CC BY-NC-ND 4.0 · Geburtshilfe Frauenheilkd 2023; 83(04): 437-445
DOI: 10.1055/a-1902-4577
GebFra Science
Original Article

Robotisch assistierte gynäkologische Chirurgie bei älteren Patientinnen – eine komparative Kohortenstudie zum perioperativen Verlauf

Artikel in mehreren Sprachen: English | deutsch
Anke R. Mothes
1   Klinik für Frauenheilkunde und Robotisches Zentrum, St. Georg Klinikum Eisenach, Akademisches Lehrkrankenhaus des Universitätsklinikums Jena, Eisenach, Germany
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2   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Fortpflanzungsmedizin, Universitätsklinikum Jena, Jena, Germany (Ringgold ID: RIN39065)
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Irina Cepraga
1   Klinik für Frauenheilkunde und Robotisches Zentrum, St. Georg Klinikum Eisenach, Akademisches Lehrkrankenhaus des Universitätsklinikums Jena, Eisenach, Germany
2   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Fortpflanzungsmedizin, Universitätsklinikum Jena, Jena, Germany (Ringgold ID: RIN39065)
,
Anke Esber
1   Klinik für Frauenheilkunde und Robotisches Zentrum, St. Georg Klinikum Eisenach, Akademisches Lehrkrankenhaus des Universitätsklinikums Jena, Eisenach, Germany
2   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Fortpflanzungsmedizin, Universitätsklinikum Jena, Jena, Germany (Ringgold ID: RIN39065)
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Anja Kwetkat
3   Klinik für Geriatrie und Palliativmedizin, Klinikum Osnabrück GmbH, Osnabrück, Germany
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Ingo B. Runnebaum
2   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Fortpflanzungsmedizin, Universitätsklinikum Jena, Jena, Germany (Ringgold ID: RIN39065)
› Institutsangaben
 

Zusammenfassung

Studiendesign Im Kontext der demografischen Entwicklung wurde die Hypothese aufgestellt, dass ältere Patientinnen ≥ 65 Jahre trotz höherer präoperativer Komorbidität sicher minimalinvasiv robotisch assistiert operiert werden können. Im Design einer komparativen Kohortenstudie erfolgte der Vergleich der Altersgruppen ≥ 65 Jahre („older age group“, OAG) vs. < 65 Jahre („younger age group“, YAG) nach robotisch assistierter gynäkologischer Chirurgie (RAS) in 2 deutschen Zentren.

Patientinnen und Methoden Es wurden konsekutive RAS zwischen 2016 und 2021 mit benignen oder onkologischen Indikationen an der Universitätsfrauenklinik Jena und am Robotischen Zentrum Eisenach eingeschlossen. Der Altersgruppenvergleich erfolgte hinsichtlich präoperativer Komorbidität (ASA, „Charlson Comorbidity Index“, CCI, „Cumulative Illness Rating Scale – Geriatric Version“, CIRS-G) und perioperativer Parameter einschließlich Clavien-Dindo-(CD-)Komplikationen. Es wurden Welch’s t-Tests, Chi2-Tests und exakte Tests nach Fisher durchgeführt.

Ergebnisse Es konnten n = 242 Datensätze mit OAG n = 63 (73 ± 5 J.) and YAG n = 179 (48 ± 10 J.) identifiziert werden. Patientencharakteristika und Anteil an benignen bzw. onkologischen Indikationen unterschieden sich in den Altersgruppen nicht. Komorbiditäts-Scores inkl. Adipositasanteil waren in der OAG höher: CCI (2,7 ± 2,0 vs. 1,5 ± 1,3; p < 0,001), CIRS-G (9,7 ± 3,9 vs. 5,4 ± 2,9; p < 0,001), ASA-Klasse II/III (91,8% vs. 74,1%; p = 0,004), Adipositas (54,1% vs. 38,2%; p = 0,030). Weder bei benignen noch bei onkologischen Indikationen unterschieden sich die Altersgruppen hinsichtlich perioperativer Parameter wie Operationsdauer (p = 0,088; p = 0,368), stationärem Aufenthalt (p = 0,786; p = 0,814), Hb-Abfall (p = 0,811; p = 0,058), Konversionsrate (p = 1,000; p = 1,000) und CD-Komplikationen (p = 0,433; p = 0,745).

Schlussfolgerung Bei höherer präoperativer Komorbidität in der Gruppe der älteren Patientinnen waren in den untersuchten Kohorten keine Unterschiede im perioperativen Verlauf nach robotisch assistierter gynäkologischer Chirurgie zwischen den verglichenen Altersgruppen zu finden. Das Patientinnenalter stellte keine Kontraindikation für robotische gynäkologische Chirurgie dar.


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Abkürzungen

ASA: Risikoklassifikation nach American Society of Anesthesiologists
BMI: Body-Mass-Index
CCI: Charlson Comorbidity Index
CD: Clavien-Dindo-Klassifikation
CIRS-G: Cumulative Illness Rating Scale – Geriatric Version
HWI: Harnwegsinfektion
IST: Intensivstation
MIS: Minimally invasive Surgery
MW: Mittelwert
OAG: Older Age Group
OAS: Open abdominal Surgery
RAS: Robotic-assisted Surgery
SA: Standardabweichung
WHO: World Health Organization
YAG: Younger Age Group


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Einleitung

Durch ein überproportionales Altern der Bevölkerung in fast allen Industrieländern stehen die Gesundheitssysteme weiter steigenden Zahlen älterer und hochbetagter Patientinnen mit Anspruch an eine umfassende Gesundheitsversorgung und damit an eine anhaltende soziale Unabhängigkeit gegenüber. Aus diesem Grund sollten auch operative Therapieoptionen – wenn indiziert – aus Altersgründen per se nicht infrage gestellt werden.

