen. |
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Konsens |
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Minimal invasive Verfahren (MIC)
8.13 |
Konsensbasierte Empfehlung |
modifiziert 2021 |
EK |
Die Ösophagektomie und die Rekonstruktion des Ösophagus sollten minimal invasiv oder in Kombination mit offenen Verfahren (Hybrid-Technik) ausgeführt werden, wenn keine Kontraindikationen gegen diesen Zugang bestehen. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Karzinome des mittleren und distalen Ösophagusdrittels inklusive AEG Typ I
Die chirurgische Resektion stellt eine standardisierte Therapie mit kurativer Intention für alle potentiell resektablen Ösophaguskarzinome im mittleren und distalen Drittel dar. Eine Ausnahme bilden die auf die Mukosa begrenzten Karzinome (T1a N0 M0), wenn sie endoskopisch komplett R0 reseziert werden können [244].
Für die chirurgische Therapie sprechen folgende Argumente:
-
Sie bietet die beste lokale Kontrolle des Tumors.
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Die lokoregionale Rezidivfreiheit ist sowohl beim Adeno- als auch beim Plattenepithelkarzinom besser als bei definitiver Radiochemotherapie [309].
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Eine Radiochemotherapie ist nach der Operation beim Auftreten eines Lokalrezidivs möglich.
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Eine Operation nach definitiver Radiochemotherapie ist risikoreich [310] [311].
Das Ziel der kurativen Resektion ist die vollständige Entfernung des Karzinoms nach oral, aboral und in der Zirkumferenz. Um tumorfreie Resektionsränder, d. h. eine R0-Resektion zu erzielen, ist außer beim Mukosakarzinom (T1a M0 N0) in der Regel ein proximaler und distaler Sicherheitsabstand von 2–4 cm einzuhalten [312].
Das Resektionsausmaß wird bestimmt durch Tumorlokalisation, TNM-Kategorie, Histologie und Ausdehnung des eventuellen Barrett-Ösophagus. Funktionelle Gesichtspunkte des Rekonstruktionsorgans (Magen/Colon) sind ebenfalls wichtig für die Festlegung des Resektionsausmaßes. Das Standardverfahren ist die rechts transthorakale subtotale Ösophagektomie mit Resektion des proximalen Magens und Rekonstruktion mit Magenhochzug und hoch intrathorakaler Anastomose [313] [314] [315]. Aus funktioneller Sicht führt die hoch intrathorakale Anastomose mit weitgehender Transposition des Mageninterponats in den Brustraum zu einem verringerten postoperativen Reflux im Vergleich zu einer tiefer liegenden Anastomose. Dabei wäre der Magen halb im Bauch und halb im Brustkorb, so dass der positive abdominelle Druck den Reflux in Richtung negativem intrathorakalen Druck provoziert.
Mit dieser subtotalen Ösophagektomie und proximalen Magenresektion wird bei Karzinomen des mittleren und distalen Drittels nach oral und aboral ein weiter Sicherheitsabstand zum Tumor erreicht. Ist das Karzinom im oberen thorakalen Ösophagus lokalisiert, so muss das Resektionsausmaß nach oral erweitert werden, evtl. mit zervikaler Anastomose. Bei der en-bloc-Resektion kann auch der notwendige zirkuläre Abstand zur Aorta und zum Tracheobronchialsystem für die angestrebte R0-Resektion eingehalten werden. Für die prinzipielle Entfernung der Vena azygos und des Ductus thoracicus zusammen mit dem Ösophagus gibt es keine sichere Evidenz [316] [317]. Aus Gründen der lokalen Tumorresektion im Gesunden kann dieses aber erforderlich sein. Auch die Ausdehnung der en-bloc-Resektion auf das Pericard oder einen infiltrierten Lungenlappen ist sinnvoll, wenn dadurch eine R0-Resektion erreicht werden kann. T4a Karzinome mit Infiltration der Pleura, des Zwerchfells oder des Pericards gelten als resektabel, während T4b Karzinome mit Infiltration von Aorta, Wirbelkörper oder Trachea als nicht resektabel eingestuft werden [200].
Zur Festlegung des Resektionsausmaßes der Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs dient die AEG-Klassifikation [318]. AEG Typ I Karzinome, die eindeutig Ösophaguskarzinome sind, werden mit der beschriebenen subtotalen, transthorakalen Ösophagektomie behandelt. Die Resektion des distalen Typ I Adenokarzinoms kann alternativ auch durch eine transhiatale (transmediastinale) stumpfe Ösophagusresektion mit zervikaler Ösophagogastrostomie vorgenommen werden. Dieses Verfahren hat jedoch zwei Nachteile. Erstens ist die Lymphadenektomie weniger radikal [319]. Die prospektiv, randomisierte Studie von Omloo et al. [320], hat die dadurch bedingte signifikant schlechtere Prognose der Patienten gegenüber der transthorakalen Ösophagektomie gezeigt [320]. Dieses ist durch die Studie von Kutup et al. [319], mit nach dem Propensity Score gebildeten Vergleichsgruppen bestätigt worden [319]. Der zweite Nachteil ist, dass bei der transhiatalen Ösophagusresektion immer eine zervikale Anastomose angelegt werden muss. Diese hat eine höhere Insuffizienzrate als die intrathorakale Anastomose. Bougierungspflichtige Strikturen treten dadurch ebenfalls häufiger auf. Bei minimal invasiver Ösophagektomie haben Patienten mit intrathorakaler Ösophagogastrostomie bessere funktionelle Ergebnisse als diejenigen mit cervicaler Anastomose [321].
Ähnliche Ergebnisse liefert die Metaanalyse von 14 Studien mit 3468 Patienten zum Vergleich intrathorakale Ösophagogastrostomie bei minimal invasiver (MIC) Ivor-Lewis versus cervikale Anastomose bei MIC McKeown Ösophagektomie wegen Karzinom des Ösophagus oder der Kardia [322]. Die postoperative 30-Tage Mortalität als Hauptzielkriterium war mit 1 % bzw. 1,8 % nicht signifikant unterschiedlich. Die Rate der Anastomoseninsuffizienzen als zweites Hauptzielkriterium war cervikal signifikant höher (12,9 %) als intrathorakal (5,7 %) bei jedoch mangelnder standardisierter Erfassung [323] [324]. Nach McKeown waren auch signifikant höher: die Rate an pulmonalen Komplikationen, Recurrensparesen und Anastomosenstrikturen und der Blutverlust und die Operation dauerte länger. Daher favorisieren die Autoren die Ivor-Lewis Operation, wenn sie onkologisch und funktionell adäquat ist in Übereinstimmung mit den o. g. Empfehlungen dieser Leitlinie.
Vergleichbare Resultate zur cervikalen bzw. intrathorakalen Anastomose ergibt die holländische Registerauswertung von 2086 Patienten [325]. Als unabhängige Risikofakturen für eine Anastomoseninsuffizienz werden die bekannten Kriterien ASA III oder höherer Score, chronisch obstruktive pulmonale Erkrankung, cardiale Arrythmien, Diabetes mellitus und proximal lokalisiertes Ösophaguskarzinom beschrieben.
In einer prospektiv randomisierten Studie zur cirkulären (n = 49) versus neuen triangulären (n = 51) Stapler Anastomose bei cervikaler Ösophagogastrostomie konnte die Strikturrate 3 Monate postoperativ durch die trianguläre (19 %) gegenüber der circulären (17 %) Variante nicht gesenkt werden [326].
AEG Typ II und III
Bei AEG Typ II Karzinomen, per definitionem mit einem Tumorzentrum von 1 cm ober-halb bis 2 cm unterhalb des ösophagogastralen Übergangs, richtet sich das Resektionsausmaß nach der genauen Topographie und der Lage der Haupttumormasse. Beim Typ II Karzinom konkurriert die transhiatal erweiterte Gastrektomie plus distaler Ösophagusresektion mit der Ösophagektomie und oberen Magenresektion. Letzteres ist insbesondere dann indiziert, wenn die transhiatal erweiterte Exposition des Ösophagus nicht ausreicht, um eine sichere R0-Resektion zu erreichen oder der intraoperative Schnellschnitt am Ösophagusrand eine Infiltration zeigt. In der prospektiv, randomisierten Studie von Omloo et al. [320], war bei Typ II Karzinomen keine Prognoseverbesserung durch eine transthorakale gegenüber einer transhiatalen Resektion zu verzeichnen [320]. Eine prospektiv randomisierte Studie bei Typ II/III hat gezeigt, dass bei Typ II Karzinomen die Ausdehnung des Resektionsausmaßes nach oral über eine Rippenbogen-Inzision keine Prognoseverbesserung gegenüber der transhiatal erweiterten Resektion erbringt, wenn mit letzterem Verfahren R0 reseziert werden kann [327]. Die inzwischen vorliegenden 10-Jahres Ergebnisse dieser Studie bestätigen die Resultate von 2006 [328]. Die 5- und 10-Jahres-Überlebensraten aller randomisierten Patienten mit Typ II und III Karzinom mit maximal 3 cm langer Invasion in den distalen Ösophagus und cT2–4 Kategorie betrugen 51 % und 37 % für den transhiatalen Zugang und 37 % und 24 % für den Zugang mit Erweiterung durch den linken Rippenbogen. Der logrank Test zeigte marginale Differenzen zwischen beiden Gruppen: zweiseitig p = 0,060 und einseitig p = 0,970 mit einer Hazard-Ratio für links thorakal versus transhiatal von 1,42.
Beim Typ III Karzinom war die Prognose der Patienten in dieser Studie sogar nach dem transhiatalen Verfahren besser als nach der Erweiterung über eine Durchtrennung des linken Rippenbogens. Daher ist bei Typ III Karzinomen, die als Magenkarzinome gelten, das Verfahren der Wahl die transhiatal erweiterte Gastrektomie mit distaler Ösophagusresektion [55] [327].
Bei sehr weit fortgeschrittenen Übergangstumoren mit ausgedehnter Infiltration von Ösophagus und Magen kann die totale Ösophago-Gastrektomie mit Rekonstruktion durch Koloninterposition erforderlich sein, um den Tumor zu allen Seiten komplett zu entfernen. Hinsichtlich der limitierten Resektion des ösophagogastralen Übergangs bei Frühkarzinomen siehe unten.
Plattenepithelkarzinome
Bei Plattenepithelkarzinomen muss zwischen intrathorakalen und zervikalen Karzinomen (s. u.) differenziert werden, insbesondere der Bezug zur Trachea, zur Trachealbifurkation und zu den Hauptbronchien ist von Bedeutung. Diese enge Lagebeziehung erfordert insbesondere bei fortgeschrittenen Tumoren eine exakte Präparationstechnik zur Schonung der Pars membranacea des Tracheobrochialtrakts verbunden mit einer radikalen Ausräumung der Lymphknoten an der Bifurkation und paratracheal. Diese Anforderungen können nur durch die transthorakale Ösophagusresektion, und zwar von rechts erreicht werden. In einer prospektiv randomisierten Studie mit 286 Patienten mit Plattenepithelkarzinom des mittleren oder distalen Ösophagus war das Gesamt- bzw. krankheitsfreie Überleben bei rechts thorakalem Zugang mit 74 % versus 62 % signifikant höher als nach links thorakaler Incision (60 % versus 52 %) [329]. Dieser Unterschied ist in der radikaleren Lymphadenektomie durch die bessere Exposition des Ösophagus und oberen Mediastinums von rechts begründet und war entsprechend in der Subgruppe mit Lymphknotenbefall beim krankheitsfreien Überleben besonders ausgeprägt. Eine transhiatale Ösophagusdissektion führt zu einer geringeren Anzahl resezierter Lymphknoten und zu einer signifikant schlechteren Prognose als bei rechts thorakalem Zugang. [319].
Lymphadenektomie
Zweifeld-Lymphadenektomie bedeutet die Lymphknoten-Ausräumung des thorakalen und abdominellen Feldes. Bei der Dreifeld-Lymphadenektomie werden zusätzlich die Lymphknoten des zervikalen Feldes ausgeräumt. Die regionalen Lymphknoten im Oberbauch und im Mediastinum werden bei der Ösophagektomie nicht nur direkt peritumoral, sondern auch im entsprechenden Lymphabflussgebiet ausgeräumt [330] [331] [332] [333].
Die Entfernung der regionären Lymphknoten, d. h. thorakal und abdominal – D2 und partiell D1 –, evtl. zervikal, stellt den Standard für die operative Behandlung in kurativer Intention dar. Die Entfernung der zervikalen Lymphknoten ist bei Tumoren des mittleren und distalen Ösophagusdrittels nicht ausreichend begründet [332] [333] [334]. Der zurzeit akzeptierte Standard ist die sogenannte Zweifeld Lymphadenektomie (LAD), d. h. des thorakalen und abdominalen Kompartments. Bei zervikalen Ösophaguskarzinomen sollte das dritte Feld, d. h. die zervikalen Lymphknoten ebenfalls reseziert werden.
Bei der thorakalen und abdominalen Lymphadenektomie werden in der Regel mehr als 20 regionäre Lymphknoten entfernt und histopathologisch untersucht. Es konnte in mehreren Studien gezeigt werden, dass bei transthorakaler Ösophagektomie und Zweifeld-LAD im Median 27 Lymphknoten entfernt werden, bei der transhiatalen Resektion im Median nur 17 [204] [319]. Bei der transthorakalen subtotalen Ösophagektomie nach Ivor-Lewis mit hoch intrathorakaler Ösophagogastrostomie werden nach einer randomisierten Studie signifikant mehr Lymphknoten (median 22 versus 18) entfernt als bei der transthorakalen Sweet Ösophagektomie mit Anastomose im mittleren Mediastinum [315]. Auch in einer Multicenter-Studie mit mehr als 1500 eingeschlossenen Patienten variierte der Median der entfernten Lymphknoten je nach operativem Zugang zwischen 20 und 33 [331].
In drei weiteren-Studien wurde die prognostische Relevanz der Anzahl entfernter Lymphknoten untersucht. In einer Multicenter-Studie wurde bei einem Cut-off value von 23 entfernten Lymphknoten ein signifikanter Überlebensvorteil nachgewiesen [335]. Eine Metaanalyse zeigte, dass eine zunehmende Zahl exstirpierter Lymphknoten das Gesamt- und tumorfreie Überleben nach Ösophagektomie verbessert auch nach neoadjuvanter Therapie [336]. Auch Patienten ohne Lymphknotenmetastasen haben bei einer Entfernung von mehr als 15 Lymphknoten eine bessere Prognose als diejenigen mit weniger resezierten Lymphknoten [337].
Die Zahl der entfernten und histologisch untersuchten Lymphknoten kann als Folge der neoadjuvanten Radiochemotherapie bei adäquater Lymphadenektomie geringer sein als ohne Vorbehandlung, nach entsprechenden Studien etwa um 2 untersuchte Lymphknoten [338] [339].
Formal ist für die pTNM-Klassifikation des Ösophaguskarzinoms zur Beschreibung von pN0 die Entfernung und histologische Untersuchung von mindestens 7 regionären Lymphknoten erforderlich [200]. Für die pTNM-Klassifikation des Magenkarzinoms ist eine Mindestanzahl von 16 Lymphknoten für die pN0-Kategorie notwendig. Da es insbesondere beim Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs starke Überschneidungen zwischen Magen und Ösophagus gibt, erscheint die Zahl von 16 oder mehr Lymphknoten für diese Festlegung der N-Kategorie deutlich repräsentativer. Die formalen Anforderungen des TNM-Kommittees, die auf einem internationalen Konsens beruhen, repräsentieren Mindestzahlen für die Erstellung der N-Klassifikation. In der chirurgischen Praxis sind die oben genannten Zahlen von 20–30 Lymphknoten realistisch [319] [330]. Daher erscheint als Orientierung die Mindestanzahl von 20 entfernten Lymphknoten bei der Zweifeld-Lymphadenektomie plausibel. Diese Aussage ist als Expertenkonsens zu bewerten.
Limitierte distale Ösophagus- und proximale Magenresektion
Beim endoskopisch nicht entfernbarem T1 Mukosakarzinom kann nach Evaluation in einem spezialisierten High-Volume Zentrum statt der subtotalen Ösophagektomie eine limitierte distale Ösophagusresektion mit proximaler Magenresektion vorgenommen werden. Dieses gilt insbesondere für AEG II und III, aber auch AEG I im UICC Stadium cT1N0M0 mit niedrigem Risiko, d. h. G1, G2, L0, V0, intestinaler Typ, ohne Siegelringzellen bzw. non poorly cohesive [340]. Daten aus Japan weisen bei AEG-Tumoren mit < 4 cm Durchmesser eine sehr geringe Rate an Lymphknotenmetastasen von nur 1–2 % am distalen Magen auf (Lymphknotenstationen 4,5 und 6) [341] [342]. Der distale Magen könnte daher erhalten bleiben genauso wie er bei einer subtotalen Ösophagektomie und proximalen Magenresektion mit Magenhochzug z. B. bei AEG II zu sogar zwei Drittel bis drei Viertel verbleibt. Die Lymphadenektomie im Kompartment II kann trotzdem komplett ausgeführt werden, während sie im Kompartment I eingeschränkt ist und nur mit der Resektion des oberen Magenanteils erfolgt [343]. Diese limitierte Resektion des ösophagogastralen Übergangs sollte bevorzugt abdomino-transhiatal ausgeführt werden. Bei nicht ausreichender Exposition kann auch ein abdomino-thorakaler Zugang mit gesonderter rechtsseitiger tiefer interkostaler Incision erfolgen. Die Erweiterung des abdominellen Zugangs durch den linken Rippenbogen erhöht die postoperativen Schmerzen und führt oft zu costalen Heilungsstörungen. Es bestehen 4 Rekonstruktionsmöglichkeiten bei limitierter Resektion [343]. Die direkte Ösophagogastrostomie ist wegen der hohen Rate an postoperativen Refluxsymptomen und Ösophagitis ungünstig. Dieses Problem kann durch eine spezielle technisch aufwändige Anastomosenform reduziert werden [344]. Diese führt jedoch in ca. 20 % zu dilatierungspflichtigen Strikturen. Die Jejunuminterposition mit Ösophagojejunostomie und Jejunogastrostomie (Operation nach Merendino) ist oft mit Problemen durch Reflux und Magenentleerungsstörungen belastet, insbesondere wenn der N. vagus nicht erhalten werden kann. Die Lebensqualität ist nach der Merendino-Operation nicht höher als nach subtotaler Ösophagektomie – im ersten Jahr postoperativ sogar schlechter [345]. Besser ist möglicherweise die Double-tract-Rekonstruktion, die mit weniger Refluxsymptomen und wegen der zwei Kanäle selten mit Entleerungsstörungen behaftet sein soll [346]. Es wird aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für Europa keine Daten vorliegen, die eine funktionelle Überlegenheit dieser Technik belegen. Auch gibt es keine Studien, die eine Verbesserung der Lebensqualität gegenüber einer minimalinvasiv durchgeführten, klassischen Ösophagusresektion belegen.
Spezialfall zervikales Ösophaguskarzinom
Beim zervikalen Ösophaguskarzinom kann in geeigneten Fällen eine zervikale Ösophagusresektion über einen zervikalen Zugang mit oberer Sternotomie ausgeführt werden, die regionären Lymphknoten werden dabei entfernt. Die Rekonstruktion erfolgt über ein freies Jejunuminterponat mit microvaskulärem Anschluss an venöse und arterielle Halsgefäße. Alternativ kann eine totale Ösophagektomie vorgenommen werden, mit Rekonstruktion durch Magenhochzug oder Koloninterposition.
Die Ösophagusresektionen bis nahe an den oberen Ösophagussphinkter gehen mit einer hohen Rate an postoperativen Anschluckstörungen und einer Aspirationsneigung einher. Weiterhin ist die Rate an Recurrensparesen hoch. Die lange Transpositionsstrecke des Magen- bzw. Koloninterponats führt oft im Spitzenbereich des hochgezogenen Organs zu Vaskularisationsstörungen und damit zur Anastomoseninsuffizienz mit nachfolgenden bougierungspflichtigen Strikturen. Bei freier Dünndarminterposition mit mikrovaskulären Anastomosen sind ähnliche postoperative Probleme zu erwarten, insbesondere bei revisonspflichtigen Thrombosen der anastomosierten Gefäße.
Daher ist die definitive Radiochemotherapie von Plattenepithelkarzinomen in dieser Lokalisation ein zunehmend präferiertes Behandlungskonzept. Die Indikation zum chirurgischen Vorgehen bei derart hochsitzenden Tumoren muss aufgrund der vorher genannten Risiken sehr sorgfältig abgewogen und mit dem Patienten unter Nennung der weiteren Therapieoptionen eingehend besprochen werden.
Rekonstruktion
Nach Gastrektomie mit distaler Ösophagusresektion wird die Kontinuität am häufigsten mit einer Roux-Y Jejunumschlinge und End-zu-Seit Ösophagojejunostomie transhiatal im unteren Mediastinum wiederhergestellt.
Das Verfahren der Wahl zur Rekonstruktion nach subtotaler Ösophagektomie ist der Magenhochzug. Als Verfahren der zweiten Wahl kommt die Koloninterposition in Betracht, insbesondere bei Patienten nach Voroperationen am Magen. In Ausnahmefällen, bei sehr günstiger Gefäßanatomie, kann das Jejunum als Interponat eingesetzt werden. In der Regel ist der zu gewinnende Gefäßstiel eines Jejunuminterponats jedoch zu kurz. Die intrathorakale Anastomose hat gegenüber der cervikalen Ösophagogastrostomie den Vorteil einer niedrigeren Insuffizienzrate und einer besseren postoperativen Schluckfunktion [347] [348] [349]. Da bei einer cervikalen Anastomose auch ein zusätzlicher Zugang geschaffen werden muss, sollte diese nur ausgeführt werden, wenn aus onkologischen Gründen eine Ösophagusresektion bis zum Hals erfolgen muss. Die beste Route zur Rekonstruktion ist das hintere Mediastinum. Bei besonderen Bedingungen, z. B. hohes Risiko für ein Rezidiv im hinteren Mediastinum oder geplanter Bestrahlung des hinteren Mediastinums, oder beim zweizeitigen Verfahren mit verzögerter Rekonstruktion kann das vordere Mediastinum retrosternal zum Hochführen des Interponates verwendet werden.
Die Rekonstruktionsroute durch das vordere Mediastinum ist ca. 5 cm länger als im hinteren Mediastinum und erfordert immer eine cervikale Anastomose. Es besteht bei der Rekonstruktion im vorderen Mediastinum retrosternal die Tendenz zur Siphonbildung an der oberen Thoraxapertur. Dieses bringt oft eine schlechtere Schluckfunktion mit sich. Die Rekonstruktion ante-sternal subcutan bleibt wenigen Ausnahmefällen vorbehalten.
Das häufigste Verfahren ist die einzeitige Resektion und Rekonstruktion. Bei Patienten mit eingeschränkter funktioneller Belastbarkeit oder fraglicher Vaskularisation des vorbereiteten Mageninterponates kann eine zweizeitige Rekonstruktion sinnvoll sein [314] [350].
Pyloroplastik
Durch die N. vagus Durchtrennung bei Ösophagektomie kommt es postoperativ häufig zu einem funktionellen Pylorospasmus mit Magenretention. Die Bildung des Mageninterponats kann mit und ohne Pyloroplastik ausgeführt werden. Es gibt jedoch weder in einer Metaanalyse noch in systematischen Reviews eine eindeutige Evidenz für die Durchführung der Pyloroplastik beim Magenhochzug [351] [352]. Die Metaanalyse von Urschel [351], basiert auf 9 randomisierten Studien und zeigte für den Vergleich „mit Pyloromyotomie/Pyloroplastik versus ohne“ keine statistisch signifikanten Unterschiede hinsichtlich:
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operativer Mortalität: 0,92 (95 % KI, 0,34–2,44)
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Anastomoseninsuffizienz: 0,90 (95 % KI, 0,47–1,76)
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pulmonaler Komplikationen: 0,69 (95 % KI, 0,42–1,14)
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Komplikationen der Pyloromyotomie/Pyloroplastik: 2,55 (95 % KI, 0,34–18,98)
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fatale pulmonale Aspirationen: 0,25 (95 % KI, 0,04–1,60)
Nur bzgl. früh-postoperativer funktioneller Schlauchmagenentleerungsstörungen zeigte die Metaanalyse einen statistisch signifikanten Vorteil der Pylorusdrainage (RR 0,18; 95 % KI, 0,03–0,97).
Ein systematischer Review [352], ergab keinen signifikanten Trend pro Pylorusdrainage im Hinblick auf:
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Langzeitergebnisse der Schlauchmagenentleerung,
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Nahrungsmittelaufnahme und des nutritiven Status,
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obstruktive Symptome des oberen Gastrointestinaltrakts
Bezüglich des Langzeitergebnisses „Gallereflux“ bestand ein nicht-signifikanter Trend pro „keine Pylorusdrainage“.
Zur Verminderung postoperativer Magenentleerungsstörungen durch funktionellen Pylorospasmus kann präoperativ prophylaktisch eine endoskopische Ballondilatation des Pylorus auf 3 cm erfolgen [353].
Hiatoplastik
Wegen der möglichen Ausbildung paragastraler Hiatushernien und der Gefahr der Inkarzeration von Dünndarm oder Kolon sollte nach Magenhochzug oder Koloninterposition bei zu weitem Zwerchfelldurchtritt eine Hiatoplastik vorgenommen werden [354] [355] [356].
Vorteilhaft ist bei der laparoskopischen Gastrolyse die Naht an den Zwerchfellschenkeln vorzulegen und ungeknüpft nach thorakal zu verlagern. Diese Naht kann beim thorakalen Teil nach Magenhochzug an den Durchmesser des Interponats angepasst und geknotet werden.
Minimal invasive Ösophagektomie (MIC)
Die Ösophagusresektion und Rekonstruktion mit Magenhochzug kann minimal invasiv erfolgen. Folgende Varianten sind möglich:
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Total minimal invasiv mit laparoskopischer Gastrolyse und thorakoskopischer Ösophagektomie, entweder mit intrathorakaler oder zervikaler Ösophagogastrostomie.
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Hybridverfahren:
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laparoskopische Gastrolyse und transthorakale offene Ösophagektomie, entweder mit intrathorakaler oder zervikaler Anastomose
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offene Gastrolyse und thorakoskopische Ösophagektomie, entweder mit intrathorakaler oder zervikaler Anastomose.
