Wenn die entzündlichen Prozesse der juvenilen idiopathischen Arthritis
auf die Augen übergreifen, ist davon insbesondere die mittlere Augenhaut
(Uvea) im vorderen Augenbereich betroffen. Sie bildet dort die Iris
(Regenbogenhaut) und den ringförmigen Ziliarmuskel, der der
Aufhängung und Schärfeanpassung der Linse dient. „Eine
Entzündung in diesem Bereich (Uveitis) ist gefährlich, weil sie
bei den meisten Kindern zunächst weder sicht- noch spürbar
ist“, sagt Prof. Kirsten Minden, Kinderrheumatologin an der
Universitäts-Kinderklinik der Charité und
Kongresspräsidentin der GKJR. Unerkannt und unbehandelt könne
sie aber rasch zu schwerwiegenden Komplikationen mit Sehkrafteinbußen
bis hin zur Erblindung führen.
Zu einer Beteiligung der Augen am rheumatischen Entzündungsprozess kommt
es bei etwa jedem siebten Kind mit JIA. Bei der häufigsten JIA-Form, der
Oligoarthritis, ist sogar jedes fünfte Kind von einer Uveitis betroffen.
Wie gut die Augenentzündung mit heutigen Therapien kontrolliert werden
kann, untersuchte eine große Beobachtungsstudie an 11
Kinderrheumazentren in Deutschland. „An der ICON-Studie haben knapp 1000
an JIA erkrankte Kinder über 10 Jahre hinweg teilgenommen“,
berichtet Minden. In den ersten 5 Beobachtungsjahren hätten 14%
der kleinen Patient:innen eine Augenentzündung entwickelt, der in der
Regel mit einer intensiven Rheumamedikation begegnet wurde. Damit konnte die
Entzündung bei über 90% der Kinder sehr gut
eingedämmt werden. Sie wiesen 5 Jahre nach Erkrankungsbeginn entweder
keine oder nur eine sehr geringe Krankheitsaktivität auf. Auch lag bei
zwei Dritteln der Kinder die Sehschärfe über 80%.
„Unerwartet hoch war jedoch die Komplikationsrate“, gibt Minden
zu bedenken. Denn wie die Studie zeigte, wies jedes vierte von einer Uveitis
betroffene Kind bereits beim ersten Augenarztbesuch Komplikationen auf.
„Diese Kinder werden demnach zu spät und erst dann vom Augenarzt
gesehen, wenn bereits Komplikationen aufgetreten sind.“ Hier
müsse mit einem frühzeitigen Uveitisscreening gegengesteuert
werden – idealerweise unmittelbar nach der JIA-Diagnose. Diese
Untersuchung müsse in individuell festzulegenden Abständen in
den ersten Erkrankungsjahren, aber auch nach einer Reduktion oder dem Absetzen
der Rheumamedikation wiederholt werden. Auch der allererste Schritt zu einer
angemessenen Versorgung, die JIA-Diagnose selbst, nimmt zu viel Zeit in Anspruch
– ab den ersten Beschwerden dauert es bei jedem zweiten Kind noch immer
länger als die empfohlenen 6 Wochen, bis es in rheumatologische
Behandlung kommt.
Als alarmierend bewertet Minden auch die weitere Zunahme der Augenkomplikationen
im Verlauf der Therapie. Im Beobachtungszeitraum von 5 Jahren wies fast jedes
zweite Kind Komplikationen wie entzündungsbedingte Verklebungen von Iris
und Linse, einen grauen Star oder einen erhöhten Augeninnendruck bis hin
zum grünen Star auf. „Diese können als Folge der
Entzündung, aber auch als Folge einer langfristigen Glukokortikoidgabe
auftreten“, sagt die erfahrene Kinderrheumatologin. Daher gelte es, die
langfristige Behandlung mit glukokortikoidhaltigen Augentropfen kritisch zu
hinterfragen, die bei vielen der kleinen Patient:innen trotz guter
Uveitiskontrolle fortgeführt werde. Obwohl in der ICON-Studie
85% der Kinder nach 5 Jahren eine komplett inaktive Uveitis hatten,
wurden über 40% noch immer mit lokalen Glukokortikoiden
behandelt, die ein Risiko für grauen und grünen Star bergen. Der
Einsatz von Glukokortikoiden ist in der Rheumabehandlung unverzichtbar, um eine
überschießende Entzündungsaktivität rasch zu
dämpfen und schwerwiegende Folgeschäden zu verhindern.
„Aufgrund des großen Spektrums an unerwünschten
Wirkungen sollten Glukokortikoide jedoch so niedrig dosiert und so kurz wie
möglich eingesetzt werden“, ergänzt Prof. Andreas
Krause, Chefarzt am Immanuel Krankenhaus Berlin und Kongresspräsident
der DGRh. Dass dieser Grundsatz nicht nur in der Erwachsenen-, sondern viel mehr
noch in der Kinderrheumatologie gelte, würden die Ergebnisse der
ICON-Studie ein weiteres Mal eindrücklich belegen.
Nach einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie
(DGRh)