Der Einsatz eines roboterassistierten Operationssystems als technologische Weiterentwicklung in der minimalinvasiven Chirurgie erreicht zunehmende Popularität unter den operativen Gynäkologen Europas [1]. Während robotische Assistenz in der gynäkoonkologischen Chirurgie bereits verbreitet ist [2] [3], findet sie Einzug in die operative Behandlung komplexer benigner gynäkologischer Entitäten, bei nahtintensiven Prozeduren [4], bei adipösen Patientinnen oder nach multiplen abdominalen Voroperationen [5] [6]. Durch Hochpräzisionsinstrumente, exzellente Darstellung der Anatomie und entlastende Ergonomie wird der minimalinvasive Zugang mit abnehmendem Risiko für eine Konversion auch bei fortgeschrittener Erkrankung und unter komplexen Randbedingungen nutzbar. Im Vergleich zur offenen Chirurgie führt dies wiederum zur Abnahme der postoperativen Morbidität und zu kürzeren Krankenhausverweildauern [7] [8] [9] [10] [11], was sich sowohl volkswirtschaftlich als auch für das Individuum positiv auswirken kann.

Das durch Komorbidität erhöhte Risiko für chirurgische Komplikationen bei älteren Patientinnen ist bekannt [12] [13]. Obwohl minimalinvasive Beckenchirurgie bei hochbetagten Patientinnen sicher durchgeführt werden konnte [14], sind Anästhesisten und Gynäkologen oft zurückhaltend in der Bewertung der Trendelenburg-Position und Hyperkapnie bei einer Patientengruppe mit erhöhtem Risiko für kardiopulmonale Komplikationen [15]. Außerdem können bei Anwendung eines Operationsroboters im minimalinvasiven Zugang bei zunehmend komplexen Entitäten zwar Nachteile offener Eingriffe vermieden, oft aber sollten längere Operationszeiten geplant werden.

Ziel der vorliegenden komparativen Kohortenstudie war die Evaluation konsekutiv generierter perioperativer Datensätze nach robotisch assistierter gynäkologischer Beckenchirurgie (RAS) mit komplexen benignen und onkologischen Indikationen sowie der Vergleich der Altersgruppen der ≥ 65-jährigen und der < 65-jährigen Patientinnen. Wir stellten die Hypothese auf, dass ältere Patientinnen ≥ 65 Jahre trotz höherer präoperativer Komorbiditäts-Scores sicher minimalinvasiv robotisch assistiert operiert werden können.


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Patientinnen und Methoden

Kohorte und Daten

Wir studierten im retrospektiven komparativen Design alle Datensätze konsekutiver Patientinnen, die sich zwischen 2016 und 2021 einem robotisch assistierten Eingriff (RAS) mit komplexer gynäkologischer benigner oder onkologischer Indikation an der Universitätsfrauenklinik Jena und am Robotischen Zentrum des Akademischen Lehrkrankenhauses St. Georg Klinikum Eisenach unterzogen. Alle RAS wurden von in der robotischen Chirurgie ausgebildeten Teams durchgeführt. An beiden Zentren wurde in der klinischen Routine die Komplexität der Erkrankung oder der Prozedur, nicht aber das Patientenalter als Ein- oder Ausschlusskriterium für RAS gewertet.

Die Datenrecherche wurde anhand papier- bzw. computerbasierter Patientenakten durchgeführt. Alle Patientinnen erteilten ihr Einverständnis vor dem Eingriff.

Es erfolgte der Vergleich der Daten zwischen der Altersgruppe der ≥ 65-Jährigen („older age group“, OAG) mit den < 65-Jährigen („younger age group“, YAG) zu Patientencharakteristika wie Alter, Parität, Adipositas-Grad (WHO), präoperativer Komorbidität inklusive BMI, ASA, „Charlson Comorbidity Index“ (CCI) und „Cumulative Illness Rating Scale – Geriatric Version“ (CIRS-G) sowie zu peri- und postoperativen Parametern wie Indikation, Zustand nach offen-abdominalen Eingriffen, begleitende Adhäsiolyse, Konversionsrate, OP-Dauer, Hb-Abfall, stationäre Verweildauer, nach Clavien-Dindo (CD) klassifizierten chirurgischen Komplikationen, analysiert für benigne und onkologische Indikationen.

Die Klassifikation chirurgischer Komplikationen erfolgte standardisiert nach dem Clavien-Dindo-(CD-)System, in dem eine Komplikation entsprechend der Notwendigkeit für medikamentöse oder chirurgische Interventionen definiert ist. Das Evaluationsintervall umfasste den stationären Aufenthalt und ein 48-h-Wiederaufnahmeintervall.

