Schlüsselwörter Riesenzellarteriitis - medikamenteninduziert - infektiöse Aortitis - Endokarditis - ANCA
Key words drug-induced - infectious aortitis - endocarditis - ANCA - giant-cell arteritis
Einleitung
Unter dem Begriff systemische Vaskulitiden wird eine Gruppe heterogener Erkrankungen
zusammengefasst, deren Gemeinsamkeit eine Entzündung von
Gefäßen ist. Die Einteilung erfolgt gemäß der
revidierten Chapel Hill Konsensus-Nomenklatur von 2012 zunächst anhand der
Größe der betroffenen Gefäße in Vaskulitiden
großer (z. B. Aorta mit großen Abgängen und
korrespondierende Venen), mittelgroßer (Viszeralgefäße und
deren erste Abgänge) und kleiner Gefäße (intraparenchymale
Arterien, Arteriolen, Kapillaren, Venolen und Venen), sowie Vaskulitiden von
Gefäßen variabler Größe und Einzelorganvaskulitiden
[1 ]. Die
Kleingefäßvaskulitiden werden weiter unterteilt in Erkrankungen
assoziiert mit antineutrophilen zytoplasma Antikörpern (ANCA) und
Erkrankungen assoziiert mit Immunkomplexen. Weiterhin werden Vaskulitiden anhand
ihrer Ätiologie eingeteilt, die idiopathischen werden unterschieden von
Vaskulitiden mit anzunehmender/bekannter Ätiologie, so bei
Systemerkrankungen (z. B. Systemischer Lupus erythematodes [SLE]),
Infektionen (z. B. Hepatitis C Virus [HCV] – assoziierte
kryoglobulinämische Vaskulitis), medikamenteninduzierten Vaskulitiden,
paraneoplastischen Vaskulitiden und anderen. Da Vaskulitiden zu schweren
Komplikationen führen können (je nach betroffenen Stromgebiet
z. B. durch Gefäßdissektion, -verschluss oder -ruptur,
lokalisierten oder diffusen Blutungen oder Versagen betroffener Organe) ist eine
korrekte rasche Diagnose und Therapie essenziell.
Vaskulitis „mimics“ (aus dem Englischen, etwa:
„Imitatoren “) sind Syndrome, die das Vorliegen einer
Vaskulitis imitieren können, etwa dadurch, dass bei ihnen eine klinisch
ähnlich wirkende Konstellation vorliegt. Die Abgrenzung kann
zusätzlich erschwert sein dadurch, dass manche Vaskulitis mimics einhergehen
können mit spezifischen Befunden, die für Vaskulitiden typisch sind,
so etwa Laborbefunden oder Befunden in der Bildgebung. Diverse der als Vasculitis
mimics bezeichneten Syndrome können sich sogar klinisch und histologisch als
Vaskulitis darstellen, obwohl ihnen eine andere Pathogenese zugrunde liegt. Der
Begriff Vaskulitis mimics wird in der Regel für Erkrankungen genutzt, die
aus Perspektive des Klinikers von einer idiopathischen Vaskulitis abgegrenzt und
häufig auch anders therapiert werden müssen, hierunter
können sowohl Vaskulitiden mit anzunehmender/bekannter
Ätiologie (z. B. Substanz-induziert), als auch Krankheitsbilder, die
mit Vaskulitiden leicht zu verwechseln sind, aber formal keine Vaskulitis
darstellen, fallen. Das Management bestimmter Subtypen von Vaskulitiden sieht
standardmäßig die Berücksichtigung auslösender
Faktoren von Vaskulitiden vor (z. B. bei Polyarteriitis nodosa [PAN] und
kryoglobulinämischer Vaskulitis, die mit Hepatitis B Virus [HBV] und HCV
assoziiert sind [2 ]
[3 ]). Im Folgenden wird versucht, eingeteilt
anhand der Größe der meistens betroffenen Gefäße
insbesondere solche Erkrankungen als Vaskulitis mimics zu beleuchten, die
differenzialdiagnostische „Fallstricke“ darstellen. Bei einer
Verwechslung besteht nicht nur das Risiko eines Ausbleibens der korrekten Behandlung
der eigentlich vorliegenden Grunderkrankung, sondern auch des Beginns einer nicht
indizierten, mit potenziellen Komplikationen behafteten immunsuppressiven Therapie
(die im Falle einer als idiopathische Vaskulitis verkannten infektiösen
Erkrankung besonders schwerwiegende Folgen haben kann).
[Tab. 1 ] stellt eine Auswahl von Vaskulitis
mimics mit Angabe der prädominant imitierten Manifestationen von
Vaskulitiden dar, von denen typische Beispiele im Folgenden näher diskutiert
werden.
Tab. 1 Tabellarische Auflistung typischer Vaskulitis mimics
mit Angabe der Gefäßgröße, bei der
schwerpunktmäßig Verwechslungen mit Vaskulitiden in der
Literatur berichtet werden (auch Manifestationen darüberhinaus
kommen vor).
Erkrankung
Große Gefäße
Mittelgroße Gefäße
Kleine Gefäße
Imitation einer GPA in Orbitae/HNO-Trakt
Infektiöse Erkrankungen
×
×
×
×
Endokarditis
×
×
×
Lues
×
×
Tuberkulose
×
×
Nichttuberkulöse Mykobakterien
×
×
Pilze
×
×
×
×
COVID19
×
×
HIV
×
×
×
HBC
×
×
HCV
×
×
Herpesviren
×
×
×
Andere Erreger
×
×
×
×
Hereditäre Erkrankungen mit Beteiligung des
Bindegewebes
×
×
Marfan Syndrom
×
Ehlers – Danlos Syndrom
×
×
Loeys – Dietz Syndrom
×
Turner – Syndrom
×
Neurofibromatose
×
×
Pseudoxanthoma elasticum
×
Grange Syndrom
×
Genetisch determinierte Syndrome mit Immundefekt oder
Autoinflammation
×
×
×
×
TAP Defizienz
×
×
ADA2 Defizienz
×
×
VEXAS Syndrom
×
×
×
×
weitere hereditäre Autoinflammationssyndrome und
Immundefekte
×
×
×
Entzündliche Systemerkrankungen
×
×
×
IgG4-assoziierte Erkrankung
×
×
×
Erdheim-Chester-Erkrankung
×
×
Antiphospholipidsyndrom
×
Thrombotische Mikroangiopathien (z. B.
