Schlüsselwörter
Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis - Pathogenese - Diagnostik - Management - Therapie
Key words
eosinophilic granulomatosis with polyangiitis - pathogenesis - diagnostics - management - treatment
Einleitung
Die EGPA gehört zu den Kleingefäßvaskulitiden. In der Gruppe
der Kleingefäßvaskulitiden wird zwischen ANCA-assoziierten
Vaskulitiden (AAV) und Immunkomplexvaskulitiden unterschieden. AAV sind durch eine
nekrotisierende Entzündung der Gefäßwand gekennzeichnet, mit
prädominantem Befall kleiner intraparenchymatöser Arterien,
Arteriolen, Kapillaren und Venolen. Mittelgroße und seltener große
Gefäße können ebenso betroffen sein. Charakteristisch ist
die Assoziation mit Autoantikörpern gerichtet gegen zytoplasmatische
Antigene neutrophiler Granulozyten (ANCA), welche allerdings nicht zwingend
nachweisbar sein müssen. Zu Immunkomplexablagerungen kommt es dabei im
Gegensatz zu den Immunkomplexvermittelten Vaskulitiden nicht oder weniger, weshalb
von pauci-immuner Vaskulitis gesprochen wird.
ANCA-assoziierte Vaskulitiden werden klassisch anhand des klinischen
Phänotyps eingeteilt in die Granulomatose mit Polyangiitis (GPA, ehemals
Morbus Wegener), die mikroskopische Polyangiitis (MPA) und die EGPA (ehemals
Churg-Strauss-Syndrom). In der Immunfluoreszenztestung werden zytoplasmatische
(cANCA) und perinukleäre (pANCA) Fluoreszenzmuster unterschieden. Die
häufigste Zielstruktur der cANCA ist Proteinase-3 (PR3-ANCA), die der pANCA
die Myeloperoxidase (MPO-ANCA).
Die klinische Einteilung wird zunehmend zugunsten der Einteilung nach ANCA-Subtypen
hinterfragt. Dies basiert auf der Korrelation genetischer Prädisposition,
Pathophysiologie und Therapieansprechen mit dem ANCA-Subtypen [1]. Dieser Artikel soll eine Übersicht
über den aktuellen Stand in Pathophysiologie, Klinik, Diagnostik und
Therapie der EGPA vermitteln.
Definition EGPA
Die EGPA ist wesentlich durch folgende Punkte gekennzeichnet: 1) eine nekrotisierende
Gefäßentzündung insbesondere kleiner bis
mittelgroßer Gefäße, 2) eine eosinophilen-reiche,
nekrotisierende, granulomatöse Entzündungsreaktion und 3) die
Assoziation mit Eosinophilie und Asthma [2].
Histopathologisches Merkmal ist also eine Eosinophilen-reiche, nekrotisierende
granulomatöse Entzündungsreaktion mit
Kleingefäßvaskulitis. Befallen ist häufig der
Respirationstrakt. Die Prädominanz von Eosinophilen im Blut sowie deren
Gewebeinvasion ist kennzeichnend für die Erkrankung. Zudem kommt es
häufig zu einer extravasalen granulomatösen oder
nicht-granulomatösen Beteiligung mit eosinophiler Infiltration v. a.
der Lunge, des Myokards und des Gastrointestinaltrakts.
Epidemiologie
In den letzten Jahren wurde bei den AAV eine zunehmende Inzidenz mit 15–50
neuen Fällen pro 1 Million/Jahr bei einer Prävalenz von
300–400 Fällen pro 1 Million Einwohner beschrieben. Die EGPA ist mit
einer jährlichen Inzidenz von 0,9–2,4 und einer Prävalenz
von 10,7–17,8 pro 1 Million die seltenste der drei AAV [3]. Frauen und Männer sind gleich
häufig betroffen. Innerhalb der AAV gibt es große regionale
Unterschiede. Während die PR3-AAV in Europa am häufigsten vorkommt,
werden in Asien (insb. Japan) häufiger Fälle von MPO-AAV beschrieben
[4].
Pathophysiologie
Im Zentrum des Krankheitsgeschehens der EGPA steht die Eosinophilen-getriggerte
Inflammation. Als Ursache hierfür wird eine Dysfunktion in der Kommunikation
zwischen angeborener und erworbener Immunantwort diskutiert. Die EGPA gilt aufgrund
der Eosinophilie und der Erhöhung verschiedener Th2-Zytokine als eine
Th2-vermittelte Erkrankung. Einer der wichtigsten Vertreter der Th2-Zytokine in der
EGPA ist Interleukin 5 (IL-5) mit Einfluss auf Differenzierung, Proliferation und
Erhaltung eosinophiler Granulozyten [5].
Aktivierte Eosinophile agieren proinflammatorisch durch Ausschüttung
zytotoxischer Granula-Proteine (z. B. major basic protein oder eosinophil
Peroxidase) und Lipid Mediatoren, die zu einer lokalen Gewebsentzündung und
–schädigung führen [6]. Innate lymphoide Zellen (ILC) sind Gewebe-ständige Zellen und
spielen eine Rolle in der Kommunikation von Epithelzellen und Immunzellen.
Über Zytokinproduktion, insbesondere auch IL-5, kann eine Th2-Immunantwort
initiiert sowie Eosinophile und Mastzellen rekrutiert werden. Eine potentielle Rolle
von ILCs in der Pathophysiologie der EGPA bleibt noch unklar, allerdings erscheint
eine Vermittlungsfunktion zwischen angeborenem und erworbenem Immunsystem
möglich [7].
Bedeutung der ANCA in Pathogenese und Phänotypisierung
Der Phänotyp der EGPA hängt wesentlich vom ANCA-Status ab. So
wird die ANCA-positive (ANCA+) von der ANCA-negativen EGPA
unterschieden. Allgemein werden AAV als ANCA negativ bezeichnet, wenn diese nach
der revidierten Nomenklatur der Chapel-Hill-Konsensus-Konferenz die Kriterien
einer AAV erfüllt, allerdings keine ANCA detektierbar sind. Die
Einteilung in ANCA negativ und ANCA positiv basiert auf klinischen,
histologischen und genetischen Unterschieden dieser Gruppen. Bei nur etwa einem
Drittel der EGPA-Patienten lassen sich ANCA nachweisen (90–100%
MPO-ANCA) [4]. In dieser Gruppe steht die
klassische vaskulitische Komponente im Vordergrund mit peripherer Neuropathie,
kutaner Purpura, nekrotisierender Glomerulonephritis oder pulmonalen Infiltraten
bis zur alveolären Hämorrhagie. So werden in EGPA-Patienten mit
Nierenbeteiligung signifikant häufiger ANCA nachgewiesen als in
Patienten ohne Nierenbeteiligung [8].