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laparoskopische Gastrolyse und transhiatale Ösophagektomie mit zervikaler Ösophagogastrostomie
Der TIME-Trial mit relativ kleinen Patientenzahlen von 59 versus 56 in den Vergleichs- Gruppen (total minimal-invasiv versus offen) beinhaltete sowohl intrathorakale als auch cervicale Anastomosen und unterschiedliche Techniken der seitengetrennten Lungenbelüftung in den Vergleichsgruppen. Folgende Ergebnisse wurden erzielt:
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signifikant geringere Rate an pulmonalen Komplikationen
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kürzerer Intensivstationsaufenthalt
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kürzere Verweildauer.
Die 1-Jahres und 3-Jahres Resultate des TIME-trial zur Lebensqualität und Prognose sind inzwischen publiziert worden [357] [358]. Die 1-Jahres-Lebensqualität hinsichtlich physischer Aktivität, globaler Gesundheit und Schmerzen war in der MIC-Gruppe signifikant besser [357]. Auffallend ist jedoch, dass in beiden Gruppen 44 % nach MIC und 39 % nach offener Operation wegen symptomatischen Anastomosen-Stenosen endoskopisch z. T. mehrfach gedehnt werden mussten. Damit hatte fast die Hälfte der Patienten nach der Operation wieder das gleiche Symptom wie vorher: Dysphagie. Dieses sehr ungünstige Ergebnis wirft Fragen auf zur angewandten Operationstechnik.
Das 3-Jahres-Langzeit-Überleben war in den beiden Gruppen des TIME-trial ohne signifikanten Unterschied [358]. Langzeitergebnisse nicht randomisierter Studien zur MIC-Ösophagektomie lassen keine genaue Beurteilung der Prognose im Vergleich zu offenen Verfahren zu [359] [360] [361].
Der prospektiv randomisierte Vergleich von robotischer MIC (n = 54) versus offener Ösophagektomie (n = 55), beide mit cervikaler Anastomose zeigte signifikante Vorteile für MIC hinsichtlich der Komplikationsrate besonders pulmonal/kardial, des Blutverlustes und der Lebensqualität bis 6 Wochen postoperativ [349]]. Auffällig sind jedoch sowohl in der robotischen als auch der offenen Gruppe die hohen, aber signifikant unterschiedlichen Komplikationsraten Chylothorax von 32 %/22 %, Anastomoseninsuffizienz von 24 %/20 %, Reoperationsrate von 24 %/33 % und erneut wie beim TIME trial die Rate postoperativ notwendiger Anastomosendilatationen von 52 % bzw. 47 %. Die 3-Jahres-Überlebensrate mit 50 % versus 55 % war nicht signifikant unterschiedlich.
Zwei retrospektive Vergleiche von robotischer und konventioneller minimal invasiver Ösophagektomie inclusive Hybrid in Serien von 725 bzw. 1862 Patienten haben keine Unterschiede bezüglich R0-Resektionsrate, postoperativer Komplikationsrate, Mortalität und Krankenhausverweildauer ergeben [362] [363]. Bei Einbeziehung der offenen Technik in diesen Vergleich anhand von 5553 Patienten war die postoperative Mortalität und das Gesamt-Überleben nach allen 3 Verfahren gleich, nur die Krankenhausverweildauer war nach offener Ösophagektomie signifikant länger [364].
Der MIRO-Trial [365] [366] [367], mit dem Vergleich offene Ösophagektomie und Magenhochzug (n = 103) versus laparoskopische Gastrolyse und Ösophagektomie per Thorakotomie (Hybrid-Verfahren) (n = 102) ergab signifikant geringere Raten bezüglich:
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postoperativer Morbidität,
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postoperativer pulmonaler Komplikationen und
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des postoperativen Clavien-Dindo-Scores II-IV zugunsten der Hybrid-Technik
Die 3-Jahresraten des Gesamt- bzw. tumorfreien Überlebens waren mit 67 % versus 55 % bzw. 57 % versus 48 % für die Hybrid-Gruppe höher, aber ohne statistische Signifikanz. Die Gesundheits-bezogene Lebensqualität blieb jedoch 30 Tage und 2 Jahre nach dem Hybrid-Verfahren signifikant höher als nach offener Ösophagektomie [367]. Nach einer Metaanalyse ist letzterer Effekt nur vorübergehend und 6 Monate postoperativ nicht mehr nachweisbar [368]. Die Resultate des MIRO-Trials werden durch eine retrospektive Studie mit propensity matching und eine Metaanalyse von 2397 Patienten bestätigt [369] [370]. Beide Auswertungen ergaben signifikant weniger postoperative pumonale Komplikationen und geringeren Blutverlust nach Hybrid gegenüber offener Ösophagektomie.
Der einzige Vergleich zwischen der genannten Hybrid-Technik und der total MIC ist von Bonavina beschrieben [371]. In einem propensity-score matching bezüglich Alter, Geschlecht, Body-Mass-Index (BMI), forciertes Expirationsvolumen in 1 Sekunde (FEV1), Charlson-Comorbidity Index (CCI), American Society of Anesthesiology (ASA) Score, Histologie, Tumorlokalisation, pTNM-Stadium und neoadjuvante Therapie gab es zwischen beiden Gruppen keine signifikanten Unterschiede von postoperativer Morbidität/Mortalität, Zahl der resezierten Lymphknoten, R0-Resektionsrate und 1-Jahres-Überleben. Nur die Zeitdauer der Operation war bei MIC signifikant länger.
Die 2016 in Großbritannien gestartete ROMIO Studie mit Vergleich der offenen versus Hybrid versus total minimal invasiven Ösophagektomie wird weitere Klärung erbringen zum Hauptzielkriterium Lebensqualität und zu den sekundären Kriterien postoperative Komplikationen, Tumorrezidive und Langzeit-Überleben [372].
In einer großen Metaanalyse von 55 Studien wurde die Langzeitprognose von 14 592 Patienten mit Ösophaguskarzinom nach minimal invasiver inclusive Hybrid (50,4 %) versus offener Ösophagektomie (49,6 %) verglichen [373]. Die MIC/Hybrid Gruppe hatte eine 18 % niedrigere 5-Jahres-Gesamt-Mortalität.
Als Bilanz der aufgeführten Daten zur MIC ergeben sich evidenzbasierte Vorteile der Ösophagektomie in total minimal invasiver oder Hybrid-Technik gegenüber dem offenen Verfahren. Dieses betrifft die Reduktion postoperativer, insbesondere pulmonaler Komplikationen, einen Trend zur Prognoseverbesserung und zur mittelfristigen Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Zu beachten ist dabei jedoch, dass einzelne Serien von total MIC erhöhte Raten an Anastomoseninsuffizienzen, Recurrensparesen und postoperativen Hiatushernien aufweisen [360] [374] [375] [376] [377]. Wenn keine Kontraindikationen für den MIC Zugang bestehen wie Verwachsungen durch Voroperationen oder voraussehbare Schwierigkeiten der Resektabilität, sollte die Hybrid oder die total minimal invasive Technik zur Ösophagektomie angewendet werden.
Perioperative Komplikationen
Aufgrund der hohen Koinzidenz von Begleiterkrankungen und dem häufigen Vorhandensein diverser Risikofaktoren bei Patienten mit Ösophaguskarzinom einerseits und der Invasivität der radikal-chirurgischen Therapie andererseits können perioperative Komplikationen nicht komplett vermieden werden. Die Prävention, die Früherkennung und das entsprechende konsequente Management von Komplikationen nach Ösophagektomie stellen die wichtigsten Ansatzpunkte für die erfolgreiche Behandlung des Ösophaguskarzinoms dar.
Die internationale Esophagectomy Complications Consensus Group (ECCG) hat eine Standardisierung der exakten Dokumentation von Komplikationen bei Ösophagektomie vorgenommen, um Daten aus verschiedenen Zentren vergleichbar zu machen [324]. Die ersten über 2700 dokumentierten Fälle zeigen eine gute Reproduzierbarkeit dieses Dokumentationssystems zur Erfassung von Komplikationen und verlässliche Daten aus großen Zentren [323]. Dieses von Experten erstellte Dokumentationssystem mit genauer Definition und Graduierung von Komplikationen ist zu empfehlen. Es dient der Überprüfung der eigenen Ergebnisse in Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen und der Qualitätssicherung (siehe Kapitel 12, Qualitätsindikatoren).
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8.3.4 Vorgehen bei Oligometastasierung
8.14 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Bei präoperativem Nachweis einer Fernmetastasierung soll keine Operation erfolgen. Bei intraoperativem Befund vorher nicht bekannter, sehr limitierter Fernmetastasen können diese zusammen mit dem Primärtumor entfernt werden. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Die Ösophagektomie und gleichzeitige Resektion von Fernmetastasen bringen nach kleinen retrospektiven Serien keinen prognostischen Vorteil. Daher sollte bei präoperativer M1-Situation die Ösophagektomie vermieden werden. Wird jedoch intraoperativ eine kleine gut resektable Metastase z. B. an Lunge oder Leber entdeckt, kann die Metastasenresektion zum einen zur histologischen Sicherung und zum anderen zur vollständigen Tumorresektion im Rahmen der Ösophagektomie ausgeführt werden [378] [379].
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8.3.5 Perioperative Ernährung
8.15 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Im Rahmen der präoperativen Risikostratifizierung soll ein Screening auf Mangelernährung erfolgen. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Der Einfluss des Ernährungsstatus auf die postoperative Komplikationsrate nach großen Eingriffen ist vielfach gezeigt worden [380] [381]. Trotz krankheitsassoziiertem Gewichtsverlust kann der Körpermassenindex (BMI) bei Patienten mit Übergewicht präoperativ deutlich über der von der World Health Organization (WHO) als kritisch definierten Grenze von 18,5 kg/m2 liegen. Der Gewichtsverlust für sich bedeutet eine Veränderung der Körperzusammensetzung, die ein „metabolisches Risiko“ nach sich zieht, welches bei Patienten bei der Planung einer großen Tumoroperation berücksichtigt werden muss [241].
Das krankheitsassoziierte metabolische Risiko kann sehr leicht mit dem „Nutritional Risk Score“ (NRS) [382], erfasst werden. Dieses Screening-Instrument ist auch für chirurgische Patienten in aktuellen Studien validiert worden [383] [384]. In einer großen Kohortenstudie hat sich bei abdominalchirurgischen Patienten die im NRS erfasste verminderte Nahrungsaufnahme in der Woche vor der Krankenhausaufnahme sogar als alleiniger Risikoprädiktor gezeigt [385]). Für ältere chirurgische Patienten (> 65 Jahre) konnten in einer systematischen Übersicht von 15 Studien aus den Jahren 1998 bis 2008 nur der Gewichtsverlust und die mit einem schlechten Ernährungsstatus assoziierte Verminderung des Serumalbumins als prädiktive Parameter der postoperativen Morbidität gefunden werden [241].
Von der Europäischen Gesellschaft für Klinische Ernährung und Stoffwechsel (ES-PEN) [380], wird das hohe metabolische Risiko bei Vorliegen eines der folgenden Kriterien definiert:
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Gewichtsverlust > 10–15 % innerhalb von 6 Monaten
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BMI < 18,5 kg/m2
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SGA Grad C oder NRS> 5
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Serumalbumin < 30 g/L (bei Ausschluss einer Leber- oder Niereninsuffizienz)
Ein präoperativ niedriger Serum-Albuminspiegel ist ein prognostischer Faktor für postoperative Komplikationen und Mortalität, was auch durch neuere Daten bestätigt wird [386] [387].
8.16 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Unabhängig vom Ernährungsstatus sollte während einer neoadjuvanten Therapie begleitend eine Ernährungsberatung angeboten werden. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Während in Deutschland eine Diätberatung, wenn überhaupt, zumeist postoperativ vor der Entlassung oder während einer Rehabilitationsbehandlung erfolgt, werden in vielen europäischen Ländern die Diätassistentinnen („dietitians“) in der Chirurgie bereits sehr früh präoperativ eingebunden.
So ist ganz aktuell von einer niederländischen Arbeitsgruppe [388], der Einfluss einer intensiven perioperativen Ernährungstherapie (INS) bei Patienten mit Ösophaguskarzinom über ein Jahr prospektiv untersucht worden. Hierbei wurden 37 Patienten (35 mit neoadjuvanter Therapie) in der Interventionsgruppe mit 28 in den drei Jahren zuvor nach Standard, wenn auch mit einem geringeren Anteil neoadjuvant behandelter Patienten verglichen.
Die intensive Ernährungstherapie beinhaltete eine durch eine onkologisch spezialisierte Diätassistentin durchgeführte Beratung mit dem Ziel einer Gewichtserhöhung durch Energieaufnahme von 1.3–1.5-mal dem geschätzten Energiebedarf. Die Patienten wurden zu häufigen Mahlzeiten unter Supplementierung mit Trinknahrung angehalten. Während der neoadjuvanten Phase bestanden ein-zweiwöchentliche telefonische Kontakte zur Frage von Ernährungsproblemen und zur Gewichtskontrolle. Bei inadäquater oraler Gewichtsaufnahme wurde eine ergänzende Sondenernährung begonnen. Während der Operation erhielten die Patienten eine Feinnadelkatheterjejunostomie, die während des stationären Aufenthalts und auch nach der Entlassung zur Supplementierung bis zum Erreichen einer energiebedarfsdeckenden oralen Nahrungsaufnahme genutzt wurde. Während der stationären Phase wurden die Patienten zweimal wöchentlich von der Diätassistentin visitiert, nach der Entlassung oder während einer adjuvanten Chemo- oder Radiotherapie alle 1–2 Wochen für 3 Monate, danach monatlich bei Bedarf ggf. häufiger bis zum Ende des ersten Jahres. Die Patienten der Kontrollgruppe erhielten nicht regelhaft präoperativ noch eine Diätberatung, jedoch bei der ersten stationären Aufnahme. Intraoperativ wurde auch bei diesen Patienten eine FKJ angelegt. Die Betreuung nach der Entlassung erfolgte nicht strukturiert, sondern vor allem telefonisch.
In der Interventionsgruppe stieg das Körpergewicht zwischen dem ersten Kontakt und der Operation relativ zur Kontrollgruppe um + 4,7 + 1,7 % adjustiert für die möglichen Confounder neodadjuvante Vorbehandlung, ASA Score, Rauchen und Alkohol signifikant an (p = 0,009).
Die postoperative Rate schwerer Komplikationen (≥IIIb) nach Dindo war signifikant niedriger in der Interventionssgruppe (9/28 = 32 % vs. 22/37 = 60 %; p = 0,045). Keine Komplikation trat bei 7/28 = 25 % vs. 3/37 = 8 %; p = 0,037 auf. Sowohl die Länge des Intensivaufenthalts als auch die Krankenhausverweildauer (25 vs. 19,5 Tage) waren signifikant kürzer (p = 0,039). Die Krankenhausmortalität (3/28 = 11 % vs. 1/37 = 3 %) war ohne signifikanten Unterschied. Auch diese Ergebnisse sprechen für eine intensive perioperative ernährungsmedizinische Mitbehandlung gerade bei den großen Tumoroperationen.
Die Indikation zur perkutanen endoskopischen Gastrostomie während einer neoadjuvanten Therapie sollte insbesondere bei geplanter Ösophagusresektion und Magenhochzug äußerst kritisch und nur in Rücksprache mit dem verantwortlichen Chirurgen gestellt werden. Dann ist eine Direktpunktion zur Vermeidung einer Verschleppung von Tumorzellen bei Durchzugstechnik anzustreben [389]. Günstiger ist die Anlage einer Feinnadelkatheterjejunostomie z. B. laparoskopisch, die auch bei der Resektion belassen werden kann.
8.17 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
Empfehlungsgrad A |
Patienten mit schwerer Mangelernährung, d. h. hohem metabolischen Risiko sollen vor der Operation eine Ernährungstherapie erhalten, selbst wenn die Operation verschoben werden muss. |
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Level of Evidence 1a |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Hierbei handelt es sich um eine Leitlinienadaptation [242]. Da sehr viele Patienten ihren Energiebedarf präoperativ durch die normale Ernährung nicht decken, sollten diese Patienten unabhängig vom Ernährungsstatus zur Einnahme einer oralen Trinknahrung motiviert werden.
Obwohl die Vorteile einer immunmodulierenden Trinklösung in vielen Studien für Patienten mit Tumoren im Gastrointestinaltrakt gezeigt worden sind, ist die Datenlage für Patienten mit Ösophaguskarzinom nicht eindeutig. Eine Metaanalyse von sechs prospektiven randomisierten kontrollierten Studien mit Einschluss von 628 Patienten mit Operationen von Ösophagus und Magen konnte keine Konsistenz in den klinischen Outcome-Parametern bei enteraler Immunonutrition zeigen [390]. In einer aktuellen Metaanalyse von 16 Studien mit 1387 Patienten mit gastrointestinalem Karzinom hat die Einnahme einer immnunmodulierenden Trinknahrung für 5–7 Tage zu einer signifikanten Verminderung der infektiösen Komplikationen sowohl im Vergleich mit einer Kontrollgruppe ohne Supplementierung als auch im Vergleich mit einer Standardtrinknahrung geführt (OR 0,52, 95 %CI 0,38–0,71, p < 0,0001) [396].
Die Verschiebung einer Operation mit dem Ziel der ernährungsmedizinischen Konditionierung ist nur bei Patienten mit hohem metabolischem Risiko, d. h. schwerer Mangelernährung gerechtfertigt. Primär sollte immer einer enteralen Ernährung der Vorzug gegeben werden – möglichst prästationär zur Vermeidung einer noskomialen Infektion (Leitlinienadaptation Magenkarzinom und Klinische Ernährung) [55] [242].
Jie et al. [392], haben in einer kontrollierten Studie die Indikation zur präoperativen Ernährung nach dem NRS gestellt. 512 Patienten waren nach dem NRS Risikopatienten (NRS> 3). Diese erhielten auf Grund der Erfahrung des Chirurgen ohne Kenntnisse über den NRS enterale oder parenterale Ernährung für sieben Tage präoperativ. Unterschiede der Infektionsrate und der Krankenhausverweildauer wurden bei Patienten mit einem NRS von drei und vier im Fall einer präoperativen Ernährung nicht gefunden. Von 120 Patienten mit einem NRS von mehr als fünf profitierten diejenigen, welche eine präoperative Ernährung erhielten mit signifikant niedrigerer Komplikationsrate (25,6 vs. 50,6 %, p = 0,008) und kürzerer Krankenhausverweildauer (13,7 ± 7,9 vs. 17,9 ± 11,3 Tage, p = 0,018).
Durch parenterale Ernährung kann eine Erholung der physiologischen Funktion und des Körpergesamtproteins innerhalb von 7 Tagen erwartet werden. Zu einer weiteren signifikanten Verbesserung kommt es jedoch auch noch in der zweiten Woche [393]. Eine aktuelle Cochrane Analyse zur präoperativen parenteralen Ernährung bei Patienten mit gastrointestinalen Operationen zeigte eine signifikante Reduktion der Komplikationen von 45 auf 28 % [394]. Diese Autoren diskutierten einen Bias, da drei der eingeschlossenen Studien mehr als 20 Jahre alt waren. Zwei wichtige Studien [395] [397], mit positivem Ergebnis waren jedoch nicht eingeschlossen wurden. Wenn eine parenterale Ernährung bei Patienten mit einem Gewichtsverlust > 10 % für 10 Tage präoperativ durchgeführt und postoperativ neun Tage fortgeführt wurde, war die Komplikationsrate signifikant um 30 % niedriger mit Tendenz zur Reduktion der Letalität [395].
8.18 |
Konsensbasierte Empfehlung |
modifiziert 2021 |
EK |
Nach Ösophagusresektion sollte aufgrund des metabolischen Risikos innerhalb von 24 h mit einer enteralen Ernährung begonnen werden. Eine parenterale Supplementierung kann empfohlen werden, wenn weniger als 50 % der Energiemenge auf enteralem Weg zugeführt werden können. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Eine postoperative künstliche Ernährung ist bei Patienten mit Mangelernährung und solchen ohne manifeste Mangelernährung indiziert, wenn vorherzusehen ist, dass der Patient für mehr als sieben Tage unfähig zur oralen Kostzufuhr sein wird. Die Indikation besteht ebenfalls für Patienten, die für mehr als 10 Tage nicht in der Lage sind, mehr als 50 % der empfohlenen Energiemenge oral oder enteral aufzunehmen [398].
Die Vorteile einer postoperativ frühzeitigen enteralen Ernährung beginnend innerhalb von 24 Stunden sind in mehreren Metaanalysen im Hinblick auf eine Verminderung der Infektionssrate, der Krankenhausverweildauer und sogar der Mortalität gezeigt worden [399] [400] [401]. Auch wenn die Ergebnisse einer randomsierten Studie gezeigt haben, dass nach minimal-invasiver Ösophagusresektion eine frühe orale Nahrungszufuhr ohne Risiko für eine Anastomoseninsuffizienz erfolgen kann [402], wird zumeist längerfristig eine am Kalorienbedarf orientierte Ernährung nicht möglich sein. So empfiehlt es sich, bereits intraoperativ eine Ernährungssonde entweder duodenal/jejunal zu platzieren oder als Feinnadelkatheterjejunostomie (FKJ) anzulegen [242].
Für Patienten nach Ösophagusresektion zeigte eine Beobachtungsstudie signifikante Vorteile der sicheren längerfristigen enteralen Ernährung über die FKJ, insbesondere beim Vorliegen von Anastomosenproblemen [381]. Die Komplikationsrate der FKJ war niedrig (1,5 %) [403]. Für die frühzeitige enterale Ernährung nach Ösophagusresektion und die katheterassoziierten Komplikationen fand sich in einer prospektiven randomisierten kontrollierten Studie kein signifikanter Unterschied zwischen dem Einsatz einer nasoduodenalen Sonde oder einer FKJ [404].
Da nasojejunale und nasoduodenale Sonden signifikant häufiger und früher dislozieren [405] [406], ist die FKJ der nasojejunalen oder -duodenalen Sonde zur längerfristigen enteralen Ernährung überlegen [406].
Eine parenterale Supplementierung der enteralen Zufuhr sollte erfolgen, wenn weniger als 50 % der Energiemenge auf dem enteralen Weg zugeführt werden können [398].
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8.3.6 Vorgehen bei R1 / R2 Resektion
8.19 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Im Falle einer intraoperativ nachgewiesenen R1-Resektion sollte unabhängig von einer präoperativen Therapie zunächst die Möglichkeit einer kurativen Nachresektion geprüft werden. Wenn diese nicht möglich ist, sollte nach Diskussion in der interdisziplinären Tumorkonferenz eine postoperative Radiochemotherapie erfolgen. Bei einer postoperativ erkannten R1-Resektion sollte eine Radiochemotherapie erfolgen, da die Bedingungen für eine Nachresektion ungünstig sind. In Einzelfällen kann eine „wait and see“ Strategie empfohlen werden. |
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Starker Konsens |
8.20 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Im Falle einer lokoregionären R2-Resektion kann nach Diskussion in der interdisziplinären Tumorkonferenz eine postoperative Radiochemotherapie durchgeführt werden. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Es gilt als gesichert, dass eine inkomplette Entfernung des Primärtumors einen Tumorrückfall nach sich ziehen wird, also als palliativ anzusehen ist. Dies ist für die R2-Resektion unbestritten (makroskopischer Tumorrest verbleibt bei der OP). Jüngere retrospektive Daten aus Großbritannien ziehen jedoch in Zweifel, dass eine R1-Resektion mit mikroskopischem Tumorrest im sog. zirkumferentiellen Resektionsrand unzweifelhaft mit einer schlechten Prognose verbunden ist [407] [408]. Dennoch wird jeder Chirurg ggf. durch Schnellschnittdiagnostik anstreben, eine R0-Resektion nicht nur longitudinal, sondern auch zirkumferentiell zu erzielen.
Falls dies primär nicht gelungen ist, wird bei einer longitudinalen R1-Resektion üblicherweise im Behandlungsteam eine Nachresektion diskutiert, obwohl dies beim Ösophaguskarzinom meist mit einem (zu) großen Aufwand bzw. (zu) hohem Risiko verbunden ist. Darüber hinaus ist das optimale Vorgehen nach einer inkompletten Resektion beim Ösophaguskarzinom nicht gut durch Daten belegt. Prospektive Studien aus den 80iger Jahren legen nahe, dass eine additive Radiotherapie die Lokalrezidivrate, jedoch nicht das rückfallfreie oder gar das Gesamtüberleben verbessern kann [409] [410]. Zur additiven Chemotherapie gibt es keine belastbaren Daten ([Abb. 3], [4]).
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8.3.7 Vorgehen bei Lokalrezidiv nach Operation
8.21 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Bei einem isolierten Lokalrezidiv nach kurativ intendierter Operation kann nach Diskussion in einer interdisziplinären Tumorkonferenz erneut eine Operation durchgeführt werden. Die sorgfältige Evaluation der Operabilität und der Resektabilität sollte durch ein in der Ösophaguschirurgie erfahrenes Behandlungsteam vorgenommen werden. Alternativ soll eine Radiochemotherapie angeboten werden, sofern keine Vorbestrahlung im Rezidivgebiet erfolgt ist bzw. wenn eine ausreichende Normalgewebetoleranz vorhanden ist. |
|
Starker Konsens |
Hintergrund
Prospektive und retrospektive Studien haben gezeigt, dass isolierte Lokalrezidive oder Lymphknotenmetastasen von Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus nach Operation ohne eine prä- oder postoperative Radiochemotherapie mit einer definitiven Strahlentherapie oder Radiochemotherapie im Rezidiv eine kurative Chance haben [411] [412] [413].
Dabei stellte sich auch in dieser Situation die simultane Radiochemotherapie als effektiver heraus. Die 5-Jahre-Überlebensraten nach Salvage-Radiochemotherapie lagen in den genannten Studien zwischen 14 % und 45 %, sie unterscheiden sich also nicht wesentlich von denen in der Primärtherapie. Anastomosenrezidive hatten in zwei der Studien eine schlechtere Prognose als regionale Lymphknotenmetastasen. Mit zunehmender Zahl befallener regionaler Lymphknotenmetastasen im Rezidiv nimmt die Prognose ab. Das Zeitintervall zwischen Primärtherapie und Rezidivtherapie war in keiner der Studien von Bedeutung.
