Aktuelle Rheumatologie 2022; 47(06): 462-464
DOI: 10.1055/a-1903-5119
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Gichttherapie: Was bringt eine intensivierte Harnsäuresenkung?

Dalbeth N. et al.
Intensive Serum Urate Lowering With Oral Urate-Lowering Therapy for Erosive Gout: A Randomized Double-Blind Controlled Trial.

Arthritis Rheumatol 2022;
74: 1059-1069
DOI: 10.1002/art.42055.
 

Eine Komplikation der Gicht stellen Knochenerosionen dar, welche zu Gelenkdeformitäten und entsprechenden funktionellen Einschränkungen führen. Da die Erosionen auf die Ablagerung von Mononatriumurat-Kristallen zurückgeführt werden, stellt sich die Frage, ob eine starke Absenkung des Harnsäurespiegels im Vergleich zu einer liberaleren Spiegeleinstellung besser vor ossären Schäden schützt.


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Ein Forscherteam aus Neuseeland prüfte diese Hypothese mithilfe einer randomisierten Doppelblindstudie. An der Untersuchung nahmen 104 Patientinnen und Patienten teil, die aufgrund einer erosiven Gicht unter einer oralen harnsäuresenkenden Therapie standen. Der Serum-Harnsäurespiegel aller Teilnehmenden betrug initial mindestens 30 mmol/l. Die harnsäuresenkende Therapie erfolgte in Form eines standardisierten Eskalationsprotokolls, welches die Wirkstoffe Allopurinol, Probenecid, Febuxostat sowie Benzbromaron (als Mono- oder Kombinationstherapie) vorsah. Gemäß Randomisierung wurde bei je der Hälfte der Patientinnen und Patienten ein Serum-Harnsäure-Zielwert von unter 30 mmol/l (leitliniengerechte Standardtherapie) bzw. von unter 20 mmol/l (intensivierte Therapie) angestrebt, wobei die Maximaldosen der Wirkstoffe ausgeschöpft werden konnten. Als primären Studienendpunkt definierten die Forschenden die Veränderung des Knochenerosionsscores an beiden Füßen. Hierzu wurden die Patientinnen und Patienten bei Studieneinschluss sowie nach ein und 2 Jahren mittels Computertomografie (CT) untersucht.

Ergebnisse

Die mehrheitlich männlichen Studienteilnehmenden waren im Schnitt 61 Jahre alt und litten seit durchschnittlich 19 Jahren an der Gichterkrankung. In der Gruppe mit intensivierter Therapie erfolgten signifikant mehr Medikationsänderungen und es wurden signifikant häufiger Präparatekombinationen sowie signifikant höhere Allopurinoldosen verabreicht (nach 2 Jahren: 746±210 vs. 497±186 mg pro Tag). Obwohl während des Studienzeitraums in der Intensivtherapie-Gruppe im Vergleich zur Standard-Gruppe signifikant niedrigere Serum-Harnsäurespiegel gemessen wurden, erreichten deutlich weniger Personen nach einem bzw. 2 Jahren den angestrebten Zielwert (53 vs. 83% bzw. 62 vs. 83%). In beiden Studienarmen verschlechterten sich im Verlauf von 2 Jahren die CT-Erosionsscores leicht, wobei sich die beiden Gruppen diesbezüglich nicht wesentlich unterschieden. Gleiches galt im Hinblick auf das OMERACT (Outcome Measures in Rheumatology)-Ergebnis nach 2 Jahren: In den Kerndomänen (Gichtschübe, Tophi, Schmerzen, globale Bewertung der Krankheitsaktivität, gesundheitsbezogene Lebensqualität, Aktivitätseinschränkungen) stellten die Forschenden in beiden Gruppen gleichermaßen Verbesserungen fest. Unerwünschte sowie schwere unerwünschte Ereignisse traten in beiden Armen ähnlich häufig auf.

Fazit

Bei Personen mit einer erosiven Gicht gestaltet sich das Einstellen des Serum-Harnsäurespiegels auf einen niedrigeren Grenzwert deutlich schwieriger als das Absenken auf den Standard-Grenzwert, so das Fazit der Autorinnen und Autoren. Die intensivierte orale harnsäuresenkende Therapie gehe zudem mit einer hohen Medikamentenbelastung einher, verbessere dabei aber nicht die Knochenerosionsscores. Auch im Hinblick auf das klinische Behandlungsergebnis sei sie der Standardtherapie nicht überlegen.

Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


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Publication History

Article published online:
01 December 2022

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