Histologisch werden bei der MPO-ANCA positiven EGPA häufiger
vaskulitische Manifestationen ähnlich der MPA nachgewiesen,
während nicht-vaskulitische Pathologien wie Granulome und eosinophile
Infiltrate in beiden Gruppen gleich häufig auftreten.
Bei den ANCA-negativen Patienten kommt es betont zu einer
Eosinophilen-getriggerten extravasalen Inflammation mit
Eosinophilen-Infiltration ins Gewebe. Nachfolgend treten Organkomplikationen wie
Kardiomyopathie, pulmonale Infiltrate oder gastrointestinale Beteiligung
gehäuft in dieser Gruppe auf. Die pathogenetische Rolle von ANCA in der
EGPA ist nicht abschließend geklärt. Ein direkter toxischer
Einfluss auf Endothelzellen sowie eine Interaktion mit neutrophilen Granulozyten
wird als Ursache der Vaskulitis und somit der pulmonalen Hämorrhagien
und nekrotisierenden Glomerulonephritis vermutet. Es wird angenommen, dass
Neutrophile Zytokin-getriggert zytoplasmatische ANCA-Antigene auf ihrer
Oberfläche exprimieren. Durch anschließende Bindung der ANCA an
diese Antigene werden Neutrophile aktiviert, was in der Folge zur vorzeitigen,
gefäßwandnahen Aktivierung und Freisetzung toxischer Enzyme und
reaktiver Sauerstoffradikale führt. Durch ANCA aktivierte Monozyten
tragen weiter zur Neutrophilenrekrutierung und -aktivierung bei und bilden
Granulome. Somit kommt es zum histologischen Bild einer granulomatösen
nekrotisierenden Vaskulitis. Aktivierte Neutrophile können zudem nicht
nur direkt das Endothel schädigen, sondern auch MPO-Antigen ablagern.
Eine T-Zell-vermittelte Entzündungsreaktion kann zu weiterer
Gewebsschädigung führen. Die Interaktion von B- und
T-Lymphozyten, der Nachweis von ANCA-Autoantikörpern und der gute
therapeutische Effekt B-Zell-depletierender Therapien sind Indikatoren
für eine zentrale Rolle von B-Lymphozyten in der Pathogenese dieser
Erkrankung [4]. Nicht alle MPO-ANCA sind
zwingend pathogen. So können niedrig-titrige, nicht-pathogene ANCA in
Gesunden vorkommen bzw. EGPA-Patienten mit Vaskulitis ANCA negativ sein [9]. ANCA-Titer korrelieren nicht zwingend
mit der Krankheitsaktivität der EGPA und können in klinischen
Remissionsphasen persistieren oder ansteigen [10]
[11]. Die MPO-ANCA-positive
EGPA ist ebenso wie andere MPO-ANCA-assoziierte AAV, wie die mikroskopische
Polyangiitis, mit einer HLA Klasse II vermittelten Autoimmunität
assoziiert. So ist ein starker Zusammenhang mit HLA-DQ in Patienten mit
ANCA-positiver EGPA beschrieben, während dies bei ANCA-negativer EGPA
nicht nachgewiesen werden konnte. Die ANCA-negative EGPA wird dagegen mit
genetischen Varianten der GPA33 und IL5/IRF1 Genloci in Verbindung
gebracht, die wiederum genetischen Profilen entzündlicher
Darmerkrankungen ähneln. Die Variante des GPA33 Genlocus ist mit einer
veränderten Expression eines respiratorischen und intestinalen
Barriereproteins assoziiert, so dass eine mukosale Barrierestörung und
eine zentrale Rolle des angeborenen Immunsystems in der Pathogenese der EGPA
vermutet wird. IRF1/IL-5 wird Einfluss auf die Regulation von IL-4 und
IL-5 zugeschrieben, welche wiederum als Th2-Zyotokine wesentliche Treiber
eosinophiler Inflammation sind [12].
Der Weg zur Diagnose EGPA
Der Weg zur Diagnose EGPA
Klinisches Bild
Das mittlere Erkrankungsalter bei Erstmanifestation der EGPA liegt zwischen
50–60 Jahren. Klassischerweise werden drei klinische Stadien der EGPA
durchlaufen. In der Prodromalphase dominiert die allergische Symptomatik mit
Asthma bronchiale oder Rhinosinusitis. In der eosinophilen Phase kommt es zu
Bluteosinophilie und eosinophiler Infiltration multipler Organe. Die
vaskulitische Phase ist schließlich durch die charakteristische
nekrotisierende Kleingefäßvaskulitis mit potentiell organ- und
lebensbedrohlichen Manifestationen charakterisiert, die von Granulombildung
begleitet wird. In dieser Phase kommt es häufig zu systemischer
Symptomatik mit Fieber, Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Gewichtsverlust.
In der klinischen Realität sind diese Phasen oft nicht klar voneinander
zu trennen [13]. Am häufigsten
kommt es zu Krankheitsmanifestationen an den peripheren Nerven und im oberen
Respirationstrakt.
Respiratorische Manifestationen
Bei fast allen EGPA-Patienten (>90%) liegt ein Asthma bronchiale
in der Vorgeschichte vor [4]. Meist
manifestierte sich das Asthma bereits Jahre vor Diagnose der EGPA und wurde
aufgrund der Symptomschwere und unzureichender Kontrolle unter
Standardtherapie bereits mit systemischen Glukokortikoiden therapiert
[14].
48–96% der Patienten mit EGPA haben eine
HNO-Beteiligung, meist als rezidivierende Sinusitiden, Polyposis nasi,
allergische Rhinitis und chronische seröse Otitis media [3]. Symptomatisch treten gesteigerte
Nasensekretion, Nasenatmungsbehinderung, Geruchs- und Geschmacksminderung oder
Gesichtsschmerzen mit Druckgefühl über den
Nasennebenhöhlen auf. Nekrotisierende Läsionen des oberen
Respirationstrakts und des Nasopharynx hingegen sind deutlich seltener als bei
der GPA.
