I. Einleitung
Seit Einführung des Konzepts der individuellen Gesundheitsleistungen durch die Kassenärztliche
Bundesvereinigung im Jahr 1987 hat sich der Begriff der sogenannten IGeL-Leistung
als Bezeichnung für ambulante, vom gesetzlich versicherten Patienten selbst zu zahlende
Wunschleistungen etabliert.
Diese Leistungen werden weder zentral erfasst, noch gibt es eine vollständige Auflistung
aller Leistungen sowie deren konkrete Kosten. Um den Versicherten einerseits ein wissenschaftlich
fundiertes Informationsportal zu bieten und andererseits Transparenz in das Angebot
auf dem Markt zu bringen, hat der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der
Krankenkassen e. V. (MDS) (seit dem 01.01.2022 Medizinischer Dienst Bund) das Projekt
„IGeL-Monitor“[1] im Jahr 2012 ins Leben gerufen. Er soll Versicherte umfassend informieren und diese
bei ihrer Entscheidungsfindung unterstützen.
Soweit Ärzte ihren Patienten IGeL-Leistungen anbieten sind insbesondere im Hinblick
auf § 128 Abs. 5a SGB V einige Rahmenbedingungen zu beachten. Denn gemäß § 128 Abs. 5a
SGB (gleichlautend mit § 18 Abs. 8 S. 1 BMV-Ä) verstoßen Vertragsärzte, „die […] Versicherte zur Inanspruchnahme einer privatärztlichen Versorgung anstelle
der ihnen zustehenden Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung beeinflussen,
[…] gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten.“
In der Radiologie stellen IGeL-Leistungen eher die Ausnahme dar, zumal für die Durchführung
von radiologischen Leistungen zusätzlich die Vorgaben des Strahlenschutzgesetzes (StrlSchG)
und der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) zu beachten sind. Insbesondere für den
Bereich von sog. Früherkennungsmaßnahmen mittels Röntgenstrahlen sieht § 84 Abs. 1
StrlSchG vor, dass diese nur zulässig sind, wenn eine Rechtsverordnung des Bundesministeriums
für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit dies vorsieht (§ 84 Abs. 2 StrlSchG).
II. Definition
Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL-Leistungen) sind ärztliche Leistungen, die
nicht zum Umfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gehören, das heißt für
die die Krankenkassen nicht leistungspflichtig sind, die dennoch vom gesetzlich versicherten
Patienten nachgefragt werden und die ärztlich empfehlenswert oder, je nach Intensität
des Patientenwunsches, zumindest ärztlich vertretbar sind.
Dabei handelt es sich nicht um einen medizinischen Begriff, sondern um eine ausschließlich
leistungsrechtliche Abgrenzung. Diese leistungsrechtliche Abgrenzung der IGeL-Leistungen
von den Leistungen der GKV ist insofern erforderlich, als ein abschließender GKV-Leistungskatalog,
der im Sinne einer Positivliste Inhalt und Umfang der GKV-Leistungspflicht bis ins
Einzelne regelt, nicht existiert.
Nicht vom festgelegten Umfang der vertragsärztlichen Versorgung umfasst sind die in
§ 3 Abs. 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä, gleichlautend mit § 2 Abs. 12 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen)
aufgelisteten Leistungen. Dieser Positivkatalog der von der Leistungspflicht der Krankenkassen
ausgeschlossenen Leistungen ist jedoch nicht abschließend, wie sich bereits aus dessen
Wortlaut ergibt („[…] gilt insbesondere für folgende Leistungen“). Dazu zählen beispielsweise ärztliche Bescheinigungen, Reihen-, Einstellungs-,
Eignungs- und Tauglichkeitsuntersuchungen (einschließlich Sporttauglichkeit) sowie
auch Leistungen, für die ein anderer Träger, zum Beispiel Unfall- oder Rentenversicherungsträger
zuständig ist.
Gemäß § 3 Abs. 1 BMV-Ä umfasst die vertragsärztliche Versorgung ebenfalls keine Leistungen,
für welche die Krankenkassen nicht leistungspflichtig sind oder deren Sicherstellung
anderen Leistungserbringern obliegt. Dies gilt insbesondere für Leistungen, die nach
der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA)[2] in den Richtlinien nach § 92 SGB V von der Leistungspflicht der GKV ausgeschlossen
wurden.
Eine besondere Bedeutung im Zusammenhang mit dem Angebot von IGeL-Leistungen kommt
dabei den Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
gemäß § 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB V zu. Nach § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V dürfen neue Untersuchungs-
und Behandlungsmethoden zu Lasten der GKV nur erbracht werden, wenn der G-BA diese
in die Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen
Versorgung (Richtlinie Methode vertragsärztliche Versorgung) aufgenommen hat.