Alle Eingriffe wurden mit dem Operationsroboter daVinci Si, X oder Xi (Intuitive Surgical, Sunnyvale, California, U.S.) durchgeführt.


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Statistische Analyse

Die Datenanalyse erfolgte unter Nutzung von SPSS (Statistical Package for the Social Sciences; Version 27.0; SPSS Inc., Chicago, IL, USA). Mittelwertanalysen kontinuierlicher Variablen erfolgten unabhängig von Varianzhomogenität mit dem Welch’s t-Test, der für Stichprobengrößen von > 30 außerdem keine Normalverteilung der Daten erfordert. Deskriptive Analysen kategorialer Daten wurden entsprechend mittels Chi2-Test oder exaktem Test nach Fisher durchgeführt.


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Ergebnisse

Es konnten Datensätze von 242 konsekutiv durchgeführten roboterassistierten Operationen mit komplexen benignen oder onkologischen Indikationen erhoben werden. Konversionen zu offen-abdominalen Zugängen (OAS) waren bei 4 Patientinnen mit einer Rate von 1,6% der robotisch assistiert operierten Gesamtkohorte erforderlich (Zervixkarzinom n = 2; Endometriumkarzinom n = 1; tief infiltrierende Endometriose n = 1). In diesen Fällen erfolgte eine Konversion unter den komplexen Bedingungen ausgedehnter abdominaler Adhäsionen in Kombination mit Adipositas.

In die OAG konnten n = 63 Patientinnen im Alter von 65 Jahren oder älter, in die YAG n = 179 Patientinnen jünger als 65 Jahre eingeschlossen werden. Patientencharakteristika sind [Tab. 1] zu entnehmen. Das mittlere Alter der OAG war 73 ± 5 Jahre, die älteste Patientin war 88 Jahre alt. Neun der robotisch assistiert operierten Patientinnen waren über 80-jährig; das mittlere Alter der YAG war 48 ± 10 Jahre; die jüngste Patientin 27-jährig.

Tab. 1 Basischarakteristika der Studienpopulation, Gesamtkohorte (n = 242), Gruppe 1 (≥ 65 J.; n = 63), Gruppe 2 (< 65 J.; n = 179).

Variable

gesamt

(n = 242)

Gruppe 1 (≥ 65 J.)

(n = 63)

Gruppe 2 (< 65 J.)

(n = 179)

p

1 Welch’s t-Test, 2 Chi2-Test. J. = Jahre; BMI = Body-Mass-Index; MW = Mittelwert; SA = Standardabweichung

Alter (Jahre; MW ± SA)

54 ± 14 (n = 242)

73 ± 5 (n = 63)

48 ± 10 (n = 179)

< 0,0011

Alter (Jahre; Min–Max)

27–88

65–88

27–64

Parität (MW ± SA)

1,67 ± 1,15 (n = 235)

2,08 ± 1,06 (n = 59)

1,53 ± 1,16 (n = 176)

0,0011

BMI (kg/m2; MW ± SA)

28,9 ± 6,7 (n = 234)

29,8 ± 5,9 (n = 61)

28,6 ± 6,9 (n = 173)

0,1741

BMI bei Adipositas (kg/m2; MW ± SA)

35,0 ± 5,5 (n = 99)

33,8 ± 4,8 (n = 33)

35,6 ± 5,7 (n = 66)

0,1111

offen abdominale Vor-Operationen

131/240 (54,1%)

37/63 (58,7%)

94/177 (53,1%)

0,4412

begleitende Adhäsiolyse

181/242 (74,8%)

55/63 (87,3%)

126/179 (70,4%)

0,0082

Mit Ausnahme der Parität, die in der OAG höher lag (p = 0,001), unterschieden sich die Gruppen hinsichtlich der Patientencharakteristika nicht ([Tab. 1]). Alle präoperativen Komorbiditäts-Scores waren in der OAG größer ([Tab. 2]): CCI (2,7 ± 2,0 vs. 1,5 ± 1,3; p < 0,001), CIRS-G (9,7 ± 3,9 vs. 5,4 ± 2,9; p < 0,001), ASA-Klasse II/III (91,8% vs. 74,1%; p = 0,004) und Adipositas nach WHO-Definition (54,1% vs. 38,2%; p = 0,030); begleitende Adhäsiolyse war in der OAG häufiger erforderlich (p = 0,008; [Tab. 1]). Kein Unterschied bestand in den Altersgruppen hinsichtlich der Raten benigner oder onkologischer Indikationen ([Tab. 3]; p = 0,068). Es wurden keine schweren Komplikationen bei den hochbetagten Patientinnen über 80 Jahre registriert.

Tab. 2 Präoperative Komorbidität, Gesamtkohorte (n = 242), Gruppe 1 (≥ 65 J.; n = 63), Gruppe 2 (< 65 J.; n = 179).

Variable

gesamt

(n = 242)

Gruppe 1 (≥ 65 J.)

(n = 63)

Gruppe 2 (< 65 J.)

(n = 179)

p

1 Welch’s t-Test; 2 Chi2-Test. J. = Jahre; ASA = Risikoklassifikation der American Society of Anesthesiologists; CCI = Charlson Comorbidity Index, CIRS-G = Cumulative Illness Rating Scale-Geriatric; MW = Mittelwert; SA = Standardabweichung.