Eine Lungenbeteiligung der EGPA ist häufig und betrifft etwa die
Hälfte der Patienten. In der Regel manifestiert sich diese klinisch mit
Dyspnoe und Husten. In der Bildgebung sind wandernde Milchglasinfiltrate mit
peripherer Betonung sichtbar, welche histologisch eosinophilen Infiltraten
entsprechen. Pulmonale kavitäre Rundherde treten selten auf. Beim
Auftreten von Hämoptysen muss an eine alveoläre
Hämorrhagie gedacht werden. Diese tritt allerdings bei der EGPA seltener
auf als bei den anderen AAV und ist mit positiven ANCA assoziiert [3]
[15]. Alle EGPA-Patienten sollten eine lungenfunktionelle Untersuchung
mit Erfassung der Diffusionskapazität erhalten. Hierbei kann eine
pulmonale Obstruktion bei asthmatischer Manifestation ebenso wie eine
Restriktion mit reduzierten Lungenvolumina auffallen. Bei Verdacht auf eine
pulmonale Beteiligung sollte eine Bildgebung erfolgen, die CT-Schnittbildgebung
ist dabei deutlich sensitiver als die konventionelle Röntgendiagnostik
[16]. Eine hohe Eosinophilenzahl in
der bronchoalveolären Lavage (BAL) kann hinweisend auf eine EGPA sein,
ist allerdings nicht spezifisch und kann bei Patienten ohne aktive Pneumonitis
auch fehlen [17]. Paranasale
Manifestationen können mittels CT nachgewiesen werden.
Neurologische Beteiligung
Die Nervenbeteiligung betrifft meistens periphere Nerven im Sinne einer
Mononeuritis multiplex. Seltener werden in absteigender Häufigkeit eine
distal aszendierende, symmetrische Polyneuropathie (24%), asymmetrische
Polyneuropathie (3%) oder lumbale Radikulopathie (3%)
beobachtet. Zentrale neurologische Manifestationen wie zerebrale
Hämorrhagien, Infarkte, Hirnnervenausfälle und ophthalmologische
Beteiligung sind seltener aber ebenfalls bei der EGPA beschrieben [18]. Die klinische und
elektroneurographische Diagnostik ist zielführend. Eine Nervenbiopsie
ist in der Regel nicht notwendig, kann aber in Einzelfällen
differentialdiagnostisch hilfreich sein.
Kardiale Beteiligung
Die kardiale Manifestation ist mit 14,5% (ANCA positive EGPA) bzw.
32,6% (ANCA negative EGPA) seltener als die pulmonale oder neurologische
Beteiligung, allerdings mit einer erhöhten Morbidität und
Mortalität assoziiert [4].
Klinisch kann sich die kardiale Beteiligung als Kardiomyopathie mit akuter
Herzinsuffizienz, Perikarditis oder Herzrhythmusstörungen
äußern. Patienten mit Herzbeteiligung haben seltener
nachweisbare ANCA und häufiger eine ausgeprägte
Bluteosinophilie. Zur Evaluation einer kardialen Beteiligung gehören
neben Laboranalytik mit proBNP, CK, Myoglobin und Troponin T die
Durchführung eines Elektrokardiogramms. Zudem wird eine transthorakale
Echokardiographie (TTE) als Bestandteil der initialen Evaluation empfohlen,
zumal ca. 40% der asymptomatischen Patienten mit unauffälligem
EKG Hinweise auf eine kardiale Beteiligung in der TTE zeigen [19]
[20]. Weiterführend sollten bei Auffälligkeiten eine
Kardio-MRT und ggf. Myokardbiopsien durchgeführt werden. Aufgrund der
hohen Mortalität bei kardialer Beteiligung sollte die kardiologische
Abklärung auch bei vermeintlich kardial asymptomatischen
EGPA-Patienten erfolgen.
Nierenbeteiligung
Die Nierenbeteiligung ist bei der EGPA deutlich seltener als bei der GPA oder MPA
und aufgrund unscharfer Definitionen in ihrer Häufigkeit nur schwierig
zu beziffern. Interstitielle Infiltrate müssen von der fokal-segmental
nekrotisierenden Glomerulonephritis abgegrenzt werden, die insbesondere bei
MPO-ANCA-positiver EGPA auftritt. Das Ausmaß der Nierenbeteiligung kann
zwischen asymptomatischer Hämaturie oder Proteinurie bis hin zur
terminalen Niereninsuffizienz bei rapid progressiver Glomerulonephritis reichen
[8]. Jeder EGPA-Verdachtsfall sollte
auf eine renale Beteiligung mittels Urinanalyse (Proteinurie und/oder
Hämaturie) sowie Kreatinin- und Harnstoffbestimmung untersucht
werden.
Hautbeteiligung
Die häufigste vaskulitische Manifestation bei der EGPA ist die
Hautbeteiligung. Etwa 2/3 der Patienten haben Hautläsionen, die
sich meist als subkutane, druckdolente Knoten- und Plaquebildung an den
Streckseiten der Extremitäten insbesondere der Ellenbogen
äußern. Bioptisches Korrelat sind Pallisadengranulome und
eosinophile Infiltrate. Zudem kann eine kutane Vaskulitis mit Petechien,
palpabler Purpura und hämorrhagischen Ulzera auftreten, histologisch
imponiert hierbei häufig eine leukozytoklastische Vaskulitis [21].
Weitere Organmanifestationen
Die EGPA kann auch den Magen-Darm-Trakt betreffen. Eine eosinophile
Gastroenteritis mit abdominellen Schmerzen, Diarrhoen, gastrointestinalen
Blutungen und Kolitiden tritt häufig auf und kann der vaskulitischen
Phase der Erkrankung vorangehen. Bei Verdacht auf eine gastrointestinale
Beteiligung kann eine Biopsie mit histologischem Nachweis eosinophiler
Infiltrate hilfreich sein. Eine Muskelbeteiligung im Sinne einer Myositis ist
selten, allerdings entwickeln viele Patienten Myalgien im Rahmen vaskulitischer
Manifestationen. Eine Lymphadenopathie wird in 30–40% der
Patienten beobachtet [3].