Eine Untersuchungs- und Behandlungsmethode ist „die auf einem theoretisch-wissenschaftlichen
Konzept beruhende systematische Vorgehensweise bei der Untersuchung und Behandlung
einer Krankheit“[3]. Neu ist eine Methode, wenn sie bisher überhaupt nicht oder zumindest nicht in dieser
Form Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung war (sog. formelle Begriffsbestimmung)[4]. Der Begriff der Untersuchungs- und Behandlungsmethode ist umfassender als derjenige
der ärztlichen Leistung gemäß § 87 SGB V. Die ärztliche Leistung ist oftmals nur Bestandteil
eines methodischen Konzepts und erfüllt somit nicht die Voraussetzungen für die Anerkennung
als Methode und kann folglich auch ohne Entscheidung des G-BA vom Bewertungsausschuss
in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) aufgenommen werden. Vom Leistungsbegriff
des § 3 Abs. 2 BMV-Ä ist die einzelne ärztliche Leistung gemäß § 87 SGB V allerdings
ebenso umfasst.
Die vertragsärztliche Versorgung umfasst ebenfalls keine Leistungen, die zwar als
solche im GKV-Leistungskatalog abgebildet sind, jedoch bezogen auf den Einzelfall
keine – wie für die vertragsärztliche Leistungserbringung gefordert – medizinische
Indikation zur Durchführung dieser Leistung vorliegt. Diese Leistungen können nur
im Rahmen einer privatärztlichen Behandlung erbracht werden, über die mit dem Versicherten
vor Behandlungsbeginn ein schriftlicher Behandlungsvertrag über die voraussichtlichen
Kosten abgeschlossen werden muss (§ 3 Abs. 1 BMV-Ä). Dies gilt auch für Leistungen,
die lediglich hinsichtlich einzelner Indikationen von der vertragsärztlichen Leistung
ausgeschlossen sind, zum Beispiel bei Leistungen außerhalb eines vorgesehenen Früherkennungsprogramms
(Screening). Ob eine entsprechende medizinische Indikation für eine GKV-Leistung vorliegt,
kann in vielen Fällen erst nach einer ärztlichen Anamnese festgestellt werden.
III. Rechtliche Rahmenbedingungen
III. Rechtliche Rahmenbedingungen
Da auch beim Angebot individueller Gesundheitsleitungen der ärztlichen Verantwortung
gegenüber den Patienten Rechnung getragen werden muss, damit diese auch bei medizinisch
nicht notwendigen Leistungen nicht vom Patienten zum „Kunden“ werden, sind nach den
Vorgaben der Bundesärztekammer auf Basis eines vom 109. Deutschen Ärztetag 2006 verabschiedeten
Eckpunktepapiers besondere Rahmenbedingungen zu beachten. Insbesondere sind bei der
Erbringung von IGeL-Leistungen vertragsarzt- und berufsrechtliche Rahmenbedingungen
sowie die Vorgaben des Strahlenschutzgesetzes und die Abrechnungsbestimmungen der
Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zu beachten, die nachfolgend genauer dargestellt werden.
1. Vertragsärztliche Vorgaben
Die Möglichkeit einer privatärztlichen Behandlung ist bei einem GKV-Patienten nach
dem BMV-Ä nur dann gegeben, wenn der Patient vor Beginn der Behandlung die Leistung
ausdrücklich verlangt, sog. „Leistungen, die vom Patienten nachgefragt werden“ (§ 18 Abs. 8 Satz 3 Nr. 2 BMV-Ä). Zu beachten ist hier, dass die Wahlmöglichkeit
ausschließlich beim Patienten liegt. Auch wenn die Grenzziehung zwischen unbeeinflusstem
Patientenwunsch und angebotsinduzierter Nachfrage in der Praxis schwierig sein dürfte,
setzt die Rechtsprechung des BSG[5] hier strenge Maßstäbe an. Insbesondere darf der Vertragsarzt keine Leistungen privatärztlich
abrechnen, die seiner Ansicht nach unter GKV-Bedingungen unwirtschaftlich seien, denn
das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 SGB V zielt nicht auf eine unwirtschaftliche
Leistungserbringung im Einzelfall ab. Daher ist auch eine Abspaltung einer GKV-Leistung
in einen wirtschaftlichen und einen unwirtschaftlichen Teil und das Angebot des Letzteren
als IGeL-Leistung unzulässig.
Für eine Leistung, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung ist, ist
vorher die schriftliche Zustimmung des Patienten einzuholen und dieser auf die Pflicht
zur Kostenübernahme hinzuweisen (§ 18 Abs. 8 S. 3 Nr. 3 BMV-Ä). Dies erfordert einen
schriftlichen Behandlungsvertrag gemäß § 630a BGB, der bestätigt, dass die Erbringung
der Leistung auf eigenen Wunsch des Patienten erfolgt, dieser darüber informiert wurde,
dass die Leistung nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung ist und er auf
die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde.