Thrombotisch-thrombopenische Purpura)
×
Sarkoidose
×
×
×
×
Medikamentös induzierte Syndrome
×
×
×
×
s. hierzu Tabelle 2
×
×
×
×
Malignome/paraneoplastische Syndrome
×
×
×
×
Sonstige
×
×
Fibromuskuläre Dysplasie
×
×
Segmentale arterielle Mediolyse
×
×
TIPIC - Syndrom
×
Arteriosklerose (inkl. nicht-arteriitische okuläre
Ischämiesyndrome)
×
×
Cholesterin-Embolie-Syndrom
×
×
Kalziphylaxie
×
×
Idiopathische Hämosiderose der Lunge
×
Thrombangiitis obliterans
×
×
Mesenteriale inflammatorische veno-okklusive Erkrankung
×
Skorbut
×
Thrombopenie
×
Anstrengungs-induzierte Kapillaritis („Golfer- oder
Wanderer-Vaskulitis“)
×
Chronisch-venöse Insuffizienz
×
×
Pyoderma gangraenosum
×
×
Livedo – Vaskulopathie
×
×
AAV: ANCA-assoziierte Vaskulitis; ADA2: Adenosin-Deaminase 2; COVID19:
Coronavirus disease 2019; GPA: Granulomatose mit Polyangiitis; HBV:
Hepatitis B Virus; HCV: Hepatitis C Virus; HIV: Humanes
Immundefizienz-Virus; HNO: Hals-Nasen-Ohren; IgG4: Immunglobulin G 4; MHC:
Major histocompatibility complex; PAN: Polyarteriitis nodosa; VEXAS: Akronym
aus „vacuoles, E1 enzyme, X-linked, autoinflammatory, somatic.
Imitatoren von Vaskulitiden mit prädominanter Beteiligung großer
Gefäße
Imitatoren von Vaskulitiden mit prädominanter Beteiligung großer
Gefäße
Die klassischen idiopathischen Großgefäßvaskulitiden sind die
Takayasu Arteriitis und die Riesenzellarteriitis [1 ]. Beide können die Aorta und ihre großen
Abgänge, sowie die großen organversorgenden Gefäße
betreffen, nicht selten resultieren Gefäßstenosen, Aneurysmen und
Dissektionen. Insbesondere die Verzögerung der Therapie bei einer
Riesenzellarteriitis kann zu Visusverlust und Erblindung infolge okulärer
Ischämiesyndrome führen [4 ].
Da die meisten der betroffenen Gefäße außerhalb von
gefäßchirurgischen Eingriffen einer bioptischen Sicherung kaum
zugänglich sind, wird die Diagnose oft anhand von Klinik, Labor und
unterstützender Bildgebung gestellt, z. B. mittels Sonographie,
Magnetresonanztomographie (MRT) oder Positronen-Emmission-Tomographie (PET) in
Kombination mit einer Computertomographie (CT) [5 ]. Obwohl die oberflächlich liegende Arteria temporalis bei
Verdacht auf Riesenzellarteriitis für eine Biopsie gut erreichbar ist,
stellt auch hier in der klinischen Praxis zunehmend die Bildgebung die diagnostische
Modalität der Wahl dar.
Hereditäre Erkrankungen mit Beteiligung des Bindegewebes
Zahlreiche hereditäre Erkrankungen des Bindegewebes können zu
Aneurysmen und Gefäßdissektionen führen und mit
Großgefäßvaskulitiden verwechselt werden.
Das Marfan-Syndrom ist eine autosomal dominant vererbte Erkrankung, der
Mutationen im Fibrillin-1 (FBN1) Gen zugrundeliegen [6 ]. Es geht typischerweise mit Aneurysmen
der Aortenwurzel einher ([Abb. 1a ]) und
führt gehäuft zu Aortendissektionen. Auch extrathorakale
Aneurysmen, z. B. im Kopf-Hals-Bereich oder von abdomineller Aorta,
Viszeralarterien oder Iliakalgefäßen kommen vor [7 ]. Weitere typische Manifestationen sind
Luxationen der Augenlinsen, Netzhautabklösung und Veränderungen
des Skelettsystems, darunter Hochwuchs und Trichterbrust.
Abb. 1
a 53-jähriger Patient mit plötzlich aufgetretenem
Leistungsknick. Bei Nachweis eines Aneurysmas der Aorta ascendens (AA)
im Echokardiogramm zeigte sich im weiteren Verlauf kein Anhalt auf eine
Aortitis. Die weitere körperliche Untersuchung und Anamnese
ergaben Hinweise auf ein Marfan-Syndrom, welches durch eine genetische
Untersuchung bestätigt wurde. LV=linker Ventrikel;
b Kontrastmittel-verstärkte CT,
schräg-koronare Maximum-Intensitäts-Projektion (MIP):
Perlschnurartige Veränderungen der rechten Nierenarterie mit
Ektasien und Stenosen bei fibromuskulärer Dysplasie –
ähnliche Befunde können bei der PAN vorliegen.
Mit Ehlers-Danlos Syndrom (EDS) wird eine Gruppe heterogener erblicher
Erkrankungen des Bindegewebes bezeichnet, denen bei den meisten Subtypen eine
Überdehnbarkeit von Gelenken und elastischer und leicht verletzlicher
Haut gemein ist. Aktuell wird es in 13 Typen unterteilt, denen unterschiedliche
Genmutationen zugrundeliegen [8 ].
Insbesondere beim vaskulären EDS (früher Typ IV), das autosomal
dominant, meist durch Mutationen, die Kollagen Typ III betreffen
(COL3A1 ), vererbt wird, kommt es zu vaskulären Komplikationen.
Aneurysmen, Dissektionen und Sinus-Cavernosus-Fisteln sind typische Symptome.
