Phlebologie 2022; 51(03): 122
DOI: 10.1055/a-1812-5672
Literatur weltweit

COVID-19: Weniger Todesfälle bei mittelschwer Erkrankten durch Heparin

Rezensent(en):
Stephanie Gräwert
Sholzberg M.. et al.
Effectiveness of therapeutic heparin versus prophylactic heparin on death, mechanical ventilation, or intensive care unit admission in moderately ill patients with covid-19 admitted to hospital: RAPID randomised clinical trial.

BMJ 2021;
375: n2400
DOI: 10.1136/bmj.n2400. (PMID: 34649864)
 

    Thrombosen und Embolien tragen wesentlich zur Mortalität und Morbidität einer COVID-19-Infektion bei. Bei mittelschwer erkrankten Patienten mit erhöhten D-Dimer-Werten lässt sich die Sterbewahrscheinlichkeit durch die Gabe von Heparin vermindern, obwohl die medikamentöse Gerinnungshemmung keinen Einfluss hat auf die Notwendigkeit einer Beatmung oder einer intensivmedizinischen Behandlung.


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    Zu diesem Ergebnis kommt eine internationale, randomisierte Multicentre-Studie, an der 28 Kliniken aus sechs verschiedenen Ländern (Brasilien, Kanada, Irland, Saudi Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, USA) teilgenommen hatten. Insgesamt 465 Patienten waren für die Aufnahme in die Studie geeignet: sie waren mittelschwer erkrankt, d. h. es war eine stationäre aber zunächst keine intensivmedizinische Behandlung oder Beatmung notwendig. Ein weiteres Einschlusskriterium war eine Erhöhung des D-Dimers in den ersten fünf Tagen nach stationärer Aufnahme.

    Zwischen Mai 2020 und April 2021 wurden diese COVID-19-Patienten in eine von zwei Gruppen eingeteilt: 237 Patienten bekamen eine Heparinprophylaxe basierend auf den Leitlinien der American Society of Hematology zur Thromboseprophylaxe und 228 Patienten erhielten eine therapeutische Heparingabe wie bei der Behandlung venöser Thrombembolien üblich. Die Behandlung begann innerhalb von 24 Stunden nach der Randomisierung und wurde 28 Tage fortgeführt bzw. bis zur Entlassung oder bis zum Versterben, je nachdem welches Ereignis früher eintrat.

    In der Therapiegruppe (TG) wurden im Schnitt 26,5 beatmungsfreie Tage verzeichnet; in der Prophylaxegruppe (PG) waren es 24,7 Tage. Bei 9,2 % bzw. 11 % der Patienten war dann letztlich aber doch eine (invasive oder nicht invasive) Beatmung notwendig; 33 bzw. 42 Patienten (14,5 % bzw. 17,7 %) mussten im Verlauf intensivmedizinisch behandelt werden (ITS-freie Tage 26,0 bzw. 24,2). Signifikant waren die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen nicht.

    Vier Patienten der Therapiegruppe (1,8%) verstarben während der bis zu 28-tägigen Beobachtungszeit. In der Prophylaxegruppe lag die Sterberate mit 7,6 % deutlich höher (18 Patienten). Häufigste Todesursache war eine respiratorische Insuffizienz. Acht Patienten erlitten im Verlauf eine Thrombembolie (TG 0,9%, PG 2,5 %), die jedoch in keinem Fall tödlich verlief. Ähnlich verhielt es sich mit schweren Blutungen: auch sie traten selten auf (TG 0,9 %, PG 1,7 %) und waren in keinem Fall letal.

    Fazit:

    Mittelschwer erkrankte, stationär behandelte COVID-19-Patienten können von einer therapeutischen Heparingabe profitieren. Denn durch die medikamentöse Gerinnungshemmung kann die Sterbewahrscheinlichkeit signifikant um 78 % reduziert werden. Prospektive Studien sollten nun die Wirksamkeit verschiedener Arten und Dosierungen von Gerinnungshemmern in unterschiedlichen Patientengruppen ermitteln.

    Stephanie Gräwert, Leipzig


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    Publikationsverlauf

    Artikel online veröffentlicht:
    14. Juni 2022

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