Soweit der GKV-Versicherte dahingehend beeinflusst wird, dass dieser anstatt der ihm
zustehenden Leistung der GKV eine privatärztliche Leistung in Anspruch nimmt, liegt
ein Verstoß gegen § 3 Abs. 8 S. 1 BMV-Ä (bzw. § 128 Abs. 5a SGB V) vor. Dies kann
allerdings nur anhand des konkreten Einzelfalls beurteilt werden und kann unter Umständen
sogar zum Entzug der vertragsärztlichen Zulassung führen.
2. Berufsrechtliche Vorgaben
Wie alle beruflichen Leistungen der Ärzte unterliegt auch die Erbringung von individuellen
Gesundheitsleistungen den allgemeinen Regeln und Pflichten der Berufsordnung der Ärzte.
Die ärztliche Berufsausübung gestattet keine uneingeschränkte, freie unternehmerische
Entfaltungsmöglichkeit, sondern unterliegt engen berufsspezifischen Regelungen. Gemäß
§ 11 Abs. 2 Musterberufsordnung (MBO) verbietet es der ärztliche Berufsauftrag, „diagnostische oder therapeutische Methoden unter Ausnutzung des Vertrauens, der Unwissenheit,
der Leichtgläubigkeit oder der Hilflosigkeit von Patientinnen und Patienten anzuwenden“. Ein Angebot von IGeL-Leistungen ist daher auch nur unter Einhaltung der berufsrechtlichen
Voraussetzungen möglich. Ein besonderes Augenmerk ist dabei einerseits auf die Möglichkeiten
der Werbung und andererseits auf die Aufklärungspflicht zu richten.
Eine Patienteninformation mit sachlichem Inhalt, auch mit Hinweisen auf einzelne besondere
Untersuchungs- und Behandlungsverfahren im Rahmen des ärztlichen Fachgebiets, das
heißt auch mit Hinweisen auf ein spezielles Angebot individueller Gesundheitsleistungen
ist grundsätzlich möglich. Dies kann in unterschiedlichen Formen erfolgen, etwa in
Gestalt von Praxis-Flyern oder der Praxis-Homepage. Dabei muss allerdings beachtet
werden, dass die Grenze zur berufswidrigen und damit berufsrechtlich unzulässigen
Werbung nicht überschritten wird. Gemäß § 27 Abs. 3 MBO ist insbesondere eine anpreisende,
irreführende oder vergleichende Werbung berufswidrig. Dabei ist darauf zu achten,
dass das Angebot der speziellen IGeL-Leistungen nicht vor den sonstigen Angaben über
Praxis und Tätigkeitsgebiet in den Vordergrund gerückt wird und an produktbezogene
Werbung gekoppelt ist. Insbesondere sollte bei der Information über die Grenzen der
GKV-Leistungspflicht bei IGeL-Leistungen darauf geachtet werden, dass die GKV-Leistungen
nicht herabgewürdigt werden und dem Patienten suggeriert wird, diese seien insuffizient
oder minderwertig. Zu beachten ist dabei, dass die Beurteilung darüber, ob es sich
um eine irreführende und damit berufsrechtswidrige Werbung handelt aus der Sicht des
Empfängerhorizonts, das heißt aus Sicht des Patienten, erfolgt.
Die Aufklärung über IGeL-Leistungen richtet sich nach den für die Patientenaufklärung
allgemein geltenden Regeln (§ 630e BGB, § 8 MBO). Danach ist der Behandler verpflichtet,
den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären.
Ergänzend zur der in § 630e BGB und § 8 MBO normierten Aufklärungspflicht sollte die
Aufklärung über individuelle Gesundheitsleistungen insbesondere die Begründung umfassen,
weshalb diese nicht nur als medizinisch empfehlenswert, sondern auch als medizinisch
zweckmäßig erachtet werden, obwohl diese nicht im GKV-Leistungskatalog enthalten sind.
Hier ist auf eine besonders genaue und transparente Darstellung der Indikation gegenüber
dem Patienten zu achten. Denn nur so können die Patienten verstehen, dass keine entsprechende
Indikation vorliegt und eigenverantwortlich über die Inanspruchnahme der jeweiligen
Gesundheitsleistung entscheiden. Auch sollte dem Patienten vor der Behandlung eine
ausreichende Bedenkzeit gewährt werden, vorzugsweise verbunden mit dem Hinweis auf
die Möglichkeit einer Zweitmeinung.
Insbesondere ist bei IGeL-Leistungen auch die wirtschaftliche Aufklärung zu beachten.
Gemäß § 630c Abs. 3 BGB ist der Behandler verpflichtet, den Patienten vor Beginn der
Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform zu informieren,
wenn die vollständige Übernahme der Behandlungskosten nicht von einem Kostenträger
übernommen wird. Da § 3 Abs. 1 BMV-Ä den Abschluss eines schriftlichen Behandlungsvertrages
vorschreibt, ist auch im Rahmen der Aufklärung die Schriftform erforderlich (§ 630c
Abs.3 S. 2 BGB, § 18 Abs. 8 Satz 3 Nr. 3 BMV-Ä). Dies erfordert eine vom Patienten
unterschriebene Vereinbarung, wobei die Verwendung von Formularen ebenfalls auseichend
ist. Eine unwirksame Vereinbarung führt hier zu einem Vergütungsausfall. Dem Patienten
steht aus der Verletzung der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht ein Schadensersatzanspruch
auf Freistellung bzw. Rückzahlung des ärztlichen Honorars zu.
