Pneumologie 2022; 76(12): 850-851
DOI: 10.1055/a-1947-3816
Pneumo-Fokus

COVID-19: Hoch-Dosis-Dexamethason verhindert schwere Verläufe

Contributor(s):
Annika Simon
Taboada M. et al.
Effect of high versus low dose of dexamethasone on clinical worsening in patients hospitalised with moderate or severe COVID-19 pneumonia: an open-label, randomised clinical trial.

Eur Respir J 2022;
 

Eine niedrig dosierte Therapie mit Dexamethason kann den Zustand von hospitalisierten Patientinnen und Patienten mit COVID-19 und Sauerstoffbedarf messbar verbessern. Über die mögliche Wirksamkeit einer Hoch-Dosis-Gabe bleiben dagegen viele Fragen offen. Taboada und Team haben beide Behandlungsansätze mit einander verglichen und stellen nun die Ergebnisse ihrer randomisierten klinischen Studie zum Thema vor.


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Eine Therapie mit niedrig dosierten Dexamethason konnte in Studien die klinische Verschlechterung von hospitalisierten Patientinnen und Patienten mit mittelschwerer bis schwerer COVID-19-Pneumomie verhindern. Da aber zu möglichen positiven Effekten einer Hoch-Dosis-Therapie bis heute viele Fragen offenbleiben, haben Taboada und sein Kollegium nun eine offene randomisierte kontrollierte klinische Studie zum Thema durchgeführt.

Geeignete Patientinnen und Patienten erfüllten folgende Kriterien:

  • Alter ab 18 Jahren,

  • nachgewiesene SARS-CoV-2-Infektion,

  • Hospitalisierung,

  • Notwendigkeit einer Sauerstofftherapie zur Gewährleistung einer Sauerstoffsättigung von über 92%.

Das Forschungsteam randomisierte die ausgewählten Personen auf 2 Gruppen:

  • Niedrig-Dosis-Gruppe: Gabe von 6 mg niedrig dosiertem Dexamethason einmal täglich für 10 Tage.

  • Hoch-Dosis-Gruppe: Verabreichung von 20 mg Dexamethason einmal täglich für 5 Tage, gefolgt von 10 mg einmal täglich für weitere 5 Tage.

Als primären klinischen Endpunkt definierten Taboada et al. eine klinische Verschlechterung innerhalb von 11 Tagen nach der Randomisierung. Die wichtigsten sekundären Endpunkte waren weiterhin die Sterblichkeit nach 28 Tagen, die Zeit bis zur Genesung sowie der klinische Zustand am 5., 11., 14. und 28. Tag nach Therapiebeginn. Für diese Einschätzung griff die Forschungsgruppe auf eine Ordinalskala von 1 für „entlassen“ bis 7 für „verstorben“ zurück.

Hoch-Dosis-Therapie überlegen

Die Daten von 200 Personen gingen in die Auswertung mit ein. Sie waren durchschnittlich 64 Jahre alt, 62% von ihnen männlich. Der mittlere Body-Mass-Index konnte auf 31,0 kg/m² beziffert werden, 53% aller Teilnehmenden waren übergewichtig und 19% litten an Diabetes mellitus. Die im Rahmen der Behandlung häufig eingesetzten Wirkstoffe waren Remdesivir und Antikoagulantien.

31,4% der Patientinnen und Patienten aus der Niedrig-Dosis-Gruppe, aber nur 16,3% aus der Hoch-Dosis-Gruppe zeigten innerhalb der 11 Tage nach Randomisierung eine greifbare klinische Verschlechterung. Die entsprechende Verhältnisrate konnte auf 0,43 mit einem 95%-Konfidenzintervall zwischen 0,22 und 0,84 beziffert werden. Die Sterblichkeit nach 28 Tagen lag bei 5,9% unter niedrig dosierter Behandlung und bei 6,1% in der Vergleichsgruppe. Bei sämtlichen sekundären Endpunkten, einschließlich der Zeit bis zur Genesung oder dem klinischen Zustand zu verschiedenen Zeitpunkten, ergaben sich hingegen keine bedeutsamen Gruppenunterschiede.

Die Autorinnen und Autoren ziehen daher die Schlussfolgerung, dass eine hochdosierte Therapie mit Dexamethason über 10 Tage bei hospitalisierten Patientinnen und Patienten mit COVID-19-Pneumonie und Sauerstoffbedarf eine weitere klinische Verschlechterung innerhalb von 11 Tagen nach Therapiebeginn verhindern könne. Trotz dieses positiven Ergebnisses halten sie dennoch weiterführende Untersuchungen unter Berücksichtigung verschiedener Subgruppen, Wirkstoffe und Dosierungen für wünschenswert.

Fazit

In dieser randomisierten klinischen Studie mit 200 hospitalisierten Menschen mit COVID-19 und Sauerstoffbedarf konnte eine Hoch-Dosis-Therapie mit Dexamethason im Vergleich zur niedrig dosierten Verabreichung die Häufigkeit einer klinischen Verschlechterung bis zum 11. Behandlungstag deutlich reduzieren. Die Autorinnen und Autoren wünschen sich daher weitere Untersuchungen unter Berücksichtigung verschiedener Subgruppen, Therapieschemata und Wirkstoffe aus der Gruppe der Kortikosteroide.


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Dipl. Psych. Annika Simon, Braunschweig


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Publication History

Article published online:
07 December 2022

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