Overbeek KA.
et al.
Long-term yield of pancreatic cancer surveillance in high-risk individuals.
Gut 2022;
71: 1152-1160
DOI:
10.1136/gutjnl-2020-323611
Die Analyse ist eingebunden in die fortlaufende „Dutch Familial Pancreatic Cancer
Surveillance Study“. Hierbei handelt es sich um eine prospektive Kohortenstudie, die
an 3 Universitätskliniken in den Niederlanden stattfindet. Asymptomatische Individuen
mit einem geschätzten, mindestens 10% erhöhten lebenslangen Risiko für die Entwicklung
eines PDAC wurden zwischen 2006 und 2019 aufgenommen. Die Studienteilnehmer unterzogen
sich einer genetischen Testung und wurden im Anschluss in jährlichen Intervallen mittels
einer endoskopischen Ultraschalluntersuchung (EUS) sowie MRT/Cholangiopankreatikografie (MRCP)
nachverfolgt. Studienendpunkte waren unter anderem die kumulative Inzidenz des PDAC
nach 5 und 10 Jahren, das mediane Überleben sowie die Resektionsraten.
Zur Auswertung standen Daten von 366 Individuen aus 214 Familien zur Verfügung (165
[45%] waren Mutationsträger, 201 [55%] wiesen keine Mutationen auf, standen aber in
einem verwandtschaftlichen Verhältnis zu Patienten mit einem familiären Pankreaskarzinom
[FPC]). Das Durchschnittsalter belief sich auf 54 Jahre (SD 9,9), die Nachbeobachtung
erstreckte sich im Durchschnitt über 63 Monate (SD 43,2) (Gesamtnachbeobachtungszeit
1930 Personenjahre). Die Autoren zählten bei den 366 Studienteilnehmern insgesamt
1855 Nachbeobachtungsvisiten und 3509 Untersuchungen mittels bildgebender Verfahren.
Ein PDAC entwickelte sich bei 10 Individuen, von diesen wiesen 4 ein symptomatisches
Intervallkarzinom auf und 6 unterzogen sich einer Resektion. Unter den Trägern einer
Mutation und den FPC-Verwandten ergab sich eine kumulative Inzidenz für ein PDAC von
9,3 vs. 0% (p<0,001). Das mediane Überleben nach Entwicklung eines PDAC betrug 18
Monate (Spanne: 1–32 Monate). Insgesamt 17 Studienteilnehmer (4,6%) wurden operiert,
die pathologische Untersuchung erbrachte 6 PDAC (3 T1N0M0), 7 niedriggradige Vorläuferläsionen,
2 neuroendokrine Tumoren (<2cm), 1 Autoimmunpankreatitis sowie 1 Individuum, welches
keine Abnormitäten aufwies. Eine mit den Operationen in Zusammenhang stehende Mortalität
war nicht feststellbar. Im Vergleich zu MRT/MRCP gelang es mittels einer EUS, mehr
solide Läsionen zu detektieren (100 vs. 22%; p<0,001), allerdings war die Zahl entdeckter
zystischer Läsionen geringer (42 vs. 83%; p<0,001).
Innerhalb der Studie wurde unter Trägern einer krankheitsbegünstigenden Mutation eine
substanzielle kumulative PDAC-Inzidenz nachgewiesen. Die Studienautoren bewerten die
Überwachung von Hochrisikoindividuen auf Basis bildgebender Verfahren als suboptimal.
Sie sehen einen großen Bedarf für sensitivere diagnostische Marker, insbesondere Biomarker.
Abb. 1 Duktales Adenokarzinom des Pankreas (PDAC). Mäßig differenziertes, klassisches PDAC
mit ausgeprägter Stromareaktion und perineuralem Wachstum. Quelle: Esposito I, Regel
I. Mikroskopie. In: Messmann H, Tannapfel A, Werner J, Hrsg. Gastrointestinale Onkologie.
1. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2018. DOI: 10.1055/b-005-143320.
Dr. Frank Lichert, Weilburg