Auch bei der Erbringung von IGeL-Leistungen sind die Gebietsgrenzen des jeweiligen
Fachgebietes und der allgemein anerkannte fachliche Standard nach § 630a Abs. 2 BGB
einzuhalten. Ebenso sollten die Leistungen nicht in Zusammenhang mit GKV-Leistungen
erbracht werden, sondern möglichst getrennt von diesen. Allerdings ist die Ankündigung
besonderer Sprechzeiten bei GKV-Patienten gemäß § 17 Abs. 2 S. 4 BMV-Ä nur für die
Durchführung von Früherkennungsuntersuchungen zulässig.
3. Strahlenschutzrechtliche Vorgaben
Leistungen, die mit ionisierenden Strahlen einhergehen, können gemäß § 83 Abs. 3 Strahlenschutzgesetz
(StrlSchG) nur nach Stellung einer rechtfertigenden Indikation durchgeführt werden.
Diese ist bei kurativen Maßnahmen, das heißt bei Leistungen, die auf die Heilung einer
Erkrankung ausgerichtet sind, in der Regel gegeben. Problematisch kann dies allerdings
bei rein präventiven Maßnahmen zur Früherkennung von Erkrankungen sein.
Gemäß § 84 Abs.1 StrlSchG ist die Anwendung ionisierender Strahlung im Rahmen einer
Früherkennungsmaßnahme – unter Umständen auch unabhängig von einer rechtfertigenden
Indikation (§ 84 Abs. 5 StrlSchG) – zulässig, wenn diese durch Rechtverordnung des
Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) zugelassen
ist. Gemäß § 84 Abs. 2 StrlSchG wird das BMU ermächtigt, durch Rechtsverordnung festzulegen,
welche Früherkennungsuntersuchung mittels Anwendung ionisierender Strahlung oder radioaktiver
Stoffe unter welchen Voraussetzungen zur Ermittlung einer nicht übertragbaren Krankheit
für eine besonders betroffene Personengruppe zulässig ist, wie zum Beispiel die „Verordnung
über die Zulässigkeit der Anwendung von Röntgenstrahlung zur Früherkennung von Brustkrebs
bei Frauen“. Eine einfache Vorsorgeuntersuchung dagegen verstößt gegen § 84 StrlSchG,
es sei denn auch für diese ist eine rechtfertigende Indikation gemäß § 83 Abs. 3 StrlSchG
im Einzelfall gegeben.
4. Gebührenrechtliche Vorgaben
Individuelle Gesundheitsleistungen stellen eine privatärztliche Leistung dar, mit
der Folge, dass bei Wahl einer privatärztlichen Leistung der GKV-Patient wie ein Privatpatient
behandelt wird. Die Honorarabrechnung bei IGeL-Leistungen hat daher auf Grundlage
der GOÄ zu erfolgen und muss somit die Anforderungen des § 12 GOÄ zur Abrechnung der
Vergütung erfüllen. Der Ersatz von Auslagen gemäß § 10 GOÄ ist ebenfalls möglich.
Besondere Aufmerksamkeit erhält bei IGeL-Leistungen die Möglichkeit der Analogbewertung
gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ, da es sich bei diesen Leistungen ihrem Charakter nach vermehrt
um Leistungen handelt, die nicht nur im EBM, sondern auch in der GOÄ nicht abgebildet
sind. Dabei sind die allgemeinen Grundsätze der Analogbewertung, das heißt Leistungsbeschreibung
und Angabe der „entsprechenden“ Leistungsziffer nach der GOÄ, einzuhalten. Im Übrigen
sind die allgemeinen Grundsätze der privatärztlichen Abrechnung nach der GOÄ, insbesondere
die Unzulässigkeit von Pauschalhonoraren gemäß § 2 Abs. 3 S. 1 GOÄ sowie die Pflicht
zur persönlichen Leistungserbringung zu beachten. Die Steigerungssätze entsprechen
ebenfalls denen einer privatärztlichen Leistung. Bei einer im Vorfeld der Leistungserbringung
geschlossenen Honorarvereinbarung ist daher problematisch, dass die genaue Gebührenhöhe
im Grunde erst nach Durchführung der Leistung ermittelt werden kann. Es kommt so zur
Fixierung starrer Steigerungssätze, die eigentlich nicht der Zielsetzung des Gebührenrahmens
der GOÄ entspricht. Darauf sollte zwingend bei deiner entsprechenden Honorarvereinbarung
mit dem Patienten hingewiesen werden, bei der lediglich die „voraussichtlichen“ Gesamtkosten
berechnet werden.