Laboranalytische Aufarbeitung
Bis dato gibt es leider keine
eindeutigen Laborparameter zur Sicherung der Diagnose EGPA. Der
charakteristische Parameter der EGPA ist die Bluteosinophilie. Eosinophile
Granulozyten von>1000/µl im Blut können den
klinischen Verdacht auf eine EGPA unterstützen, allerdings nicht
beweisen. Bei Fehlen einer Eosinophilie muss immer an eine laufende oder
stattgehabte Therapie mit GC gedacht werden, da viele Patienten mit bekanntem
Asthma mit systemischen GC behandelt werden. Zudem sollte eine
differentialdiagnostische Abklärung hinsichtlich anderer Erkrankungen
mit peripherer Eosinophilie (Allergien, HES, Parasiten usw.) erfolgen. Die
Biomarker CCL17/TARC, Immunglobulin G4 und CCL26/Eotaxin-3
werden in Studien untersucht, gelten allerdings bislang nicht als
zuverlässige Biomarker zur Diagnosesicherung der EGPA [22]. Als unspezifische Laborparameter
können eine Entzündungsanämie, Leukozytose,
erhöhte Akute-Phase-Proteine wie CRP, erhöhte IgE-Spiegel,
Hypergammaglobulinämie, vermehrt IgG4 oder positive Rheumafaktoren
auftreten. Der positive Nachweis von ANCA insbesondere mit
MPO-Spezifität können die Verdachtsdiagnose EGPA
unterstützen, allerdings nicht sichern. Bei vermuteter EGPA (und AAV
generell) sollen laut internationaler Konsensusempfehlung direkt
antigenspezifische Immunoassays als Screeningverfahren zur Anwendung kommen
[23].
Histopathologie
Goldstandard der Diagnosesicherung ist weiterhin die Histologie mit Nachweis
einer nekrotisierenden Kleingefäßvaskulitis mit begleitenden
eosinophilen Infiltraten und peri- bzw. extravasalen Granulomen. Entsprechend
wird in den neuen Empfehlungen der EULAR eine Biopsie zur Diagnosesicherung
einer Kleingefäßvaskulitis empfohlen. Kennzeichnend für
die vaskulitische Komponente sind fibrinoide Nekrosen der
Gefäßwand mit Ruptur der Lamina elastica interna. Granulome in
der EGPA bestehen aus einer eosinophilen nekrotischen Matrix umgeben von
palisadenartig angeordneten Riesenzellen. Vaskulitis und Granulome
können, müssen aber nicht gleichzeitig auftreten. Das
histologische Bild variiert je nach Organbeteiligung. In der Hautbiopsie
variiert das Bild von eosinophiler Vaskulitis bis hin zur leukozytoklastischen
Vaskulitis. Bei Fehlen von eosinophilen Infiltraten ist eine Abgrenzung der EGPA
zu anderen kutanen Kleingefäßvaskulitiden histologisch nicht
möglich. Bei der Herzbeteiligung imponiert eine Mischung aus
eosinophilen Infiltraten des Myo- und Endokards und vaskulitische
Veränderungen kleiner Gefäße. Im Gastrointestinaltrakt
können erosive Veränderungen mit eosinophiler Infiltration,
Vaskulitis und Granulomen auftreten. Bei der Pneumonitis oder in
Lungenrundherden werden eine nekrotisierende Vaskulitis bzw. eosinophile
Granulome beobachtet [3]. In peripheren
Nerven und in der Niere dagegen werden nur selten eosinophile Infiltrate
beobachtet. Die Nervenbiopsie zeigt eine nekrotisierende Vaskulitis der Vasa
nervorum im Epineurium (Nervenhülle) peripherer Nerven[24]. In der Niere ist eine akute
interstitielle Nephritis häufig, die nekrotisierende
Glomerulonephritis findet sich insbesondere bei MPO-ANCA positiver
EGPA[25]. Im Gegensatz zu den
Immunkomplexvaskulitiden finden sich kaum Immunkomplexe- oder
Komplementablagerungen, weshalb die EGPA analog zu den anderen AAV, als
pauci-immune Kleingefäßvaskulitiden bezeichnet
werden.
Klassifikationskriterien
Die nachfolgenden Kriterien dienen explizit zur Klassifizierung von Vaskulitiden
und verfolgen das Ziel die EGPA möglichst klar von anderen Vaskulitiden
abzugrenzen. Somit können die Kriterien nur für Patienten mit
Vaskulitis kleiner oder mittelgroßer Gefäße herangezogen
werden. Andere Diagnosen wie z. B. infektiöse Erkrankungen, die
sich ähnlich präsentieren können, müssen
ausgeschlossen werden. Des Weiteren können die Kriterien nicht zur
Differenzierung der EGPA von anderen eosinophilen Erkrankungen wie das
hypereosinophile Syndrom oder eosinophile Malignome herangezogen werden.
Lanham et al. stellten 1984 ein einfaches, klinisches Klassifikationssystem der
EGPA anhand dreier Kriterien auf: Asthma, periphere Eosinophilie>1,5
Tsd/µl und systemische Vaskulitis mit Beteiligung mind. zweier
extrapulmonaler Organe. Alle drei Kriterien müssen für die
Klassifikation als EGPA erfüllt sein (s. [Tab. 1]) [26]. Dadurch, dass neben der pulmonalen Beteiligung zwei weitere
Organe beteiligt sein müssen, ist die Sensitivität dieser
Kriterien relativ gering. Insbesondere mildere Formen und Manifestationen in nur
einem extrapulmonalen Organ werden nicht erfasst. Die Klassifikationskriterien
des American College of Rheumatology (ACR) aus dem Jahr 1990 sind die bislang am
häufigsten verwendeten Klassifikationskriterien für die EGPA.
Die Kriterien beinhalten die Faktoren Asthma, Eosinophilie, Neuropathie,
pulmonale Infiltrate, HNO-Beteiligung und extravaskuläre
Eosinophilen-reiche Infiltrate. Die Klassifikation einer Vaskulitis als EGPA ist
möglich, sobald≥4 der 6 Kriterien erfüllt sind. ANCA
oder Histologie gehen hier nicht ein, zumal ANCA-Testungen zum damaligen
Zeitpunkt noch nicht etabliert waren (s. [Tab.