Auch ohne die vorherige Bildung von Aneurysmen kann es zu spontanen Rupturen von
Arterien (aber auch des Kolons oder des Uterus im dritten Trimenon der
Schwangerschaft) mit letalem Ausgang kommen [9 ]. Aneurysmen, Dissektionen und Gefäßrupturen
können jedoch auch bei anderen Subtypen des EDS (z. B.
klassisches EDS oder hypermobiles EDS) vorkommen [8 ]
[10 ].
2005 wurde das Loeys-Dietz-Syndrom beschrieben, eine autosomal dominant vererbte
Bindegewebserkrankung, die durch Mutationen im Signalweg des transforming growth
factor β ausgelöst wird [11 ]
[12 ]
[13 ]. Durch den raschen Progress der
Forschung und Beschreibung neuer assoziierter Mutationen, werden auch hier
inzwischen 5 Typen unterschieden. Es handelt sich um komplexe, multisystemische
Syndrome, bei denen neben auffallend geschlängelten arteriellen
Gefäßen und der Ausbildung von Aneurysmen und Dissektionen auch
Veränderungen des Kopfes und Skeletts (Hypertelorismus, Gaumenspalte,
blaue Skleren, Skoliose, Talipes, Hyperlaxizität der Gelenke,
Arachnodaktylie), Hautveränderungen und allergische Erkrankungen
vorkommen.
Weitere seltene hereditäre Erkrankungen, bei denen es zur
vaskulären Komplikationen, die
Großgefäßvaskulitiden ähneln, kommen kann, sind
zum Beispiel Neurofibromatose Typ I (u.A. Aneurysmen, Stenosen oder
Gefäßmalformationen) [14 ]
oder Pseudoxanthoma elasticum (u.A. akute Blutungen oder kardiovaskuläre
Ereignisse) [15 ], siehe auch [Tab. 1 ]. Neben typischen physischen
Stigmata bestimmter genetischer Syndrome, führen die Familienanamnese
und bei Verdacht gezielte genetische Abklärungen zur korrekten
Diagnose.
Infektiöse Aortitis
Infektiöse Aortitiden und durch die resultierende Schädigung der
Gefäßwand entstehende Aneurysmen sind in der Mehrzahl der
Fälle ausgelöst durch Bakterien der Arten Staphylococcus aureus,
Salmonella spp., Pneumococcus spp. und Escherichia coli [16 ]. Selten können im
Tertiärstadium der Lues Aortitiden mit Treponema pallidum vorkommen.
Ebenfalls selten werden (in der Regel im Kontext einer medikamentösen,
erworbenen (HIV) oder hereditären Immunsuppression Aortitiden mit Pilzen
wie Candida oder Aspergillus spp., Tuberkulose oder nichttuberkulösen
Mykobakterien berichtet. Auch unabhängig von bakteriellen oder anderen
Infektionen besteht eine Assoziation von HIV mit Aortenektasien. Neben einer
antimikrobiellen Therapie können Schäden der
Gefäße eine Resektion und operativen Ersatz notwendig machen
[17 ]. Der Ausschluss von Infektionen
mittels Blutkulturen und weiteren serologischen Tests (z. B. Lues,
Viren, Quantiferontest) sollte bei entzündlichen Krankheitsbildern mit
Verdacht auf das Vorliegen einer idiopathischen
Großgefäßvaskulitis zur initialen Abklärung
gehören und bei Therapierefraktärität oder anderen
klinisch atypischen Konstellationen ggf. wiederholt oder intensiviert
werden.
Arteriosklerose und nicht arteriitische okuläre
Ischämiesyndrome
Eine Arteriosklerose kann Gefäße aller Größen in
unterschiedlich starker Ausprägung betreffen und in manchen
Fällen Befunde, wie sie bei Vaskulitiden großer
Gefäße vorliegen, in der Bildgebung imitieren. Insbesondere die
kostengünstige und schnell am Krankenbett oder in der Ambulanz
verfügbare Sonographie der Arteria temporalis und
Axillargefäße stellt zunehmend ein zentrales Element im
diagnostischen Standard für die Riesenzellarteriitis dar [4 ]
[5 ]. Die Arteriosklerose ist eines von mehreren Krankheitsbildern, die mit
einer signifikanten Erhöhung der Intima-media-Dicke und einem positiven
Kompressionszeichen der Temporalarterien einhergehen und damit (z. B. im
Kontext von durch eine infektiöse Erkrankung erhöhten
Entzündungswerten und Kopfschmerzen) fälschlich für eine
Riesenzellarteriitis gehalten werden kann [18 ]
[19 ]. Auch in der PET-CT
kann eine ausgeprägte Arteriosklerose schwer von dem Vorliegen einer
Großgefäßvaskulitis zu unterscheiden sein [20 ]. Abhängig vom verwendeten
Beurteilungsmaßstab für Positivität können
17% bis zu 63% der Patienten mit ausgeprägter
Arteriosklerose für eine Vaskulitis der großen
Gefäße gehalten werden. Eine hohe Spezifität kann
erreicht werden, wenn als Kriterien sowohl die Aufnahme von Fluordesoxyglucose
(FDG) im Vergleich zur Aufnahme der Leber, als auch das Muster der FDG-Aufnahme
(diffus versus homogen) und die Anzahl und Verteilung der betroffenen
Gefäße herangezogen wird .
Die Anteriore ischämische Optikusneuropathie (AION) ist die
häufigste ischämische Komplikation der RZA am Auge [4 ]. Obwohl die nicht-arteriitische Genese
der AION häufiger ist, als die arteriitische AION im Kontext einer RZA,
erfordert die Differenzierung häufig eine sorgfältige
Abwägung von Symptomen und Befunden [21 ]. Die unbehandelte RZA geht in fast allen Fällen mit
erhöhten Entzündungswerten einher [22 ]. Insbesondere im Kontext von
Entzündungswerten infolge eines begleitenden Infektes oder habituell
bedingten leicht bis moderat erhöhten Entzündungswerten kann die
Abgrenzung schwierig sein. Neben embolischen Verschlüssen am Auge
(z. B. im Kontext von Vorhofflimmern oder rupturierten
Gefäßplaques) sind Risikofaktoren für die Entwicklung
einer multifaktoriellen, nicht arteriitischen AION: arterielle Hypertonie,
Diabetes mellitus, nächtliche Hypotension, Hyperlipidämie,
Schlafapnoesyndrom, Arteriosklerose, ischämische Herzerkrankung und
andere kardiovaskuläre Erkrankungen [21 ].