IV. Die IGeL-Leistungen in der Radiologie
IV. Die IGeL-Leistungen in der Radiologie
Auf dem Fachgebiet der Radiologie können derzeit folgende Leistungen als IGeL-Leistungen
erbracht werden.
1. Kurative Mammographie und Mammographie-Screening
Bei der Mammographie ist wie bei allen Früherkennungsmaßnahmen zunächst zwischen „kurativer“
und Screening- Mammographie zu unterscheiden. Während letztere als Screening für alle
Frauen zwischen 50 und 69 Jahren im Rahmen eines organisierten Früherkennungsprogramms
erfolgt, wird die „kurative“ Mammographie als diagnostische Untersuchung bei konkreten
Beschwerden, einem Verdacht auf einen konkreten Befund oder bei erhöhten Risikofaktoren
(Vorliegen einer rechtfertigenden Indikation) durchgeführt.
Die Früherkennung des Mammakarzinoms ist als organisiertes Früherkennungsprogramm
gemäß § 25a SGB V (sog. Mammographie-Screening) oder kurativ bei einer rechtfertigenden
Indikation i. S. d. § 83 Abs. 3 StrlSchG Gegenstand des GKV-Leistungskatalogs. Sie
ist im EBM unter der GOP 01750 aufgeführt und somit in der GKV abrechenbar.
Untersuchungen, die auf Wunsch der Patientin zum Zwecke der Früherkennung ohne Vorliegen
anamnestischer oder klinischer Hinweise erbracht werden sollen, können derzeit nur
im Rahmen einer privatärztlichen Behandlung durchgeführt und abgerechnet werden. Die
Abrechnung der Leistung erfolgt in diesen Fällen über die GOÄ-Nr. 5265 (Mammographie
einer Seite in einer Ebene) und GOÄ-Nr. 5266 (Mammographie einer Seite in zwei Ebenen).
Für die digitale Vollfeld-Mammographie erfolgt eine Abrechnung ebenfalls nach GOÄ-Nr. 5266.
Eine Analogbewertung ist hier nicht erforderlich. Als neueres Verfahren bietet sich
hier auch die Tomosynthese an. Diese ist nach GOÄ Nr. 5290 je Seite abrechenbar. Die
genannten Leistungen stellen dann bei GKV-Patienten IGeL-Leistungen dar und können
als solche nach den oben dargestellten Grundsätzen durchgeführt und abgerechnet werden.
Dennoch muss aus strahlenschutzrechtlichen Gründen auch für diese nach § 83 Abs. 3
StrlSchG eine rechtfertigende Indikation bestehen. Auch wenn bei Patientinnen unter
50 Jahren die Mammographie – abgesehen von invasiven diagnostischen Verfahren – das
einzige Mittel der Wahl zur Erkennung eines Mammakarzinoms darstellt, verlangt diese
dennoch vom Arzt eine individuelle, patientenbezogene Risikoabwägung, bei der sämtliche
entscheidungserheblichen Faktoren berücksichtigt werden.
2. Magnetresonanztomographie der Mamma
Alternativ zur Mammographie kann auch eine MRT der Mamma als Vorsorgeleistung durchgeführt
werden. Diese ist vertragsärztlich nach EBM GOP 34431, allerdings nur bei Vorliegen
bestimmter Indikationen, abrechenbar. Sie erfolgt zum Ausschluss eines Rezidivs (frühestens
6 Monate nach der Operation oder 12 Monate nach Beendigung der Strahlentherapie) eines
Mamma-Karzinoms nach brusterhaltender Therapie oder auch in engen Grenzen zur Primärtumorsuche.
Außerhalb dieser Indikation kann die Mamma-MRT auf Wunsch der Patientin nur privatärztlich
abgerechnet werden. Im Rahmen der Aufklärung ist auf die kostengünstigere Alternative
der Mammographie hinzuweisen und zugleich die Abwägung der Wirkung der ionisierenden
Strahlung im Rahmen der rechtfertigenden Indikation vorzunehmen. Hinsichtlich der
wirtschaftlichen Aufklärung ist zu beachten, dass einige Krankenkassen, wie zum Beispiel
die Techniker Krankenkasse, IV-Verträge mit Leistungserbringern über die Mamma-MRT
abgeschlossen haben.
3. Osteodensitometrie
Die Osteodensitometrie ist lediglich im Rahmen eines sehr engen Indikationsspektrums
Bestandteil des GKV-Leistungskatalogs. Als vertragsärztliche Leistung kommt sie nur
bei Patienten, die eine Fraktur ohne adäquates Trauma erlitten haben und bei denen
gleichzeitig auf Grund anderer anamnestischer und klinischer Befunde ein begründeter
Verdacht auf eine Osteoporose besteht, in Betracht. Bei Hinzutreten anderer Risikofaktoren,
wie zum Beispiel eine familiäre Belastung oder geringe Mobilität, kann die Osteodensitometrie
für GKV-Patienten nur als IGeL-Leistung privatärztlich erbracht werden. Im Gegensatz
zum EBM wird in der GOÄ nach der Wahl des jeweiligen Verfahrens unterschieden. In
Betracht kommen hier die Osteodensitometrie mittels Quantitativer Computertomographie
(QCT) (GOÄ-Nr. 5380) oder die Dual-Photonen-Absorptionstechnik (DEXA) (GOÄ-Nr. 5475).