2]) [27]. Die 1990 ACR-Kriterien
waren zusammen mit den histopathologischen Chapel-Hill-Definitionen
Klassifikationsgrundlage in vielen klinischen Studien. 2022 sind die
überarbeiteten ACR/EULAR Klassifikationskriterien publiziert
worden, welche eine hohe Sensitivität (85%) und
Spezifität (99%) für die EGPA erreichten. Sie beinhalten
sieben klinische, laboranalytische und histologische Parameter, welchen jeweils
ein Punktwert zugeordnet wird. Erstmalig wird der Nachweis von
MPO/PR3-ANCA berücksichtigt. Eine Vaskulitis kann nach
Ausschluss anderer Ursachen als EGPA klassifiziert werden, wenn≥6 Punkte
erzielt werden. Positiv fallen hierbei obstruktive Atemwegserkrankungen
(+3), nasale Polypen (+3), Mononeuritis multiplex (+1),
Blut-Eosinophilie≥1Tsd/µl (+5) und das
histologische Bild einer extravasalen Eosinophilen-prädominanten
Entzündungsreaktion (+2) ins Gewicht. Abgezogen werden Punkte
für den Nachweis von cANCA oder Anti-PR3-Antikörper (-3) sowie
für Hämaturie (-1), da diese eher gegen das Vorliegen einer EGPA
sprechen (s. Tab. 3) [28]. Auch wenn bei der EGPA-Diagnostik das
ANCA-Screening und die Urindiagnostik explizit empfohlen werden, ist doch das
Vorliegen eines cANCA/PR3-ANCA und auch die Nierenbeteiligung viel
häufiger bei einer GPA/MPA als bei einer EGPA [19]. Zudem wurde der Nachweis von
Anti-MPO-Antikörpern nicht in den EGPA-Klassifikationskriterien 2022,
wohl aber in den MPA-Klassifikationskriterien 2022 berücksichtigt, da
diese Autoantikörper insbesondere bei der MPA häufig vorkommen.
Dies unterstützt zumindest partiell die Abgrenzung der MPA zu GPA, EGPA
und anderen Kleingefäßvaskulitiden.
Tab. 1 Lanham Klassifikationskriterien.
Kriterien
|
Asthma
|
Bluteosinophilie>1,5 Tsd/µl
|
Systemische Vaskulitis mit Beteiligung von ≥ 2
extrapulmonalen Organen
|
Alle Kriterien müssen erfüllt sein.
|
Tab. 2 2019 American College of Rheumatology und 2022
American College of Rheumatology/European Alliance of
Associations for Rheumatology
Klassifikationskriterien.
Kriterien nach ACR 2019
|
Kriterien nach ACR/EULAR 2022
|
Klinische Kriterien
|
Punkte
|
Klinische Kriterien
|
Punkte
|
Asthmatische Beschwerden
|
+1
|
Obstruktive Atemwegserkrankung
|
+3
|
Akute oder chronisch rezidivierende Sinusitiden der
Nasennebenhöhlen
|
+1
|
Nasenpolypen
|
+3
|
Neuropathie (Mononeuritis mono- oder multiplex oder
Polyneuropathie)
|
+1
|
Mononeuritis multiplex
|
+1
|
Laboranalytische, radiologische und histologische
Kriterien
|
Punkte
|
Laboranalytische, radiologische und histologische
Kriterien
|
Punkte
|
Bluteosinophilie>10%
|
+1
|
Bluteosinophilie>1 Tsd/µl
|
+5
|
Extravasale eosinophile Entzündung in der Biopsie
|
+2
|
Wandernde pulmonale Infiltrate
|
+1
|
Nachweis von cANCA oder Anti-PR3-Antikörper
|
−3
|
Hämaturie
|
− 1
|
≥ 4 von 6 Punkte müssen für
Klassifikation als EGPA vorhanden sein.
|
≥ 6 Punkte müssen für die
Klassifikation als EGPA vorhanden sein.
|
Differentialdiagnostische Herausforderungen der EGPA
Differentialdiagnosen der EGPA sind hauptsächlich andere AAV und andere
eosinophile Erkrankungen. Von der GPA und MPA lässt sich die EGPA vor
allem durch das Auftreten von Asthma und Eosinophilie unterscheiden, die
Symptomatik der Organbeteiligung insbesondere der vaskulitischen Manifestation
ist sonst sehr ähnlich. Es muss jedoch beachtet werden, dass auch bei
Patienten mit GPA oder MPA Eosinophilie beobachtet werden kann, was die
Abgrenzung dieser Erkrankungen teilweise schwierig gestaltet. Zu einer
ausgeprägten Eosinophilie>5000 Tsd./µl
können invasive Parasitosen, insbesondere nach Migration der Parasiten
ins Gewebe, Neoplasien oder Medikamentenreaktionen führen. Bei
isolierter pulmonaler Manifestation muss an die eosinophile Pneumonie oder
allergische bronchopulmonale Aspergillose (Aspergillus IgE/IgG) gedacht
werden. Beide können ebenso wie die EGPA mit peripherer und pulmonaler
Eosinophilie (nachweisbar in BAL oder Biopsie), asthmatischen Beschwerden und
wandernden pulmonalen Infiltraten einhergehen und sind daher schwierig von der
EGPA abzugrenzen.
Hypereosinophile Syndrome (HES), zu welchen die EGPA gelegentlich gezählt
wird, stellen eine wesentliche differentialdiagnostische Herausforderung dar.
HES sind definiert als Erkrankungen mit einer
Bluteosinophilie>1500/µl in mind. 2 Messungen
(Intervall≥1 Monat) und/oder Gewebseosinophilie und dem
Auftreten von Eosinophilen-assoziierten Organschädigungen. Unterschieden
wird die primäre Form mit monoklonaler Proliferation von
sekundären Formen mit polyklonaler Proliferation eosinophiler
Granulozyten. Insbesondere bei sekundären Formen können
verschiedene Organmanifestationen mit pulmonaler, kutaner, gastrointestinaler,
kardialer, neurologischer und konstitutioneller Symptomatik auftreten. Das
wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen der EGPA und anderen Formen eines HES
ist die Vaskulitis, welche in der Diagnostik deshalb gründlich gesucht
und gesichert werden sollte. Häufige Gründe für eine
Hypereosinophilie sind eine allergische Prädisposition (Atopie,
Rhinokonjunktivitis, Asthma) und Medikamente, wobei es in der Regel nicht zu
einer Organschädigung kommt. Bei persistierender und
ausgeprägter Eosinophilie sollte die wiederholte Stuhldiagnostik auf
Wurmeier sowie Helminthen-Serologien (mindestens auf Strongyloides, Toxocara und
Trichinella) erfolgen. Die Abgrenzung einer reaktiven von einer klonalen
Eosinophilie ist aufgrund der Möglichkeit gezielter Therapien wichtig.