TIPIC Syndrom
Eine erst kürzlich vorgeschlagene Entität, die Transient
Perivascular Inflammation of the Carotid artery (TIPIC), umfasst
Patientinnen und Patienten, deren Krankheitsbild früher anhand ihres
Hauptsymptoms, der Carotidynie, beschrieben wurde. Beim TIPIC Syndrom besteht
neben akuten, meist einseitigen Schmerzen im Halsbereich bildmorphologisch eine
exzentrische perivaskuläre Infiltration der Arteria carotis ([Abb. 2 ]) [23 ]
[24 ]. Die Diagnose setzt den
Ausschluss einer anderen vaskulären oder nichtvaskulären Ursache
voraus. In Fallserien kommt es innerhalb von 14 Tagen meist zu einer deutlichen
Besserung, spontan oder unter Therapie mit Acetylsalicylsäure oder
anderen Analgetika mit antiphlogistischer Wirkung [23 ]
[24 ]. Es muss erwähnt werden, dass einzelne Patienten in einer
Fallserie [23 ] Glukokortikoide erhielten
oder unter einer Autoimmunerkrankungen litten, die zeitgleich mit dem Auftreten
des TIPIC-Syndroms, exazerbiert war. In Einzelfällen kam es zu Rezidiven
des TIPIC-Syndroms. Das klinische und sonographische Bild kann leicht mit den
bildmorphologischen Befunden einer Großgefäßvaskultis,
die sich ebenfalls mit dem Symptom Carotidynie äußern kann,
verwechselt werden. Allerdings wurde nur bei 6% der Patienten mit
TIPIC-Syndrom in der zitierten Kohorte ein erhöhtes CRP oder eine
erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit festgestellt [23 ]. Die Auslöser,
pathophysiologischen Mechanismen und die Langzeitrelevanz sind noch weitgehend
unbekannt, ein Zusammenhang mit atherosklerotischen Veränderungen wird
zumindest in einigen Fällen diskutiert [25 ]. Tatsächlich ist die anfängliche Symptomatik oft
mild und selbstlimitierend. Die Auffälligkeiten in der Bildgebung sind
schnell reversibel. Daher könnte bei Patienten mit akuten Beschwerden,
in denen keine kurzfristige sonographische Untersuchung durchgeführt
wird, eine erhebliche Unterdiagnose wahrscheinlich sein [24 ].
Abb. 2
TIPIC Syndrom/Carotidynie:
a Kontrastmittel-Mehranreicherung an der linken A. carotis
communis (Pfeil) bei einem 38-jährigen Patienten (MRT,
fettsupprimierte transversale T1w-Spinecho-Sequenz). Serologisch kein
Nachweis einer Entzündung.; b Sonographischer Querschnitt
durch den Carotisbulbus rechts mit exzentrischer perivaskulärer
Infiltration der Arteria carotis (Pfeil) bei einer Patientin mit seit 3
Tagen bestehenden Schmerzen im Nackenbereich und dumpfem Schmerz am Hals
rechts beim Schlucken. Quelle: Prof. Stefano Barco
(Universitätsspital Zürich).
Imitatoren von Vaskulitiden mit prädominanter Beteiligung
mittelgroßer Gefäße
Imitatoren von Vaskulitiden mit prädominanter Beteiligung
mittelgroßer Gefäße
Die idiopathischen Vaskulitiden mittelgroßer Gefäße sind das
Kawasaki Syndrom und die PAN. Das Kawasaki-Syndrom (auch: Mukocutanes
Lymphknotensyndrom) ist eine multisystemische Vaskulitis, die bei Kindern vorkommt,
oft mit einem hoch inflammatorischen Bild einhergeht und nicht selten die
Koronararterien befällt, wo es zur Ausbildung von Aneurysmen und
konsekutiven Herzerkrankungen führen kann [26 ]. Bei der PAN ist insbesondere die Beteiligung des peripheren
Nervenesystems, der Haut und des Gastrointestinaltraktes häufig [3 ]. Der angiographische Nachweis von
charakteristischen Mikroaneurysmen im Parenchym innerer Organe, insbesondere des
Darms oder der Nieren, stellt weiterhin ein charakteristisches diagnostisches
Kriterium dar, wenn die Erkrankung nicht histologisch eingeordnet werden kann. In
der Vergangenheit war ein erheblicher Anteil der PAN mit HBV assoziiert. Infolge der
Verfügbarkeit effektiver Impfstoffe und Therapien kommt HBV-assoziierte PAN
nur noch sehr selten vor.
Fibromuskuläre Dysplasie
Die fibromuskuläre Dysplasie (FMD) ist eine nicht-arteriosklerotische
Erkrankung, die vor Allem mittelgroße Gefäße betrifft
[27 ]. Die Mehrzahl der Betroffenen
sind Frauen (>90%). FMD führt zu einer Verengung (meist
mit einer „perlschnurartigen“ Darstellung in der Bildgebung,
seltener mit fokalen Stenosen) oder aneurysmatischen Erweiterung der
Gefäße und kann in einer Dissektion (inklusive der spontanan
Koronardissektion) resultieren. Am häufigsten manifestiert sich die FMD
an den Nierenarterien und der Arteria carotis externa, jedoch kommen auch
multifokale Manifestationen, unter anderem an Mesenterial-, Iliakal- und
Armgefäßen vor. Die Manifestationen können leicht mit
einer Vaskulitis verwechselt werden, jedoch können die Abwesenheit stark
erhöhter Entzündungszeichen und das charakteristische
„perlschnurartige“ Bild and typischen Lokalisationen die
Abgrenzung erleichtern ([Abb. 1b ]).
Die Symptome sind abhängig von der Lokalisation. Hypertonie,
Kopfschmerzen und ein pulsatiler Tinnitus sind typische Befunde [27 ]. Da keine kausale Therapie zur
Verfügung steht, erfolgt häufig eine regelmäßige
Kontrolle betroffener Gefäßregionen, Lifestyle-Modifikation und
in manchen Fällen vaskuläre Interventionen, z. B.
Angioplastien.