CCI (MW ± SA)

1,8 ± 1,6 (n = 239)

2,7 ± 2,0 (n = 62)

1,5 ± 1,3 (n = 177)

< 0,0011

CIRS-G (MW ± SA)

6,55 ± 3,71 (n = 239)

9,7 ± 3,9 (n = 62)

5,4 ± 2,9 (n = 177)

< 0,0011

Adipositas (n; WHO-Def.)

99/234 (40,9%)

33/61 (54,1%)

66/173 (38,2%)

0,0302

Adipositas Grad II/III

51/99 (51,5%)

12/33 (36,4%)

39/66 (59,1%)

0,0332

ASA-Klasse II/III

176/223 (78,9%)

56/61 (91,8%)

120/162 (74,1%)

0,0042

Tab. 3 Benigne und onkologische Indikationen für RAS, Gesamtkohorte (n = 242), Gruppe 1 (≥ 65 J.; n = 63), Gruppe 2 (< 65 J.; n = 179).

gesamt

(n = 242)

Gruppe 1 (≥ 65 J.)

(n = 63)

Gruppe 2 (< 65 J.)

(n = 179)

p

Chi2-Test; RAS = Robotic-assisted Surgery; J. = Jahre.

benigne

166 (68,6%)

49 (77,8%)

117 (65,4%)

0,068

onkologisch

76 (31,4%)

14 (22,2%)

62 (34,6%)

Benigne Indikationen

Benigne Indikationen für RAS umfassten tief infiltrierende Endometriose, komplexe Beckenbodendefekte aller 3 Kompartimente, den großen Uterus myomatosus, komplexe Adnexbefunde, Sepsis bei Beckenabszessen sowie komplexe Randbedingungen wie Adipositas oder multiple offene Abdominalchirurgie in der Anamnese. Unter den untersuchten Eingriffen fanden sich im Rahmen der Therapie einer tief infiltrierenden Endometriose 4 tiefe anteriore Rektumresektionen und eine Harnblasenteilresektion sowie bei Kinderwunschpatientinnen n = 11 multiple Myomenukleationen mit uterinen Rekonstruktionen modifiziert nach Osada sowie n = 61 Sakropexien. Das mittlere uterine Gewicht lag bei 265 ± 278 g und rangierte bis zu 1840 g nach robotisch assistierter Hysterektomie bei Uterus myomatosus (n = 73; [Tab. 4]). Begleitende Adhäsiolyse erfolgte häufiger in der OAG (p < 0,001), während sich die OP-Dauer (p = 0,088), die stationäre Verweildauer (p = 0,786), der Blutverlust (p = 0,811), die Konversionsrate (p = 1,000) und die CD-Komplikationsrate (p = 0,433) zwischen den Altersgruppen nicht unterschieden ([Tab. 4]). Medikamentöse Behandlung erfordernde CD-II-Komplikationen (minor) setzten sich in der Gruppe der älteren Patientinnen (Gruppe 1) wie folgt zusammen: mit Ebrantil behandelte hypertensive Krise (n = 1), mit Ibuprofen und Cortison behandelte Beinschwellung unklarer Genese bei ausgeschlossener Beinvenenthrombose (n = 1), mit Antibiotika behandelter HWI (n = 1) und ein mit Sauerstoffgabe behandelter persistierender O2-Sättigungsabfall. CD-III(b)-Komplikationen (major) in der OAG, die eine Intervention in Vollnarkose notwendig machten, waren Porthernien nach maschinellem Uterusmorcellement bei 2 Prolapspatientinnen mit signifikanter Bindegewebsschwäche am 2. bzw. 4. postoperativen Tag.

Tab. 4 RAS mit benignen Indikationen (n = 166): perioperative Parameter, Gruppe 1 (≥ 65 J.; n = 49), Gruppe 2 (< 65 J.; n = 117).

Variable

gesamt

(n = 166)

Gruppe 1 (≥ 65 J.)

(n = 49)

Gruppe 2 (< 65 J.)

(n = 117)

p

1 Exakter Test nach Fisher, 2 Welch’s t-Test, 3 Chi2-Test

* nach Hysterektomie bei Uterus myomatosus.

J. = Jahre; CD = Clavien-Dindo; Hb = Hämoglobin; MW = Mittelwert; SA = Standardabweichung.

Definition CD-Intervall: postoperative Verweildauer und 48-h-Wiederaufnahmeintervall.

begleitende Adhäsiolyse

136/166 (81,9%)

48/49 (98,0%)

88/117 (75,2%)

< 0,0011

Konversion zu offen

1/166 (0,6%)

0/49

1/117 (0,9%)

1,0001

OP-Dauer (min; MW ± SA; alle Prozeduren)

159 ± 98 (n = 165)

144 ± 44 (n = 49)

165 ± 112 (n = 116)

0,0882

CD-Komplikationen, gesamt

26/166 (15,7%)

6/49 (12,2%)

20/117 (17,1%)

0,4333

CD III–IV (major)

3/166 (1,8%)

2/49 (4,1%)

1/117 (0,9%)

0,2081

Verweildauer (MW ± SA)

4,02 ± 1,63 (n = 163)

3,96 ± 1,94 (n = 48)

4,04 ± 1,50 (n = 115)