Insbesondere bei Monozytose oder Blastennachweis, erhöhten
Vitamin-B12-Spiegeln, einer erhöhten Serum-Tryptase, isolierter
Splenomegalie, oder unerwartet schlechtem Steroidansprechen sollte ein
monoklonales HES ausgeschlossen werden [29].
Therapie
Im Gegensatz zu der GPA und MPA mangelt es bei der EGPA an Empfehlungen basierend auf
randomisierten, kontrollierten Studiendaten. Daher basieren viele Empfehlungen auf
niedrigeren Evidenzgraden und auf von der GPA/MPA abgeleiteten Erfahrungen.
Der nachfolgende Abschnitt orientiert sich an den Therapieempfehlungen der European
Alliance of Associations for Rheumatology (EULAR)/ERA-EDTA von 2016, der
S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) von 2017,
und der ACR-Leitlinie von 2021 (s. [Abb. 1])
[30]
[31]
[32]. Gerade auf dem
EULAR-Kongress 2022 präsentiert, aber noch nicht vollpubliziert, werden die
Neuerungen in den jüngsten EULAR-Empfehlungen hier nur kurz adressiert [23].
Abb. 1
Therapie der eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis. (*)
Hochdosierte GC täglich oral (1 mg/kgKG, bis zu
80 mg) oder Pulstherapie intravenös (Methylprednisolon
500–1000 mg/d bzw. äquivalente Dosen Prednisolon
über 3–5 Tage). (**) Mittel- bis
hochdosierte GC täglich (0,5–1 mg
Prednisolon/kg/Tag). (***) Reduktion auf
5 mg Prednison/d nach 4–5 Monaten anstreben [52]. (#) Insb. nach Remissionsinduktion
mit CYC. (##) Gemäß ACR/EULAR 2022, v. a.
nach Remissionsinduktion mit RTX [52].
(1) Re-Induktion bei Rezidiv mit organ- oder lebensbedrohlicher
Manifestation. Bevorzugt RTX, ggf. CYC insb. bei kardialer Beteiligung [52]. (2) Re-Induktion bei Rezidiv ohne
organ- oder lebensbedrohliche Manifestation. Bevorzugt MEPO insb. nach
Remissionsinduktion mit GC Mono oder MTX, AZA, MMF. Basierend auf Hellmich
et al., Z. Rheumatol. 2022 [50].;
GC: Glukokortikoide, CYC: Cyclophosphamid, RTX: Rituximab, MEPO:
Mepolizumab, MTX: Methotrexat, AZA: Azathioprin, MMF:
Mycophenolat-Mofetil.
Allgemeine Empfehlungen
Asthma bronchiale in der EGPA sollte prinzipiell entsprechend der Stufentherapie
bei Asthma behandelt werden. Hierbei ist insbesondere auf die korrekte Anwendung
inhalativer Therapeutika und eine gute Adhärenz zu achten. Entgegen
früherer Annahmen stellt die Diagnose EGPA keine Kontraindiktion
für eine Leukotrien-Therapie bei Asthma bronchiale dar [33]. Bei EGPA Patienten mit Asthma und
hohen IgE-Spiegeln ist Mepolizumab (MEPO) zur Behandlung des Asthmas
gegenüber Omalizumab zu bevorzugen, da Hinweise auf ein schlechteres
Ansprechen der EGPA auf Omalizumab vorliegen. Patienten mit allergischer
Rhinosinusitis können von lokalen Maßnahmen wie
Nasenspülungen und topischer Therapie z. B.
Glukokortikoid-haltigen Nasensprays profitieren.
Einschätzung des Schweregrads der EGPA
Der Fünf-Faktor-Score kann als einfaches Hilfsmittel in der klinischen
Evaluation eines EGPA Patienten eingesetzt werden. Dieser beinhaltet
fünf Faktoren mit prognostischem Einfluss auf den Erkrankungsverlauf:
Proteinurie>1 g/d, Niereninsuffizienz mit
Serum-Kreatinin>1,58 mg/dl, gastrointestinale
Beteiligung, Kardiomyopathie und Beteiligung des zentralen Nervensystems. Eine
überarbeitete Version beinhaltet zudem das Alter>65 Jahre als
negativen Prognosefaktor, sowie HNO-Beteiligung als protektiven Prognosefaktor
[34]. Diese Parameter können
helfen einen schweren, prognostisch-ungünstigen Verlauf zu erkennen und
entsprechend adaptiert intensiver zu behandeln.
Remissionsinduktion für die aktive EGPA mit organ- oder
lebensbedrohlicher Manifestation
Eine EGPA gilt als aktiv, wenn neue, persistierende oder sich verschlechternde
Symptome auftreten, die nicht auf Residuen vorheriger
Krankheitsaktivität zurückzuführen sind. Von einer
schweren Erkrankung wird gesprochen, wenn organ- oder lebensbedrohliche
Manifestationen vorliegen. Hierzu zählen z. B. alveoläre
Hämorrhagien, Glomerulonephritis, zentral-nervöse Beteiligung,
Mononeuritis multiplex, kardiale Beteiligung sowie kutane oder gastrointestinale
Ischämien.
Mittel der Wahl bei der schweren, aktiven EGPA sind zunächst hochdosierte
GC täglich oral (Prednison 1 mg/kgKG, i.d.R. bis zu
80 mg/d) oder als Pulstherapie intravenös
(Methylprednisolon 500–1000 mg/d bzw.
äquivalente Dosen Prednisolon über 3–5 Tage).
Für die Remissionsinduktion bei der schweren EGPA sollte
möglichst immer eine Kombinationstherapie mit Immunsuppressiva zur
Steroidersparnis erfolgen. Hierfür wird in den jüngsten
Empfehlungen (ACR und EULAR) neben der lange etablierten Behandlung mit
Cyclophosphamid (CYC) erstmalig auch Rituximab (RTX) empfohlen [30]
[32]. CYC wird bei AAV meistens als intravenöse Pulstherapie
entsprechend der CYCLOPS-Studie (3 Zyklen im Abstand von 2 Wochen, weitere
Zyklen im Abstand von 3 Wochen) verabreicht. Die Dosierung beträgt
regulär 15 mg/kgKG, muss allerdings an das Alter und die
Nierenfunktion angepasst werden [35].