Segmentale arterielle Mediolyse
Die segmentale arterielle Mediolyse (SAM) ist eine nicht entzündliche,
und nicht-arteriosklerotische Erkrankung, die zu Gefäßaneurysmen
und -dissektionen, manchmal mit konsekutiver Organischämie oder massiven
Blutungen führt [28 ]
[29 ]
[30 ]. Sie betrifft mittelgroße und große Arterien.
Ihre Ätiologie ist ungeklärt (infektiöse und genetische
Ursache konnten bisher nicht demonstriert werden). Histopathologisch liegt eine
Lyse der Media der Gefäße vor, sowie eine Ablösung der
Adventitia mit Fibrinablagerungen zwischen Media und Adventitia und die
Ausbildung kleiner „Lücken“
(„gaps “) in der Arterienwand, die
Prädilektionsstellen für Aneurysmabildung sind. Manche Autoren
betrachten die SAM als Manifestationsform oder Vorstufe der FMD [31 ], andere gehen von einer Entstehung
infolge des Einsatzes von Vasopressoren oder von
Gefäßkonstriktionen aus. Wie auch bei der FMD kann die
Abgrenzung der bildmorphologischen Veränderungen einer SAM von
z. B. den Veränderungen, die sich in den Mesenterial- und
Nierengefäßen bei PAN finden, schwierig sein ([Abb. 3 ]).
Abb. 3 Zahlreiche Aneurysmata (Pfeile) der intrahepatischen A.
hepatica-Äste (a ) und der A. mesenterica superior
(b ), dargestellt in MIP-Rekontruktionen einer
CT-Angiographie. Zudem ein disseziertes Aneurysma (Pfeil) der rechten A.
iliaca communis (c ). Insbesondere letztgenannter Befund ist
untypisch für eine PAN: Im vorliegenden Fall wurde eine
segmentale arterielle Mediolyse histologisch gesichert.
Weitere Imitatoren von Vaskulitiden mit Befall insbesondere
mittelgroßer Gefäße
Weitere Imitatoren von Vaskulitiden mittelgroßer (und kleiner)
Gefäße sind das Cholesterin-Embolie-Syndrom (das vor Allem nach
Angiographien oder gefäßchirurgischen Eingriffen eintreten kann)
[32 ] und die in den meisten
Fällen mit chronischer oder akuter Niereninsuffizienz assoziierte
Kalziphylaxie [33 ], einer
lebensbedrohlichen Erkrankung, bei der es zu Ablagerungen von Kalzium und
Phosphat in den Gefäßen von Haut und Fettgewebe mit
nachfolgender Vaskulitis, Pannikulitis und Nekrose kommt.
Imitatoren von Vaskulitiden mit prädominanter Beteiligung kleiner
Gefäße
Imitatoren von Vaskulitiden mit prädominanter Beteiligung kleiner
Gefäße
Idiopathische Kleingefäßvaskulitiden werden unterteilt in
Vaskulitiden mit Immunkomplexablagerungen (z. B. IgA-Vaskulitis,
kryoglobulinämische Vaskulitis, Anti-glomeruläre Basalmembran
Erkrankung/Goodpasture Syndrom) und ANCA-assoziierte (pauci-immune)
Vaskulitiden, wie Granulomatose mit Polyangiitis (GPA), mikroskopische Polyangiitis
(MPA) und Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) [1 ]. Häufig betroffene Organsysteme sind
die Lunge (Alveolitis oder alveoläres Hämorrhagiesyndrom bis hin zum
Vollbild eines „acute respiratory distress syndrome“) und die Niere
(oft rapid-progrediente Glomerulonephritis), bzw. beides kombiniert als
„pulmo-renales Syndrom“. Auch das Nervensystem ist häufig in
Form einer Mononeuritis multiplex betroffen [34 ]. Die Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis stellt eine besondere
Form der AAV mit Hypereosinophilie, meist begleitendem Asthma bronchiale und
Sinusitiden/Polypositis nasi dar.
Substanzinduzierte Vaskulitiden mit ANCA
Substanzen, in deren Kontext Vaskulitis-Syndrome berichtet wurden, gibt es
zahlreiche ([Tab. 2 ]). Insbesondere
solche, die Autoantikörper wie ANCA induzieren können, womit ein
hohes Potenzial für die Verwechslung mit einer idiopathischen Vaskulitis
besteht, sollen hier besprochen werden. Sowohl illegale, als auch legale, zu
therapeutischen Zwecken eingesetzte Substanzen, können eine Vaskulitis
mit ANCA als Begleitphänomen zu induzieren.
Tab. 2 Tabellarische Auflistung mit Vaskulitiden in
Verbindung gebrachter Substanzen, mod. nach Yaseen et al. Curr
Rheumatol Rep 2022.
Mit Vaskulitiden in Verbindung gebrachte Substanzen
Große Gefäße
Mittelgroße Gefäße
Kleine Gefäße
ANCA-assoziierte Vaskulitis
Allopurinol
×
×
Amphetamine
×
×
Amiodaron
×
Antibiotika (Beta-Laktam-Antibiotika, Isoniazid,
Fluorchinolone, Makrolide, Minocyclin, Sulfonamide oder
ausgelöst durch vorangegangene Infektion)
×
×
Antikonvulsiva (Phenytoin, Valproat)
×
×
Checkpoint Inhibitoren
×
×
×
×
DMARDs (D-Penicillamin, Sulfasalazin,
TNF-Antagonisten)
×
×
Empagliflozin
×
G-CSF (rekombinant)
×
Gemcitabin
×
Hydralazin
×
×
Kokain (Levamisol)
×
×
Nichtsteroidale Antirheumatika
×
Statine
×
Thyreostatika (Carbimazol, Propylthiouracil,
Thiamazol)
×
×
Warfarin
×
DMARD: Disease-modifying antirheumatic drug; G-CSF: Granulozyten Kolonie
stimulierender Faktor; TNF: Tumor-Nekrose-Faktor α.
Insbesondere im Zusammenhang mit Kokainkonsum wird gehäuft vom Auftreten
von Vaskulitiden berichtet [35 ]. Die in
Europa konsumierte Menge kann weiterhin als hoch eingeschätzt werden.