Bei isolierten Lokalrezidiven von Adenokarzinom des Ösophagus kommt ebenfalls eine Radiochemotherapie in Frage. Langzeitüberlebende wurden auch hier beobachtet [414] [415]. Teilweise erhielten Patienten nach vorausgegangener neoadjuvanter Radiochemotherapie im Rezidiv eine Salvage-Radiochemotherapie. Isolierte Lokalrezidive sind nach neoadjuvanter Therapie und Resektion mit unter 15 % selten [415] [416]. In der Studie von Sudo et al. [415], hatten 5,4 % von 518 Patienten mit lokal fortgeschrittenen Adenokarzinomen des ösophagogastralen Übergangs ein isoliertes Lokalrezidiv nach neoadjuvanter Radiochemotherapie und Operation. Die Rezidivbehandlung war stark von den individuellen Risikofaktoren des einzelnen Patienten und der Rezidivlokalisation abhängig. 44 % der Patienten mit isoliertem lokoregionalen Rezidiv erhielten eine Radiochemotherapie bei Rezidiven außerhalb der initial bestrahlten Volumina. Die 3-Jahre-Überlebensrate dieser Patienten betrug 25 % nach der Rezidivtherapie. Die Mehrzahl der Patienten entwickelten im Verlauf Fernmetastasen.
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8.4 Multimodale Therapiekonzepte
8.22 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Wenn eine neoadjuvante Therapie vorgesehen ist, soll vor Beginn der Therapie bei den Patienten eine Risikoanalyse wichtiger Organfunktionen und ein Screening auf Mangelernährung durchgeführt werden. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Vor jeder potentiell belastenden Therapie ist der zu erwartende Nutzen gegenüber dem möglichen Risiko abzuwägen, daher sollte das Risiko einer Therapie zuvor durch Untersuchung der Organfunktionen abgeschätzt werden. Ebenso ist eine Mangelernährung mit erhöhter OP-Morbidität assoziiert (vgl. Empfehlung 8.14.).
8.4.1 Präoperative Radiotherapie
8.23 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
Empfehlungsgrad 0 |
Eine alleinige präoperative Strahlentherapie kann beim operablen Patienten mit einem resektablen Ösophaguskarzinom nicht empfohlen werden. |
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Level of Evidence 2a |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Malthaner et al. [417], analysierten für das Cancer Care Ontario’s Program die randomisierten Studien zur präoperativen Strahlentherapie im Vergleich zur alleinigen Operation beim Ösophaguskarzinom. In dieser Metaanalyse wurden die Überlebensraten nach einem Jahr von 5 randomisierten Studien für beide Therapiearme verglichen. Alle randomisierten Studien wurden vor 1988 beendet. Insgesamt gingen in diese Analyse Daten von 716 Patienten ein. Eine identifizierte Studie wurde ausgeschlossen, da hier keine Überlebensdaten nach einem Jahr verfügbar waren. Das relative Risiko im ersten Jahr zu versterben, betrug nach präoperativer Strahlentherapie 1.01 (95 % KI 0,88–1,16) im Vergleich zur alleinigen Operation. Somit wurde kein Vorteil für eine neoadjuvante Strahlentherapie im Vergleich zur alleinigen Operation bei Patienten mit operablem Ösophaguskarzinom gefunden. In einer zweiten Metaanalyse wurden individuelle Überlebensdaten von 1038 Patienten aus 5 randomisierten Studien mit bis zu 10 Jahre Nachbeobachtungszeit ausgewertet [418]. Die beiden Metaanalysen stimmten im Einschluss von 4 Studien überein, unterschieden sich aber bei der fünften Studie. Plattenepithelkarzinome waren die vorherrschende histologische Gruppe in den eingeschlossenen Studien und wurden bei 86 % diagnostiziert. Jedoch zeigte keine der Studien eine nach heutigen Standards adäquate Dosierung der Strahlentherapie. In drei der Studien wurden Strahlendosen von über 3,0 Gy pro Tag verwendet. In zwei Studien wurden sehr geringe Gesamtdosen von 20 Gy mit 2,0 Gy pro Fraktion oder von 35 Gy mit 1,75 Gy pro Fraktion appliziert.
In dieser Metaanalyse wurde eine Hazard-Ratio von 0,91 (95 % KI 0,80–1,04) zugunsten der präoperativen Strahlentherapie errechnet. Da das Konfidenzintervall die 1 schneidet, konnte auch hier ein Überlebensvorteil durch eine präoperative Radiotherapie nicht nachgewiesen werden.
Neben den randomisierten Studien wurde eine größere vergleichende retrospektive Analyse zur präoperativen Strahlentherapie beim Ösophaguskarzinom mit Daten der Surveillance, Epidemiology, and End Results (SEER) Datenbank des Nationalen Krebsregisters der USA durchgeführt [419]. In dieser Datenbank wurden 441 Patienten mit einem Ösophaguskarzinom der Kategorien cT2-cT4 ohne Fernmetastasen gefunden, die mit präoperativer Strahlentherapie behandelt wurden. Im gleichen Zeitraum wurden 592 Patienten mit alleiniger Operation identifiziert. Adenokarzinome waren der vorherrschende histologische Tumortyp (bei 67 % der Patienten). Patienten mit präoperativer Strahlentherapie zeigten hier in der multivariaten Analyse einen signifikanten Überlebensvorteil mit einem Hazard Ratio von 0,67 (0,57–0,75). Daten zur begleitenden Chemotherapie waren aber nicht in der SEER Datenbank verzeichnet, so dass eine simultane Chemotherapie bei einer Vielzahl der Patienten nicht ausgeschlossen werden konnte. Auch kann ein Selektionsbias innerhalb einer derartigen retrospektiven Studie nicht ausgeschlossen werden. Insgesamt ist die Evidenz für einen Überlebensvorteil mit einer präoperativen Radiochemotherapie beim Plattenepithelkarzinom deutlich besser als mit einer alleinigen präoperativen Strahlentherapie. Beim Adenokarzinom gilt dies für die perioperative Chemotherapie und die präoperative Radiochemotherapie.
In eine unizentrische Phase II-Studie eines Zentrums in China wurden zwischen 2002 und 2003 insgesamt 98 operable Patienten mit lokalisiertem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus randomisiert [413]. Offenbar war auch die Aufnahme von Patienten mit einem isolierten Rezidiv im Bereich der Anastomose erlaubt (n = 24). Die Patienten erhielten eine dreidimensional geplante konformale Radiotherapie von 46–50 Gy mit anschließendem Boost bis 62–70 Gy. Da alle Patienten letztlich eine kurative Resektion erhielten, spricht vieles dafür, dass Patienten ausgeschlossen wurden, die nicht zur OP kamen oder bei denen keine R0-Resektion möglich war (nicht berichtet). Die Studie untersuchte, ob eine gleichzeitige wöchentliche Chemotherapie mit 30 mg/m2 Cisplatin (Arm B, n = 49) gegenüber einer alleinigen präoperativen Radiotherapie (Arm A, n = 49) das Überleben der Patienten verbessert. Der Statistikplan ist nicht dargestellt.
Die kombinierte Chemoradiotherapie verbesserte im Trend die mediane Überlebenszeit (19 vs. 35 Monate, p = 0,051) und das Langzeitüberleben nach 5 Jahren (p = 0,051). Die zusätzliche Chemotherapie mit Cisplatin erwies sich in einer multivariaten Analyse als unabhängiger Prognosefaktor. Die Studie weist erhebliche methodische Schwächen auf (unizentrisch, geringe Patientenzahl, Patienten mit Rezidiv zugelassen, unklare Stadienverteilung vor Therapie, unklare Dosisverteilung der präoperativen Bestrahlung zwischen den Behandlungsarmen) [413].
Die Ergebnisse dieser Studie haben nach Meinung der Arbeitsgruppe keinen Einfluss auf die Empfehlung 8.22, welche eine präoperative Radiotherapie beim resektablen SCC des Ösophagus nicht empfiehlt.
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8.4.2 Präoperative Radiochemotherapie und perioperative Chemotherapie
8.24 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
Empfehlungsgrad 0 |
Bei lokalisierten Adenokarzinomen des Ösophagus und des ösophagogastralen Übergangs der Kategorie cT2 kann eine präoperative Chemotherapie durchgeführt und postoperativ fortgesetzt werden. |
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Level of Evidence 1b |
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Konsens |
Hintergrund
Hierbei handelt es sich um eine Leitlinienadaptation [420]. In den vorliegenden randomisierten Studien zur prä- oder perioperativen Chemotherapie bei Ösophaguskarzinomen ist der Anteil an Patienten mit einer initialen T1/2 Kategorie entweder nicht angegeben [423] [424] [425] [426], oder, soweit aus der primär operierten Patientengruppe extrapolierbar, sehr klein (32 % Ychou 2011, 36,8 % Cunningham 2006, 9 % Law 1997) [427]. Es gibt keine separaten Daten über den Nutzen einer prä- oder perioperativen Therapie bei dieser kleinen Subgruppe der Patienten. Aufgrund einer geringeren Rate an Lymphknotenmetastasierung und occulten Fernmetastasen ist die T2 Kategorie prognostisch günstiger als T3/4 und ein zu erwartender Effekt einer neoadjuvanten Therapie wahrscheinlich geringer. Dennoch waren auch Patienten mit T2 Tumoren Teil der Studienpopulation, bei der durch eine perioperative Chemotherapie ein Überlebensgewinn erzielt werden konnte [421] [422].
Die Empfehlungsstärke zur perioperativen Chemotherapie ist jedoch aufgrund der geringen Patientenzahl schwächer („kann“-Empfehlung). Da die beste Evidenz für den Nutzen einer Chemotherapie aus Studien mit perioperativer Applikation der Chemotherapie herrührt [421] [422], wird die postoperative Fortsetzung der Chemotherapie empfohlen.
Vor Einleitung einer postoperativen Chemotherapie im Rahmen eines perioperativen Therapiekonzeptes sollte mit einfachen Mitteln (Röntgen-Thorax, Sonographie Abdomen) eine Metastasierung ausgeschlossen werden. Im Falle des Nachweises einer Metastasierung ist es nicht sinnvoll, dass in kurativer Intention präoperativ begonnene Chemotherapiekonzept fortzusetzen. In den veröffentlichten Phase III-Studien zur perioperativen Chemotherapie bei Adenokarzinomen wurde die Chemotherapie bei Metastasennachweis beendet [421] [422].
Folgende Überlegungen sollten bei der Entscheidungsfindung bzgl einer präoperativen Therapie von T2 Ösophaguskarzinomen berücksichtigt werden.
a) In den positiven Studien zur präoperativen Therapie waren jeweils auch T2 Tumore eingeschlossen und zeigten in Subgruppenanalysen ebenfalls einen positiven Effekt [421] [428] [429]
b) Aufgrund eines Stagingfehlers ist davon auszugehen, dass knapp 50 % der präoperativ als T2N0 eingeschätzten Tumoren im Resektat tatsächlich ein höheres Stadium haben. Markar et al. [430], konnte zeigen, dass 34,7 % in der T Kategorie und 48,1 % in der N Kategorie präoperativ einer zu niedrigen Kategorie zugerechnet wurden. Bei Speicher et al. [431], waren 41,6 % präoperativ in ein zu niedriges Stadium eingeteilt, bei Crabtree et al. [432], waren von 482 Patienten, die präoperativ als T2N0 eingeschätzt worden waren 27,4 % im Vergleich zum pathologischen Staging korrekt gestaged, 29,9 % wurden in ein niedrigeres Stadium eingeteilt und 46,7 % wurden höher gestaged, so dass sie eigentlich für eine präoperative Therapie sicher qualifiziert hätten.
Aufgrund dieser Ungenauigkeit im präoperativen Staging, die Patienten eine Chemotherapie vorenthält, die eigentlich, wären sie korrekt diagnostiziert, wie das pathologische Staging am Resektat zeigt, für eine präoperative Therapie qualifiziert hätten, gibt es ein klinisches Dilemma. Theoretisch bestehen 4 mögliche Vorgehensweisen [433]:
-
Der fatalistische Ansatz hält sich an das präoperative Staging und akzeptiert, dass auch im Stadium cT2N0 das 5-Jahres-Überleben nur 40 % ist.
-
Der pragmatische Ansatz empfiehlt für die Patienten, die am Resektat ein höheres Stadium als initial vermutet diagnostiziert bekommen eine postoperative Therapie. Diese ist allerdings für Plattenepithelkarziome nicht belegt und bei Adenokarzinomen in caucasischen Patienten nur bei weniger als der Hälfte durchführbar [422] [428]
-
Der aggressive Ansatz behandelt auch T2 N0 Patienten mit einer präoperativen Therapie und baut darauf, dass bei den Patienten, die dadurch eventuell eine Überbehandlung bekommen, eine präoperative Therapie in Studien zumindest nicht schadet.
-
Der wissenschaftliche Ansatz versucht mittels elaborierter staginguntersuchungen (PET-CT, Feinnadelpunktion) und Biomarkerm (MSI) die aktuell noch nicht validiert sind, Hinweise zu finden, welche Patienten von einer präoperativen Therapie profitieren.
8.25 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
modifiziert 2021 |
Empfehlungsgrad A |
Beim operablen Patienten mit lokal einem fortgeschrittenem Adenokarzinom des Ösophagus oder des ösophagogastralen Übergangs (Kategorie cT3 / T4 resektabel oder Kategorie cN1–3) soll eine perioperative Chemotherapie oder eine präoperative Radiochemotherapie durchgeführt werden. |
|
Level of Evidence 1a |
||
Konsens |
8.26 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
Empfehlungsgrad B |
Die Durchführung einer alleinigen neoadjuvanten Chemotherapie ohne simultane Radiotherapie beim Plattenepithelkarzinom des Ösophagus kann nicht empfohlen werden. |
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Level of Evidence 1a |
||
Starker Konsens |
8.27 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Bei operablen Patienten mit einem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus der Kategorie cT2 kann eine präoperative Radiochemotherapie mit anschließender kompletter Resektion durchgeführt werden. |
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Starker Konsens |
8.28 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
modifiziert 2021 |
Empfehlungsgrad A |
Beim operablen Patienten mit einem lokal fortgeschrittenem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus (Kategorie cT3 / T4 resektabel oder Kategorie cN1–3) soll eine präoperative Radiochemotherapie mit anschließender kompletter Resektion durchgeführt werden. Vgl. auch Empfehlung 8.33 „Indikation zur definitiven Radiochemotherapie“ |
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Level of Evidence 1a |
||
Konsens |
Hintergrund
Zur prognostischen Bedeutung der präoperativen Therapie wurde vom Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) für die Version 1.0 der Leitlinie ein Evidenzbericht erstellt, der Publikationen bis Februar 2013 einschloss. Für die Version 2.0 (Suchzeitraum Januar 2013 bis Juli 2017) und für die Version 3.0 der Leitlinie (Suchzeitraum Juni 2017 bis September 2019) wurde jeweils eine erneute systematische Literaturrecherche durchgeführt (siehe Leitlinienreport).
Präoperative Radiochemotherapie
Aus großen Meta-Analysen ergeben sich global statistisch signifikante Überlebensvorteile für eine kombinierte präoperative Radiochemotherapie gegenüber alleiniger Operation [429] [438] [439] [443] [445] [446] [447]. Wie unten ausgeführt, sind viele der zugrunde gelegten Arbeiten von geringer Qualität. Damit leidet auch die Aussagekraft der Meta-Analysen. Die einzelnen randomisierten Studien haben Cisplatin/5-FU, teilweise plus dritter Substanz oder Carboplatin/Paclitaxel eingesetzt simultan zur Radiotherapie mit einer Dosis von 40 bis 50,4 Gy in konventioneller Fraktionierung, entsprechend 1,8 Gy bis 2,0 Gy pro Fraktion. Dies gilt für lokal fortgeschrittene Tumoren sowohl beim Plattenepithel- als auch beim Adenokarzinom. Diese Vorteile sind allerdings in beiden Tumorentitäten unterschiedlich ausgeprägt, sodass eine differenzierte Betrachtung angezeigt ist. Oft bleibt unklar, welche Patientengruppen profitieren.
Analog zur Chemotherapie bei ösophagogastralen Adenokarzinomen kann offenbar auch in der kombinierten Radiochemotherapie Cisplatin durch Oxaliplatin ersetzt werden. Jedenfalls konnte eine randomisierte Phase II/III Studie unter Einschluss von Adenokarzinomen (14 %) und Plattenepithelkarzinomen (86 %) die Gleichwertigkeit von FOLFOX gegenüber Cisplatin/5-FU im Rahmen einer definitiven Radiochemotherapie (ohne OP) belegen. Die Toxizität war ebenfalls nicht unterschiedlich [448] [449].
Adenokarzinom:
Beim lokal fortgeschrittenen Adenokarzinom des Ösophagus (Kategorie cT3 / cT4 oder cN+) können 6 randomisierte Phase III-Studien betrachtet werden [444] [451] [452] [453] [454] [455]. Zwei dieser Studien wurden in der aktuellen ASCO Guideline ausgeschlossen [453] [454], da die therapeutischen Strategien veraltet waren. Von den vier übrigen Studien sind folgende Parameter von Relevanz für die Entscheidung für oder gegen eine neoadjuvante Radiochemotherapie:
Gesamtüberleben : das Gesamtüberleben war in 2 Studien signifikant verlängert: einerseits in der US amerikanischen Studie, die wegen schlechter Rekrutierung vorzeitig abgebrochen wurde (n = 23 vs 19) und in der allerdings auch Plattenepithelkarzinome und alle Tumorstadien gemeinsam analysiert wurden [452], – andererseits in der sog. CROSS-Studie [451] [456], wo der Vorteil für Adenokarzinome geringer war als für Plattenepithelkarzinome (median 43,2 vs. 27,1 Monate; HR 0,73 (0,55–0,98) (p = 0,038) und eine transhiatale Resektion in der Regel angewandt wurde, die heute nicht mehr als onkologisch adäquat gilt. Eine Studie zeigte keinen signifikanten Vorteil der neoadjuvanten Therapie gegenüber der alleinigen Chirurgie [438], (n = 80 vs 78), wobei hier sowohl die Chemotherapie (nur 1 Kurs Cisplatin/5-FU) als auch die Radiotherapie (35 Gy) unter den üblicherweise eingesetzten Dosierungen lag. Eine Studie berichtet keine Überlebensdaten [455].
Rezidivfreies Überleben: In zwei Studien wurde das rezidivfreie Überleben durch die trimodale Therapie verlängert [457] [458] [459]. Das rezidivfreie Überleben war in der abgebrochenen Studie nach trimodaler Therapie besser für das gemischte Kollektiv aus Plattenepithel- und Adenokarzinomen mit 1,01 vs. 3,47 Jahre [457]. Auch in der CROSS Studie war das rezidivfreie Überleben nach trimodaler Therapie verlängert (Median 17,7 vs. 29,9 Monate) [451] [456]. Eine Studie zeigte für Adenokarzinome keinen Vorteil im progression-freien Überleben durch die trimodale Therapie [444]. Eine Studie berichtete nicht die rezidivfreie Überlebensrate [455].
R0 Resektionsrate: Die R0 Resektionsrate wurde in drei Studien verbessert und zwar von 59 auf 80 % (Plattenepithel- und Adenocarcinome) [444], bzw. von 69 auf 92 % (Plattenepithel- und Adenocarcinome) [451] [456]. In der dritten Studie, die nur Adenokarzinome des gaströsophagealen Übergangs untersuchte, wurde die R0 Resektionsrate von 80 auf 100 % verbessert [455]. In einer Studie wurde die R0 Resektionsrate nicht berichtet [452].
Plattenepithelkarzinom:
Für das lokal fortgeschrittene Plattenepithelkarzinom des Ösophagus (Kategorie cT3 / cT4 oder cN+) können 8 randomisierte Studien analysiert werden [444] [451] [452] [453] [456] [460] [461] [462] [463]. Die Arbeit von Urba [453], wurde, wie bereits erwähnt, in der ASCO Guideline vom Juni 2020 wegen veralteter therapeutischer Methoden (z. B. transhiatale Ösophagektomie) ausgeschlossen. Die wegen schlechter Rekrutierung abgebrochene Studie von Tepper [452], beinhaltet nur 14 Patienten mit Plattenepithelkarzinom (7 Patienten pro Arm), was eine Analyse dieser Patienten nicht sinnvoll macht. Die Studie von Cao [461], kommt aus demselben chinesischen Zentrum wie Lv et al. [462], mit überlappenden Zeiten des Studieneinschluss, so dass es unklar bleibt, ob hier unterschiedliche Patientengruppen berichtet wurden.
Analog zum Adenokarzinom können Gesamtüberleben, rezidivfreies Überleben und R0 Resektionsrate getrennt in den fünf verbliebenen Studien [458] [459] [464] [465] [466] [467], analysiert werden.
Gesamtüberleben: In zwei Studien (n = 45 vs. 50 und n = 50 vs. 51) zeigte sich kein signifikanter Überlebensvorteil durch die trimodale Therapie. In einer dieser Studien sind alle resektablen Tumoren (Kategorie cT1–3 und cN1–3) zusammengefasst [444]. Zur Limitation der präoperativen Therapie siehe oben. In der anderen Studie wurden Tumoren der Kategorie >cT1 und/oder >cN0 eingeschlossen. Diese Studie wurde wegen einer unerwartet hohen Konversionsrate zur Chirurgie (31 %) vorzeitig geschlossen [460]. In einer Studie zeigte sich ein Trend zu einem besseren Gesamtüberleben durch die Chemoradiotherapie in der Langzeitbeobachtung (41,5 vs. 56,5 Monate) (n = 64 vs. 76) [462]. Dieser Vorteil war unabhängig davon, ob die Chemoradiotherapie vor oder nach der Resektion erfolgte, obwohl nur 40 % der Patienten (30/78) die postoperative Therapie nach Protokoll erhalten konnten. In zwei Studien zeigte sich ein signifikanter Vorteil für das Gesamtüberleben nach trimodaler Therapie mit 21,1 vs. 81,6 Monaten (n = 41 vs 43) (Einschluss von Tumoren der Kategorie >cT1 und/oder >cN0) [451] [456], bzw. mit 66,5 vs 100,1 Monaten (n = 227 vs. 224) (Tumoren der Kategorie cN+ oder cT4 N0) [463].
Rezidivfreies Überleben: In nur einer Studie war das rezidivfreie Überleben durch die trimodale Therapie nicht verlängert (nach 2 Jahren 51 % vs 49 %) [460]. In den vier anderen Studien wurde das rezidivfreie Überleben beim Plattenepithelkarzinom durch die neoadjuvante Radiochemotherapie signifikant verlängert (11,6 vs. 74,7 Monate [451] [456]; 39,5 vs. 48 Monate [462]; 41,7 vs 100,1 Monate [463], sowie p = 0,014 ohne Angabe von Monaten [464]. Allerdings lässt die Methode der Nachverfolgung (per Telefon oder „outpatient service“) in der Chinesischen Studie [466], keine Aussage über das progressionsfreie Überleben zu (Bias, da Rezidive nur bei Symptomen erkannt werden), obwohl dies das primäre Zielkriterium der Studie war.
R0 Resektionsrate: In allen fünf Studien wurde durch die trimodale Therapie die R0 Resektionsrate verbessert. Der Unterschied betrug 59 vs. 80 %; 87,5 % vs 100 %; 69 % vs. 92 %; 73,3 % vs. 98,3 % bzw. 91,2 % vs 98,4 % [444] [451] [456] [460]. Erwähnt werden sollte hier nochmals, dass sich die Studien in der therapeutischen Technik und den Einschlusskriterien wie oben beschrieben deutlich unterschieden.
Schwere oder lebensbedrohliche Nebenwirkungen traten durch die Radiochemotherapie bei 13 % bis 57 % der Patienten auf. Todesfälle waren jedoch sehr selten (in der Regel unter 1 %, bei Tepper 4 % [457]. Die perioperative Letalität war in einer randomisierten Studie nach Radiochemotherapie + OP signifikant höher als nach primärer Resektion [468]. Dies betrifft aber ausschließlich Patienten mit Plattenepithelkarzinomen (entsprechend der Lokalisation im oberen und mittleren Thoraxdrittel) und ist insbesondere auf heute nicht mehr verwendete hypofraktionierte Schemata der Strahlentherapie zurückzuführen. Nur wenn man Studien mit solch veralteten Fraktionierungsschemata berücksichtigt, ergibt sich nach einer Metaanalyse [469], eine signifikant erhöhte postoperative Letalität nach präoperativer Radiochemotherapie für Plattenepithelkarzinome (HR 1,95, 95 %KI 1,06–3,60), nicht aber für Adenokarzinome (HR 0,79, 95 %KI 0,39–1,61). Insbesondere wird auch die Rate an Anastomoseninsuffizienzen durch die präoperative Radiochemotherapie nicht erhöht (HR 1,00). Zudem wird die Lebensqualität bei Langzeitüberlebenden nicht verschlechtert [470].
Insgesamt ist ein positiver Effekt der präoperativen Chemoradiotherapie insbesondere beim Plattenepithelkarzinom nachzuweisen. Die Frage, welche Subgruppen der Patienten hiervon in der klinischen Realität profitieren, ist aber ungeklärt. Diese Unsicherheit ergibt sich insbesondere aus der mangelnden Genauigkeit des präoperativen Stagings, vor allem hinsichtlich tumorbefallener Lymphknoten. So zeigte eine Studie bei frühen Plattenepithelkarzinomen (Stadien I bis IIb) [444], an überwiegend sehr erfahrenen französischen Zentren, dass von den Patienten im Arm mit primärer Chirurgie 39 % tatsächlich ein Stadium III aufwiesen, also „understaged“ waren. Auch die chirurgische Technik und Radikalität spielen eine Rolle und sind nicht standardisiert. Zudem muss die Erfahrung eines Zentrums bedacht werden (hospital volume), weil sie die postoperative Letalität und die Langzeitergebnisse beeinflusst. Es ist denkbar, dass Tumoren der Kategorie cT3N0 mit primärer Chirurgie gleich gut behandelt werden könnten, die Patienten also durch den Standard der trimodalen Therapie übertherapiert wären. Aus älteren Studien wissen wir aber, dass Tumoren der Kategorie cT3 in über 80 % der Fälle zumindest regionale Lymphknotenmetastasen ausbilden [471], und Patienten in diesem Fall auch nach optimaler Chirurgie eine sehr schlechte Prognose aufweisen [472].