Meistens reichen insgesamt 6 Zyklen für die Remissionsinduktion aus
[36]. Falls hierunter keine Remission
erreicht werden kann, kann die Therapiedauer auf bis zu 12 Zyklen erweitert
werden, was aufgrund der erhöhten Toxizität aber nur in
Einzelfällen erfolgen sollte. In der noch nicht vollpublizierten
REOVAS-Studie wurde CYC als Standardtherapie bei schwerer EGPA (FFS≥1)
mit 600 mg/m² an Tag 1, 15 und 29 und dann mit
500 mg alle 3 Wochen für weitere 6 Pulse infundiert. Aufgrund
langjähriger Erfahrungen nicht nur bei der EGPA, sondern auch bei
GPA/MPA und anderen Kleingefäßvaskulitiden wurde CYC
lange in der Remissionsinduktion bevorzugt [37]
[38]
[39]. Insbesondere bei kardialer
Manifestation, aber auch bei schwerer neurologischer oder gastrointestinaler
Manifestation sollte CYC weiterhin verwendet werden. Gegen eine CYC-Therapie
sprechen sterile Zystitiden, Harnabflussstörungen, eine reduzierte
Knochenmarksreserve, eine hohe Kumulativdosis durch CYC-Vortherapie oder
Kinderwunsch. Während die Empfehlungen der EULAR (2016) und der DGRh
(2017) sich noch klar auf CYC als Erstlinientherapie festlegten [30]
[31], schlagen die neuen ACR-Empfehlungen trotz bislang geringer
Evidenzlage den Einsatz von RTX bei ANCA-positiver EGPA vor, insbesondere bei
aktiver Glomerulonephritis, Rezidiv nach CYC-Vortherapie und erhöhtem
Risiko für Gonadentoxizität [32]. Auch die neuen EULAR-Empfehlungen, die auf dem
diesjährigen EULAR-Kongress vorgestellt wurden, sehen in RTX eine valide
Alternative zu CYC in der Erstlinientherapie der EGPA. Die Datenbasis
für RTX in der EGPA lieferten lange nur retrospektive Kohortenanalysen
und Fallserien, die zwar eine gute Wirksamkeit von RTX bei der EGPA beschrieben,
jedoch methodische Limitationen aufwiesen. Die erste prospektiv randomisierte,
Placebo kontrollierte Studie zu RTX bei EGPA ist die REOVAS-Studie, bei der RTX
bei schwerer EGPA (FFS≥1) in einer Dosis von 1 g an Tag 1 und 15
infundiert wurde. Erste Ergebnisse zeigten unter RTX eine vergleichbare
Wirksamkeit wie unter Standardtherapie inklusive der oben beschriebenen
CYC-Therapie bei schwerer EGPA [40].
Demnach war RTX zudem bei ANCA-negativer EGPA vergleichbar wirksam wie bei
ANCA-positiver EGPA, so dass der Einsatz nicht mehr nur bei ANCA-positiver EGPA
empfohlen wird. Zu betonen ist, dass RTX zur Remissionsinduktion bisher nur
für die Behandlung der GPA/MPA zugelassen ist, wobei
üblicherweise das in der RAVE-Studie verwendete Applikationsschema mit
4x375mg/m² infundiert in wöchentlichen Abständen
verwendet wird [41]. Eine
europäische Zulassung von RTX für die Behandlung der EGPA liegt
bisher nicht vor. Da Patienten mit schwerer EGPA von der MIRRA-Studie
ausgeschlossen waren, kann die IL5-Blockade mit Mepolizumab (MEPO) bei schwerer
EGPA nicht empfohlen werden.
Remissionsinduktion für die aktive EGPA ohne organ- oder
lebensbedrohliche Manifestation
Bei aktiver EGPA mit milden Symptomen ohne organ- oder lebensbedrohliche
Manifestation kann in der Regel durch mittel- bis hochdosierte Glukokortikoide
eine Remission erreicht werden. Auch hier ist prinzipiell der Einsatz potentiell
steroidsparender Substanzen empfohlen, die Evidenz zu MTX, AZA oder MMF aus
kontrollierten Studien jedoch wesentlich limitierter als bei der
GPA/MPA. So stammt die Empfehlung zum Einsatz von MTX oder AZA zur
Remissionsinduktion bei unzureichendem Steroidansprechen in der deutschen
S1-Leitlinie noch aus der Zeit vor der Publikation einer prospektiven,
placebokontrollierten Studie zur Wirksamkeit von AZA bei EGPA ohne
ungünstige Prognose (FFS=0) [31]. Der kombinierte Einsatz von AZA mit GC gegenüber einer
GC-Monotherapie erbrachte keinen Benefit hinsichtlich Rezidivrate,
Steroidgebrauch und Rate an Rhinosinusitis- oder Asthmaexazerbationen im Verlauf
[42]
[43]. Basierend auf den Daten der MIRRA-Studie wurde MEPO, ein
monoklonaler Antikörper gegen IL5, für die Behandlung der
nicht-schweren EGPA zugelassen und in dieser Indikation in den aktuellen ACR-
und EULAR-Leitlinien empfohlen [30]
[32]. In der randomisierten, doppelblinden,
placebokontrollierten Phase III-Studie wurden EGPA Patienten ohne schwere
Organmanifestation mit refraktärem Verlauf oder Rezidiv entweder mit
Standardtherapie oder mit MEPO 300 mg alle 4 Wochen s.c. plus
Standardtherapie behandelt. Die primären Endpunkte der Studie (Dauer der
Remission bei≤4 mg Prednisolon/Tag und Anteil Patienten
in Remission in Woche 36 und 48) wurden erreicht [44]. In einer retrospektiven Analyse
europäischer Zentren wurden EGPA Patienten teilweise mit den
mittlerweile für die EGPA zugelassenen 300 mg alle 4 Wochen und
teilweise mit der für Asthma zugelassenen Dosis von 100 mg alle
4 Wochen behandelt. Die Remissionsraten nach 12 Monaten waren mit 82%
bzw. 76% für die 300 mg bzw. 100 mg
ähnlich hoch, bei gleichzeitig vergleichbarer Wirkung auf die
Rezidivrate und die Steroidersparnis [45].