Alleine im Jahr 2019 wurden durch die europäischen Behörden 213
Tonnen Kokain sichergestellt [36 ].
Umfrageergebnisse gehen davon aus, dass 2,2 Millionen der 15 bis
34-jährigen EU-Bürger (>2%) im Jahr vor der
Befragung Kokain konsumierten [36 ]. Die
Inanspruchnahme spezialisierter Behandlungen für Probleme infolge
Kokainkonsums steigt in den meisten europäischen Ländern an.
Vaskulitis-Syndrome werden vor Allem mit der Substanz Levamisol in Verbindung
gebracht, die zum Verschneiden von Kokain weit verbreitet ist [35 ]
[37 ]. Levamisol wurde in den 1990er Jahren in einigen Ländern
als immunmodulatorisches Medikament (z. B. gegen Rheumatoide Arthritis
oder Colitis ulcerosa) oder als Therapie bei Malignomen eingesetzt, wird jedoch
aufgrund seiner teils schweren Nebenwirkungen in der Humanmedizin nicht mehr
verwendet. Als Antihelminthikum kommt es noch in der Veterinärmedizin
zum Einsatz [38 ].
2005 wurde erstmalig von mit Levamisol gestrecktem Kokain in der Fachpresse
berichtet. Obwohl seit 2008 zahlreiche Berichte von schweren Komplikationen
durch mit Levamisol gestrecktem Kokain (Agranulozytosen, nekrotisierende
Vaskulitiden, pulmonale Hypertonie) erschienen, wird davon ausgegangen, dass
inzwischen der Großteil des vertriebenen Kokains (>70%)
Levamisol enthält [35 ]
[38 ]
[39 ].
Klinisch manifestieren sich durch Kokain/Levamisol induzierte
Vaskulitiden häufig durch kutane Manifestationen, wie Purpura und
Nekrosen, diese betreffen bei einem Großteil der Patienten unter Anderem
das Gesicht, insbesondere die Ohren. Auch schwere Organbeteiligungen der Lunge
oder der Nieren mit akutem Nierenversagen kommen vor [37 ]. Die Levamisol-induzierten Vaskulitiden
gehen häufig mit ANCA einher (>90%). Bei über
40% finden sich (anders, als bei idiopathischen Vaskulitiden)
gleichzeitig ANCA gegen Proteinase 3 (PR3), als auch gegen Myeloperoxidase
(MPO). Darüber hinaus ist ein typischer Befund der Nachweis atypischer
ANCA, insbesondere gegen Humane Leukozyten Elastase (HLE). Auch die Induktion
weiterer Autoantikörper (darunter Antinukleäre
Antikörper [ANA], Doppelstrang-DNA-Antikörper [dsDNA-Ak],
Antiphospholipid-Antikörper und weitere atypische
ANCA-Spezifitäten wie Cathepsin G – ANCA) kommen vor und
führen zu einem „bunten Bild“ an Autoantikörpern
[35 ]
[37 ]. Weitere bei Kokain-Missbrauch auftretende Komplikation sind die
sogenannten cocaine-induced midline destructive lesions (CIMDL). Diese
werden in Abschnitt Kokain-induzierte destruierende Mittelliniengranulome
erläutert.
Auch das zur Behandlung von Akne verwendete Tetrazyklin-Antibiotikum Minocyclin
kann diverse, teils schwer von idiopathischen Autoimmunsyndromen abzugrenzende
Erkrankungen induzieren, darunter Vaskulitiden, Arthritiden und dem SLE
ähnelnde Krankheitsbilder [35 ]
[40 ]. Neben
ANCA-assoziierten Vaskulitiden gibt es Fallberichte, bei denen das
Krankheitsbild einer Polyarteriitis nodosa ähnelt [41 ]. Weitere Substanzen, bei denen es zu
Vaskulitiden mit ANCA kommen kann, sind Hydralazin und Thyreostatika
(insbesondere Propylthiouracil, seltener finden sich Berichte auch über
Thiamazol und Carbimazol) [35 ]
[42 ]
[43 ]. Wie bei den Levamisol-assoziierten Vaskulitiden liegt bei den
anderen in diesem Abschnitt dargestellten substanzinduzierten Vaskulitiden
ebenfalls gelegentlich ein Bild mit mehreren Autoantikörpern vor, zu
denen je nach Variante neben ANCA gegen HLE und MPO auch andere atypische
ANCA-Spezifitäten, ANA und Antiphospholipid-Antikörper
zählen können. Ebenfalls besteht bei einer Re-Exposition ein
hohes Rezidivrisiko [35 ]
[37 ]. Häufig kann eine
Substanzkarenz zur Behandlung der Krankheitsbilder ausreichen, wenn keine organ-
oder lebensbedrohenden Krankheitsbilder vorliegen. Für das Vorliegen
schwerer Manifestationen, z. B. mit pulmonaler Hämorrhagie oder
akuter Glomerulonephritis, gibt es keine kontrollierten Studien, in der
Literatur wird in einigen Fällen vom Einsatz hochpotenter
immunsuppressiver Therapien analog zur Remissionsinduktion bei idiopathischen
Vaskulitiden berichtet [44 ]. Eine Anamnese
auf auslösende Substanzen sollte stets zur Abklärung von
Vaskulitiden gehören, bei konkretem Verdacht kann eine
Screeninguntersuchung auf auslösende Drogen oder der toxikologische
Nachweis einer vermuteten auslösenden Substanz erfolgen.
Imitatoren einer Eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis
Die EGPA ist eine seltene Vaskulitis, die in der Regel mit Asthma bronchiale und
Sinusitiden oder Polyposis einhergeht. Bei Hypereosinophilie kann die Abgrenzung
von anderen klonalen oder reaktiven hypereosinphilen Syndromen eine
Herausforderung sein. Neben medikamenten-induzierten Syndromen wie der mit
Asthma einhergehenden Aspirin-verstärkten Atemwegserkrankung (auch
Samter-Trias oder Morbus Widal) [45 ] und
dem drug rash with eosinophilia and systemic symptoms (DRESS) [46 ] gibt es zahlreiche
Differenzialdiagnosen (infektiöse, maligne Erkrankungen,
Autoimmunerkrankungen und weitere), für deren umfassende
Abklärung hier auf die weiterführende Literatur verwiesen wird
[47 ]
[48 ].