0,7862

Hb delta (mmol/l; MW ± SA)

−0,96 ± 0,65 (n = 158)

−0,94 ± 0,52 (n = 47)

−0,97 ± 0,70 (n = 111)

0,8112

Uterusgewicht (g)*

265 ± 278 (n = 73)

222 ± 192 (n = 7)

270 ± 287 (n = 66)

0,5692

CD-II-Komplikationen (minor) setzten sich in der YAG (Gruppe 2) wie folgt zusammen: 1 minimale persistierende Blutung ohne Revisionsindikation, 1 postoperative Anämie mit Bluttransfusion, 1 mit Antibiotika therapierte Patientin mit paraklinischen Infektionszeichen nach Hysterektomie eines 1840 g schweren Uterus, 2 mit Antibiotika therapierte Patientinnen mit paraklinischen Infektionszeichen und Fieber unklarer Genese, 1 Patientin mit Eisensubstitution bei einem Hb von 6,1 mmol/l, 4 Patientinnen mit Antibiotikatherapie entweder bei HWI oder Pneumonie und 1 antibiotisch behandelte Patientin mit apikalem Vaginalhämatom nach Hysterektomie bei einem 660 g uterinen Gewicht ohne Revisionsindikation. In Gruppe 2 erforderte eine als CD III(b) klassifizierte Komplikation (major) eine laparoskopische Revision bei Nachblutung nach Endometriosesanierung (ASRM IV), multipler Myomenukleation und uteriner Lappenplastik bei Kinderwunsch.


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Onkologische Indikationen

RAS bei onkologischen Indikationen wie Zervix- (n = 45), Endometrium- (n = 18) oder (frühem/Borderline) Ovarialkarzinom (n = 10) erfolgte zur Durchführung radikaler Hysterektomien (n = 37), pelviner (n = 45) und paraaortaler (n = 16) Lymphonodektomien und Omentektomien (n = 9), wie entsprechend indiziert. Bei onkologischen Indikationen zeigte sich kein Unterschied zwischen den Altersgruppen bezüglich begleitender Adhäsiolyse (p = 0,438), OP-Dauer (p = 0,368), stationärer Verweildauer (p = 0,814), Blutverlust (p = 0,058), Konversionsrate (p = 1,000) und CD-Komplikationsraten (p = 0,745; [Tab. 5]).

Tab. 5 RAS mit onkologischen Indikationen (n = 76): perioperative Parameter, Gruppe 1 (≥ 65 J.; n = 14), Gruppe 2 (< 65 J.; n = 62).

Variable

gesamt

(n = 76)

Gruppe 1 (≥ 65 J.)

(n = 14)

Gruppe 2 (< 65 J.)

(n = 62)

p

1 Chi2-Test, 2 Exakter Test nach Fisher, 3 Welch’s t-Test

J. = Jahre; CD = Clavien-Dindo; Hb = Hämoglobin; MW = Mittelwert; SA = Standardabweichung.

Definition CD-Intervall: postoperative Verweildauer und 48-h-Wiederaufnahmeintervall.

begleitende Adhäsiolyse

45/76 (59,2%)

7/14 (50%)

38/62 (61,3%)

0,4381

Konversion zu offen

3/76 (3,9%)

0/14

3/62 (4,8%)

1,0002

OP-Dauer (min; MW ± SA; alle Prozeduren)

389 ± 165 (n = 76)

346 ± 196 (n = 14)

398 ± 157 (n = 62)

0,3683

CD-Komplikationen, total

22/76 (28,9%)

3/14 (21,4%)

19/62 (30,6%)

0,7452

CD III–IV (major)

3/76 (3,9%)

0/14

3/62 (4,8%)

1,0002

Verweildauer (MW ± SA)

6,95 ± 2,71 (n = 75)

7,14 ± 3,57 (n = 14)

6,90 ± 2,50 (n = 61)

0,8143

Hb delta (mmol/l; MW ± SA)

−1,39 ± 0,74 (n = 76)

−1,11 ± 0,55 (n = 14)

−1,46 ± 0,76 (n = 62)

0,0583

Eine medikamentöse Therapie erfordernde CD-II-Komplikationen (minor) setzten sich in der OAG wie folgt zusammen: 1 Bluttransfusion bei postoperativer Anämie und 1 Antibiotikatherapie bei paraklinischen Infektzeichen und Fieber. Es fanden sich keine CD-III–V-Komplikationen nach RAS mit onkologischen Indikationen in der OAG.

Als CD-II-Komplikationen (minor) mit erforderlicher medikamentöser Therapie wurden in der YAG 3 Patientinnen mit Bluttransfusionen und 1 Patientin mit Eisensubstitution bei postoperativer Anämie, 1 medikamentös therapierte hypertensive Krise, 2 HWIs und 1 mit Distigmin behandelte Blasenentleerungsstörung klassifiziert. Eine Lymphozelenpunktion mit Lokalanästhesie („bed side“) und 1 Trokarhernienrevision in Vollnarkose wurden entsprechend als CD IIIa und IIIb klassifiziert. In der YAG musste eine schwer-adipöse Patientin (BMI 58) nach robotisch assistierter Hysterektomie bei Endometriumkarzinom zur postoperativen prolongierten Beatmung für 1 Tag auf die ITS verlegt werden und wurde deshalb als CD IV(a) klassifiziert.