Anstelle von MEPO kann in zweiter Linie je nach Manifestation der Erkrankung MTX
(bis zu 20–25 mg/Woche s.c. oder oral), MMF (bis zu
1500 mg zweimal tgl.) oder bedingt und unter Berücksichtigung
der o.g. Limitationen AZA (bis zu 2 mg/kgKG/d) als
Basistherapie verwendet werden [[30]
[32]
[46]
[47].
In den meisten Fällen sollte der kombinierte Einsatz von Immunsuppressiva
und GC der GC-Monotherapie gegenüber bevorzugt werden. Dies dient der
Minimierung von GC-induzierten Nebenwirkungen. Für Patienten mit mildem
Asthma, allergischer Symptomatik oder schwangeren Patienten kann ggf. eine
GC-Monotherapie erwogen werden. RTX kann ggf. im Falle eines Therapieversagens
der genannten Substanzen bei der nicht schweren EGPA eingesetzt werden,
während CYC aufgrund der Toxizität eher zurückhaltend
eingesetzt werden sollte.
Remissionserhaltende Therapie bei EGPA
Als Remission wird die Abwesenheit von klinischen Zeichen oder Symptomen der EGPA
definiert. Die remissionserhaltende Therapie soll Krankheitsrezidive und
Organschäden verhindern und gleichzeitig gut verträglich sein
mit geringem Risiko für therapiebedingte Folgeschäden. Ein
wichtiger Aspekt bei der EGPA ist dabei immer auch die Steroidersparnis in der
Langzeitbehandlung. Nach erfolgreicher Remissionsinduktion mittels CYC stehen
für die Erhaltungstherapie prinzipiell Methotrexat (MTX), Azathioprin
(AZA), Mycophenolat-Mofetil (MMF) und als Biologika RTX und MEPO zur
Verfügung [23]
[32]]. Die beste Datenlage existiert
für MTX in dieser Situation, da MTX in einem RCT nach
Remissionsinduktion mit CYC bei EGPA mit ungünstigen Prognosefaktoren
erfolgreich zur Remissionserhaltung eingesetzt wurde[48]. Insbesondere die gute Datenlage zu RTX
in der Remissionserhaltung bei GPA/MPA lässt sich nicht einfach
übertragen, da Patienten mit EGPA von den zugrundeliegenden Studien
ausgeschlossen waren[49]
[50]. Insbesondere nach erfolgreicher
Remissionsinduktion mit RTX, kann eine RTX-Erhaltungstherapie auch bei der EGPA
eingesetzt werden. MEPO kann bedingt, basierend auf den Daten der MIRRA-Studie
mit immerhin einem Jahr Behandlungsdauer, auch als Remissionserhaltende Substanz
bei EGPA empfohlen werden, was in den neuen EULAR Empfehlungen der Fall ist. Der
Einsatz von MEPO in der Remissionserhaltung bei schwerer EPGA dagegen ist
bislang unzureichend untersucht, und kann entsprechend nicht empfohlen werden.
Patienten mit schwerer EGPA, insbesondere Patienten mit organbedrohender
Vaskulitis, waren von der MIRRA-Studie ausgeschlossen. Eine auf dem
diesjährigen EULAR-Kongress vorgestellte retrospektive Kohortenstudie
untersuchte die Wirksamkeit von sequentieller Rituximab und MEPO Therapie mit
guten Erfolgen in der Remissionsinduktion und -erhaltung [51]. Bezüglich der Dauer der
Remissionserhaltung mit GC gibt es keine abschließende
Handlungsempfehlung. Viele Patienten benötigen eine niedrig-dosierte
Erhaltungstherapie insbesondere zur Kontrolle der allergischen und asthmatischen
Symptomatik. Generell sollte immer auf die niedrigste mögliche Dosis
reduziert werden, die EULAR empfiehlt aktuell bei der GPA/MPA eine
Dosisreduktion auf 5 mg Prednison/d nach 4–5 Monaten
anzustreben, in der MIRRA-Studie bei der EGPA
wurden≤4 mg/Tag angestrebt [30]
[44]. Bezüglich der Dauer der Remissionserhaltenden Therapie
liegen keine eindeutigen Empfehlungen vor. Die DGRh empfiehlt eine
Mindesttherapiedauer von 24 Monaten nach Erreichen der Remission [31]. Für die GPA/MPA werden
mittlerweile schon eher 48 als 24 Monate Therapiedauer empfohlen. Generell ist
dies aber eine individuelle Entscheidung, die sowohl vom Krankheitsverlauf, der
Organmanifestation und -schädigung sowie auch vom ANCA-Status
abhängig sein kann. Aufgrund mangelnder Studiendaten beruht diese
Empfehlung bei der EGPA hauptsächlich auf klinischer Erfahrung.
Umgang mit refraktären Erkrankungsverläufen und
Rezidiven
Als Rezidiv wird eine erneute Aktivität der EGPA nach zuvor erfolgreicher
Remissionsinduktion bezeichnet. Für Patienten mit schwerem
Erkrankungsrezidiv nach initial erfolgreicher Remissionsinduktion mit CYC soll
zur erneuten Remissionsinduktion bevorzugt RTX eingesetzt werden [30]
[32]. Bei Patienten mit kardialer Manifestation und ANCA-negativer
EGPA kann ggf. eine erneute Induktion mit CYC aufgrund der erhöhten
Mortalität erwogen werden [32].
Hierfür liegen allerdings keine kontrollierten Daten vor. Patienten, die
zuvor erfolgreich mit RTX behandelt worden sind, können bei einem
Rezidiv erneut mit RTX therapiert werden [32]. CYC kann zur Remissionsinduktion erwogen werden, wenn das
Rezidiv kurz nach der Erstmanifestation oder mit Herzbeteiligung auftritt. Bei
Patienten ohne schwere Organmanifestation im Rezidiv unter GC-Monotherapie
sollte basierend auf der MIRRA-Studie die Behandlung mit MEPO erwogen werden.
Bei Patienten mit nicht-schwerem Rezidiv unter Therapie mit MTX, AZA oder MMF
sollte ebenfalls bevorzugt um MEPO erweitert werden als auf ein weiteres DMARD
zu wechseln [32]. Bei Patienten mit
unzureichend kontrolliertem Asthma sollte zudem immer die inhalative Therapie
überprüft und optimiert werden. Gleiches gilt für die
Lokaltherapie der allergischen Rhinosinusitis und der Polyposis nasi.