Nur wenige Studien differenzieren die eingeschlossenen Stadien präzise und nur eine Studie untersucht die Tumorstadien I und II. In der Studie von Mariette et al [473], wurden T1,2, N0,1 und T3N0, M0 untersucht, allerdings wurden sowohl Adenokarzinome als auch vorwiegend Plattenepithelkarzinome eingeschlossen. Ein Überlebensvorteil zeigte sich nicht durch die neoadjuvante Therapie. Aus der gleichen Arbeitsgruppe wurde zuvor eine Analyse der T3 Plattenepithelkarzinome veröffentlicht. Auch hier zeigte sich bei Tumoren der Kategorie T3N0 kein signifikanter Überlebensvorteil durch die neoadjuvante Radiochemotherapie [474]. Die zentrenspezifische, oft geringe Verlässlichkeit des präoperativen Stagings in Bezug auf den Lymphknotenbefall, die deutlich ausgeprägte Variabilität der Radikalität der Chirurgie und damit einhergehende unterschiedliche R0 Resektionsraten, erschweren in dieser Situation die Erstellung allgemeingültiger Empfehlungen für diese besondere Tumorsituation (klinisches Stadium T3 N0 M0).
In einem jüngeren Review haben Montagnani et al. [443] über alle Formen der multi-modalen Therapie beim Plattenepithelkarzinom des Ösophagus berichtet. In mehreren Meta-Analysen wurden dann einzelne Therapiestrategien miteinander verglichen und anschließend in einer sog. rank probability analysis berechnet, welche multimodale Therapie den höchsten Therapieeffekt im Vergleich zur primären Operation aufweist. Ein signifikanter Vorteil gegenüber alleiniger Operation ergab sich für die präoperative Chemoradiotherapie gefolgt von OP und für die definitive Chemoradiotherapie. In der „rank probability analysis“ wies die präoperative Chemoradiotherapie die höchste Wahrscheinlichkeit auf, die Prognose gegenüber alleiniger OP zu verbessern. Die Daten dieser umfassenden Analyse bestätigen die Strategie der präoperativen CRT plus OP als eine Standardempfehlung beim (lokal fortgeschrittenen) Plattenepithelkarzinom des Ösophagus.
8.29 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
neu 2021 |
Empfehlungsgrad B |
Selbstexpandierende Metallstents (SEMS) sollten aufgrund einer erhöhten Komplikationsrate bei geplanter neoadjuvanter Radiochemotherapie oder als „Bridge to Surgery“ nicht eingesetzt werden. |
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Level of Evidence 4 |
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Starker Konsens |
Die präoperative SEMS-Einlage als „Bridge-to-surgery“ oder vor einer geplanten perioperativen Radiochemotherapie wird nicht empfohlen, da sie mit einer erhöhten Inzidenz von Komplikationen einhergeht und mit der Einlage von Ernährungssonden valide Alternativen bestehen. In einer systematischen Meta-Analyse von 9 Studien mit 180 Patienten zeigte sich, dass es zu einer hohen Rate an schweren Komplikationen kam (Stentmigration in 32 % und Schmerzen in 51,4 %) [475]. Eine Europäische Kohortenstudie mit 2944 Patienten erbrachte ähnliche negative Ergebnisse [476]. Die präoperative Mortalität lag in der Stentgruppe bei 13,2 % versus 8,6 % in der Kontrollgruppe und die Morbidität bei 63,2 % versus 59,2 %. Auch die R0-Resektionsrate, die mediane Zeit bis zum Rezidiv und das 3-Jahres-Überleben war in der SEMS-Gruppe deutlich schlechter als in der Gruppe ohne Stent. Die European Society of Gastrointestinal Endoscopy spricht sich demzufolge in ihren 2016 publizierten Empfehlungen [480], gegen eine Stentimplantation bei simultaner Radiotherapie als auch als „bridge to surgery“ oder vor einer präoperativen Radiochemotherapie aus („ESGE does not recommend the use of concurrent external radiotherapy and esophageal stent treatment. SEMS placement is also not recommended as a bridge to surgery or prior to preoperative chemoradiotherapy. It is associated with a high incidence of adverse events and alternative satisfactory options such as placement of a feeding tube are available. (Strong recommendation, low quality of evidence.“)
Auch in neueren systematischen Reviews [477] [481], wird aufgezeigt, dass die Implantation eines Stents die onkologischen Ergebnisse verschlechtern kann. In einer retrospektiven Observationsstudie aus Finnland und Schweden [478], führte die präoperative Implantation eines Stents zu einer Erhöhung der 30 Tage Mortalität (3,9 % versus 1,6 %) und der 90 Tage Mortalität (11,8 versus 7,0 %), ohne dass diese Unterschiede statistische Signifikanz erreichten. Eine retrospektive Studie aus den Niederlanden [479], zeigt, dass eine früher durchgeführte Radiochemotherapie zu erhöhten Stentkomplikationen führt.
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8.4.3 Restaging nach präoperativer multimodaler Therapie
8.30 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Nach Abschluss einer präoperativen Therapie soll ein erneuter Ausschluss von Fernmetastasen erfolgen. Ein Restaging des Lokalbefundes kann zur Planung der OP erfolgen. |
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Starker Konsens |
8.31 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Falls es unter einer präoperativen Therapie zu klinischen Zeichen der Tumorprogression kommt, soll eine symptombezogene Diagnostik erfolgen. Wenn endoskopisch oder bildgebend eine lokale Tumorprogression nachgewiesen ist, sollte frühzeitig eine OP durchgeführt werden. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
In den Phase III-Studien zur perioperativen Therapie erfolgte bei fehlendem Hinweis auf Tumorprogress die neoadjuvante Therapie planmäßig und führte in dieser Form für die gesamte Patientengruppe zu einer Verbesserung des Überlebens [421] [422] [482].
Falls im Verlauf der neoadjuvanten Therapie jedoch klinische Hinweise auf einen Tumorprogress bestehen (Verschlechterung tumorbedingter Symptome oder des Allgemeinzustandes) erscheint es sinnvoll, eine symptomorientierte Diagnostik mit erneutem Computertomogramm und Endoskopie durchzuführen. Im Falle eines lokalen Tumorprogresses unter neoadjuvanter Therapie sollte eine frühzeitige Operation durchgeführt werden, da Patienten mit einer lokalen Tumorprogression unter Therapie wahrscheinlich nicht von einem Fortsetzen dieser Therapie profitieren. Bisher gibt es keine validen Daten, die eine Therapieumstellung oder Therapieintensivierung rechtfertigen würden. Die präoperative Therapie sollte jedoch nicht abgebrochen werden, wenn keine Tumorprogression vorliegt (Leitlinienadaptation S3-Leitlinie Magenkarzinom) [55].
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8.4.4 Responseprädiktion
8.32 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Der klinische Nutzen der FDG-PET zur Response-Beurteilung einer Chemotherapie oder Radiochemotherapie vor Operation wird kontrovers beurteilt, weshalb die FDG-PET/CT bei dieser Fragestellung nicht routinemäßig durchgeführt werden soll. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Der Stellenwert der Fluordeoxyglucose-Positronen-Emissions-Tomographie (FDG-PET) zur Vorhersage des Ansprechens auf eine neoadjuvante Chemotherapie wurde von mehreren Arbeitsgruppen untersucht.
Etliche Studien untersuchten die FDG-PET nach neoadjuvanter Radiochemotherapie und vor Tumorresektion mit der Frage der histopathologischen Responseprädiktion und Prognoseabschätzung [483]. In Zusammenschau zeigen die meisten Studien eine mehr oder weniger starke Korrelation zwischen metabolischer Response (FDG-PET) und klinischem oder histopathologischem Ansprechen. Die Prognose metabolischer Responder war in fast allen Studien statistisch signifikant besser als die Prognose metabolischer Non-Responder. Allerdings wurden die entsprechenden Cut-off-Werte bisher nicht in prospektiven Studien validiert und multizentrische Studien fehlen. Schlussendlich erscheint der positive prädiktive Wert des Tests (d. h. die Fähigkeit mittels FDG-PET eine histopathologische Komplettremission vorherzusagen) nicht hoch genug, um daraus Entscheidungen für oder gegen eine chirurgische Resektion abzuleiten.
Andere Autoren untersuchten sequenziell mittels FDG-PET die Veränderung der Tumor-Glukoseaufnahme während neoadjuvanter Chemotherapie oder Radiochemotherapie. Es wurde beobachtet, dass eine Abnahme des sog. Standard Uptake Value (SUV) um ≥ 35 % in Relation zu Baseline innerhalb 2 Wochen nach Start einer neoadjuvanten Chemotherapie eine hohe Genauigkeit zur Vorhersage des histopathologischen Ansprechens nach neoadjuvanter Chemotherapie hat [484] [485] [486]. Insbesondere die richtige Erkennung von Nicht-Ansprechern (negativer prädiktiver Wert) war in bis zu 95 % der untersuchten Patienten bemerkenswert hoch [484]. Die metabolische Response während neoadjuvanter Chemotherapie fand sich darüber hinaus mit der Gesamtprognose bei Patienten mit Adenokarzinomen des Ösophagus und des ösophagogastralen Übergangs assoziiert. Frühe metabolische Response (PET-Response) erwies sich als genauer zur Vorhersage von histologischer Regression als das morphologische Ansprechen mittels hochauflösender Mehrschicht-CT [487]. Basierend auf diesen Beobachtungen führte die Münchner Arbeitsgruppe interventionelle Studien durch und konnte erstmals darstellen, dass die frühe PET-Response Grundlage eines individualisierten Behandlungsplans beim Adenokarzinom des Ösophagus und des ösophagogastralen Übergangs sein kann [488] [489]. Bislang konnte aber noch nicht überzeugend dargestellt werden, dass sich durch frühe PET-basierte Therapiealgorithmen die Gesamtprognose der Patienten mit Ösophaguskarzinom verbessern lässt. Auch das Postulat aus den vorausgehenden Studien, dass sich durch PET-Response-basierte Behandlungsalgorithmen unwirksame Chemotherapie einsparen oder zum Wohle des Patienten modifizieren lässt, bedarf einer prospektiv-multizentrischen Validierung.
Darüber hinaus zeigt sich in jüngeren Studien, dass die Aussagefähigkeit der frühen PET-basierten Response während neoadjuvanter Chemotherapie nicht ohne Abstriche auf eine simultane Radiochemotherapie übertragen werden können. Die positive und negative Vorhersagekraft hinsichtlich histopathologischer Regression erwies sich in mehreren Studien als deutlich schwächer [490] [491] [492] [493]. Dies wird unter anderem auf radiogen induzierte inflammatorische Reaktionen zurückgeführt, welche zu schwierig interpretierbaren Signalalterationen in der FDG-PET führen können.
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8.4.5 Indikation zur definitiven Radiochemotherapie.
8.33 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
Empfehlungsgrad A |
Eine definitive Radiochemotherapie soll unabhängig von der histologischen Entität des Ösophaguskarzinoms erfolgen, wenn der Tumor im Rahmen einer interdisziplinären Tumorkonferenz als chirurgisch/endoskopisch nicht resektabel erachtet wird oder wenn ein Patient funktionell nicht operabel ist bzw. die Operation nach ausführlicher Aufklärung ablehnt. |
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Level of Evidence 1b |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Für Patienten, die medizinisch nicht operabel sind oder deren Ösophaguskarzinom als nicht resektabel eingeschätzt wird, besteht, sofern keine Fernmetastasen vorliegen, eine kurative Chance mit definitiver Radiochemotherapie. Sowohl beim Plattenepithelkarzinom als auch beim Adenokarzinom im Stadium II-III wurden in prospektiven Studien [494] [495] und in großen Registerstudien [494] [495], Langzeitüberlebensraten von 10–35 % nach 5 Jahren beobachtet. Dabei hängt das Langzeitüberleben von der T- und N-Kategorie nach endoskopischem Ultraschall und Computertomogramm, sowie dem Allgemeinzustand der Patienten ab [495] [496] [497] [498].
Die definitive Radiochemotherapie ist effektiver als die Strahlentherapie alleine, weshalb bei Patienten ohne Kontraindikationen gegen eine Cisplatin-, Carboplatin-, oder Oxaliplatin-haltige Chemotherapie immer die Kombination zu bevorzugen ist [450] [499]. Zu den Behandlungsschemata wird auf [Tab. 14] verwiesen.
Im klinischen Stadium I sind die Langzeitergebnisse nach definitiver Radiochemotherapie bei T1-Tumoren mit 5-Jahres-Überlebensraten um 60–70 % besser, als in den höheren Stadien [500] [501]. Auch gibt es bei T1 N0 M0 Tumoren ausreichend Daten zur lokalen Kontrolle und zum Langzeitüberleben nach alleiniger perkutaner Strahlentherapie +/- Brachytherapie. Bei diesen Tumoren wurden lokale Tumorkontrollraten von 45–90 % und 5-Jahres-Überlebensraten von 38–76 % in mehreren Studien erzielt, so dass bei Kontraindikationen gegen eine begleitende Chemotherapie, die definitive Strahlentherapie bei nicht operablen Patienten eingesetzt werden kann [498] [502].
Es ist derzeit unklar, ob Patienten mit klinisch kompletter Remission (unterschiedliche Definitionen in der Literatur) nach kurativ intendierter Chemoradiotherapie von einer chirurgischen Resektion profitieren [503]. Eine Meta-Analyse fasst 4 retrospektive Studien zusammen (648 Patienten), die überwiegend Patienten mit Plattenepithelkarzinom verfolgt haben [504]. Patienten mit chirurgischer Resektion hatten zwar ein signifikant besseres krankheitsfreies Überleben (DFS) nach 2 Jahren. Nach 5 Jahren waren jedoch weder das DFS (HR 1,78, 95 %CI 0,87–3,66) noch das Gesamtüberleben (HR 1,36, 95 %CI 0,57–3,24) signifikant unterschiedlich. Klinische Studien zu diesem Thema sind derzeit in Frankreich (nur Plattenepithelkarzinom) und in den Niederlanden aktiviert. Das Problem liegt u. a. in der Vorhersage einer histologisch kompletten Zerstörung des Tumors durch klinische Methoden einschließlich PET-CT, MRT [100], und Biopsien in der ehemaligen Tumorregion. Die o. g. Daten retrospektiver Studien erlauben jedoch ein abwartendes Vorgehen (watch and wait) nach klinisch kompletter Remission bei Patientenwunsch nach Organerhalt oder bei erhöhtem OP-Risiko. Regelmäßige Verlaufskontrollen mit Endoskopie und CT sind dann sinnvoll, wenn der Nachweis einer lokalisierten Tumorprogression im Ösophagus zu einer verzögerten chirurgischen Resektion (sog. Salvage-OP) führen kann.
8.34 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Bei Patienten mit lokalisiertem Plattenepithelkarzinom des zervikalen Ösophagus sollte die definitive Radiochemotherapie gegenüber der primären chirurgischen Resektion bevorzugt durchgeführt werden. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Mit der definitiven Radiochemotherapie werden beim Plattenepithelkarzinom des zervikalen Ösophagus Langzeitüberlebensraten von 17–55 % erreicht [505] [506]. Die besten Ergebnisse wurden in Serien mit einem hohen Anteil an Patienten im Stadium I und IIA beobachtet [507]. Die simultane Chemotherapie der definitiven Radiochemotherapie wird bei Plattenepithelkarzinomen des zervikalen Ösophagus wie bei Karzinomen des thorakalen Ösophagus durchgeführt. Die Gesamtstrahlendosis liegt in den größeren retrospektiven Fallserien meist oberhalb von 50 Gy bei 60–66 Gy in konventioneller Fraktionierung [505] [506] und damit höher als beim thorakalen Ösophagus. Bezüglich der Zielvolumina wird der makroskopische Primärtumor mit cranio-caudalen Sicherheitssäumen von 3,0–4,0 cm und radialen Sicherheitssäumen von 1,0–1,5 cm, nicht jedoch über intakte anatomische Grenzen hinaus, ins klinische Zielvolumen bis zu einer Basisdosis von 50 Gy einbezogen. Makroskopisch befallene Lymphknoten werden mit einem Saum von 1,5 cm ins klinische Zielvolumen einbezogen [502] [508] [509]. Zur Berücksichtigung von set-up Abweichungen bei der täglichen Einstellung wird um das klinische Zielvolumen (CTV) noch ein Saum von 1,0–1,5 cm in alle Raumrichtungen addiert. Das resultierende Planungszielvolumen umfasst dann den makroskopischen Tumor in der Regel mit einem Saum von 4–5 cm kranio-caudal und 1,5–2,0 cm radial. Bei Karzinomen des zervikalen Ösophagus werden meist auch Lymphknotenstationen mit hohem Befallsrisiko, die zervikalen parajugulären Lymphknoten der Level III–IV, die paratrachealen und paraösophagealen Lymphknoten des Halses und im oberen Mediastinum und die medialen supraklavikulären Lymphknoten elektiv bis zu einer Basisdosis von 50 Gy ins Zielvolumen einbezogen [510] [511]. Jedoch ist die Evidenz für eine elektive Mitbestrahlung von klinisch nicht befallenen Lymphknotenstationen gering [511]. Oberhalb von 50 Gy werden die klinischen Zielvolumina auf ca.1,0 cm um den makroskopischen Tumor reduziert [512].
Vergleichende Untersuchungen zwischen operativem Vorgehen mit neoadjuvanter Radiochemotherapie und der definitiven Radiochemotherapie gibt es nur bei Plattenepithelkarzinomen des thorakalen Ösophagus. Sie zeigten dort keinen Unterschied im Überleben [309]. Beim zervikalen Ösophagus ist die Morbidität der Operation mit und ohne Pharyngolaryngektomie höher als im thorakalen Ösophagus [506] [513] [514]. Daher sollte die Operation nur in spezialisierten Zentren durchgeführt werden. Die 5-Jahres-Überlebensraten nach Operation mit oder ohne neoadjuvanter oder adjuvanter Radiochemotherapie betragen in den größeren Serien 14–47 %, ein Bereich der auch durch die Studien zur definitiven Radiochemotherapie abgedeckt wird [506].
8.35 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
modifiziert 2021 |
Empfehlungsgrad B |
Bei Patienten mit resektablen Plattenepithelkarzinomen des intrathorakalen Ösophagus der Kategorie cT3 / cT4 kann alternativ zur chirurgischen Resektion eine definitive Radiochemotherapie durchgeführt werden. vgl. auch Empfehlung 8.28 „Präoperative Radiochemotherapie mit anschließender kompletter Resektion“ |
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Level of Evidence 1a |
[114] [309] [443] [495] [497] [502] [508] [509] [515] [516] [517] |
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Konsens |
Hintergrund
Bei Patienten mit resektablen Plattenepithelkarzinomen des thorakalen Ösophagus der Kategorie cT3 / cT4 ohne hämatogene Fernmetastasen wurden randomisierte Studien zum Vergleich von definitiver Radiochemotherapie mit einer Operation durchgeführt, wobei in der Mehrzahl der Studien in den chirurgischen Armen der Operation eine neoadjuvante Radiochemotherapie vorangestellt worden war [309] [515]. Keine der Studien zeigte einen signifikanten Überlebensvorteil im Arm mit Chirurgie. Auch zeigten die Metaanalysen keine Unterschiede bezüglich des Überlebens [309] [515]. Loko-regionale Rezidive waren hingegen nach definitiver Radiochemotherapie häufiger. Zudem ergab sich häufiger die Notwendigkeit zur Bougierung. Nach neoadjuvanter Radiochemotherapie und Operation waren ganz überwiegend Fernmetastasen als erster Rezidivort aufgetreten [516]. Die therapiebedingte Mortalität war in den chirurgischen Armen höher als nach definitiver Radiochemotherapie. Somit bestehen Unterschiede in der loko-regionalen Effektivität und in der Häufigkeit schwerer Nebenwirkungen, die bei ähnlicher Überlebenschance für die Therapieempfehlung beim einzelnen Patienten von Bedeutung sind.
Zwei jüngere Meta-Analysen haben sich (unter anderem) dem Vergleich von definitiver und präoperativer Chemostrahlentherapie gewidmet. Li et al. [518], werteten dafür 13 nicht-randomisierte Studien und einen RCT der Jahre 2001 bis 2018 aus, die insgesamt über 10 000 Patienten eingeschlossen hatten. Die Heterogenität der Studien ist sehr groß (z. B. Patientenzahl je Arm zwischen 23 und 2848). Die trimodale Therapie zeigte einen Vorteil hinsichtlich Lokalrezidivrate (HR 0,35; CI 0,22–0,57) und Gesamtüberleben (HR 0,65; CI 0,56–0,76), wobei bei den retrospektiven, nicht-randomisierten Studien ein Selektionsbias möglich ist. Montagnani et al. [443], haben einen umfassenden Review aus 25 Studien (1988–2014) mit 3866 über alle Formen der multimodalen Therapie beim Plattenepithelkarzinom des Ösophagus erstellt. In mehreren Meta-Analysen wurden dann einzelne Therapiestrategien miteinander verglichen und anschließend in einer sog. rank probability analysis berechnet, welche multimodale Therapie den höchsten Therapieeffekt im Vergleich zur primären Operation aufweist. Auch in dieser Analyse wird auf die Heterogenität der Studien verwiesen. Ein signifikanter Vorteil gegenüber alleiniger Operation ergab sich für die präoperative Chemoradiotherapie gefolgt von OP und für die definitive Chemoradiotherapie. Die höchste Risikoreduktion von 38 % wurde nach dieser Analyse durch die definitive Chemoradiotherapie erzielt: HR 0,62 (CI 0,41–0,96). In der rank probability analysis wies die definitive Radiochemotherapie gefolgt von der neoadjuvanten Radiochemotherapie und Operation mit 8,28 % und 54,9 % die höchste Wahrscheinlichkeit auf, die Prognose gegenber alleiniger OP zu verbessern. Allerdings weisen die Autoren darauf hin, dass die Daten zur neoadjuvanten Radiochemotherapie die robustesten Ergebnisse zur Überlebensverbesserung aufweisen und somit die trimodale Therapie den besten Vorteil gegenüber der alleinigen Operation aufzuweisen scheint.
Die Daten dieser umfassenden Analyse bestätigen die Strategie der präoperativen Radiochemotherapie plus OP als eine Standardempfehlung beim (lokal fortgeschrittenen) Plattenepithelkarzinom des Ösophagus. Die definitive Radiochemotherapie ist darüber hinaus eine gut belegte Behandlungsalternative (insbesondere bei hochsitzendem Tumor, fraglicher Resektabilität des Tumors, erhöhtem OP-Risiko des Patienten, Patientenalter > 70 Jahre, Wunsch nach Organerhalt).
Bei der definitiven Radiochemotherapie sind als Chemotherapieschemata simultan zur Strahlentherapie Cisplatin und ein Fluoropyrimidin [516] [517] [519], Carboplatin und Paclitaxel [451] [520], Cisplatin und Paclitaxel [521], oder das FOLFOX4 Schema [448], effektiv und tolerabel. Bezüglich der zu applizierenden Gesamtdosis der Strahlentherapie bei der definitiven Radio-Chemotherapie zeigte die Nordamerikanische Intergroup-Studie INT0123 keinen Überlebensvorteil nach der höheren Gesamtstrahlendosis von 64,8 Gy im Vergleich zur niedrigeren Gesamtdosis von 50,4 Gy bei konventioneller Fraktionierung [517]. Allerdings kann diese eine Studie wegen gehäufter Protokollverstöße und einer höheren Sterblichkeit im Hochdosisarm in einem Zeitraum, in dem die Therapie in beiden Armen gleich ist, als Hinweis auf ein Ungleichgewicht von Prognosefaktoren kritisiert werden. Seit dieser Studie ist eine Gesamtstrahlendosis von 50,4 Gy bei simultaner Chemotherapie die Standarddosis für eine definitive Radiochemotherapie in Nordamerika [508]. Die randomisierten Studien zum Vergleich der neoadjuvanten Radiochemotherapie und Operation mit einer definitiven Radiochemotherapie beim Plattenepithelkarzinom des Ösophagus verwendeten jedoch alle Gesamtstrahlendosen von ≥ 60 Gy [309] [516] [522]. Diese Studien zeigen, dass höhere Gesamtdosen bei definitiver Radiochemotherapie sicher applizierbar sind. Für die Existenz einer Dosis-Effekt-Beziehung für die lokale Tumorkontrolle durch eine definitive Radiochemotherapie sprechen retrospektive Ana-lysen [497]
Die aktuellen Empfehlungen der Japanischen Ösophagus Gesellschaft [523], diskutieren einen Dosisbereich von 50,4 bis 60 Gy. Bei Pat. mit Stadium II/III Tumoren empfehlen sie eine definitive RCT bei Patienten, die eine Operation ablehnen oder die die Operation nicht tolerieren würden. Das Schema der RTOG9405/ INT0123 Studie mit 50,4 Gy wird als ein mögliches Schema angesehen. In einer retrospektiven Registerauswertung des „Comprehensive Registry of Esophageal Cancer“ [524] von Pat. mit einem in den Jahren 2009–2011 behandeltem Ösophaguskarzinom (zu 96,5 % SCC) zeigte sich, dass die Remissionsraten und das 5 Jahres Überleben nach definitiver Radiochemotherapie durch die Erhöhung der Strahlendosis von 50,4 Gy auf 60 Gy nicht verbessert wurden. In den NCCN Guidelines [525] wird aufgrund der Ergebnisse der Nordamerikanische Intergroup-Studie INT0123 eine Strahlendosis von 50–50,4 Gy bei der definitiven RCT empfohlen.
In der voll publizierten Studie ARTDECO [526] aus 16 niederländischen Zentren wurden prospektiv-randomisiert 50,4 Gy (SD; 1,8 Gy/Fraktion) mit 61,6 Gy (HD; 1,8 Gy/Fraktion plus Boost auf den Tumor mit 0,4 Gy/Fraktion) in Kombination mit wöchentlich Carboplatin und Paclitaxel verglichen (n = 260 Pat.). Der primäre Studienendpunkt war das lokale progressionsfreie Überleben (LPFS), sekundäre Studienendpunkte das lokoregionale progressionsfreie Überleben (LRPFS), das Gesamtüberleben (OS) und die Toxizität. Plattenepithelkarzinome (61,9 %) und Adenokarzinome (38,2 %) des Ösophagus und des ösophagogastralen Übergangs wurden aufgrund medizinischer Inoperabilität, technischer Irresektabilität oder Patientenpräferenz in die Studie eingeschlossen (T1–4N0–3M0 oder M1 in supraclaviculären Lymphknoten). Das Staging schloss auch ein PET-CT ein.