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Diskussion

Im Ergebnis unserer Studie konnte beobachtet werden, dass über 65-jährige Patientinnen trotz höherer präoperativer Komorbiditäts-Scores und Risikoparameter (CCI, CIRS-G, ASA) und trotz einer höheren Rate begleitender Adhäsiolysen sicher und ohne Unterschiede zur jüngeren Vergleichsgruppe im perioperativen Verlauf mittels robotisch assistierter gynäkologischer Chirurgie therapiert werden konnten.


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Alter und Basischarakteristika

Der minimalinvasive Operationszugang bei älteren Patientinnen mit onkologischen und benignen OP-Indikationen wurde von verschiedenen Arbeitsgruppen untersucht [14] [16] [17] [18] [19]. Obwohl Durchführbarkeit und Sicherheit gezeigt werden konnten, bestehen immer noch Bedenken hinsichtlich Kopftieflagerung, Insufflationsdruck, Hyperkapnie und Operationsdauer [20] [15]. Hohes Lebensalter wird in klinischen Untersuchungen zu chirurgischen Verläufen von den meisten Autoren als 65 Jahre oder älter definiert [18] [21] [22]. Andere Untersuchungen zu gynäkologisch-operativen Strategien z. B. beim Endometriumkarzinom oder in der rekonstruktiven Beckenbodenchirurgie setzen den „cut off“ bei 70 oder 80 Jahren [14] [23] [24] [25] [26] [27] [28]. Ob robotisch assistierte Chirurgie (RAS) bei älteren Menschen sicher durchführbar ist wurde kürzlich für die Urologie [29] [30] sowie die Magen- und kolorektale Chirurgie untersucht [18] [31]. Für das breite Spektrum gynäkologischer Indikationen bei älteren oder hochbetagten Patientinnen liegen kaum klinische Daten vor. Die Evaluation perioperativer Parameter in einer gebrechlichen älteren Population von ≥ 65-Jährigen ergab eine längere stationäre Verweildauer und mehr chirurgische Komplikationen [21]. Geriatrische Scores wie CCI and CIRS-G oder die standardisierte Anwendung der Definition und der systematischen Klassifikation chirurgischer Komplikationen nach Clavien-Dindo [32] [33] [34] kamen hier nicht zum Einsatz [21]. In einer anderen Arbeit beobachtete dieselbe Arbeitsgruppe um Aloisi et al. nach robotischer Chirurgie bei über 85-Jährigen ungünstigere Ergebnisse [35]. Wir schlossen Patientinnen ab dem 65. Lebensjahr in die OAG unserer Untersuchung ein und fanden in dieser Kohorte 9 hochbetagte ≥ 80-jährige Patientinnen, bei denen die sichere Durchführbarkeit robotischer gynäkologischer Eingriffe ebenfalls möglich war. Diese Gruppe wurde wegen der Kohortengröße nicht detaillierter dargestellt.

Während Adipositas als Indikation für den Einsatz des Operationsroboters bei minimalinvasiven Eingriffen allgemein anerkannt ist, war der mittlere BMI in der OAG der vorliegenden Studie höher als in einer zuvor untersuchten Kohorte hochbetagter, minimalinvasiv operierter Beckenbodenpatientinnen [14]. Aus [Tab. 2] geht hervor, dass die Patientinnen der OAG unserer Kohorte zwar häufiger per definitionem adipös waren, unter den adipösen Patientinnen jedoch waren die der YAG häufiger höhergradig (entsprechend WHO-Grad II/III) übergewichtig. Keine der eingeschlossenen Patientin hatte einen BMI unter 20 kg/m2 als bekanntes Indiz für Gebrechlichkeit bei geriatrischen Patienten, assoziiert mit postoperativer Morbidität durch Wundinfektionen und Stürze [36].

Unterschiedliche Parität zwischen den Altersgruppen unserer Untersuchung reflektiert den Anteil an Kinderwunschpatientinnen mit robotisch assistierten Eingriffen bei Myomen und Endometriose in der YAG.

Offene abdominale Eingriffe in der Vorgeschichte prädisponieren bei erneuten Eingriffen zu begleitender Adhäsiolyse, längeren OP-Zeiten, Konversionen und intraoperativen Komplikationen [16] [35]. In unserer Studie wurden bezüglich vorangegangener offener abdominaler Operationen keine Unterschiede zwischen den Altersgruppen gefunden, wenn auch die Raten mit 58,7% und 53,1% im Vergleich zur Literatur in unserer Arbeit höher lagen. Zusätzliche Faktoren wie das Auftreten von Beckeninfektionen über die Lebensspanne könnten zur höheren Rate an begleitender Adhäsiolyse bei älteren Patientinnen (Gruppe 1) geführt haben. Andere Studien trennen nicht zwischen vorangegangenen minimalinvasiven und offenen abdominalen Eingriffen. Gitas et al. [37] beobachteten eine Rate von 57% anamnestischen Voroperationen in einer Kohorte von n = 42 robotisch assistierten Hysterektomien, trennten aber nicht zwischen offen oder minimalinvasiv, was die Vergleichbarkeit mit unseren Ergebnissen nach gynäkologischer Beckenchirurgie an n = 242 Patientinnen erschwert. Die hohen Raten offener Voroperationen in unserer Kohorte könnten durch die lokale Besonderheit der verzögerten Einführung minimalinvasiver gynäkologischer, urologischer und viszeralchirurgischer Techniken in der geografischen Region von Westthüringen verursacht worden sein.