4. Kardiale Magnetresonanztomographie
Ob eine Kardiale Magnetresonanztomographie vertragsärztlich abgerechnet werden kann,
ist derzeit unklar. Dies sollte daher im Vorfeld mit der jeweiligen kassenärztlichen
Vereinigung abgeklärt werden.
Das BSG hat in seinem Urteil vom 02.04.2014 (Az.: B 6 KA 24/13 R) klargestellt, dass
kernspintomographische Untersuchungen des Herzens und der Blutgefäße Gegenstand der
vertragsärztlichen Versorgung sind und die Abrechnungsfähigkeit der Kardio-MRT auf
Grundlage des EBM bejaht. Diese könne ohne weiteres über die GOP 34 430 EBM (Thorax-MRT)
abgerechnet werden, da das Herz im Bereich des unteren Mediastinums liege und eine
Darstellung des Mediastinums im Rahmen der Thorax-MRT zulässig sei (vgl. dazu RöFo-Beitrag
9, September 2014).
Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) lehnte allerdings jüngst in einem
Fall eine Abrechnung über die EBM-GOP 34430 (MRT-Untersuchung des Thorax) erneut ab
und schoss sich damit der Ansicht der Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) an.
Die Vorgaben für Aufnahmen des Herzens im Rahmen einer MRT des Thorax entsprächen
nicht den tatsächlichen Anforderungen an ein Kardio-MRT. Die Aufnahme einer entsprechenden
Leistung in den EBM würde eine Methodenbewertung durch den G-BA voraussetzen. Nachdem
das Sozialgericht Hannover der Klage des betroffenen Arztes stattgab und in seinem
Urteil die vertragsärztliche Abrechenbarkeit des Kardio-MRT bestätigte, hat die KVN
dagegen Berufung eingelegt. Das Verfahren ist derzeit vor dem Landessozialgericht
(LSG) Niedersachsen-Bremen (Az.: L 3 KA 29/19) anhängig.
In der Zwischenzeit hat nun der Bewertungsausschusses in einem Prüfverfahren nach
§ 87 Abs. 3e S. 4 SGB V mit Beschluss vom 18.05.2021 festgestellt hat, dass es sich
bei der Kardio-MRT um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode i. S. d. § 135
Abs. 1 SGB V handelt. Die Kardio-MRT bei den Indikationen stabile koronare Herzkrankheit,
Kardiomyopathie und Myokarditis sei nicht als abrechnungsfähige Leistung im EBM abgebildet,
sondern stelle eine neue Methode nach § 135 Abs. 1 SGB V dar. Sowohl das Anwendungsgebiet
der Bildgebung als auch die technische Umsetzung der spezifischen magnetresonanztomographischen
Herz-Diagnostik unterscheiden sich wesentlich von dem im EBM abgebildeten Leistungsumfang
der MRT-Untersuchung des Thorax (EBM-GOP 34430).
Insoweit bleibt der Ausgang des Verfahrens vor dem LSG Niedersachsen-Bremen abzuwarten.
Soweit eine vertragsärztliche Abrechenbarkeit verneint wird, kann eine Kardio-MRT
privatärztlich als IGeL-Leistung unter den oben genannten Bedingungen über die GOÄ-Nr. 5715
abgerechnet werden.
5. Kardiale Computertomographie
Die Kardiale Computertomographie ist ebenfalls nicht Bestandteil des GKV-Leistungskatalogs.
Im Gegensatz zur Kardio-MRT war dies aufgrund der Formulierung im EBM bisher auch
unstreitig. Nunmehr hat der Bewertungsschuss ebenfalls mit Beschluss vom 18.05.2021
entschieden, dass auch die Kardio-CT eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode
i. S. d. § 135 Abs. 1 SGB V darstellt, da sie sich in wesentlichen Punkten, insbesondere
im Vergleich zu anderen Vorgehensweisen der Gefäßdarstellung und der Bestimmung funktioneller
Parameter, von der Standart-Computertomographie des Thorax (EBM-GOP 34330) unterscheidet.
Eine Abrechnung kommt somit nur als privatärztliche Leistung nach GOÄ-Nr. 5371 in
Betracht.