Nach einem medianen Follow-up von 50 Mo. zeigten sich folgende onkologische Ergebnisse: [Tab. 15]
LPFS = lokale progressionsfreie Überleben, LRPFS = lokoregionale progressionsfreie Überleben, PFS = Progressionsfreies Überleben, OS = Gesamtüberleben, SCC = Plattenepithelkarzinomen, AC = Adenokarzinom.
Quelle: [526]
Aus den Ergebnissen lässt sich schlussfolgern, dass eine Erhöhung der Strahlendosis von 50,4 auf 61,6 Gy nicht zu einer Verbesserung der lokalen Kontrolle bzw. des Überlebens führt, so dass eine Dosis von 50,4 Gy von den Autoren weiterhin als Standarddosis angesehen wird.
Bezüglich der Zielvolumina wird der makroskopisch befallene Primärtumor mit cranio-caudalen Sicherheitssäumen von 2,0–4,0 cm und radialen Sicherheitssäumen von 1,0–1,5 cm, nicht jedoch über intakte anatomische Grenzen hinaus, ins klinische Zielvolumen bis zu einer Basisdosis von 50 Gy einbezogen. Makroskopisch befallene Lymphknoten werden mit einem Saum 1,0–1,5 cm ins klinische Zielvolumen einbezogen [502] [508] [509]. Oberhalb von 50 Gy werden die klinischen Zielvolumina auf ca.1,0 cm um den makroskopischen Tumor reduziert. Die Dosis-Volumen-Grenzwerte für die Lunge werden in einigen Institutionen bei der Strahlentherapie des Ösophaguskarzinoms niedriger als beim Lungenkarzinom gewählt [527] [528]. Mit der intensitätsmodulierten Strahlentherapie lässt sich die Belastung des Herzens im Vergleich zur dreidimensional konformalen Strahlentherapie reduzieren [527]. Für die elektive Bestrahlung klinisch nicht befallener Lymphknotenstationen gibt es keine höhergradige Evidenz und daher wird deren Notwendigkeit kontrovers eingeschätzt.
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8.4.6 Vorgehen bei Tumorpersistenz/Lokalrezidiv nach Radiochemotherapie
8.36 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Bei Tumorpersistenz oder einem Lokalrezidiv ohne Fernmetastasen nach Radiochemotherapie kann der Versuch einer Salvage-Operation in kurativer Intention unternommen werden. Die sorgfältige Evaluation der Operabilität und der Resektabilität sollte durch ein in der Ösophaguschirurgie erfahrenes Behandlungsteam vorgenommen werden. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Es galt lange als ungeschriebenes Gesetz, dass eine Ösophagusresektion möglichst nicht später als 6 Wochen nach Abschluss einer Radio(chemo)therapie durchgeführt werden sollte, weil durch einsetzende Fibrosierungsvorgänge nicht nur die OP technisch aufwändiger, sondern die postoperative Mortalität deutlich ansteigen würde.
Retrospektive Daten großer Zentren aus Italien und den USA haben allerdings gezeigt, dass relevante postoperative Komplikationen und die Mortalität nicht signifikant ansteigen, wenn später als 8 Wochen nach Therapie operiert wird [529] [530]. Dies gilt für Plattenepithel- und Adenokarzinome, vorausgesetzt es besteht große Erfahrung des Behandlungsteams.
Diese Erkenntnisse sind Grundlage dafür, das Konzept der Salvage-OP (OP nur für ausgewählte Patienten) zu verfolgen und den Ergebnissen der geplanten OP (OP in der Regel) gegenüberzustellen. Bei der Salvage-OP müssen dabei zwei unterschiedliche Szenarien unterschieden werden: die Ösophagektomie direkt im Anschluss an eine nicht ausreichend wirksame Radiochemotherapie (histologisch nachgewiesene Tumorpersistenz) und die Operation bei histologisch nachgewiesenem, isoliertem Lokalrezidiv nach primär klinisch kompletter Remission durch Radiochemotherapie (Tumorrezidiv).
Zahlreiche Gruppen insbesondere aus Asien haben dazu retrospektive Daten ihrer meist unizentrischen Erfahrungen publiziert [531]. Aus diesen Publikationen kann man ablesen, dass die postoperativen Komplikationen und die Prognose sich deutlich unterscheiden, je nachdem ob es sich um Patienten mit Tumorpersistenz oder Tumorrediziv nach CR handelt. Darüber hinaus ist die R0-Resektion der wichtigste Prognosefaktor [532], und eine Salvage-OP ist nur dann sinnvoll, wenn eine komplette Resektion gelingt. Die Hospitalmortalität liegt zwischen 6 und 22 %.
Im Rahmen einer aktuelleren Literatur-Recherche der Jahre 2007–2017 wurden 28 Studien ausgewählt, in denen 1046 Patienten mit persistierendem oder rezidivierendem Ösophaguskarzinom nach dRCTx salvage-ösophagusreseziert waren [533]. Patienten mit persistierendem Ösophaguskarzinom wiesen eine signifikant höhere postoperative Komplikationsrate auf: respiratorisch (36,6 % vs. 22,7 %), cardio-vasculär (10,4 % vs. 4,5 %). Die gepoolte 30- und 90-Tages-Mortalität lag bei 2,6 % bzw. 8 %. Das 3-Jahres und das 5-Jahres-Gesamt-Überleben lag bei 39 % bzw. 19,4 %. Statistisch unterschied sich das Gesamt-Überleben nicht signifikant, ob ein persistierender oder rezidivierender Tumor vorgelegen hatte. Die Autoren schlussfolgerten, dass die Salvage-Operation eine potentiell kurative Therapieoption für Patienten wäre, bei denen initial keine Operation durchgeführt wurde, die aber in einem operationsfähigen Zustand sind [533].
Einzelne große Zentren haben mittels sog. „matched pair Analysen“ die regelhafte mit der Salvage OP nach Radiochemotherapie verglichen [534] [535]. Forscher aus dem MD Anderson Cancer Center (USA) [536], haben 65 Patienten mit einem Adenokarzinom des Ösophagus nach trimodaler Therapie (Chemoradiotherapie + 50 Gy gefolgt von OP) mit 65 Patienten verglichen, die ähnliche Risikofaktoren hatten, aber nach der gleichen Chemoradiotherapie (definitive CRT mit 50 Gy) nur dann eine OP erhielten, wenn eine lokale Tumorpersistenz oder ein lokales Tumorrezidiv auftraten. Das Intervall zwischen Ende der CRT und Salvage-OP betrug median 31 Wochen. Die Rate an R0-Resektionen war nach geplanter OP signifikant höher (99 % vs. 91 %). Die Komplikationsrate (z. B. Anastomoseninsuffizienz 16,9 % vs. 18,5 %), die Hospitalmortalität (7,7 % vs. 4,6 %) und die Überlebensrate nach 3 Jahren (55 % vs. 48 %) unterschieden sich nicht signifikant.
Eine prospektive Studie aus Japan [537], behandelte Patienten mit lokalisiertem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus auf dem Boden einer sog. informed decision. Patienten wählten entweder eine Chemoradiotherapie (Cisplatin/5-FU + 60 Gy) gefolgt von OP (n = 48) oder die gleiche Chemoradiotherapie gefolgt von einer Salvage-OP nur bei isoliert lokalem Tumorrest/Tumorprogression (n = 51). Aus der ersten Gruppe wurden 46/48 Patienten operiert, aus der 2. Gruppe erhielten nur 13/51 Patienten (26 %) eine OP. Die mediane Überlebenszeit (41,2 vs. 52,9 Monate) und die Überlebensrate nach 5 Jahren (51 % vs. 76 %) waren in der Gruppe mit Salvage-OP signifikant höher.
Eine Metaanalyse liegt inzwischen zum Vergleich geplante versus selektive OP nach Chemoradiotherapie vor [310]. Die Metaanalyse schloss 8 vergleichende Studien (in der Regel retrospektiv) mit 954 Patienten unterschiedlicher histologischer Typen des Ösophaguskarzinoms ein. In dieser Analyse war die Salvage-OP mit signifikant mehr Komplikationen (z. B. Anastomoseninsuffizienz 14,5 % vs. 24 %, p = 0,005) und höherer postoperativer Mortalität (4 % vs. 9,5 %, p < 0,001) verbunden. Die Rate inkompletter Resektionen war nicht unterschiedlich. Die Registeranalyse der französischen FREGAT-Gruppe gibt die detaillierteste Auskunft über Risikofaktoren in Bezug auf eine Salvage-Operation [538]. Das Register enthält die Details von 2944 Patienten mit Ösophaguskarzinomen, die von 30 französisch-sprechenden, europäischen Zentren zwischen 2002 und 2010 eingegeben waren. So konnten 308 Patienten mit einer Salvage-Operation ausgewertet werden. Die Hospitalmortalität lag bei 8,4 %, die Morbidität bei 34,7 %. Plattenepithel-Karzinome (P = 0,040) und eine Strahlendosis ≥ 55 Gy (P = 0,047) waren unabhängige Prädiktoren einer höheren Morbidität. Die Anastomoseninsuffizienz-Rate lag bei 12,7 %, signifikant häufiger bei cervicaler Anastomose (P = 0,002). 34,0 % der Patienten lebten nach fünf Jahren; eine Strahlendosis ≥ 55 Gy (P = 0,003), das Auftreten postoperativer Komplikationen (P = 0,006), ein ypTNM-Stadium III und R1-Resektionen korrelierten signifikant mit einem schlechteren Langzeitüberleben. Wichtig ist der Hinweis, dass die Strahlendosis im Rahmen der definitiven Radiochemotherapie nicht über 54 Gy liegen sollte, um die Komplikationsrate bei einer Salvage-Operation in einem vertretbaren Rahmen zu halten.
Zusammenfassend ist das Konzept der selektiven Salvage-OP nach Chemoradiotherapie durchführbar. Das Vorgehen bietet sich insbesondere für Patienten mit erhöhtem OP-Risiko und/oder hohem Tumorsitz (suprabifurkal) an. Die Gleichwertigkeit mit einer trimodalen Therapie hinsichtlich der Prognose ist bisher nicht belegt.
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8.4.7 Stellenwert von gezielten Therapien (targeted therapy)
8.37 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Antikörper und „small molecules“ sollen in der präoperativen Therapie nicht eingesetzt werden. |
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Konsens |
Hintergrund
In der palliativen Behandlung fortgeschrittener Adenokarzinome des Magens oder gastroösophagogastralen Übergangs wurden Phase-III-Daten publiziert, die einen signifikanten Überlebensvorteil für Patienten mit HER2-positiven Tumoren nachweisen, wenn sie zur Chemotherapie aus Cisplatin und einem Fluoropyrimid den HER2 Antikörper Trastuzumab erhielten [235]. Es ist aber trotz erster kleiner Phase-II-Studien unklar, ob dieser Antikörper auch die Ergebnisse einer präoperativen Therapie bei lokalisierten, HER2-positiven Karzinomen verbessert [55].
Bei Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus gibt es keine klaren positiven Ergebnisse von zielgerichteten Antikörpern. Der Einsatz zielgerichteter Substanzen ist daher außerhalb klinischer Studien nicht indiziert. Die Ergebnisse laufender randomisierter Studien müssen abgewartet werden.
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8.4.8 Stellenwert der postoperativen adjuvanten Radiotherapie oder Radiochemotherapie
8.38 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
modifiziert 2021 |
Empfehlungsgrad B |
Nach R0-Resektion eines Plattenepithelkarzinoms sollte eine adjuvante Radiotherapie oder Radiochemotherapie nicht durchgeführt werden. |
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Level of Evidence 1a 4 |
[417] [443] [539] [540] [541] [542] [543] [544] 1a: RT 4: CRT |
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Konsens |
Hintergrund
Die oben ausgesprochene Empfehlung 8.38 betrifft eine kleine Gruppe von Patienten, die einerseits präoperativ zu niedrig stadiiert wurden und andererseits postoperativ in der Lage sind, eine weitere Therapie zu erhalten. Für die Patienten, die schon beim initialen Staging ein lokal fortgeschrittenes Plattenepithelkarzinom aufweisen (cT3–4 oder cN1–3), gilt diese Empfehlung ausdrücklich nicht (siehe stattdessen Empfehlung 8.28).
Laut Experten-Leitlinie der ASCO sollte Patienten mit einem lokal fortgeschrittenen Karzinom des Ösophagus eine multimodale Therapie angeboten werden (Recommendation 1) [545]. Dies gilt auch für Patienten mit lokal fortgeschrittenem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus. Sollte ein Plattenepithelkarzinom des Ösophagus nach klinischem Staging primär als frühes Stadium (localized) eingestuft worden sein und sich erst postoperativ nach Aufarbeitung des Resektats ein lokal fortgeschrittenes Stadium (Kategorie cT3 / cT4 oder Kategorie cN1–3) herausgestellt haben, dann ist die Prognose nach alleiniger Chirurgie ungünstig (Überlebensrate nach 3 Jahren für pT3 ca. 50 %, für pT4 ca. 25 %, ab pN2 < 20 %) [546]. Risikofaktoren können z. B. eine hohe Zahl befallener [547] oder eine geringe Zahl entfernter Lymphknoten sein [317], ebenso wie ein ungünstiges Verhältnis (> 20 %) aus dem Quotienten der Anzahl befallener zur Anzahl histopathologisch untersuchter Lymphknoten [548] [549].
Die randomisierten Studien zur Effektivität der adjuvanten (postoperativen) alleinigen Strahlentherapie beim Plattenepithelkarzinom des Ösophagus nach kompletter Resektion fassten Malthaner et al. [550], in ihrer Metaanalyse zusammen. Die postoperative Strahlentherapie war mit keinem signifikanten Überlebensvorteil verknüpft und es bestand auch kein Trend zu einem besseren Überleben mit postoperativer Strahlentherapie. Die Studie von Thallinger mit 45 randomisierten Patienten [540], verglich eine postoperative Radiotherapie mit 50 Gy in konventioneller Fraktionierung und simultanem Cisplatin/5-FU mit einer alleinigen postoperativen Chemotherapie. Ein Trend zu einem Überlebensvorteil mit der postoperativen Radiochemotherapie wurde nicht gefunden. In einer jüngeren Meta-Analyse haben Liu et al. [542], die Daten um einige neuere retrospektive Studien ergänzt. Insgesamt wurden für die Meta-Analyse 8198 Patienten aus 6 RCTs und 13 retrospektiven Studien zur adjuvanten Radiotherapie beim Plattenepithelkarzinom des Ösophagus berücksichtigt (OP 5419, OP + Radiotherapie 2779). Während sich nur aus den retrospektiven Studien (mit hohem Risiko für Bias) ein Vorteil im Gesamtüberleben ergibt, zeigen alle dafür auswertbaren RCTs (414 Patienten) lediglich einen signifikanten Vorteil für das krankheitsfreie Überleben (HR 0,69; CI 0,54–0,88). Die Schwäche der Meta-Analyse besteht in der geringen Qualität der einbezogenen Studien und in der Tatsache, dass es unklar ist, wie viele Patienten zur Radiotherapie auch eine adjuvante Chemotherapie erhielten.
Größere randomisierte Studien zur postoperativen Radio(chemo)therapie bei diesen Patienten sind in Zukunft unwahrscheinlich. Zur postoperativen Strahlenchemotherapie bei Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus ist mit der Studie von Lv et al. [462], bisher nur eine randomisierte Studie publiziert worden, die auch die Einschlusskriterien zur Aufnahme in die systematische ASCO Guideline erfüllte [545]. Insgesamt wurden in die unizentrische Studie aus Nanjing, China 238 Patienten in 3 Arme randomisiert, 80 in den Arm mit alleiniger Chirurgie, 80 ein einen Arm mit präoperativer Radiochemotherapie und 78 Patienten in den Arm mit postoperativer Radiochemotherapie. Daher erfolgte die Randomisation präoperativ. Primärer Endpunkt der Studie war das progressionsfreie Überleben (PFS). Das PFS war sowohl mit präoperativer, als auch im Arm mit postoperativer Radiochemotherapie signifikant besser als nach alleiniger Chirurgie (log-rank p = 0,009 bzw. 0,02). Ein Bias ergibt sich aus der Tatsache, dass das follow-up per Telefon oder über einen „outpatient service“ erfolgt ist, also nicht im Rahmen strukturierter Verlaufskontrollen. Dies macht den primären Endpunkt angreifbar.
Auch das Gesamtüberleben (OS) war in der Kaplan-Meier Analyse mit multimodaler Therapie signifikant besser als mit alleiniger OP (log-rank p = 0,005 für präoperative CRT und 0,02 für postoperative CRT), obwohl 20 % der Patienten im Arm mit postoperativer Radiochemotherapie keine oder nur eine inkomplette Resektion erhalten hatten.
Auch in einer Netzwerk Meta-Analyse aus 25 prospektiv randomisierten und retrospektiv vergleichenden Studien [443], wurde eine Tendenz für eine Verbesserung der Prognose durch eine postoperative Strahlenchemotherapie im Vergleich zur alleinigen Operation gesehen, allerdings bei weiten Vertrauensbereichen (postoperative Radiochemotherapie im Vergleich zur alleinigen Operation: Hazard Ratio 0,73 (95 % CI: 0,47–1,12). Die Effektstärke der neoadjuvanten Radiochemotherapie + Operation versus alleinige Operation war in dieser Metaanalyse gleich, allerdings mit signifikantem Vorteil für die multimodale Therapie (HR 0,73 (95 % CI: 0,62–0,86)). Wie sehr der Einschluss unterschiedlicher retrospektiver Daten die Ergebnisse derartiger Metaanalysen verzerren kann, zeigt der Vergleich mit anderen Metaanalysen. In der Meta-Analyse von Luo [543], wurde kein Vorteil für die postoperative Strahlenchemotherapie beim Plattenepithelkarzinom des Ösophagus hinsichtlich des Gesamtüberlebens gefunden (HR 0,94 (95 % CI: 0,85–1,04). Die Meta-Analyse von Kang [544], hat dahingegen einen Vorteil für die postoperative Chemoradiotherapie hinsichtlich Gesamtüberleben und Rezidivwahrscheinlichkeit ermittelt. In die Analyse wurden ausschließlich Studien von niedriger Evidenz (keine prospektiv randomisierten Studien) bzw. von geringer Qualität eingeschlossen. Zu berücksichtigen ist auch, dass die meisten Studien aus Asien stammen (11/13 Studien).
Insgesamt ist die Evidenz für die postoperative Strahlenchemotherapie als schwach einzuschätzen. Bei der ungünstigen Prognose nach alleiniger Operation von Patienten mit thorakalem Plattenepithelkarzinomen im postoperativen Stadium III mit den angegebenen Risikofaktoren kann aber im Einzelfall bei erhöhtem Lokalrezidivrisiko die Indikation zu einer postoperativen Radiochemotherapie gestellt werden (zur adjuvanten Immuntherapie siehe Kapitel 8.4.8). Diese kann z. B. in Anlehnung an das Schema der CROSS Studie [451] [456], bis zu einer Gesamtdosis von 50,4 Gy durchgeführt werden. Auf eine sorgfältige Minimierung der Toxizität durch Wahl individualisierter Zielvolumina auf die Hochrisikoregionen soll dabei geachtet werden. Befallene Lymphknotenstationen sollten in das Zielvolumen eingeschlossen werden, wobei die Anastomosenregion und das Primärtumorbett nicht obligat eingeschlossen werden brauchen, wenn keine befallenen Lymphknoten in unmittelbarer Nachbarschaft nachgewiesen wurden [551].
Bezüglich der Toxizitäten durch die postoperative Strahlentherapie zeigten kleine randomisierte Studien aus den 80iger Jahren des letzten Jahrhunderts ausgeprägtere Toxizitäten. Diese Studien wurden entweder mit hohen Einzeldosen von 3,5 Gy pro Fraktion durchgeführt [552], die heute zugunsten einer Fraktionierung mit 1,8 Gy pro Fraktion aufgegeben wurden, oder mit sehr großen Zielvolumina [553]. Derartige Toxizitäten wurden in neueren Studien zur postoperativen Radiotherapie mit aktueller strahlentherapeutischer Technik nicht oder in deutlich geringerem Ausmaß gesehen [554] [555].
Wegen der insbesondere in der präoperativen Therapie nachgewiesenen höheren Effektivität der Radiochemotherapie im Vergleich zur alleinigen Radiotherapie erscheint es sinnvoll, die Radiotherapie mit einer simultanen Chemotherapie zu kombinieren, wenn im Einzelfall die Indikation zu einer postoperativen Therapie gestellt wird.
8.39 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
Empfehlungsgrad 0 |
Nach R0-Resektion eines Adenokarzinoms des ösophagogastralen Übergangs kann bei erhöhtem Lokalrezidivrisiko eine adjuvante Radiochemotherapie bei nicht neoadjuvant behandelten Patienten durchgeführt werden. |
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Level of Evidence 1b |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Die Evidenz für einen Nutzen einer präoperativen Radiochemotherapie oder perioperativen Chemotherapie ist höher als der für eine postoperative Radiochemotherapie, so dass eine präoperative Behandlung eindeutig präferiert werden soll (Kapitel 8.4.2). Falls aufgrund einer präoperativ unterstützenden Tumorausdehnung („understaging“) keine präoperative Therapie erfolgt ist, kann eine postoperative Radiochemotherapie durchgeführt werden. Vor Beginn einer adjuvanten Radiochemotherapie ist das Fortbestehen der kurativen Therapieintention zu überprüfen und Fernmetastasen sind auszuschließen. Im Falle von Fernmetastasen ist ein Konzept mit kombinierter Radiochemotherapie nicht mehr sinnvoll. Stattdessen ist die Umstellung auf eine palliative Therapie indiziert (siehe Kapitel 9).
Der Effekt einer postoperativen Radiochemotherapie wurde beim Adenokarzinom des Magens in 8 randomisierten Studien im Vergleich zur alleinigen Operation oder Operation mit postoperativer Chemotherapie untersucht [465]. Die Metaanalyse dieser Studien zeigt ein verbessertes progressionsfreies Überleben (HR 0,66: 95 % KI 0,55–0,78) und Gesamtüberleben (HR 0,75; 95 % KI 0,63–0,89) [465], mit postoperativer Radiochemotherapie im Vergleich zur alleinigen Operation und ein verbessertes progressionsfreies Überleben (HR 0,77; 95 % KI 0,65–0,91) im Vergleich zur Operation mit postoperativer Chemotherapie. Der Anteil von Karzinomen des ösophagogastralen Übergangs und der Kardia lag in den Studien bei 6–23 % [457] [468] [556] [557]. Daher kann, wie beim Magenkarzinom, auch für Adenokarzinome des ösophago-gastralen Übergangs eine postoperative Radiochemotherapie durchgeführt werden, wenn ein erhöhtes Lokalrezidivrisiko angenommen wird. Dies kann bei multiplen befallenen Lymphknoten oder bei eingeschränkter Lymphadenektomie der Fall sein [457] [556]. Bei der adjuvanten postoperativen Radiochemotherapie wird eine Gesamtdosis von 45–50,4 Gy in konventioneller Fraktionierung mit 1,8–2,0 Gy pro Fraktion, 5 Fraktionen pro Woche, appliziert. Bezüglich des originalen Schemas der Intergroup 0116-Studie wurden von den Verfassern der NCCN-Leitlinie zum Ösophaguskarzinom Sicherheitsbedenken geäußert. Die simultane Chemotherapie kann eher mit Capecitabin, wie in der ARTIST1-Studie [558], durchgeführt werden. Dies umso mehr als die Phase III-Studie ALLIANCE [559], keinen Vorteil ergab, wenn statt der Chemotherapie mit 5-FU/Folinsäure vor und nach der adjuvanten Chemoradiotherapie eine intensivierte Therapie mit Epirubicin/Cisplatin/5-FU (ECF) eingesetzt wurde.
Die Empfehlungen bezüglich einer alleinigen adjuvanten Chemotherapie bei Adenokarzinomen des gastro-ösophagealen Übergangs orientieren sich an der S3-Leitlinie zum Magenkarzinom [55]. Die beim Magenkarzinom durchgeführten Metaanalysen unterscheiden nicht zwischen dem eigentlichen Magenkarzinom und dem Adenokarzinom des gastro-ösophagealen Übergangs. Nach primärer R0-Resektion (ohne präoperative Chemotherapie) sollte keine adjuvante Chemotherapie durchgeführt werden.
Diese relative Negativempfehlung beruht auf der Überzeugung der Leitliniengruppe, dass bei Adenokarzinomen des ösophago-gastralen Übergangs eine Präferenz für die perioperative Chemotherapie bzw. präoperative Radiochemotherapie als primäre Behandlungsstrategie etabliert werden sollte. Eine alleinige adjuvante Chemotherapie wird nicht als primäres Therapiekonzept empfohlen, da 1) eine alleinige adjuvante Therapie aufgrund des postoperativen Allgemeinzustandes bei viel weniger Patienten durchführbar ist [422] zudem 2) der Nutzen eines perioperativen Therapiekonzeptes durch positive Einzelstudien besser belegt ist (Kapitel 8.4.2) und 3) die Überlebensverbesserung durch eine perioperative Therapie größer ist, als durch eine alleinige adjuvante Therapie (13,8 % vs. 5,8 %; [560].
Sollte jedoch bei Patienten durch ein unzureichendes Staging oder Notoperation kein präoperatives Therapieverfahren eingeleitet worden sein, kann bei Patienten mit primär lokal fortgeschrittenem Tumorstadium, v. a. mit positiven Lymphknoten, die adjuvante Chemotherapie nach der vorliegenden Evidenz erwogen und angeboten werden [55].
