Pneumologie 2022; 76(12): 847
DOI: 10.1055/a-1900-3174
Pneumo-Fokus

Nasaler High-Flow-Sauerstoff verbessert das Anlegen des Endotrachealtubus

Contributor(s):
Ulrike Andres
Hodgson KA. et al.
Nasal high-flow therapy during neonatal endotracheal intubation.

N Engl J Med 2022;
386: 1627-1637
 

    In der Neonatologie ist bei der Anlage eines Endotrachealtubus häufig mehr als ein Versuch notwendig. Dies führt oft, wegen der geringeren funktionellen Residualkapazität und des höheren Sauerstoffbedarfs, zu einer Sauerstoffentsättigung. Wiederholte Intubationsversuche erhöhen das Komplikationsrisiko. Im Rahmen einer australischen Studie wurde daher untersucht, ob eine begleitende nasale High-Flow-Sauerstofftherapie die Erfolgsrate der Intubation steigert.


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    Zu den Komplikationen im Zuge fehlgeschlagener und wiederholter Intubationsversuche gehören intraventrikuläre Blutungen und Atemwegsverletzungen sowie eine physiologische Instabilität aufgrund einer eintretenden Entsättigung, definiert als absolute Abnahme der Sauerstoffsättigung um mehr als 20% gegenüber dem Wert unmittelbar vor dem Anlegen des Endotrachealtubus, oder aufgrund einer Bradykardie mit weniger als 100 Herzschlägen pro Minute.

    In einer randomisiert-kontrollierten Studie verglich die Arbeitsgruppe die klinischen Ergebnisse von 251 Intubationen bei 202 Frühgeborenen (mittleres postmenstruelles Alter: 27,9 Wochen). Sie randomisierten die Frühgeborenen so, dass 124 Intubationen unter zusätzlich angelegter nasaler High-Flow-Sauerstoffgabe erfolgten und 127 unter den üblichen Intubationsbedingungen. Primärer Endpunkt der Studie war eine erfolgreiche Intubation beim ersten Versuch ohne physiologische Instabilität des Neugeborenen. Die präspezifizierten sekundären Endpunkte betrafen die mediane Sauerstoffsättigung während des Intubationsversuchs, ggf. den Zeitpunkt und die Dauer einer Entsättigung und die Anzahl und Dauer der Intubationsversuche.

    In der primären Intention-to-treat-Analyse gelang die Intubation beim ersten Versuch ohne physiologische Instabilität bei 62 von 124 Interventionen (50,0%) in der High-Flow-Gruppe sowie bei 40 von 127 Interventionen (31,5%) in der Kontrollgruppe mit Standardbehandlung. Dies entspricht einer „Number needed to treat“ für die zusätzliche nasale High-Flow-Behandlung von 6, um für 1 Frühgeborenes von Nutzen zu sein. In den Subgruppenauswertungen war der Effekt bezüglich des primären Studienendpunktes ähnlich, unabhängig vom postmenstruellen Alter oder einer vorab erfolgten Medikation. Lediglich in Bezug auf die Erfahrung des medizinischen Personals, das die Intubation durchführte, schien sich ein größerer Effekt zu ergeben, wenn es sich um weniger erfahrene Mediziner handelte.

    Die sekundären Endpunkte waren in beiden Studiengruppen vergleichbar, jedoch war bei den Frühgeborenen, die eine Entsättigungsepisode erfuhren, die mittlere Zeit bis zur Entsättigung mit 44,3 Sekunden in der High-Flow-Gruppe länger als mit 35,5 Sekunden in der Kontrollgruppe. Auch die mediane Sauerstoffsättigung während des ersten Intubationsversuchs war mit 93,5 vs. 88,5% in der High-Flow-Gruppe vs. der Gruppe mit Standardbehandlung höher.

    Fazit

    Wird bei Neugeborenen eine endotracheale Intubation erforderlich, so profitieren die Patienten von der gleichzeitigen nasalen High-Flow-Sauerstofftherapie. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Intubation ohne physiologische Instabilität beim ersten Versuch, reduziert die Fälle mit Sauerstoffentsättigung bzw. verlängert die Zeit bis zu einer Entsättigung. Für die Autorinnen und Autoren der Studie zeigen sich die Vorteile v.a. bei noch unerfahrenen Ärztinnen und Ärzten.

    Ulrike Andres, Ginsheim

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    Abb. 1 Dass bei Neugeborenen die Gabe eines nasalen High-Flow-Sauerstoffs das Anlegen des Endotrachealtubus verbessert, stellten Hodgson et al. in ihrer Studie fest (im Bild: Intubationsendoskop nach Bonfils mit aufgefädeltem Endotrachealtubus und aufgesetzter Lichtquelle). Quelle: Eberius C, Schramm C, Walther A. Der schwierige Atemweg beim Kind. Pädiatrie up2date 2021; 16: 59–74. DOI: 10.1055/a-1154-5428.

    Ulrike Andres, Ginsheim


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    Publication History

    Article published online:
    07 December 2022

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    Georg Thieme Verlag KG
    Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany


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    Abb. 1 Dass bei Neugeborenen die Gabe eines nasalen High-Flow-Sauerstoffs das Anlegen des Endotrachealtubus verbessert, stellten Hodgson et al. in ihrer Studie fest (im Bild: Intubationsendoskop nach Bonfils mit aufgefädeltem Endotrachealtubus und aufgesetzter Lichtquelle). Quelle: Eberius C, Schramm C, Walther A. Der schwierige Atemweg beim Kind. Pädiatrie up2date 2021; 16: 59–74. DOI: 10.1055/a-1154-5428.