Aktuelle Rheumatologie 2022; 47(04): 271-272
DOI: 10.1055/a-1791-5431
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Begünstigen IL-17-Inhibitoren chronisch entzündliche Darmerkrankungen?

Penso L. et al.
Risk of Inflammatory Bowel Disease in Patients With Psoriasis and Psoriatic Arthritis/Ankylosing Spondylitis Initiating Interleukin-17 Inhibitors: A Nationwide Population-Based Study Using the French National Health Data System.

Arthritis Rheumatol 2022;
74: 244-252
 

Mit den Interleukin 17 (IL-17)-Hemmern Secukinumab, Ixekizumab und Brodalumab stehen 3 hoch wirksame Biologika zur Therapie der mäßig bis schweren Psoriasis mit Psoriasis-Arthritis (PsA) oder ankylosierender Spondylitis (AS) zur Verfügung. Diese Antikörper stehen allerdings im Verdacht, chronisch entzündliche Darmerkrankungen auszulösen. Ob dem tatsächlich so ist, untersuchte ein französisches Forscherteam im Rahmen einer Bevölkerungsstudie.


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Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler identifizierten mithilfe nationaler Gesundheitsdatenbanken 16793 Erwachsene mit einer Psoriasis und PsA/AS, die zwischen 2016 und 2019 erstmals eine Therapie mit einem IL-17-Inhibitor begonnen hatten. Patientinnen und Patienten, die im selben Zeitraum erstmals Apremilast (n=20556) oder Etanercept (n=10294) verschrieben bekommen hatten, jedoch nie mit IL-17-Inhibitoren behandelt worden waren, bildeten das Kontrollkollektiv. Personen mit einer rheumatoiden Arthritis oder einer vorbestehenden chronisch entzündlichen Darmerkrankung (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) schlossen die Forschenden von der Analyse aus. Als primären Studienendpunkt definierten sie die Neudiagnose einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung.

Ergebnisse

Die mit Secukinumab, Ixekizumab und Brodalumab behandelten Personen (45% Männer) waren im Schnitt 48,4 Jahre alt, die Apremilast-Anwenderinnen und -Anwender (54% Männer) 52,6 Jahre und die Etanercept-Anwenderinnen und -Anwender (44% Männer) 46,3 Jahre. Die Mehrzahl (71%) der mit IL-17-Inhibitoren, aber nur 7% der mit Apremilast und 27% der mit Etanercept Behandelten hatten im Vorfeld Biologika erhalten. In diesen 3 Gruppen entwickelten im Verlauf der Nachbeobachtungszeit 72 (0,43%), 11 (0,05%) bzw. 49 (0,48%) Patientinnen und Patienten eine chronisch entzündliche Darmerkrankung. In allen 3 Kollektiven ereignete sich die Mehrzahl der Neuerkrankungen nach mindestens sechsmonatiger Therapie. Eine Propensity-Score-Analyse ergab: Im Vergleich zu Apremilast ging die Behandlung mit einem IL17-Inhibitor mit einem signifikant erhöhten Risiko für eine chronisch entzündliche Darmerkrankung einher (gewichtete Hazard Ratio 3,8; 95% KI 2,1–6,8). Das Risiko für einen Morbus Crohn vervierfachte sich dabei (gewichtete Hazard Ratio 4,0; 95% KI 2,0–8,1) und das Risiko für eine Colitis ulcerosa verdoppelte sich (gewichtete Hazard Ratio 2,0; 95% KI 1,0–4,3). Letzterer Unterschied war jedoch statistisch nicht signifikant. Die auf IL17-Inhibitoren und die auf Etanercept eingestellten Personen unterschieden sich bezüglich des Risikos für chronisch entzündliche Darmerkrankungen nicht wesentlich (gewichtete Hazard Ratio 0,8; 95% 0,5–1,2).

Fazit

Psoriasiskranke mit PsA/AS, die erstmals IL-17-Hemmer erhalten, so das Autorenteam, entwickeln im Vergleich zu Betroffenen mit neu begonnener Apremilast-Therapie deutlich häufiger chronisch entzündliche Darmerkrankungen. Im Vergleich zur Etanercept-Behandlung scheint das diesbezügliche Risiko allerdings nicht erhöht zu sein. Möglicherweise seien diese Beobachtungen auf eine unterschiedliche Krankheitsschwere in den einzelnen Gruppen zurückzuführen. Weitere Studien müssen diese Ergebnisse bestätigen.

Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


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Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
11. August 2022

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