#
8.4.9 Stellenwert der adjuvanten Immuntherapie
8.40 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
neu 2022 |
Empfehlungsgrad B |
Wenn nach neoadjuvanter Radiochemotherapie und R0 Resektion eines Plattenepithelkarzinoms im Ösophagus oder eines Adenokarzinoms im Ösophagus bzw. im gastroösophagealen Übergang im Resektat histologisch noch ein Resttumorbefund nachgewiesen werden kann (≥ ypT1 oder ≥ ypN1), sollte eine adjuvante Immuntherapie mit Nivolumab über 1 Jahr durchgeführt werden. |
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Level of Evidence 2 |
[561] 2: LoE nach Oxford 2011 – einzelnes RCT Für Evidenzbewertung nach GRADE siehe Evidenztabelle (Leitlinienreport) |
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Starker Konsens |
Adjuvante Therapiemaßnahmen, zumal nach multimodaler Therapie, wurden bei Patienten mit Ösophaguskarzinom bisher kaum durchgeführt. Dies hat sich durch die Einführung der Immuntherapie geändert. Die internationale Phase III-Studie CheckMate 577 hat untersucht, ob eine einfache Checkpoint-Blockade mit Nivolumab das Rezidivrisiko nach präoperativer Radiochemotherapie und R0-Resektion für solche Patienten verbessert, bei denen keine pathologisch komplette Remission erzielt wurde [561]. In diese Studie wurden Patienten mit einem Stadium-II/III-Ösophaguskarzinom oder Karzinom des gastroösophagealen Übergangs (71 % Adenokarzinome, 29 % Plattenepithelkarzinome) aufgenommen. Wenn nach neoadjuvanter RCT und OP im Resektat noch ein Tumorbefund ≥ ypT1 oder ≥ ypN1 vorhanden war, wurden die Patienten randomisiert in den Nivolumab-Arm (n = 532; 240 mg alle 2 Wochen × 8, dann 480 mg alle 4 Wochen, Gesamttherapiedauer 1 Jahr) oder den Placebo-Arm (n = 262). Die Studie zeigt, dass eine adjuvante Immuntherapie über 12 Monate durchführbar ist (mediane Therapiedauer 10,1 Monate) und dass die Lebensqualität der Patienten gegenüber Placebo nicht negativ beeinflusst wird. Der primäre Endpunkt wurde im Verlauf der Studie (vor Auswertung) von der Kombination aus krankheitsfreiem und Gesamtüberleben auf das krankheitsfreie Überleben verändert (DFS: Ereignisse Rezidiv oder Tod). Die Auswertung ergab eine signifikante Verlängerung des DFS von median 11,0 Monate mit Placebo auf 22,4 Monate mit Nivolumab (p < 0,001, HR = 0,69; CI 0,56–0,86). Nivolumab reduzierte vor allem den Anteil an Fernrezidiven (29 % vs. 39 %). Patienten mit Karzinomen beider Histologien profitieren signifikant (Plattenepithelkarzinome: DFS 11,0 vs. 29,7 Mo., HR = 0,61 (95 % CI, 0,42–0,88); Adenokarzinome: DFS 11,1 vs. 19,4 Mo., HR = 0,75 (96,4 % CI, 0,56–0,86)). Das Ergebnis unterschied sich nicht zwischen PD-L1 positiven (72 % der Patienten) oder negativen Tumoren, wobei für die Studie abweichend von anderen Studien beim oberen GI-Trakt nur die Tumorzellen berücksichtigt wurden (TPS score ≥ 1 % oder < 1 %).
Daten zum Gesamtüberleben liegen noch nicht vor. Fernmetastasen traten unter Nivolumab seltener auf als unter Placebo (29 % vs. 39 %). Das galt auch für lokoregionale Rezidive (12 % vs. 17 %). Das mediane Fernmetastasen-freie Überleben war im Nivolumab-Arm und Placebo-Arm signifikant unterschiedlich (28,3 Mo. (95 % CI:21,3–nicht erreicht) vs. 17,6 Mo. (95 % CI:12,5–25,4), HR 0,74; 95 % CI: 0,60–0,92).
Das DFS im Kontrollarm erscheint mit median 11 Monaten ungewöhnlich kurz. In einer ebenfalls 2021 (vorläufig) publizierten Registerstudie aus den Niederlanden beträgt das DFS für Patienten ohne pCR nach Radiochemotherapie und OP median immerhin 19,2 Monate [562]. Das ungünstige DFS in der CheckMate-577-Studie könnte am hohen Anteil von Hochrisikopatienten mit fehlendem Downsizing (ypT3–4) oder anhaltend positiven Lymphknoten (ypN+) liegen, der bei nahezu 60 % lag. Diese Angaben fehlen in der vorläufigen Publikation der niederländischen Studie, was eine Vergleichbarkeit erschwert.
Auf dem Boden der CheckMate 577-Studie wurde Nivolumab in Europa zugelassen zur adjuvanten Behandlung der Karzinome des Ösophagus oder des gastroösophagealen Übergangs bei Erwachsenen mit pathohistologisch gesicherter Resttumorerkrankung nach vorheriger neoadjuvanter Radiochemotherapie und durchgeführter R0 Resektion.
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8.4.10 Nachsorge und Rehabilitation
8.41 |
Konsensbasiertes Statement |
geprüft 2021 |
EK |
Die Nachsorge bei operativ oder radiochemotherapeutisch behandelten Patienten mit Ösophaguskarzinom erfolgt symptomorientiert, um die Lebensqualität beeinflussende Funktionsstörungen zu erfassen. Eine symptomorientierte Anamneseerhebung und körperliche Untersuchung sind grundsätzlicher Bestandteil der Nachsorge. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Es gibt Gründe für eine symptomorientierte Nachsorge bei Patienten mit einem ösophagogastralen Karzinom:
-
um Funktionsstörungen zu entdecken in Verbindung mit einem Rezidiv oder als benigne Komplikationen der Behandlung
-
um den Ernährungszustand zu beurteilen und ggf. Ernährungsprobleme zu handhaben
-
um für den Patienten und die Familie psychische Unterstützung anzubieten, mit angemessenen medizinischen Maßnahmen in Verbindung mit der Palliativmedizin
Im Rahmen der symptomorientierten Nachsorge ist eine Anamnese, eine körperliche Untersuchung einschließlich Gewicht und eine Blutbild-Bestimmung (ggf. ergänzt um Eisen, Ferritin, Transferrin-Sättigung) durchzuführen. Diese Untersuchungen erfolgen zu Beginn kurzfristiger, um Komplikationen schneller zu entdecken und eine Balance des Nahrungshaushaltes zu sichern [563] [564].
8.42 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
In den ersten 6 Monaten sollten regelmäßige Verlaufskontrollen des Ernährungsstatus einschließlich Diätberatung erfolgen. Die Supplementierung der oralen Energiezufuhr mit Trinklösung oder sogar Sondenernährung über eine zunächst belassene Feinnadelkatheterjejunostomie kann empfohlen werden. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Selbst bei völlig unkompliziertem postoperativem Verlauf wird bei den meisten Patienten die orale Kalorienzufuhr für eine längere Periode oftmals erheblich unter dem tatsächlichen Energiebedarf liegen. So kann nach Ösophagusresektion bei 30 % der Patienten ein Gewichtsverlust von mehr als 15 % innerhalb von 6 Monaten erwartet werden [458].
Eine prospektive Kohortenstudie hat nur bei 10 % der Patienten mit Ösophagusresektion (n = 96), die eine Rekonstruktion als Magenhochzug erhielten, eine den allgemeinen Empfehlungen folgende ausreichende Zufuhr an Mikronährstoffen gezeigt [565]. Die Ursachen entsprechen denen der bariatrisch durchgeführten Magenschlauchbildung als „Sleeve“ Gastrektomie: Verlust an Appetit, verminderte enterale Toleranz, evtl. mit Dumping-Syndrom, Meteorismus und Diarrhoe.
Im Rahmen der der Leitlinie entsprechenden früh postoperativen Ernährungstherapie [242], wird eine Ernährungsberatung dringend empfohlen und von den meisten Patienten sehr gerne angenommen.
Sofern bei der Operation eine Feinnadelkatheterjejunostomie (FKJ) implantiert wurde, kann es von Vorteil sein, diese nicht bereits bei der Entlassung aus dem Krankenhaus zu entfernen. Wenn notwendig, kann eine supplementierende enterale Ernährung über die FKJ z. B. mit 500–1000 kcal/Tag über Nacht über mehrere Monate erfolgen. Eine entsprechende Unterweisung des Patienten und seiner Familie ermöglicht in den meisten Fällen die Versorgung ohne Einbindung eines Pflegedienstes. Auch wenn ein weiterer Gewichtsverlust häufig unvermeidlich ist, kann doch zumindest eine Abschwächung erwartet werden [240] [566].
Eine Verlaufskontrolle des Ernährungsstatus kann mit der Beobachtung des BMI leicht durchgeführt werden. Jedoch ist der BMI nicht sensitiv für Unterschiede in der Körperzusammensetzung. Die Bioelektrische Impedanz Analyse (BIA) ist eine leicht durchführbare nicht-invasive Methode, welche auch bei ambulanten Patienten ohne Belastung durchgeführt werden kann. Der intraindividuelle Verlauf kann in einem Drei-Kompartiment-Model (Extrazellulärmasse, Körperzellmasse und Fettmasse) dargestellt und beobachtet werden. Von der Körperimpedanz sind das Verhältnis der Extrazellulärmasse zur Körperzellmasse und der Phasenwinkel einfach verfügbare Werte, welche zuverlässige und valide Informationen über den Zellgehalt des Körpers ermöglichen. Idealerweise wird die erste Untersuchung bereits bei Diagnosestellung durchgeführt.
8.43 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Patienten mit Ösophaguskarzinom sollten – im Rahmen ihrer Möglichkeiten – zu körperlicher Aktivität motiviert werden. Nach Abschluss der Primärtherapie sollte allen rehabilitationsfähigen Patienten eine Anschlussheilbehandlung angeboten werden. Die rehabilitative Therapie soll medizinische, pflegerische, edukative, trainierende und psychosoziale Maßnahmen umfassen, die dem individuellen Rehabilitationsbedarf angepasst werden. Zur Reduzierung des durch die Tumorerkrankung oder die Tumortherapie bedingten Fatigue-Syndroms sollte ein sich an der individuellen Belastungsfähigkeit orientierendes Ausdauertraining durchgeführt werden. |
|
Konsens |
Hintergrund
Um die Muskelmasse der Patienten mit Ösophaguskarzinom zu erhalten, sollten ein leichtes Ausdauer- und ein spezielles Muskelaufbautraining empfohlen werden. Es gibt keine spezifischen Studien zu Patienten mit Ösophaguskarzinom. In einer Cochrane Übersichtsarbeit [567], haben die Autoren insgesamt 56 Studien mit 4826 Krebspatienten eingeschlossen. In 36 Studien wurden Teilnehmer während einer laufenden Therapie untersucht, in 10 Studien während der Therapie und danach und in 10 Studien vor Beginn der Therapie. Die Übungsgruppe wies eine signifikante Reduktion von Angst, Depression, Fatigue und Schlafstörungen nach der Bewegungstherapie auf. Ebenso war die körperliche Leistungsfähigkeit verbessert, die soziale Befähigung und Teilhabe wie auch die Lebensqualität. Darüber hinaus untermauern auch neuere Übersichtsarbeiten und Studien [568], bei Patienten mit Lungenkarzinomen, dass eine Bewegungstherapie zur Verbesserung von Ausdauer und Erhalt der Muskelmasse beitragen können.
Patienten mit Ösophaguskarzinom leiden häufig unter einem Gewichtsverlust und einem Erschöpfungssyndrom mit körperlich eingeschränkter Leistungsfähigkeit. Daher sollte ein spezielles Rehabilitationsprogramm zur Verbesserung der Ernährungssituation und der kardio-respiratorischen Ausdauer angeboten werden [459]. Auftrag der Rehabilitation ist die möglichst weitgehende Beseitigung – zumindest aber Kompensation – Tumor- oder therapiebedingter Folgen sowie die Hilfestellung bei der Akzeptanz verbleibender Behinderungen mit dem Ziel einer selbstbestimmten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Für die rehabilitative Maßnahme sind ausgewiesene Reha-Zentren bzw. Kliniken mit gastrointestinaler und onkologischer Expertise zu bevorzugen, die den Standards des Qualitätssicherungsverfahrens der Deutschen Rentenversicherung entsprechen und somit auch Elemente zur Motivation zu mehr Sport und Bewegung beinhalten [569].
Ziel jeder Rehabilitation sind Sicherung und erforderlichenfalls Verbesserung der Lebensqualität des Betroffenen, wobei die Notwendigkeit dieser Maßnahmen individuell einzuschätzen ist. Rehabilitation ist vom Gesetzgeber als sozialer Anspruch definiert (SGB I, § 19). Art und Umfang der erforderlichen Leistungen werden im SGB I (§ 29), SGB V (Krankenversicherung), SGB VI (Rentenversicherung), SGB III (Arbeitsforderung), ferner im RehAnglG und im SGB IX konkretisiert. Der Rehabilitationsbedarf nach Behandlung von Ösophaguskarzinomen ist äußerst variabel und im Wesentlichen abhängig von Art und Ausmaß des operativen Vorgehens sowie der Therapiefolgen. Rehabilitationsverfahren sollten bei definiertem Rehabilitationsbedarf und individueller Rehabilitationsfähigkeit möglichst im Anschluss an die Primärtherapie stattfinden.
Zum Stellenwert rehabilitativer Maßnahmen bei Patienten mit Ösophaguskarzinom liegt keine auswertbare Literatur vor. In einer Cochrane Übersichtsarbeit [569], haben die Autoren insgesamt 40 randomisierte und kontrollierte klinische Studien mit 3694 Patienten und unterschiedlichen Krebsarten nach abgeschlossener Primärtherapie eingeschlossen. Im Vergleich zu den Kontrollgruppen zeigte sich ein positiver Effekt nach Abschluss des Bewegungsprogramms bezüglich Angst, Müdigkeit, Depression, Sexualität, Schlafstörungen, Schmerzen, Lebensqualität und der sozialen Rolle. Zur Reduzierung des durch die Tumorerkrankung oder therapiebedingten Fatigue-Syndroms sollte ein sich an der individuellen Belastungsfähigkeit orientierendes Ausdauertraining durchgeführt werden.
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#
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9 Palliativtherapie
9.1 Palliative Systemtherapie: Allgemein
9.1 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
neu 2022 |
Empfehlungsgrad A |
Allen Patienten soll nach der Diagnose einer nicht-heilbaren Krebserkrankung eine Palliativversorgung angeboten werden, unabhängig davon, ob eine tumorspezifische Therapie durchgeführt wird. |
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Level of Evidence 1- |
[570] [571] [572] [573] [574] [575] [576] [577] [578] 1-: LoE aus S3-Palliativmedizin |
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Starker Konsens |
#
9.2 Palliative Erstlinientherapie: Adenokarzinom des Ösophagus und des ösophagogastralen Übergangs
9.2 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
modifiziert 2022 |
Empfehlungsgrad A |
Patienten mit einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenen, nicht kurativ behandelbaren Adenokarzinom des Ösophagus und des ösophagogastralen Übergangs soll eine Systemtherapie angeboten werden. Therapieziel ist die Verlängerung der Überlebenszeit und der Erhalt der Lebensqualität. |
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Level of Evidence 1a |
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Starker Konsens |
9.3 |
Konsensbasierte Empfehlung |
modifiziert 2022 |
EK |
Vor Einleitung einer palliativen Systemtherapie soll der HER2-Status als prädiktiver Faktor für eine Therapie mit Trastuzumab und der PD-L1 CPS als prädiktiver Faktor für eine Therapie mit einem Immun-Checkpoint-Inhibitor bestimmt werden. |
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Starker Konsens |
9.4 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
modifiziert 2022 |
Empfehlungsgrad A |
Bei negativem HER2-Status und einem PD-L1 CPS< 5 soll eine Platin (Oxaliplatin oder Cisplatin)-/Fluoropyrimidin-haltige Zwei- oder Dreifachkombination eingesetzt werden. |
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Level of Evidence 1a |
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Starker Konsens |
9.5 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
neu 2022 |
Empfehlungsgrad A |
Bei negativem HER2-Status und einem erhöhten PD-L1 CPS Cut-off Wert (für Nivolumab PD-L1 CPS≥ 5, für Pembrolizumab PD-L1 CPS≥ 10) soll eine Platin (Oxaliplatin oder Cisplatin)/Fluoropyrimidin-Kombination zusammen mit einem der genannten Immun-Checkpoint-Inhibitoren eingesetzt werden. |
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Level of Evidence 2 |
2: LoE nach Oxford 2011 – einzelnes RCT Für Evidenzbewertung nach GRADE siehe Evidenztabelle (Leitlinienreport) |
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Starker Konsens |
9.6 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
modifiziert 2022 |
Empfehlungsgrad A |
Bei HER2-überexprimierenden Tumoren (IHC3 + oder IHC2 + und FISH+) soll eine Cisplatin/Fluoropyrimidinbasierte Erstlinienchemotherapie um Trastuzumab ergänzt werden. |
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Level of Evidence 2 |
2: Leitlinienadaptationen S3-Magenkarzinom |
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Starker Konsens |
Hintergrund
In vielen randomisierten Phase-III-Studien für das Magenkarzinom stellte die Subgruppe der Adenokarzinome des gastroösophagealen Überganges und der distalen Adenokarzinome des Ösophagus einen erheblichen Anteil der Studienpopulation dar [466] [467] [469] [470] [579]. So konnte mit einer Platin- und Fluoropyrimidinbasierten Kombinationschemotherapie mit Docetaxel oder Epirubicin eine signifikante Verbesserung hinsichtlich des Überlebens, der Zeit bis zur Tumorprogression und ein Vorteil in der Lebensqualität gegenüber älteren Chemotherapie-Protokollen (FUP, FAMTX) nachgewiesen werden (DCF vs. FUP: Mediane Überlebenszeit 9,2 Monate vs. 8,6 Monate [p = 0,02] und progressionsfreies Überleben 5,6 Monate vs. 3,7 Monate [p < 0,001] sowie ECF vs. FAMTX: Mediane Überlebenszeit 8,9 Monate vs. 5,7 Monate [p = 0,0009] und FFS 7,4 Monate vs. 3,4 Monate [p = 0,00 006]) [467] [470]
Patienten mit negativem HER2-Status und einem PD-L1 CPS< 5 (kombinierter positiver Score) soll daher eine Platin- und Fluoropyrimidinhaltige Zwei- oder Dreifachkombination angeboten werden. Hierbei kommen u. a. folgende Kombinationen in Betracht: S-1/Cisplatin oder Capecitabin/Cisplatin [XP], infusionales 5-Fluorouracil, Folinsäure und Cisliplatin [PLF], Epirubicin, Cisplatin, Capecitabin [ECX], Epirubicin, Oxaliplatin, Capecitabin [EOX], Epirubicin, Cisplatin, infusionales 5-Fluorouracil [ECF], Docetaxel, Cisplatin, infusionales 5-Fluorouracil [DCF], infusionales 5-Fluorouracil/Folinsäure und Oxaliplatin (FLO) oder die Kombination aus 5-Fluorouracil (infusional), Folinsäure, Oxaliplatin und Docetaxel (FLOT-Regime) [52] [114] [466] [467] [469] [470] [525] [579] [580] [581] [582] [585] [586].
Für Patienten, die sich nicht für eine Platin-(Oxaliplatin oder Cisplatin) basierte Therapie qualifizieren, stellt infusionales 5-Fluorouracil, Folinsäure und Irinotecan (FOLFIRI) eine Therapieoption dar. In einer randomisierten Phase-3-Studie wurde ECX versus FOLFIRI verglichen. Primärer Endpunkt der Studie war die TTF (time-to-treatment failure). In dieser Studie zeigte sich eine signifikante Verlängerung der TTF zugunsten von FOLFIRI (5,1 vs 4,2 Monate, p = 0,008) und eine vergleichbare mediane Überlebenszeit (9,5 vs.9,7 Monate, p = 0,95). Das Nebenwirkungsprofil von FOLFIRI war gegenüber ECX günstiger [587].
Bei der Auswahl der Therapieregime sind Allgemeinzustand, Alter, Begleiterkrankungen, Toxizitäten der Therapie und die individuelle Situation des Patienten zu berücksichtigen. Ist eine Docetaxel-basierte Dreifachkombination indiziert, sollten modifizierte Schemata dem klassischen DCF-Regime vorgezogen werden, da das DCF-Regime mit einer erhöhten Toxizität assoziiert ist. In mehreren zum Teil randomisierten Phase-II-Studien konnte gezeigt werden, dass u. a. die Kombination aus 5-Fluorouracil (infusional), Folinsäure, Oxaliplatin und Docetaxel (FLOT-Regime) eine dem DCF-Regime vergleichbare Aktivität bei günstigerem Nebenwirkungsprofil aufweist [586] [588].
Für ältere Patienten konnte in mehreren klinischen Studien gezeigt werden, dass die Kombination aus Oxaliplatin mit einem Fluoropyrimidin (5-Fluorouracil oder Capecitabin) hinsichtlich der Nebenwirkungen durchgeführt werden kann. Das mediane Alter der Patienten lag in diesen Studien zwischen 70–77 Jahren. Das mediane Überleben betrug 9,5 bis 11,7 Monate [589] [590] [591] [592].
Eine palliative Chemotherapie sollte zum frühestmöglichen Zeitpunkt der Diagnosestellung der fortgeschrittenen Erkrankung eingeleitet werden.
Zwischenzeitlich wurden Phase-III-Studien publiziert, die den Stellenwert der Immuntherapie in der Systemtherapie des fortgeschrittenen nicht kurativ behandelbaren Adenokarzinoms des Ösophagus, des ösophagogastralen Übergangs und Magens etabliert haben.
In der KEYNOTE-590-Studie konnte für das HER-2 negative fortgeschrittene Adenokarzinom des Ösophagus und des ösophagogastralen Übergangs (AEG-Typ 1) für die Erstlinientherapie ein signifikanter Überlebensvorteil für die Kombination von Pembrolizumab mit Cisplatin und 5-Fluorouracil gegenüber der alleinigen Chemotherapie bei Tumoren mit einem PD-L1 CPS ≥ 10 gezeigt werden (HR 0,62; 13,5 vs 9,4 Monate, p < 0,0001) [583]. Basierend auf diesen Daten wurde Pembrolizumab für das nicht kurativ behandelbare HER2-negative Adenokarzinom des Ösophagus oder des ösophagogastralen Übergangs mit einem PD-L1 CPS ≥ 10 in Kombination mit einer Platin- und Fluoropyrimidin-basierten Chemotherapie zugelassen.
In der dreiarmigen CheckMate-649 Studie erhielten Patienten mit einem fortgeschrittenen HER2-negativen Adenokarzinom des Ösophagus, des ösophagogastralen Übergangs oder des Magens entweder eine Oxaliplatin-basierte Kombination mit einem Fluoropyrimidin (Standard-Chemotherapie, (N = 792) oder zusätzlich zur Chemotherapie Nivolumab (N = 789), oder eine alleinige Immuntherapie mit Nivolumab und Ipilimumab. Der größte Teil (70 %) der eingeschlossenen Patienten hatte ein metastasiertes Adenokarzinom des Magens.
In der ersten Auswertung der Studie (Chemotherapie +/– Nivolumab) zeigte sich eine signifikante Verbesserung des Überlebens für die zusätzliche Gabe von Nivolumab gegenüber der alleinigen Chemotherapie für Karzinome mit einem PD-L1 CPS ≥ 5, (14,4 vs 11,1 Monate; HR 0,71 p < 0,0001) [584]. Basierend auf diesen Daten wurde Nivolumab in Kombination mit einer Platin- und Fluoropyrimidin-basierten Chemotherapie für die Erstlinientherapie des fortgeschrittenen HER2-negativen Adenokarzinoms des Ösophagus, des ösophagogastralen Übergangs und des Magens mit einem PD-L1 CPS ≥ 5 zugelassen.
Hintergrund zu HER2-überexprimierenden Tumoren
Hierbei handelt es sich um eine Leitlinienadaptation für Patienten mit einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenen, nicht kurativ behandelbaren Adenokarzinom des Ösophagus und des ösophagogastralen Übergangs [55].
Neben dem PD-L1 Status ist der HER2-Status als prädiktiver Faktor anzusehen.
In einer Phase-III-Studie (ToGA-Studie) verbesserte der HER2-Antikörper Trastuzumab das OS und PFS von Patienten mit HER2-positiven, fortgeschrittenen Magenkarzinomen und Adenokarzinomen des ösophagogastralen Überganges, deren Tumoren entweder immunhistochemisch HER2-positiv (IHC 3 +) waren oder eine Amplifikation des HER2-Gens in der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung aufwiesen (FISH+) (siehe auch [55]). Trastuzumab ist formal nur mit einer Cisplatin-/Fluoropyrimidin-Kombination zugelassen.
In einer Phase-3-Studie mit 780 Patienten wurde der Stellenwert von Pertuzumab in der Erstlinientherapie für Patienten mit HER2-positiven, fortgeschrittenen Magenkarzinomen und Adenokarzinomen des ösophagogastralen Überganges geprüft (Jacob-Studie, [593]). Der primäre Endpunkt einer signifikanten Überlebenszeitverlängerung wurde nicht erreicht. Das mediane Überleben lag für die Pertuzumab-basierte Kombination bei 17,5 Monaten gegenüber 14,2 Monaten für die Standardtherapie mit Trastuzumab, Cisplatin, Fluoropyrimidin (Capecitabin oder 5-Fluorouracil) (HR 0,84 p = 0,0565). Damit ergibt sich keine Indikation für den zusätzlichen Einsatz von Pertuzumab in der Therapie des HER2-positiven, fortgeschrittenen Magenkarzinoms und des Adenokarzinoms des ösophagogastralen Überganges.
In einer Phase-3-Studie mit 345 Patienten wurde der Stellenwert von Trastuzumab-Emtansin (T-DM1) in der Zweitlinientherapie für Patienten mit HER2-positiven, fortgeschrittenen Magenkarzinomen und Adenokarzinomen des ösophagogastralen Überganges geprüft (Gatsby-Studie). Es zeigte sich für Trastuzumab-Emtansin kein Überlebensvorteil gegenüber einer Therapie mit einem Taxan (Docetaxel, Paclitaxel). Das mediane Überleben betrug 7,9 Monate für Trastuzumab-Emtansin und 8,6 Monate für die die Taxan-behandelten Patienten (HR 1,15, p = 0,86) [594].
