Der lumbale Bandscheibenvorfall birgt im klinischen Alltag so manche Herausforderung. Welcher Schmerzmechanismus liegt einer chronischen Radikulopathie zugrunde? Ist es empfehlenswert, einen konservativen Therapieversuch auch bei Patient*innen mit neurologischen Symptomen zu starten? Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Operation? Dieser Fragenkatalog könnte noch lange so weiter gehen.
Sie alle kennen sie: die Patient*innen, die sich sofort, und diejenigen, die sich unter keinen Umständen operieren lassen wollen. Wir Therapeut*innen sehen uns dann in der Situation, einigen Patient*innen vor einem voreiligen Entschluss zur Operation beratend zur Seite zu stehen, und bei anderen wiederum Überzeugungsarbeit zu leisten, damit eine neurochirurgisch empfohlene Operation auch als realistische Option wahrgenommen wird.
Positiv ist, dass die meisten Bandscheibenvorfälle und -sequester resorbieren und sich sehr gut entwickeln [1], [2], sodass die konservative Versorgung das Mittel der Wahl darstellen sollte [1]. Die therapeutische Aufgabe ist, den Schmerz der Patient*innen und die psycho-sozialen Komponenten der überwältigenden Schmerzerfahrung eines akuten Bandscheibenvorfalls gemeinsam mit den Patient*innen zu adressieren und sie zu motivieren, trotzdem aktiv zu bleiben.
Wie viel Aktivität möglich ist oder wie lange die Schmerzen andauern werden, ist sicherlich nicht konkret zu sagen, die Botschaft „Alles wird (meistens) gut.“ ist für Patient*innen auf jeden Fall eine richtig gute Nachricht. Auch die klinische Arbeit zeigt mir regelmäßig, dass wir Patient*innen sehr gut unterstützen können, sei es ganz praktisch mit Tipps und Tricks für den Alltag oder über Schmerzedukation, durch klassische Hands-on Techniken oder Bewegungsvorschläge.
Der Einführungsartikel dieser Ausgabe von Prof. Dr. Klessinger schafft eine Grundlage an Fachwissen aus der Perspektive eines Mediziners zum Schwerpunkt „Der lumbale Bandscheibenvorfall“. Im Vertiefungsartikel stellt der österreichische Kollege Christoph Thalhamer ein Best-Practice-Modell der postoperativen Rehabilitation vor und zuletzt machen Sie im Praxisartikel Bekanntschaft mit einer Patientin, die chronische, radikuläre Symptome plagen und die mittels eines kognitiv-funktionellen Ansatzes behandelt wird. Kollege Klaus Orthmayr gewährt uns hier einen Blick in seine Strategie und Vorgehensweise.
Nehmen Sie diese MSK doch einfach mal mit zur Arbeit und lassen sie in der Kaffee- oder Teeküche für ein paar Tage liegen – bestimmt ergibt sich die ein oder andere Diskussion zum Thema. Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei!
Moin Moin aus Hamburg
Ihr Michael Richter