Komorbidität und perioperativer Verlauf

Alter stellt einen unabhängigen Risikofaktor für chirurgische Komplikationen dar [38]. Dennoch sollten weniger als das numerische Alter vielmehr Gesundheit und biologische Fitness eines älteren Menschen zur Entscheidung über eine operative Therapie oder den chirurgischen Zugangsweg bei benignen oder onkologischen Entitäten beitragen. Geriatrische Scores wie CCI [39] und CIRS-G [40] [41] sind valide, anerkannte Instrumente für eine standardisierte Erhebung von Komorbidität älterer Patienten. Beide Indizes sollten als zuverlässige Instrumente für weitere Untersuchungen zum Einfluss von Komorbidität älterer Patientinnen auf (chirurgische) Behandlungsergebnisse im Bereich der klinischen Gesundheitsversorgung eingesetzt werden [42]. Obwohl in der aktuellen wissenschaftlichen Literatur 7 Publikationen zu RAS bei Endometriumkarzinom im Alter [22] [23] [24] [25] [26] [27] [28] und 2 Studien zu benignen sowie onkologischen gynäkologischen Entitäten und RAS im Alter vorliegen [21] [35], wurde nur in 1 Arbeit der CCI als einziger validierter Score für die Erfassung präoperativer Komorbidität erhoben [22]. Guy et al. berechneten einen CCI von 2,6 in einer RAS-Kohorte von über 65-jährigen Patientinnen mit Endometriumkarzinom, identisch zum CCI unserer Studie. Im Altersgruppenvergleich unserer Studie waren alle präoperativen Komorbiditäts-Scores (CIRS-G, CCI, ASA-Klasse II/III) in der OAG erhöht. CIRS-G-Werte lagen in Studien an geriatrischen Patienten in Abhängigkeit von Einschlusskriterien bei 19,7 [36], 5,5 [43], 2,4 [44] oder 4,1 [14]. CIRS-G lag niedriger bei Untersuchungen zu Elektivchirurgie [44]. Unsere Werte von 10 vs. 5,4 in der älteren vs. jüngeren Altersgruppe zeigen eine hohe präoperative Komorbiditätsbelastung unserer älteren Patientinnen an, auch im Vergleich mit Studien zu Elektivchirurgie [14] [44]. Dies reflektiert die Philosophie unseres Zentrums, den robotischen Zugang bei Patientinnen mit erhöhter Komplexität der Grund- und Begleiterkrankung im Vergleich zur weniger kostenintensiven Laparoskopie zu nutzen.

Chirurgische Komplikationen wurden in vorliegender Studie nach Clavien-Dindo klassifiziert [32] [33] [34]. In Studien zu chirurgischen Fragestellungen ist die Komplikationsanalyse ein zentrales Element bei der patientenzentrierten Bewertung der chirurgischen Qualität. Unsere Arbeitsgruppe verwendet in Untersuchungen zu Operationsmethoden die Klassifikation chirurgischer Komplikationen nach Clavien und Dindo (CD), da diese eine chirurgische Komplikation als „jedwede Abweichung vom idealen postoperativen Verlauf, welche nicht der Operation inhärent ist und nicht als ein Therapieversagen der Operation („failure to cure“) ausgelegt werden kann“ definiert [33]. Danach bestimmt die Notwendigkeit für eine Therapie den Grad (I–V) einer Komplikation [32]. Dieses Klassifikationssystem wurde hinsichtlich potenzieller Limitationen, z. B. unterschiedlicher medizinischer Standards, an 6336 Patienten evaluiert. Die Autoren fanden mit Auswirkungen auf das Evaluationsintervall eine starke Korrelation zwischen Hospitalisierungsdauer und Komplikationsklassifikation Grad I–V (p < 0,0001, Spearman’s Rangkorrelationstest) [32]. Weder die postoperative Gesamtmorbidität noch die Häufigkeit leichter (minor) oder schwerer (major) chirurgischer Komplikationen unterschieden sich in den von uns untersuchten Altersgruppen. Die Anwendung standardisierter validierter Klassifikationen und Indizes ermöglicht die Vergleichbarkeit von Untersuchungsergebnissen zwischen Zentren und den wissenschaftlichen Diskurs. Andere Autoren berichten über höhere Komplikationsraten nach chirurgischen Eingriffen bei hochbetagten Patientinnen [14] [25]. Zeng et al. verglichen 3 Altersgruppen nach RAS (< 70; 70–80; > 80 Jahre) und fanden nur bei über 80-Jährigen eine höhere Rate an schweren Komplikationen (CD III/IV) [25]. In der kleinen Subkohorte der über 80-Jährigen fanden wir in unserer Untersuchung keine schweren Komplikationen. Die von uns gezeigten niedrigen Komplikationsraten nach RAS erlaubten keine binäre oder multivariate Regressionsanalyse zur Untersuchung von Ursache-Effekt-Beziehung hinsichtlich der Parameter OP-Dauer, BMI, begleitender Adhäsiolyse und den präoperativen Komorbiditäts-Scores. Prospektive Untersuchungen an größeren Kohorten wären erforderlich, um Korrelationen zwischen Komorbiditäts-Scores und standardisiert erhobenen chirurgischen Komplikationen zu erkennen, und eine präoperative Risikovorhersage zum Einsatz eines Operationsroboters im hohen Lebensalter zu ermöglichen. Auch für die präoperative Aufklärung wäre dies von Wert.