6. Computertomographie-gesteuerte Schmerztherapie
Die CT-gesteuerte Schmerztherapie als Facetteninfiltration oder periradikuläre Therapie
(PRT) ist grundsätzlich Bestandteil des GKV-Leistungskatalogs und somit nur ausnahmsweise
als IGeL-Leistungen abrechenbar. Da bei dieser Untersuchung zusätzliches Material
in Form von Spinalkanülen und Anästhetika zum Einsatz kommt, ist bei einer im Vorfeld
der Behandlung zu schließenden Honorarvereinbarung darauf zu achten, dass die genauen
Materialkosten erst nach erfolgter Behandlung berechnet werden können. Der Patient
muss auf diesen Umstand hingewiesen werden und ihm sollten die voraussichtlichen Gesamtkosten
mitgeteilt werden. Daneben muss dargestellt werden, dass diese Leistung auch eine
vertragsärztliche Leistung sein kann (GOP 34 504 EBM oder mit dem Bildwandler als
GOP 34 503 EBM), wenn diese Leistung von einem Arzt erbracht wird, der die Voraussetzungen
gemäß Qualitätssicherungsvereinbarung zur schmerztherapeutischen Versorgung chronisch
schmerzkranker Patienten nach § 135 Abs. 2 SGB V erfüllt, die Behandlung auf Überweisung
eines Arztes erfolgt, der die Voraussetzungen gemäß Qualitätssicherungsvereinbarung
zur schmerztherapeutischen Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten nach § 135
Abs. 2 SGB V erfüllt oder die Zusatzweiterbildung Schmerztherapie gemäß der Weiterbildungsordnung
besitzt.
7. Digitale Volumentomographie/Computertomographie des Kiefers
Im Rahmen der zahnmedizinischen Behandlung stellt die Digitale Volumentomographie
(DVT) oder alternativ die Computertomographie des Kiefers zur Planung einer Implantat-Behandlung
eine privatärztliche Leistung dar. Diese wird in der Regel vom behandelnden Zahnarzt
bzw. Fachzahnarzt für Oralchirurgie empfohlen und kann auch mangels eigenem DVT/CT
in der zahnärztlichen Praxis von einem Radiologen erbracht und unter der GOÄ-Nr. 5370
(CT Kopf) von diesem abgerechnet werden. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass
die „Zuschlagsziffer“ Diagnostik GOÄ-Nr. 5377 nur vom Erbringer der Hauptleistung
abgerechnet werden kann. Erbringer der Hauptleistung ist hier der behandelnde Zahnarzt.
Er kann die Diagnostik auch nicht an Dritte delegieren. Hinsichtlich der wirtschaftlichen
Aufklärungspflicht ist zu beachten, dass diese in einem ersten Schritt durch den Zahnarzt
als Behandler erfolgen muss. Der die Untersuchung durchführende Radiologe ist allerdings
ebenso zur Aufklärung über die Abrechnung als IGeL-Leistung verpflichtet. Dabei ist
zu berücksichtigen, dass der Patient in den Fällen, in denen die Bildgebung mittels
CT durchgeführt wird, über die für die Implantat-Planung medizinisch vorteilhaftere
Methode einer Bildgebung mittels DVT aufgeklärt wird.
8. Magnetresonanztomographie der Prostata
Die Magnetresonanztomographie der Prostata ist eine effektive Alternative der Früherkennung
eines Prostatakarzinoms zur klassischen Biopsie als GKV-Leistung. Dabei gilt die multiparametrische
MRT als die genaueste Methode zur Früherkennung von Prostatakrebs. Da es sich hierbei
nicht um eine GKV-Leistung handelt, kann diese auf Wunsch des Patienten privatärztlich
als IGeL-Leistung erbracht werden.
9. Computertomographie zur Früherkennung von Lungenkrebs
Wie im Rahmen der strahlenschutzrechtlichen Vorgaben bereits dargelegt ist eine CT-
Früherkennungsmaßnahme nur zulässig, wenn eine entsprechende Rechtsverordnung des
BMU nach § 84 Abs. 1 StrlSchG dies vorsieht. Grundlage dieser Rechtsverordnung stellt
eine wissenschaftliche Bewertung dar. Gemäß § 84 Abs. 3 StrlSchG kommt dem Bundesamt
für Strahlenschutz (BfS) die Aufgabe zu, Früherkennungsuntersuchungen wissenschaftlich
zu bewerten.
Das BfS kam in seinem am 06.12.2021 im Bundesanzeiger veröffentlichten Bericht zu
dem Ergebnis, dass eine strukturierte Lungenkrebsfrüherkennung mit Untersuchungen
per Niedrigdosis-Computertomographie bei Rauchern die Sterblichkeit durch Lungenkrebs
reduzieren kann. Dieser Bericht bildet die wissenschaftliche Grundlage für die Zulassung
dieser Früherkennungsmaßnahme in Form einer Rechtsverordnung durch das BMU gemäß § 84
Abs. 2 StrlSchG. Wann und ob eine Rechtsverordnung zur Früherkennung erlassen wird,
bleibt zunächst abzuwarten. Derzeit kann eine CT-Untersuchung zur Vorsorge daher nur
bei Bestehen einer rechtfertigenden Indikation gemäß § 83 Abs. 3 StrlSchG durchgeführt
und privat abgerechnet werden.