Imitatoren von Manifestation einer Granulomatose mit Polyangiitis im Orbita- und
HNO-Bereich
Imitatoren von Manifestation einer Granulomatose mit Polyangiitis im Orbita- und
HNO-Bereich
Die Granulomatose mit Polyangiitis kann neben Epistaxis schwere destruierende
Veränderungen von Nasenscheidewand, Conchae nasales,
Nasennebenhöhlen, Mastoid, Orbita und Schädelbasis zur Folge haben.
Einige Fälle Fälle von GPA verlaufen längerfristig im
lokalisierten Stadium. In diesem Stadium lassen sich in ca. 50% der
Fälle keine ANCA nachweisen, häufig ist eine bioptische Sicherung
notwendig, die aus Gewebe aus dem HNO-Trakt aber ebenfalls nur in 50% der
Fälle gelingt [49 ]
[50 ]
[51 ].
Kokain-induzierte destruierende Mittelliniengranulome
CIMDL können leicht mit den destruierenden Veränderungen einer
GPA im HNO-Trakt verwechselt werden (insbesondere z. B. bei begleitenden
Levamisol-induzierten ANCA und Hautvaskulitis). Neben Nasenseptumperforationen
kann es zu Sattelnasen, Destruktionen der Conchae nasales, der Wände der
Nasennebenhöhlen, des harten Gaumens, der Orbita, und sogar des
Mittelgesichts oder von Neurokranium und Schädelbasis kommen [52 ].
TAP Defizienz und andere hereditäre Immundefektsyndrome
Mutationen in den Genen der transporter associated with antigen
presentation (TAP) 1 oder 2 führen zum TAP Defizienz –
Syndrom [53 ]. TAP ist beteiligt an der
Präsentation von intrazellulären Peptiden auf MHC Klasse I
Molekülen, der Funktionsverlust des TAP Komplexes resultiert in eine
starke Beeinträchtigung der Antigenpräsentation. Das klinische
Bild des TAP – Defizienz Syndroms besteht vor Allem aus rezidivierenden
Sinusitiden, Otitiden, Mastoiditiden und pulmonalen Infekten. Gleichzeitig kommt
es zu nekrotisierenden granulomatösen Hautläsionen, teils mit
ausgedehnten Destruktionen im Bereich des Gesichtsschädels. Auch eine
leukozytoklatische Vaskulitis mit Purpura und das Auftreten von BPI-ANCA (die
bei mehreren Krankheitsbildern mit chronischen bakteriellen Infektionen in
Verbindung gebracht werden) wurde beschrieben [54 ]. Die Manifestationen des äußerst seltenen TAP
Defizienz Syndroms weisen deutliche Ähnlichkeit zur GPA auf. Auch bei
anderen Immundefektsyndromen sind rezidivierende Sinusitiden und Otitiden, sowie
der histologische Nachweis von granulomatöser Entzündung typisch
[55 ], in einigen Fällen wurde
auch in deren Kontext vom Auftreten von Vaskulitiden berichtet [56 ]. Zum Screening auf primäre
Immundefekte erfolgt in der Regel neben der Familienanamnese eine Anamnese
bezüglich einer pathologischen Infektionsanfälligkeit einer
assoziierten Störung der Immunregulation. Auch hier können
Dysmorphien im Rahmen von Syndromen vorliegen. Zum initialen Screening erfolgt
meist eine Bestimmung von Differenzialblutbild (zur Erkrennung von Zytopenien)
und Immunglobulinen, bei begründetem Verdacht erfolgt häufig
auch eine genetische Testung. Zur ausführlichen Diagnostik dieser
komplexen Erkrankungen wird auf die entsprechende Literatur verwiesen.
Extranodales NK/T-Zell-Lymphom und andere lokale Malignome und
Infektionen
Zahlreiche Varianten lokaler Infektionen und Malignome können die
entzündlichen und destruierenden Veränderungen einer GPA
imitieren. Eine Differenzialdiagnose, die zu massiven Destruktionen der
Nasenhöhle und des Gesichtes führen kann, ist das extranodale
NK/T-Zell Lymphom (früher als „lethal midline
granuloma“ bezeichnet) [57 ]. Auch
zahlreiche Infektionen, wie Mykobakteriosen, Lues, Pilzinfektionen, Leishmaniose
und zahlreiche andere Bakterien können Lokalbefunde oder Histologie
einer GPA imitieren [58 ]
[59 ].
Imitatoren von Vaskulitiden unterschiedlicher
Gefäßgröße
Imitatoren von Vaskulitiden unterschiedlicher
Gefäßgröße
Infektiöse Endokarditis und weitere Infektionserkrankungen
Infektiöse Endokarditiden können klinisch stark variierende und
manchmal schwer zu diagnostizierende Krankheitsbilder sein [60 ]. Sie sind einer der wichtigsten
Auslöser der im Abschnitt Großgefäßvaskulitiden
diskutierten infektiösen Aortitis. Neben der initial oft unspezifischen
Manifestation als entzündliche Erkrankung mit Fieber, kommt es in
zahlreichen Fällen zu immunologischen Begleitphänomenen, die
leicht mit einer Vaskulitis verwechselt werden können [61 ]
[62 ]. Einerseits bestehen bei Endokarditiden häufig positive
ANCA (ca. 18% ANCA, ca. 8% mit PR3- oder
MPO-Spezifität), Rheumafaktoren (ca. 35%), ANA (ca.
16%), Antiphospholipid-Antikörper (ca. 23%) und eine
Erniedrigung der Komplementfaktoren, andererseits kommt es zu
(leukozytoklastischer) Vaskulitis der Haut, (Immunkomplex-)Nephritiden (teils
mit Halbmondbildung und raschem Nierenversagen) oder Imitation
entzündlicher Rundherde oder dem Bild intraparenchymaler
Vaskulitismanifestationen durch septische Embolien oder intraparenchymale
Blutungen [60 ]
[61 ]
[63 ]. Es besteht damit eine das Potenzial für die Verwechslung
mit zahlreichen Vaskulitiden, darunter
Großgefäßvaskulitiden, ANCA-assoziierten Vaskulitiden
und Immunkomplexvaskulitiden.