Als Hauptergebnis unserer Untersuchung konnte beobachtet werden, dass sich 65-jährige oder ältere Patientinnen, obwohl mit höherer präoperativer Komorbidität belastet, sicher einem robotisch assistierten gynäkologischen Beckeneingriff unterziehen konnten. Die perioperativen Verlaufsparameter und chirurgische Komplikationen unterschieden sich dabei nicht von der jüngeren Vergleichsgruppe.

Die Erwägung des Robotereinsatzes in der gynäkologischen Chirurgie mit großem Spektrum benigner und onkologischer Indikationen bei älteren Patientinnen erfordert ein sorgfältiges präoperatives Assessment und eine umfassende Patientenaufklärung. Die interdisziplinäre Kooperation zwischen Fachgebieten wie Anästhesie, Geriatrie und Innere Medizin mit dem operierenden Fach ist im Sinne der Patientensicherheit und eines optimalen Operationsergebnisses anzustreben.


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Stärken und Limitationen

Die Stärke dieser Untersuchung besteht in der wissenschaftlichen Anwendung valider standardisierter Komorbiditäts-Scores (CCI, CIRS-G, ASA) und der systematischen Klassifikation chirurgischer Komplikationen nach dem CD-System. Dies ermöglicht eine Vergleichbarkeit mit Ergebnissen anderer Arbeitsgruppen zu RAS im hohen Lebensalter. Nach unserem Wissensstand liegt hiermit die erste Studie vor, die diese Instrumente einsetzt und damit die Frage untersucht, ob gynäkologische robotisch assistierte Beckenchirurgie sicher in einer Population älterer Patientinnen durchgeführt werden kann.

Limitationen der Studie umfassen den Bias der Retrospektivität, wie fehlende Informationen aus den Krankenunterlagen, z. B. für ASA, oder fehlende standardisierte Kriterien für die Roboternutzung vs. Laparoskopie. In den meisten klinischen Situationen umschreibt der Begriff „komplex“ schwierige Begleitumstände wie Adipositas, offen abdominale Voroperationen, große Befunde oder eine schwierige topografische Anatomie, auch die „komplexe“ Natur eines nahtintensiven (z. B. Sakropexie) oder onkologischen Eingriffes (z. B. bei systematischer Lymphonodektomie) ist hier gemeint. In einem prospektiven Design können Einschlusskriterien präziser definiert werden.

Eine weitere Limitation bezieht sich auf die kleine Subgruppe der onkologischen Patientinnen ≥ 65 Jahre, in deren Kontext die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit an einer größeren Kohorte überprüft werden sollten.


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Schlussfolgerungen

Die Daten dieser Untersuchung zeigen, dass Alter kein Ausschlusskriterium für robotisch assistierte gynäkologische Chirurgie ist. Trotz höherer Komorbidität, höherer Adipositasraten und häufigerer begleitender Adhäsiolyse war robotisch assistierte gynäkologische Chirurgie mit einem breiten Spektrum komplexer benigner und onkologischer Indikationen in der Altersgruppe der über 65-Jährigen sicher und ohne erhöhte postoperative Morbidität durchführbar. Es konnten keine Unterschiede im perioperativen Verlauf zwischen den untersuchten Altersgruppen festgestellt werden. Die Ergebnisse dieser Studie können in komplexen Aufklärungssituationen zur Entscheidungsfindung über den chirurgischen Zugangsweg vor gynäkologischen Beckeneingriffen benigner und onkologischer Indikationen beitragen.


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Contributorsʼ Statement

A. R. Mothes: Protokoll-/Projektentwicklung, Datenerhebung und -management, Patientenrekrutierung, Chirurgie, Manuskripterstellung und -überarbeitung. A. Kather: Datenanalyse und statistische Interpretation der Daten, Manuskriptüberarbeitung. I. Cepraga: Datenerhebung und -management, assistierende Chirurgie. A. Esber: Datenerhebung und -management, assistierende Chirurgie. A. Kwetkat: Protokoll-/Projektentwicklung, Ideen, Manuskriptüberarbeitung. I. B. Runnebaum: Projektentwicklung, Patientenrekrutierung, Chirurgie, Manuskriptüberarbeitung.


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Conflict of Interest

ARM has received support for robotic training and lecture fees from Intuitive Surgical. IBR has attended robotic training from Intuitive Surgical at no charge. AKa, IC, AE and AKw declare that they have no conflict of interest.


Correspondence

Prof. Dr. Ingo B. Runnebaum, MBA
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Fortpflanzungsmedizin, Universitätsklinikum Jena
Am Klinikum 1
07747 Jena
Germany   

Publikationsverlauf

Eingereicht: 15. Juli 2022

Angenommen nach Revision: 28. November 2022

Artikel online veröffentlicht:
05. April 2023

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