10. Magnetresonanztomographie zur Früherkennung von Alzheimer und Demenz
Die Magnetresonanztherapie kann zwar helfen eine Alzheimer-Demenz zu diagnostizieren,
es gibt jedoch keine wirksame Therapie. Daher übernimmt die GKV nur bei Demenz-Verdacht
die Untersuchungen, unter Umständen auch eine MRT. In allen anderen Fällen kann auf
Wunsch des Patienten eine MRT-Untersuchung als IGeL-Leistung durchgeführt und entsprechend
abgerechnet werden.
11. Magnetresonanztomographie oder Computertomographie zur Früherkennung von Darmkrebs
Die CT-Kolonographie (virtuelle Darmspiegelung) wird mithilfe einer CT oder MRT durchgeführt.
Diese stellt allerdings keine GKV-Leistung dar, da sie im Gegensatz zur normalen Darmspiegelung
nicht die beste Methode ist, und kann somit als Vorsorgeuntersuchung nur als IGeL-Leistung
vom Patienten in Anspruch genommen werden. Sollte diese dem Patienten als solche angeboten
werden, ist im Rahmen der Aufklärung zu beachten, dass die herkömmliche Darmspiegelung
als GKV-Leistung die zuverlässigere Untersuchung für eine sichere Früherkennung ist.
Darauf muss auch im Hinblick auf die womöglich damit verbundenen Haftungsrisiken hingewiesen
werden.
12. Magnetresonanztomographie von Gelenken und Extremitäten
Eine MRT der Gelenke und Extremitäten ist als diagnostische Untersuchung nur kurativ
bei konkreten Beschwerden oder Bestehen einer Verdachtsdiagnose Gegenstand des GKV-Leistungskatalogs.
Zur Früherkennung chronischer Fehlbelastungen sowie Gewebeschäden an Sehnen und Muskeln
können typische Muster solcher Überlastungssyndrome anhand einer MRT-Untersuchung
erfasst werden und diesen so frühzeitig vorgebeugt werden. Diese Vorsorgeuntersuchungen
stellen Leistungen außerhalb des Versorgungsumfangs der GKV dar und können daher ebenfalls
als IGeL-Leistungen unter den obengenannten Voraussetzungen erbracht und abgerechnet
werden.
V. Zusammenfassung
Individuelle Gesundheitsleistungen (sog. IGeL-Leistungen) sind Privatleistungen für
GKV-Patienten, die als ärztliche Leistungen nicht zum Umfang der GKV gehören, die
aber dennoch vom Patienten nachgefragt werden und die ärztlich empfehlenswert oder
– je nach Intensität des Patientenwunsches – zumindest ärztlich vertretbar sind. Es
bedarf daher einer genauen Überprüfung, ob die jeweilige Leistung als Privatleistung
erbracht werden kann oder ob die Leistung nicht ohnehin vom Anspruch des Patienten
gegen die GKV umfasst ist und dementsprechend mit dieser abgerechnet werden muss.
Zu diesen Privatleistungen zählen, abgesehen von dem in § 3 Abs. 2 BMV-Ä normierten
Positivkatalog, insbesondere Leistungen, die nach der Entscheidung des G-BA in den
Richtlinien nach § 92 SGB V von der Leistungspflicht der GKV ausgeschlossen wurden
(§ 3 Abs. 1 S. 2 BMV-Ä). Besondere Bedeutung kommt dabei im Hinblick auf die Dynamik
der medizinischen Entwicklung der Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
zu. Soweit diese vom G-BA mangels diagnostischen oder therapeutischen Nutzens oder
medizinischer Notwendigkeit von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen sind,
können sie als IGeL-Leistungen erbracht und privat abgerechnet werden.
Auch vom GKV-Leistungskatalog erfasste Leistungen können als IGeL-Leistung erbracht
werden, sofern die für die vertragsärztliche Leistungserbringung erforderliche medizinische
Indikation nicht vorliegt.
Soweit eine echte Wahlmöglichkeit des Patienten besteht, korrespondiert diese auf
der anderen Seite mit der medizinischen Verantwortung des Arztes. Der berufsethisch
korrekte Umgang mit individuellen Gesundheitsleistungen unterliegt daher gewissen
vertragsärztlichen, berufsrechtlichen, strahlenschutzrechtlichen sowie gebührenrechtlichen
Vorgaben. Zum Schutz des Patienten bedarf es insbesondere einer korrekten und transparenten
Indikationsstellung und Aufklärung. Dabei sollte einer Verunsicherung des Patienten
durch eine Aufklärung über Alternativen sowie eine ausreichende Bedenkzeit entgegengewirkt
werden. Ebenso sind die Fachgebietsgrenzen und Qualitätsstandards einzuhalten.
Prof. Dr. Peter Wigge
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht
Christiane Dieckmann
Rechtsanwältin
Rechtsanwälte Wigge
Scharnhorststraße 40
48151 Münster
Telefon: (0251) 53 595–0
Telefax: (0251) 53 595–99
E-Mail: kanzlei@ra-wigge.de
www.ra-wigge.de