#
9.3 Palliative Erstlinientherapie: Plattenepithelkarzinom des Ösophagus
9.7 |
Konsensbasierte Empfehlung |
neu 2022 |
EK |
Vor Einleitung einer palliativen Systemtherapie soll der PD-L1 CPS als prädiktiver Faktor für eine Therapie mit einem Immun-Checkpoint-Inhibitor bestimmt werden. |
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Starker Konsens |
9.8 |
Konsensbasierte Empfehlung |
modifiziert 2022 |
EK |
Patienten mit einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenen, nicht kurativ behandelbaren Plattenepithelkarzinom des Ösophagus mit einem PD-L1 CPS< 10 kann eine palliative systemische Chemotherapie angeboten werden. Therapieziel ist der Erhalt der Lebensqualität. Hierbei kann eine Kombinationstherapie aus einem Platin-Derivat mit einem Fluoropyrimidin oder einem Taxan eingesetzt werden. Ein lebensverlängernder Effekt der alleinigen systemischen palliativen Chemotherapie ist für das Plattenepithelkarzinom des Ösophagus durch randomisierte Studien nicht gesichert. |
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Konsens |
9.9 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
neu 2022 |
Empfehlungsgrad B |
Bei Patienten mit einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenen, nicht kurativ behandelbaren Plattenepithelkarzinom des Ösophagus mit einem PD-L1 CPS≥ 10 sollte eine Platin-/Fluoropyrimidin-Chemotherapie zusammen mit Pembrolizumab eingesetzt werden. |
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Level of Evidence 2 |
[583] 2: LoE nach Oxford 2011 – einzelnes RCT Für Evidenzbewertung nach GRADE siehe Evidenztabelle (Leitlinienreport) |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Patienten mit einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenem (nicht kurativ behandelbarem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus) kann eine systemische palliative Chemotherapie mit dem Ziel einer Erhaltung der Lebensqualität angeboten werden. Ein klinisch relevanter lebensverlängernder Effekt der systemischen palliativen Chemotherapie ist für das Plattenepithelkarzinom des Ösophagus nicht gesichert. Die Datenlage ist hinsichtlich randomisierter klinischer Studien sehr begrenzt und bezieht sich oft nur auf eine Subpopulation von Patienten [52] [114] [130] [466] [595] [596].
In den publizierten klinischen Studien wurde häufig eine Kombinationstherapie von Cisplatin mit einem Fluoropyrimidin (infusionales 5-Fluorouracil oder Capecitabin) eingesetzt. In anderen Studien, insbesondere aus Asien, wurden Platin-basierte Kombinationen u. a. mit Taxanen untersucht.
Zwischenzeitlich wurden die Ergebnisse mehrerer Phase-III-Studien berichtet, die den Stellenwert der Immuntherapie auch in der Erstlinientherapie des fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinoms etabliert haben.
In der KEYNOTE-590 Studie konnte für die Erstlinientherapie fortgeschrittener Plattenepithelkarzinome (SCC) des Ösophagus und für HER-2-negative Adenokarzinome (AC) des Ösophagus und des gastroösophagalen Übergangs (AEG Typ 1) ein signifikanter Überlebensvorteil für die Kombination von Pembrolizumab mit Cisplatin und 5-Fluorouracil gegenüber der alleinigen Chemotherapie bei Tumoren mit einem CPS≥ 10 gezeigt werden (Überleben SCC PD-L1 CPS≥ 10: HR 0,57; 13,9 vs 8,8 Monate, p < 0,0001 zugunsten der zusätzlichen Gabe von Pembrolizumab) [583].
Pembrolizumab wurde für das lokal fortgeschrittenem, nicht kurativ behandelbare Plattenepithelkarzinom des Ösophagus und für das HER2-negative Adenokarzinom des Ösophagus oder gastroösophagalen Übergangs mit einem CPS≥ 10 in Kombination mit einer Platin- und Fluoropyrimidin-basierten Chemotherapie zugelassen.
In der 3-armigen randomisierten globalen CheckMate-648 Studie konnte für die Erstlinientherapie fortgeschrittener Plattenepithelkarzinome des Ösophagus ein signifikanter Überlebensvorteil für die Kombination von Nivolumab mit Cisplatin und 5-Fluorouracil gegenüber der alleinigen Chemotherapie gezeigt werden. Der Studieneinschluss erfolgte unabhängig vom PD-L1 Status. Bei PD-L1 positiven (hier Definition PD-L1 TPS ≥ 1 %) Karzinomen betrug die HR 0,54 und die mediane Überlebenszeit 15,4 gegenüber 9,1 Monate für die alleinige Chemotherapie. Der alleinige Immuntherapie-Arm mit Nivolumab und Ipilimumab führte gegenüber Cisplatin und 5-Fluorouracil ebenfalls zu einer signifikanten Verlängerung der Überlebenszeit bei PD-L1 positiven Tumoren (HR 0,64; 13,7 vs 9,1 Monate, p = 0,0010), bei sich allerdings in den ersten Monaten zu ungunsten der Immuntherapie kreuzenden Überlebenskurven [597].
Nachdem die geänderten Empfehlungen zur Palliativtherapie in der Leitlinienkommission final abgestimmt worden waren, hat die EMA (European Medicines Agency) am 1.4.2022 Nivolumab in Kombination mit einer fluoropyrimidin- und platinbasierter Kombinationschemotherapie für die Erstlinienbehandlung des nicht resezierbaren fortgeschrittenen, rezidivierten oder metastasierten Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus mit einer Tumorzell-PD-L1-Expression ≥ 1 % bei Erwachsenen zugelassen. Zusätzlich wurde auch Nivolumab in Kombination mit Ipilimumab für die Erstlinientherapie des nicht resezierbaren fortgeschrittenen, rezidivierten oder metastasierten Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus mit einer Tumorzell-PD-L1-Expression ≥ 1 % bei Erwachsenen zugelassen.
In der aktuellen Literatur gibt es nur wenige Publikationen, die sich mit der chirurgischen Therapie des metastasierten bzw. lokal rezidivierten Ösophaguskarzinoms beschäftigen. Während randomisierte Studien bzw. Kohortenstudien nicht vorliegen, liegen einige Fallserien bzw. Case-Reports vor, die die Wertigkeit einer chirurgischen Therapie in diesem onkologischen Setting evaluiert haben [52] [310] [449] [534] [598] [599] [600] [601] [602] [603]. Im Rahmen der chirurgischen Therapie des metastasierten Ösophaguskarzinoms beschäftigen sich die bisher vorliegenden Publikationen vor allem mit der Versorgung von metachronen Lungen- bzw. Lebermetastasen. Dabei lassen die Studien vermuten, dass die operative Versorgung einer metachronen, solitären Lungenmetastase im Rahmen einer individuellen Therapieplanung durchgeführt werden kann, jedoch bei vorliegenden metachronen Lebermetastasen bzw. multilokolären Lungenmetastasen eine chirurgische Versorgung eher nicht durchgeführt werden sollte. So zeigten Ichida et al. [601] in 26 Patienten mit metachronen Leber- bzw. 27 Patienten mit Lungenmetastasen, die sich zuvor einer Ösophagektomie unterzogen, dass zwar Patienten mit solitären pulmonalen Metastasen einen Prognosevorteil haben können, aber vor allem für Patienten mit Lebermetastasen eher kein relevanter Benefit besteht.
Bei Patienten mit einem lokal rezidivierten Ösophaguskarzinom haben die bisherigen Analysen fast ausschließlich Patienten nach definitiver Radiochemotherapie analysiert, die sich einer sogenannten Salvage-Ösophagektomie unterzogen [52] [310] [449] [534] [602] [603].
Dabei kann man zusammenfassen, dass die meisten Studien eine relevante Erhöhung der Morbidität bzw. Mortalität für diese Patientengruppe aufweist und somit nur im Rahmen einer individuellen Therapieplanung eine solche operative Versorgung durchgeführt werden sollte.
Die von der British Association of Surgical Oncology aus dem Jahre 2011 vorliegenden Leitlinien empfehlen ein individuelles therapeutisches Vorgehen bei Lokalrezidiv nach definitiver Radiochemotherapie, jedoch wird ein chirurgisches Vorgehen bei solitären Fernmetastasen von Lunge bzw. Leber nicht diskutiert [52].
#
9.4 Palliative Systemtherapie: Zweit- und Drittlinientherapie
9.10 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
geprüft 2022 |
Empfehlungsgrad B |
Bei Patienten mit einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenen, nicht kurativ behandelbaren Adenokarzinom des Ösophagus und ausreichendem Allgemeinzustand sollte eine systemische Zweit- und Drittlinientherapie durchgeführt werden. |
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Level of Evidence 1b |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Das Behandlungsschema richtet sich nach der jeweiligen Vortherapie. Therapieziel ist die Verlängerung der Überlebenszeit, der Zeit bis zur Tumorprogression und der Erhalt der Lebensqualität.
Es gibt inzwischen mehrere Phase-III-Studien, die eine Verlängerung des Gesamtüberlebens und zum Teil Erhalt der Lebensqualität unter Zweit- und Drittlinientherapie zeigen. Dies gilt für die folgenden zytotoxischen Einzelsubstanzen Irinotecan, Paclitaxel, und Docetaxel [605] [606] [607], sowie für den VEGFR2-Antikörper Ramucirumab alleine oder in Kombination mit Paclitaxel [536] [608].
Nach Progression unter Erstlinienchemotherapie wurde der VEGFR2-Antikörper Ramucirumab als Monotherapie (REGARD Studie) im Vergleich zu best supportive care [536], oder in Kombination mit Paclitaxel (RAINBOW Studie) [608], im Vergleich zu einer Paclitaxel Monotherapie eingesetzt. Das Gesamtüberleben wurde sowohl in der REGARD Studie (5,2 Monate vs. 3,8 Monate, HR 0,776) als auch in der Rainbow Studie (9,6 Monate vs. 7,4 Monate/HR 0,807) signifikant verbessert. Die Patienten schienen auch in Bezug auf die Lebensqualität zu profitieren. Beide Studien schlossen Patienten mit Magenkarzinom oder Adenokarzinomen des ösophagogastralen Übergangs ein. In der RAINBOW Studie zeigte sich auch eine höhere Ansprechrate in der Kombinationsgruppe.
Die Kombination Trifluridin/Tipiracil (TAS-102) zeigte in der TAGS-Studie bei Patienten (n = 505) mit einem fortgeschrittenen Adenokarzinom des Magens (71 % der Patienten) oder des ösophagogastralen Übergangs (29 % der Patienten) einen signifikanten Überlebensvorteil mit 5,7 Monaten gegenüber 3,6 Monaten in der Placebogruppe (HR 0,69, p = 0,00 058) in der Drittlinien- bzw. Folgetherapie. In einer geplanten Subgruppenanalyse war der Unterschied im Überleben für die Übergangskarzinome allerdings nicht signifikant. In der TAGS-Studie waren > 90 % der Patienten in der Trifluridin/Tipiracil-Behandlungsgruppe ausgiebig vorbehandelt (Platinderivat 100 %, Fluoropyrimidin > 99 %, Taxan 92 %) [604].
9.11 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
modifiziert 2022 |
Empfehlungsgrad B |
Bei Patienten mit einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenen, nicht kurativ behandelbaren Plattenepithelkarzinom des Ösophagus sollte nach einer vorangegangenen Fluoropyrimidin- und Platin-basierten Chemotherapie eine Zweitlinientherapie mit Nivolumab durchgeführt werden. |
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Level of Evidence 2 |
[609] 2: LoE nach Oxford 2011 – einzelnes RCT Für Evidenzbewertung nach GRADE siehe Evidenztabelle (Leitlinienreport) |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Es gibt keine belastbaren Daten, die eine Wirksamkeit einer Zweit-Chemotherapie beim Plattenepithelkarzinom des Ösophagus zeigen. Es existieren lediglich Phase-II-Studien mit Substanzen wie Taxane, Platinderivate und Irinotecan, aber auch solche mit älteren Substanzen wie Mitomycin C [610].
Mehrere Phase-III-Studien zeigen eine Aktivität der Immuntherapie beim fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinom des Ösophagus. In der der Attraction-3 Studie zeigte sich für Patienten mit einem fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinom des Ösophagus ein Überlebensvorteil von 2,5 Monaten für die Gabe von Nivolumab nach dem Versagen einer 5-FU und Platin-basierten Chemotherapie gegenüber der Kontrollgruppe, die eine weitere Chemotherapie mit Paclitaxel oder Docetaxel erhielt (10,9 Monate versus 8,4 Monate, HR 0,77, p = 0,019). Das Ein-Jahres-Überleben betrug für Nivolumab 47 % und für die Kontrollgruppe 34 %. Allerdings zeigten sich in den ersten Monaten zu Ungunsten der Immuntherapie kreuzenden Überlebenskurven.
Die Therapie mit Nivolumab ging mit einer besseren Therapieverträglichkeit und Lebensqualität einher. In die Attraction-3 Studie wurden allerdings nahezu ausschließlich asiatische Patienten eingeschlossen (96 % asiatische Patienten) [609].
Nivolumab wurde für die Therapie von Patienten mit einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenen, nicht kurativ behandelbaren Plattenepithel des Ösophagus nach einer vorangegangenen Fluoropyrimidin- und Platin-basierten Chemotherapie unabhängig vom PD-L1-Status zugelassen.
In einer randomisierten Phase-3 Studie (Rationale 302) zeigte der anti-PD-1 Antikörper Tislelizumab gegenüber einer Zweitlinienchemotherapie (Paclitaxel, Docetaxel, Irinotecan) für Patienten mit einem fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinom einen signifikanten Überlebensvorteil (8,6 vs 6,3 Monate, HR = 0,70, P = 0,0001) [611].
In einer großen asiatischen randomisierten Phase-3 Studie (ESCORT) mit 457 Patienten wurde für die Immuntherapie mit Camrelizumab gegenüber einer Zweitlinienchemotherapie (Docetaxel oder Irinotecan) ein signifikanter Überlebensvorteil (8,3 vs 6,2 Monate; HR = 0,71; P = 0,001) gezeigt [612].
Ebenso zeigt die KEYNOTE-181 Studie für Patienten mit einem Plattenepithelkarzinom und einem CPS ≥ 10 unter Therapie mit Pembrolizumab eine Verlängerung des Überlebens gegenüber einer Chemotherapie mit Docetaxel oder Irinotecan in der Zweitlinientherapie [613].
#
9.5 Palliative Radio(chemo)therapie
9.12 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Die perkutane Radiotherapie des Ösophaguskarzinoms – ggfs. in Kombination mit einer simultanen Chemotherapie – kann bei lokalen Symptomen (z. B. Blutung, Stenose, Kompression) im Rahmen der multidisziplinären Betreuung eingesetzt werden. |
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Konsens |
Hintergrund
Das Ziel der palliativen Behandlung des Ösophaguskarzinoms ist die Linderung typischer Symptome der fortgeschrittenen Erkrankung wie Dysphagie, Schmerzen oder Blutungen. Eine Verlängerung des Überlebens ist durch eine palliative Therapie nicht zu erwarten [614]. Insofern ist für die Beurteilung palliativer Therapieverfahren die subjektive Beschwerdelinderung aus Sicht der Patienten von entscheidender Bedeutung. Durch diese Betrachtung werden Therapieeffekt und Toxizität einer Therapie gleichermaßen erfasst.
Die verfügbare Literatur zur Beurteilung von Palliativtherapien anhand von Patientenbefragungen wurde von Amdal et al. in einer Übersichtsarbeit zusammengestellt [614]. Insgesamt 28 Studien, die Patientenbeurteilungen ausgewertet hatten, konnten identifiziert und ausgewertet werden. Der Vergleich der Ergebnisse nach Polychemotherapie, alleiniger Radiotherapie und einer Radiochemotherapie zeigte die Überlegenheit der Radiochemotherapie. Als Radiosensitizer wurden 5-FU oder Mitomycin C verwendet. Während eine akzelerierte Radiochemotherapie mit hoher Akuttoxizität vergesellschaftet war, zeigte eine normofraktionierte Radiotherapie mit simultaner Gabe von 5-FU ein gutes Ansprechen bei geringer Toxizität [614] [615].
Die Entscheidung für eine lokale Palliativtherapie (perkutane Radiochemotherapie, Brachytherapie oder Stentimplantation) sollte in einem multidisziplinären Team abgestimmt werden [130].
Eine perkutane Radiotherapie 4–6 Wochen nach Stentimplantation verlängert das Dysphagie freie Intervall [616].
#
9.6 Palliative Brachytherapie
9.13 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
Empfehlungsgrad B |
Die palliative Brachytherapie sollte im Rahmen der multidisziplinären Betreuung von Patienten mit Ösophaguskarzinom zur Linderung der Dysphagie gegebenenfalls in Kombination einer perkutanen Radiochemotherapie oder einer Stentimplantation angeboten werden. |
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Level of Evidence 1a |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Wie in zwei randomisierten Studien gezeigt wurde, kann die palliative Brachytherapie die Dysphagie und die Lebensqualität von Patienten mit inoperablen Ösophaguskarzinomen verbessern [614] [618]. Im Vergleich zur Stentimplantation tritt die Wirkung der Brachytherapie später ein, hält jedoch länger an. Eine Kombination von Stentimplantation mit der Brachytherapie ist möglich und sollte besonders bei Patienten zum Einsatz kommen, die eine längere projektierte Lebenserwartung haben. In dieser Situation kann die Brachytherapie die Dauer der Wirkung des Stents auf die Dysphagie verlängern [614] [617].
Bei einer ausgeprägten Dysphagie sollte zunächst eine Stentimplantation erfolgen, die 1–4 Wochen später durch eine Brachytherapie ergänzt wird [616] [617].
Bei einer geringen Dysphagie erzeugt die alleinige Brachytherapie einen anhaltenden palliativen Effekt [617], und ist wegen der geringeren Komplikationsrate im Vergleich zur Stentimplantation als Therapie der Wahl anzusehen [618].
Die Wirkung der Brachytherapie kann durch eine zusätzliche perkutane Radiotherapie oder eine Radiochemotherapie verbessert werden [619].
Die Entscheidung für eine palliative Brachytherapie und deren Kombination mit einer Stentimplantation oder einer perkutanen Radiochemotherapie sollte in einem multidisziplinären Behandlungsteam abgestimmt werden.
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9.7 Endoskopische Stentapplikation
9.14 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
Empfehlungsgrad B |
Zur raschen Linderung einer Dysphagie bei Patienten mit Ösophaguskarzinom sollte ein selbstexpandierender Metallstent eingesetzt werden. |
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Level of Evidence 1a |
[620] |
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Konsens |
Hintergrund
Der Einsatz selbstexpandierender Metallstents (SEMS) zur schnellen Linderung der Dysphagie hat sich in den letzten Jahren als Standardtherapie etabliert [52] [620]. Dies wurde auch durch eine Metaanalyse von 16 randomisierten Studien mit insgesamt 1027 Patienten belegt [620]. Nach Implantation eines SEMS können etwa 2/3 der Patienten mit stenosierendem Ösophaguskarzinom initial wieder feste Nahrung zu sich nehmen [621].
Allerdings war bei 10 % der Patienten bereits 6 Wochen nach Stent-Implantation die Dysphagie schlechter als initial. [622], Stents mit kleinem Durchmesser (18 mm) scheinen ähnlich effektiv zu sein wie breitere Stents (24 mm), aber induzieren weniger Schmerzen nach Implantation [622].
Es stehen eine Vielzahl von SEMS zur Verfügung. Nicht gecoverte SEMS sind initial gleich effektiv wie gecoverte Stents, jedoch besteht eine erhöhte Gefahr, dass Tumorgewebe durch die Maschen einwächst, so dass es bald wieder zu einer Tumorstenose kommen kann [623].
Ein Vorteil von ungecoverten SEMS ist allerdings eine niedrigere Migrationsrate. Der Einsatz von teilgecoverten SEMS scheint die Vorteile beider Typen zu vereinen, jedoch existieren hierzu kaum belastbare Daten. Eine prospektive randomisierte multizentrische holländische Studie mit 98 Patienten zeigt eine ähnliche Offenheitsrate von vollgecoverten und teilgecoverten SEMS bei der palliativen Therapie bei Ösophaguskarzinom. Auch die Komplikationsrate unterschied sich bei beiden Stent-Typen nicht signifikant [624]. Bei Ösophaguskarzinomen mit Fisteln sind gecoverte Metallstents die Therapie der Wahl und haben eine Verschlussrate von 77 bis 92 % [625] [626].
Selbst-expandierbare Plastikstents sind obsolet und werden nicht mehr verwendet [627]. Patienten mit einem Tumor im distalen Ösophagus leiden nach Stent-Implantation häufig an massivem gastroösophagealen Reflux. Ob der Einsatz von SEMS mit Anti-Refluxventil eine Besserung des Reflux mit sich bringt, ist angesichts der Datenlage nicht sicher zu sagen. Vier prospektiv-randomisierte Studien liefern hier widersprüchliche Ergebnisse [628] [629] [630] [631]. Eine Meta-Analyse zeigte keinen Unterschied zwischen SEMS mit und ohne Antireflux-Ventil bezüglich des klinischen Outcomes und der Komplikationsrate [632].
9.15 |
Evidenzbasierte Empfehlung |
neu 2021 |
Empfehlungsgrad B |
Bei einliegendem selbstexpandierendem Metallstent (SEMS) sollte eine simultane perkutane Radiotherapie vermieden werden, da dies mit einer erhöhten Komplikationsrate einhergeht. |
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Level of Evidence 4 |
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Starker Konsens |
Die Einlage eines SEMS bei gleichzeitiger Radiatio soll aufgrund der erhöhten Komplikationsrate vermieden werden. Allerdings kann in besonderen ausgewählten Fällen zur Linderung einer ausgeprägten Dysphagie ein vollgecoverter SEMS eingelegt werden, der wieder bei Beginn einer Radiatio oder Radiochemotherapie entfernt wird.
In einer retrospektiven Arbeit mit 997 Patienten zeigte sich eine Radiochemotherapie als einziger Risikofaktor für eine Stent-assoziierte Komplikation [479]. Eine kleine asiatische Studie legt nahe, dass es dadurch zu einer signifikant erhöhten Rate an Fisteln kommt [633]. Außerdem scheint eine maligne Fistel, die durch eine Radiatio entsteht, ein prädiktiver Faktor für ein therapeutisches Versagen eines Fistelverschlusses darzustellen [634]. Auch die European Society of Gastrointestinal Endoscopy (ESGE) spricht sich in ihrer Leitlinie gegen eine simultane externe Radiotherapie bei einliegendem Stent unter Berücksichtigung der erhöhten Nebenwirkungsrate aus [480].
Eine Alternative zur Palliation der Dysphagie bei Ösophaguskarzinomen ist die Brachytherapie. Im Vergleicht zu Stents tritt hier die Linderung der Dysphagie verzögert ein, allerdings war die Brachytherapie der SEMS-Implantation nach 3 Monaten überlegen [618] [635].
Die Stent-Implantation ist kosteneffektiver als die Brachytherapie [636]. Eine Kombination beider Methoden scheint effektiv und sicher zu sein, allerdings gibt es dafür kaum prospektive Daten [637].
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9.8 Stellenwert der intraluminalen lokalen Therapie
9.16 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Eine intraluminale thermoablative Therapie bei Patienten mit exophytischem Ösophaguskarzinom in der palliativen Situation kann erwogen werden. Eine additive Brachytherapie oder Radiatio nach lokaler Tumorablation kann das dysphagiefreie Intervall verlängern. |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Zur intraluminalen Tumortherapie stehen mehrere Methoden zur Verfügung. Eine palliative Therapie mittels photodynamischer Therapie (PDT) und intratumoraler Alkoholinjektion ist vor allem aufgrund der hohen Komplikationsrate und der Verfügbarkeit effektiverer Alternativmethoden obsolet [622] [638].
Für die Lasertherapie existieren die meisten Daten, welche die Effektivität belegen [638] [639] [640] [641] [642] [643], allerdings steht heutzutage in den wenigsten Endoskopie-Abteilungen ein Laser zur Verfügung.
Die heute in Deutschland am häufigsten eingesetzte Methode zur thermoablativen Therapie ist die Argon-Plasma-Coagulation (APC) [644] [645] [646].
Sie scheint ähnlich effektiv zu sein wie die Lasertherapie, allerdings gibt es dafür kaum vergleichende Studien [644] [646]. Zur Tumorablation sind im Mittel 2,3 Sitzungen notwendig. Die Rate an schweren Komplikationen, wie Perforationen, lag in einer Serie unter 1 % [644] [646].
Eine prospektive randomisierte Studie mit 93 Patienten verglich die alleinige APC-Therapie mit einer Kombinationstherapie von APC plus Hochdosis-Brachytherapie sowie APC plus PDT [647]. Die effektivste Therapie mit der geringsten Komplikationsrate war eine Kombination von APC mit Brachytherapie. Ein Rezidiv der Dysphagie trat erst nach 88 Tagen auf. Somit war das Dysphagie-freie Intervall signifikant länger als in den beiden Vergleichsgruppen (59 und 35 Tage).
Zur Frage, ob eine lokale Ablation von Metastasen bei Patienten mit Ösophaguskarzinom hinsichtlich Lebensqualität und Überleben gegenüber anderen therapeutischen Verfahren wie palliative Chemotherapie und BSC einen nachweisbaren Vorteil erbringt, gibt es aktuell keine Studien. In der Literatur finden sich lediglich Fallberichte oder Sammelkasuistiken. Dies gilt für Verfahren wie transarterielle Chemoembolisation (TACE), selektive interne Radiotherapie (SIRT), Radiofrequenzablation (RFA), Laser-induzierte Thermotherapie (LITT), Mikrowellenablation und stereotaktische Radiotherapie. Diese Verfahren sollten daher im Rahmen von kontrollierten, prospektiven Studien in dieser Indikation evaluiert werden.
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10 Psychoonkologie
10.1 |
Konsensbasierte Empfehlung |
geprüft 2021 |
EK |
Die psychoonkologische Versorgung von Patienten/innen mit Ösophaguskarzinom sollte ein integraler Bestandteil der onkologischen Diagnostik, Therapie und Nachsorge sein und eine interdisziplinäre Aufgabe aller in der Onkologie beteiligten Berufsgruppen darstellen (vgl. S3-Leitlinie Psychoonkologie). |
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Starker Konsens |
Hintergrund
Patienten/innen mit einem Ösophaguskarzinom weisen eine Reihe von psychosozialen Belastungen auf [648]. Neben Beeinträchtigungen der psychischen Befindlichkeit, konnten Beeinträchtigungen der globalen Lebensqualität nachgewiesen werden, welche als Prädiktoren für eine erhöhte Mortalität angesehen werden können [649]. Insbesondere Beeinträchtigungen der sozialen Funktionsfähigkeit, Schmerz und ein vermindertes Aktivitätslevel postoperativ sind mit der Überlebenswahrscheinlichkeit verbunden [650]. Die soziale Funktionsfähigkeit und die Rollenfunktion zeigen auch bei Langzeitüberlebenden Beeinträchtigungen [651].
Für die Durchführung der psychoonkologischen Diagnostik, Beratung und Behandlung soll eine entsprechend qualifizierte Fachkraft zur Verfügung stehen. Die Feststellung des individuellen Bedarfs soll entsprechend der S3-Leitlinie Psychoonkologie (https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/psychoonkologie/) über ein gestuftes Verfahren (standardisiertes Screeningverfahren plus ggf. diagnostisches Gespräch bei im Screening auffälligen Patienten) erfolgen [596] [652] [653] [654]. Der Einsatz eines psychoonkologischen Screeninginstrumentes sollte frühestmöglich erfolgen und in angemessenen Abständen, wenn klinisch indiziert oder bei Veränderung des Erkrankungsstatus der Patientin/des Patienten (z. B. bei Wiederauftreten oder Fortschreiten der Erkrankung) wiederholt durchgeführt werden. In der S3-Leitlinie Psychoonkologie wird vor allem die Verwendung des Distress Thermometers oder der Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS) empfohlen [655] [656] [657]. Im Falle eines positiven Ergebnisses eines Screenings soll ein diagnostisches Gespräch zur weiteren diagnostischen Abklärung erfolgen.
Je nach Ausmaß der durch das Screening festgestellten psychosozialen Belastungen sollten gestuft psychosoziale Hilfen entsprechend der S3-Leitlinie Psychoonkologie in allen Krankheitsphasen den Patienten/innen und ihren Angehörigen angeboten werden. Dies beinhaltet, dass die/der Patient/in frühzeitig nach Diagnosestellung oder im Behandlungsverlauf über die Möglichkeiten psychoonkologischer Hilfestellungen informiert werden sollte. Hierbei sollte eine enge Absprache mit allen in die Versorgung des/r Patienten/in involvierten Personen (z. B. Hausarzt, ambulanter Pflegedienst) angestrebt und ein kontinuierlicher Informationsfluss sichergestellt werden.
Psychosoziale Hilfen beinhalten Maßnahmen zur Unterstützung der Krankheitsverarbeitung, des Umganges mit fortbestehenden Funktionsstörungen und weiteren krankheits- oder behandlungsassoziierten Einschränkungen wie wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Fragen zur Rückkehr ins Erwerbsleben. Somit betreffen diese Hilfen die gesamte Krankheitsphase von Diagnose, Aufklärung, Therapie, supportiver Behandlung, Rehabilitation, Nachsorge und ggf. palliativmedizinischer Versorgung.
Die Psychoonkologische Versorgung wird auf der Basis eines interdisziplinären Ansatzes zwischen allen an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen realisiert [658]. Die psychoonkologischen Maßnahmen sollen in das Gesamtkonzept der onkologischen Behandlung integriert werden und durch regelhafte Rückmeldung mit den an der onkologischen Behandlung beteiligten Berufsgruppen optimiert werden. Hierfür sollte der behandelnde Arzt über psychoonkologische Basiskompetenzen verfügen. Darüber hinaus ist eine psychoonkologische Fachkraft in das Behandlungsteam integriert sein, um die psychoonkologische Beratung und Behandlung durchführen zu können.
Die psychoonkologische Betreuung umfasst eine patientengerechte Information und Beratung, eine qualifizierte psychosoziale Diagnostik, sowie eine gezielte psychoonkologische Unterstützung bei der Bewältigung der Erkrankung, der Behandlung und der auftretenden Nebenwirkungen und Folgeprobleme.
Psychoonkologische Interventionen sind sowohl bei schweren psychischen Belastungen, Paarkonflikten sowie bei psychischen Störungen (insbesondere depressiven, Anpassungs- und Angststörungen) indiziert. Neben psychoedukativen und supportiven Interventionen wie Entspannungsverfahren etc. werden insbesondere die Einzelpsychotherapie sowie die Paartherapie eingesetzt [659]. Die psychoonkologischen Interventionen sollten am individuellen Bedarf des/r Patienten/in ausgerichtet werden. Ebenso sollte der Wunsch des/r Patienten/in berücksichtigt sowie der/die Partner/in und die Angehörigen in die psychosoziale Beratung und Behandlung des/r Patienten/in eingebunden werden.
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11 Palliativversorgung
Patienten mit einem fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinom oder Adenokarzinome des Ösophagus leiden zumeist an erheblichen körperlichen Einschränkungen. Hier spielen vor allem Probleme der Nahrungsaufnahme, Erhalt des Ernährungszustandes und abdominelle/thorakale Schmerzen eine große Rolle. Bei der Planung einer palliativen Chemo-/Radio-/Immuntherapie, operativen oder endoskopischen Therapie sollte die Prognose eines jeden Patienten im Tumorboard multiprofessionell diskutiert werden.
Dabei kann die Surprise-Question als mögliche Screening-Frage für die Integration palliativer/supportiver Versorgung beispielhaft genutzt werden: „Würde ich mich wundern, wenn der Patient in den nächsten 12 Monaten verstirbt“. Beantwortet man diese Frage mit „Nein“, sollte man über eine palliativmedizinische Erstvorstellung nachdenken [660] [661] [662] [663].
Die Beantwortung dieser Frage und die Einschätzung der Prognose sind natürlich bei der großen Auswahl neuer Therapiemöglichkeiten nicht immer einfach. Umso wichtiger ist es im Sinne einer Double Awareness-Strategie palliative Unterstützungskonzepte frühzeitig mitzudenken [664] [665].
Palliativversorgung ist definiert als ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, welche mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen. Dies geschieht durch Vorbeugen und Lindern von Leiden durch frühzeitige Erkennung, sorgfältige Einschätzung und Behandlung von Schmerzen sowie anderen Problemen körperlicher, psychosozialer und spiritueller Art. Die Palliativversorgung von Patienten mit einem Ösophaguskarzinom umfasst beispielsweise eine Reihe von Maßnahmen zur Linderung von Dysphagie, Übelkeit, Dyspnoe und/oder Schmerzen. An dieser Stelle sei auf die allgemeinen Empfehlungen hingewiesen, wie sie in der „Erweiterten S3-Leitlinie Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung“ (AWMF-Registernummer: 128/001OL) ausführlich beschrieben werden und im August 2019 veröffentlich wurden (https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/palliativmedizin/).
Dort finden sich auch wichtige Empfehlungen zu Versorgungsstrukturen in der Palliativmedizin, inklusive eines Behandlungspfades für Patienten und Angehörige, da den Angehörigen bei der Betreuung dieser Patientengruppe eine wichtige Rolle zukommt.
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12 Qualitätsindikatoren
Qualitätsindikatoren (QI) sind Messgrößen, deren Erhebung der Beurteilung der Qualität der zugrunde liegenden Strukturen, Prozesse bzw. Ergebnisse dient [666] [667]. Qualitätsindikatoren sind ein wichtiges Instrument des Qualitätsmanagements zur Verbesserung der Versorgung. Dabei beleuchten Qualitätsindikatoren jeweils einen bestimmten Versorgungsaspekt. Die Erfüllung der in Qualitätsindikatoren beschriebenen Anforderungen kann deshalb nicht unbesehen mit der Qualität der Gesamtversorgung gleichgesetzt werden.
Die Methodik der Ableitung der vorliegenden Qualitätsindikatoren orientiert sich an der Methodik der Nationalen VersorgungsLeitlinien [668]. Als Grundlage für die Qualitätsindikatoren dienten alle starken Empfehlungen (Empfehlungsgrad A), unabhängig von der Qualität der zugrundeliegenden Evidenz, d. h. inklusive Empfehlungen, die aufgrund eines Expertenkonsenses verabschiedet wurden. Die Empfehlungen wurden durch einen Methodiker in potenzielle ratenbasierte Indikatoren mit Nenner und Zähler überführt. Zudem wurden bestehende nationale und internationale Indikatoren recherchiert. Die potentiellen Indikatoren aus den Leitlinienempfehlungen und die bestehenden Indikatoren wurden von den Experten der AG Qualitätsindikatoren in einem zweistufigen Verfahren gesichtet und bewertet. In einem Präsenztreffen wurde eine erste Auswahl der potentiellen Qualitätsindikatoren im Hinblick auf ihre Relevanz für die Versorgung und ihre grundsätzliche Messbarkeit getroffen. Potentielle Qualitätsindikatoren aus Empfehlungen mit inhaltlichen Doppelungen wurden nicht berücksichtigt. Es wurde auch geprüft, welche Anteile von Empfehlungen in bestehenden Tumordokumentationssystemen abbildbar sind (Basisdatensatz der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren, zertifizierte onkologische/viszeralonkologische Zentren der DKG). Die als relevant und grundsätzlich messbar eingestuften potentiellen QI (n = 15, 2 aus bestehen-den QI) wurden im zweiten Schritt mit den in [Tab. 16] abgebildeten Kriterien schriftlich bewertet. Dazu wurden auch die Kodierungserfordernisse abgebildet. Zur korrekten Kodierung ist beim Ösophaguskarzinom neben der ICD eine Kodierung mithilfe der ICD-O (Internationale Klassifikation der Krankheiten für die Onkologie) erforderlich.
Als vorläufig angenommen galten Indikatoren mit mind. 75 % Zustimmung bei jedem schriftlich bewerteten Kriterium (n = 9/15). Nach der schriftlichen Bewertung erfolgte eine methodisch moderierte Telefonkonferenz, in denen sowohl die angenommenen als auch die nicht angenommenen Indikatoren diskutiert wurden. Aufgrund der Klärung durch die Diskussion wurden ein schriftlich angenommener Indikator abgelehnt und zwei zunächst abgelehnte Indikatoren angenommen. Es wurde somit ein finales Set von elf Indikatoren verabschiedet, davon neun aus Empfehlungen der Leitlinie und 2 aus bestehenden Qualitätsindikatoren (siehe nachfolgende Tabelle).
Nicht als zu erhebender Qualitätsindikator (da als ratenbasierter Indikator nicht zielführend abbildbar), jedoch als künftige Zertifizierungs-Anforderung für ein viszeralonkologisches Zentrum der DKG wurde aufgenommen, dass Pathologen an Ringversuchen zur HER2-Bestimmung von Magen/Ösophagus-Adenokarzinomen teilnehmen sollen. Damit soll der 2. Teil der Empfehlung umgesetzt werden, die histopathologische Bestimmung des HER2-Status am Tumorgewebe qualitätsgesichert vorzunehmen.
Ebenso wurde das Einholen einer Zweitmeinung bei einem externen Pathologen (Referenzpathologie) bei Diagnose einer intraepithelialen Neoplasie im Barrett-Ösophagus als Zentrumsanforderung vorgeschlagen.
Die benannten Indikatoren sind als vorläufige Vorschläge zu verstehen. Eine ex ante Festlegung von Referenzbereichen (Bereichen, in denen eine unauffällige Qualität attestiert wird) ist nicht sicher möglich. Eine abschließende Bewertung kann erst nach einer Validierung der Indikatoren (u. a. im Hinblick auf Reliabilität und Validität) aufgrund erhobener Daten erfolgen ([Tab. 17]).
Qualitätsindikator |
Referenz-Empfehlung |
Evidenzgrundlage/weitere Informationen |
QI 1: Vollständige histopathologische Befundung von Biopsiematerial |
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Zähler Anzahl Patienten mit Angabe der Art der neoplastischen Läsion (Low Grade Dysplasie/Low Grade Intra Epitheliale Neoplasie, High Grade Dysplasie/High Grade Intraepitheliale Neoplasie = C15x + 8077/0, 8077/2., C16x, + 8148/0, 8148/2, Tis Klassifikation nach UICC, invasives Karzinom), WHO-hist. Typ, bei invasiven Karzinomen Grading nach aktueller WHO-Klassifikation, Angabe, ob Biopsie aus dem distalen Ösophagus (C 15.5) mit becherzellhaltiger Barrettmukosa Nenner Alle Patienten mit V. a. Neoplasie des Ösophagus (D.00.1, C.15x., C16x) und Biopsie (1440.9 und 1440.a) |
Empfehlung 6.20 Der histopathologische Befund am Biopsiematerial soll die folgenden Angaben enthalten:
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Expertenkonsens Konsensstarke: 100 % Im begrundenden Hintergrundtext keine Literaturzitate angegeben. (Vorschlag der Erfassung für 1 Jahr in DKG-zertifizierten viszeralonkologischen Zentren, danach Prüfung der weiteren Erfordernis) Anmerkung: „becherzellhaltige Barrettmukosa“ wird im ADT-Datensatz nicht erfasst. |
QI 2: Vollständige histopathologische Befundung von lokalen Exzidaten |
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Zähler Anzahl Patienten mit Angabe der Art der neoplastischen Läsion (C15x + 8077/0, 8077/2., C16x, + 8148/0, 8148/2), WHO-Klass., Grading, Lymphgefäß- und/oder Veneninvasion, Tiefe (Invasionstiefe) + Angabe von zirkulärem und basaler Resektionsrand Nenner Alle Patienten mit Neoplasie des Ösophagus (D.00.1, C.15x, C16x) und endoskopischer Resektion (5422.2, 5422.0, 5422.2,5422.3) |
Empfehlung 6.22 Der histopathologische Befund an lokalen Exzidaten (endoskopische Resektion; ER) soll folgende Angaben enthalten:
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Expertenkonsens Konsensstarke: 100 % Für die Erhebung dieses Indikators sollen Datenfelder für die Angabe des zirkularen und basalen Resektionsrandes und der Invasionstiefe in das spezifische Modul des allgemeinen Basisdatensatzes der ADT aufgenommen werden. Die Große in drei Dimensionen und die zusammenfassende Einschätzung des LK-Metastasierungsrisikos sind nicht dokumentierbar. |
QI 3: Vollständige histopathologische Befundung des Operationsresektates |
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Zähler Anzahl Patienten mit Angabe von Größe der neoplastischen Läsion, Art der Läsion (C15x + 8077/0, 8077/2., C16x, + 8148/0, 8148/2, Tis), WHO-Klass. Grading, pT, pN, Ratio LK, L, V, R-Status (TNM) Nenner Alle Patienten mit Neoplasie des Ösophagus und chirurgischer Resektion (D.00.1, C.15x, C16x) und chirurgischer Resektion (OPS 5422.0, alle 5423, 5424, 5425, 5426) |
Empfehlung 6.23 Der histopathologische Befund an Operationsresektaten soll folgende Angaben enthalten:
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Expertenkonsens Konsensstärke: 100 % Die Lokalisation des Tumorzentrums in Beziehung zur ÖGJ (Ösophagogastraler Junktion) und Angabe, ob der Tumor die ÖGJ kreuzt ist nicht dokumentierbar. |
QI 4: Therapieempfehlung aus interdisziplinärer Tumorkonferenz |
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Zähler Anzahl Patienten mit Therapieempfehlung aus interdisziplinärer Tumorkonferenz vor Therapie (Staging abgeschlossen) Nenner Alle Patienten mit Neoplasie des Ösophagus (D.00.1, C.15x, C16x) |
Empfehlung 8.1 Therapieempfehlungen sollen in einer interdisziplinären Tumorkonferenz getroffen werden. Als Grundlage für die Therapieempfehlung sollen Staging-Informationen, die Patienten-Komorbiditäten, der Ernährungsstatus und die Patientenpräferenz berücksichtigt werden. |
Expertenkonsens Konsensstarke 100 % kein Literaturzitat angegeben Es wurde nur der erste Teil der Empfehlung für operationalisierbar eingeschätzt. Die Leitlinienautoren sprachen sich für eine Festlegung der Teilnehmer der Tumorkonferenz durch die Zertifizierungs-kommission der DKG für viszeralonkologische Zentren aus. Erfasst werden soll der Primarfall. |
QI 5: Vollständige endoskopische Resektion einer intraepithelialen Neoplasie oder eines mukosalen Frühkarzinoms im Barrett-Ösophagus |
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Zähler Anzahl Patienten mit R0 Nenner Alle Patienten mit Diagnose einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie (C16x, 8148/2) oder eines mukosalen Karzinoms (= 8140/3) L0, V0, G1 / G2, keine Ulzerationen, Infiltrationstiefe ≤ m3 im Barrett- Ösophagus (K22.7) und endoskopischer Resektion (5422.2, 5422.20. 5422.3, 5422.4) |
Empfehlung 8.2 a. Bei Nachweis einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie oder eines mukosalen Karzinoms (L0, V0, keine Ulzerationen, Grading G1 / G2) im Barrett-Ösophagus soll eine endoskopische Resektion durchgeführt werden, da hierdurch neben der Therapie auch ein Staging der Läsion mit der Frage der Tiefeninfiltration erfolgt. b. Daher ist eine endoskopisch komplette Resektion mit kurativer Intention anzustreben. c. Bei Patienten mit oberflächlicher Submukosainfiltration eines Adenokarzinoms und ohne Risikokriterien (pT1sm1; < 500 µm Tiefeninvasion, L0, V0, G1/2, < 20 mm, keine Ulceration) kann die endoskopische Resektion eine ausrei-chende Alternative zur Operation sein. d. Nach erfolgreicher Resektion von Neoplasien im Barrett-Ösophagus soll die nicht neoplastische Barrett-Mukosa thermisch abladiert werden, um die Rate an metachronen Neoplasien zu senken. |
Expertenkonsens Konsensstarke 100 % Nur die Teile a+b der Empfehlung wurden umgesetzt. „keine Ulzerationen“ nicht in Dokumentationssystemen abgebildet. |
QI 6: Vollständige chirurgische Resektion |
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Zähler Anzahl Patienten mit R0 Nenner Alle Patienten mit Neoplasie des Ösophagus (D.00.1, C.15x, C16x) und Operation (chirurgische Resektion OPS 5422.0, alle 5423, 5424, 5425, 5426) |
Empfehlung 8.9 Das Ziel der chirurgischen Resektion beim Plattenepithelkarzinom und Adenokarzinom ist die vollständige Entfernung des Tumors (oral, aboral und in der Zirkumferenz) und der regionären Lymphknoten. |
Expertenkonsens Konsensstarke 100 % |
QI 7: Präoperative Radiochemotherapie bei operablen Patienten mit Plattenepithelkarzinom des Ösophagus |
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Zähler Anzahl Patienten mit präoperativer Radiochemotherapie Nenner Alle Patienten mit Plattenepithelkarzinom des Ösophagus (C15x) und cT3 / cT4 |
Empfehlung 8.28 Beim operablen Patienten mit einem lokal fortgeschrittenem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus (Kategorie cT3 / T4 resektabel oder Kategorie cN1–3) soll eine präoperative Radiochemotherapie mit anschließender kompletter Resektion durchgeführt werden. Vgl. auch Empfehlung 8.33 „Indikation zur definitiven Radiochemotherapie“ |
Evidenzgrad 1a, Konsensstarke 100 % Nur der erste Teil der Empfehlung wurde umgesetzt. Cave: Da die Referenzempfehlung für den QI geändert wurde, ist der QI bis zur Aktualisierung der Qualitätsindikatoren ausgesetzt. |
QI 8: perioperative Chemotherapie oder präoperative Radiochemotherapie bei operablen Patienten mit Adenokarzinom des Ösophagus |
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Zähler Anzahl Patienten mit prä- und postoperativer Chemotherapie oder präoperativer Radiochemotherapie Nenner Alle Patienten mit Adenokarzinom des Ösophagus (C.16x, 8140/3) und Operation (OPS 5422.0, alle 5423, 5424, 5425, 5426) und cT3 oder cT4 |
Empfehlung 8.25 Beim operablen Patienten mit lokal einem fortgeschrittenem Adenokarzinom des Ösophagus oder des ösophagogastralen Übergangs (Kategorie cT3 / T4 resektabel oder Kategorie cN1–3) soll eine perioperative Chemotherapie oder eine präoperative Radiochemotherapie durchgeführt werden. |
Evidenzgrad 1a Konsensstarke 100 % [421] [423] [424] [425] [435] [436] Cave: Da die Referenzempfehlung fur den QI geändert wurde, ist der QI bis zur Aktualisierung der Qualitätsindikatoren ausgesetzt. |
QI 9: Systemtherapie des metastasierten Adenokarzinoms des Ösophagus |
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Zähler Anzahl Patienten mit systemischer Chemotherapie (Erstlinie) Nenner Alle Patienten mit einem metastasierten Adenokarzinom des Ösophagus (C16.x, 8140/3,M1) |
Empfehlung 9.2 Patienten mit einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenen, nicht kurativ behandelbaren Adenokarzinom des Ösophagus und des ösophagogastralen Übergangs soll eine Systemtherapie angeboten werden. Therapieziel ist die Verlängerung der Überlebenszeit und der Erhalt der Lebensqualität. |
Evidenzgrad 1a „oder lokal fortgeschrittenen,“ wurde im Rahmen der Version 3.1 ergänzt. |
QI 10: Anastomoseninsuffizienz nach chirurgischer Resektion |
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Zähler Anzahl Patienten mit Anastomoseninsuffizienz (ICD: K91.83 „Insuffizienzen von Anastomosen und Nähten nach OP an: Anus, Darm, Magen, Ösophagus, Rektum), die endoskopisch, interventionell oder operativ behandelt wurden Nenner Alle Patienten mit Neoplasie des Ösophagus (D.00.1, C.15x, C16x) und Operation (chirurgische Resektion OPS 5422.0, alle 5423, 5424, 5425, 5426) |
Ergebnisindikator basierend auf einem entsprechenden QI aus Belgien: „OC9: Proportion of patients experiencing anastomotic leakage after oesophagectomy“ Vorschlag Prof. Hölscher: Einteilung der Anastomoseninsuffizienz in I-III. I = locally defect, no change in therapy, only medicaments or diet modification II: Localized defect requiring intervention, but no surgery, e. g. IR drain, stent or bedside opening III: Localized defect requiring surgical therapy -soll erfasst werden |
Definition as in Low et al, International Consensus on Standardization of Data Collection for Complications Associated With Esophagectomy: Esophagectomy Complications Consensus Group (ECCG)., 2015 [324] |
QI 11: 11.1 und 11.2: Mortalität nach Operation |
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Zähler Zähler 11.1: Anzahl postoperativ verstorbene Patienten nach 30 Tagen Zähler 11.2 Anzahl postoperativ verstorbene Patienten nach 90 Tagen Nenner Nenner 11. 1 + 11.2: Alle Patienten mit Neoplasie des Ösophagus (D.00.1, C.15x, C16x) und Operation (chirurgische Resektion OPS 5422.0, alle 5423, 5424, 5425, 5426) |
Ergebnisindikator basierend auf einem entsprechenden QI aus Belgien: OC6: Oesophageal resection mortality rate within 30 days (Vlayen Joan, et al. 2013) |
Geht als Vorschlag auf folgende Publikationen zurück: Mortality Rate: 90 days better than 30 days to measure (Walters, D.M., et al. 2014; Talsma, A.K., et al. 2014) |
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13 Anhänge
13.1 Übersicht der Änderungen in Version 3 ([Tab. 18], [19])
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14 Abbildungsverzeichnis
[Abb. 1] Bekannte Risikofaktoren für die Entstehung eines Ösophaguskarzinoms |
e221 |
[Abb. 2] Algorithmus zum Staging des Ösophaguskarzinoms |
e231 |
[Abb. 3] Therapiealgorithmus bei funktionell operablen und onkologisch resektablen Adenokarzinomen des Ösophagus und des gastroösophagealen Übergangs |
e255 |
[Abb. 4] Therapiealgorithmus bei funktionell operablen und onkologisch resektablen Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus. Zur Therapie mittels definitiver Radiochemotherapie bei lokalisierten Plattenepithelkarzinomen des zervikalen Ösophagus siehe Empfehlung 8.34. |
e256 |
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15 Tabellenverzeichnis
[Tab. 1] Beteiligte Organisationen und Personen |
e213 |
[Tab. 2] Arbeitsgruppen und deren Mitglieder |
e214 |
[Tab. 3] Abkürzungsverzeichnis |
e215 |
[Tab. 4] Schema der Evidenzgraduierung nach Oxford (Version März 2009) |
e217 |
[Tab. 5] Evidenzklassifizierung nach Oxford 2011 |
e218 |
[Tab. 6] Schema der Empfehlungsgraduierung |
e219 |
[Tab. 7] Konsensstärke |
e219 |
[Tab. 8] Übersicht über die Staging-Ergebnisse des endoskopischen Ultraschalls (EUS) für die T- und N-Kategorien von Ösophaguskarzinomen (Sensitivität/Spezifität durch EUS/EUS-FNP). |
e230 |
[Tab. 9] Direkter Vergleich der eingesetzten Stagingverfahren bei der Aufdeckung von Lymphknoten-Metastasen. |
e232 |
[Tab. 10] Klinische Klassifikation der Ösophaguskarzinome, eingeschlossen Karzinome des ösophagogastralen Übergangs nach der TNM-Klassifikation |
e239 |
[Tab. 11] Stadiengruppierung der TNM-Klassifikation der Ösophaguskarzinome, eingeschlossen Karzinome des ösophagogastralen Übergangs – Plattenepithelkarzinome |
e239 |
[Tab. 12] Stadiengruppierung der TNM-Klassifikation der Ösophaguskarzinome, eingeschlossen Karzinome des ösophagogastralen Übergangs – Adenokarzinome |
e240 |
[Tab. 13] Tumorregressions-Score für Adenokarzinome nach Becker et al. |
e241 |
[Tab. 14] Mögliche Chemotherapieregime bei neoadjuvanter präoperativer Radiochemotherapie |
e263 |
[Tab. 15] Onkologische Ergebnisse in der ARTDECO Studie zur definitiven Radiochemotherapie mit Vergleich der 50,4 Gy Standarddosis mit 61,6 Gy in Kombination mit Carboplatin und Paclitaxel |
e265 |
[Tab. 16] Bewertungskriterien für potentielle Qualitätsindikatoren |
e278 |
[Tab. 17] Qualitätsindikatoren |
e279 |
[Tab. 18] Änderungen in der Version 3.1 |
e282 |
[Tab. 19] Änderungen in der Version 3.0 |
e283 |
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Interessenkonflikt
Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Literatur
- 1 Robert Koch-Institut und die Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e V. Krebs in Deutschland für 2015/2016. 2019 12. Auflage. https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Krebsregisterdaten/krebs_node.html
- 2 Kreienberg R. et al. Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms AWMF-Register-Nummer: 032–045OL. 2012
- 3 Beauchamp TL, Childress JF. Priciples of Biomedical Ethics,Oxford University Press. 2001 5 th ed.
- 4 (Muster)-Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte (Stand 2011), (Letzter Aufruf am 10032015). wwwbundesaerztekammerde
- 5 Bundesministerium der Justiz und des Verbraucherschutzes (2013) Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten Drucksache 7/13 (letzter Aufruf am 04052014. www.bmjv:de/DE/Buerger/gesellschaft/Patientenrechte/nodehtml
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