Die Sicherung mittels Blutkulturen und bei konkretem Verdacht mittels
(transösophagealer) Echokardiographie ([Abb. 4 ]) und ggf. weiterer Bildgebung sollte
großzügigig erfolgen [60 ]
(Diagnostik anhand der Duke-Kriterien). Eine diagnostische Herausforderung sind
Blutkultur-negative Formen der infektiösen Endokarditis (unter den
Erregern sind Coxiella burnetii, Bartonella spp., Mycoplasma
pneumonia, Brucella spp., Legionella pneumophila, Tropheryma
whipplei, und Pilze), die eine gezielte Suche mittels serologischer
Techniken notwendig machen können [60 ]. Einige Erreger sind evtl. nicht mittels Blutkulturen und
serologischen Untersuchungen, sondern nur mittels Polymerasekettenreaktion (PCR)
oder immunhistochemischen Untersuchungen aus OP-Präparaten
detektierbar.
Abb. 4 (a ) 75-jähriger Patient mit seit einer Woche
bestehender Schwäche und Abgeschlagenheit und unklarer
CRP-Erhöhung ohne initialen Nachweis eines Infektfokus. Bei der
differentialdiagnostischen weiteren Abklärung zeigte sich im
transösophagealen Echokardiogramm eine Vegetation der
Aortenklappe (7 mm flottierende Struktur).; (b ) und
(c ) 83-jähriger Patient mit initialem V.a.
Riesenzellarteriitis bei Cephalgien, Fieber, Gewichtsverlust, deutlich
erhöhtem CRP und inkonklusiver Bildgebung der
Temporalisgefäße. Im Verlauf dann im
transösophagealen Echo Identifikation von Vegetationen auf der
Elektrode eines Schrittmachersystems im Bereich des rechten Vorhoffes
(RA).
IgG4-assoziierte Erkrankung
Die Immunglobulin G4 (IgG4) – assoziierte Erkrankung kann sich in
praktisch jedem Organ mit entzündlichen Infiltrationen und Bildung
fibrosierender Tumore manifestieren. Da ihre serologischen Phänomene
(erhöhtes IgG4 und Immunglobulin E [IgE], Eosinophilie,
Komplementerniedrigung) nicht krankheitsspezifisch sind, wird die Diagnose meist
histopathologisch oder, wenn dies nicht gelingt, anhand typischer serologischer
Phänomene gemeinsam mit einem typischen klinischen Bild gestellt [64 ]
[65 ]
[66 ]. Neben der Bildung
entzündlicher Rundherde oder erosiver Läsionen im HNO-Bereich
([Abb. 5a ]) [67 ], die mit einer lokalisierten GPA
verwechselt werden können, kann auch eine Beteiligung der großen
und mittelgroßen Gefäße bei der IgG4-assoziierten
Erkrankung vorliegen (Aortitis und Periaortitis inklusive inflammatorischem
Aneurysma und retroperitonealer paraortaler Fibrose, [Abb. 5b ]). Wenn keine weiteren
Manifestationen einer IgG4-assoziierten Erkrankung vorliegen, ist nur anhand der
Bildgebung ohne histologische Aufarbeitung eine Manifestation im Rahmen
z. B. einer Takayasu-Arteriitis oder idiopathischen retroperitonealen
Fibrose nicht von einer IgG4-assoziierten Erkrankung zu unterscheiden [68 ].
Abb. 5 (a ) Koronare MRT-Schicht: deutliche
Kontrastmittel-Mehranreicherung (Pfeile) in Umgebung der Glandula
lacrimalis bei IgG4-assoziierter Orbitopathie.; (b ) Chronische
Periaortitis, dargestellt in der MRT mittels
Kontrastmittel-verstärkter, T1-gewichteter
Gradientenechosequenz. Als typisches Kennzeichen liegt dorsal der Aorta
eine weniger ausgeprägte Gewebeansammlung vor als an den
übrigen Bereichen der Gefäßzirkumferenz,
während eine primäre
Großgefäßvaskulitis wie die Riesenzellarteriitis
oder die Takayasu-Arteriitis üblicherweise durch
gleichmäßige Gefäßwandverbreiterungen
gekennzeichnet ist.; (c ) Junger Patient mit neu aufgetreten
Hämoptysen. Die native thorakale low dose-CT demarkiert multiple
pulmonale Hämorrhagien beider Lungenflügel mit zumeist
Milchglasinfiltraten, partiell auch beginnend konsolidierten
Verdichtungen. Eine vermutete pulmonale
Kleingefäßvaskulitis ließ sich nicht
bestätigen. Erhöhte Transglutaminase-Antikörper
im Serum und die Endoskopie führten zum Nachweis einer
Zöliakie, somit im vorliegenden Fall zur Diagnose eines
Lane-Hamilton-Syndroms/idiopathischen pulmonalen
Hämosiderose.
Erdheim – Chester Erkrankung
Die seltene Erdheim-Chester Erkrankung ist eine Histiozytose, deren klinisches
Spektrum von klinisch kaum apparenten Lokalbefunden zu fulminant verlaufenden
entzündlichen Multisystemerkrankungen reicht [69 ]. Ursächlich sind meist
Mutationen im mitogen activated protein (MAP) – Kinase oder
Phosphatidylinositol 3 – Kinase – Signalweg, die auch
für Diagnostik und Auswahl der Therapie eine entscheidende Rolle
spielen. Mehrere Manifestationen können in der Bildgebung mit
Vaskulitiden verwechselt werden: Sowohl periaortale Weichgewebsprozesse (in der
Bildgebung oft als „coated aorta“, etwa „ummantelte
Aorta“), als auch inflammatorische Prozesse der Orbitae im Kontext einer
Multisystemerkrankung mit z. B. Herz und ZNS-Beteiligung können
in der Abgrenzung von Vaskulitiden und anderen Systemerkrankungen
Schwierigkeiten bereiten. Typisch für die Erdheim-Chester-Erkrankung
sind neben charakteristischen histopathologischen und genetischen
Veränderungen auch bildmorphologische Kriterien, zum Beispiel perirenale
fibrosierende Veränderungen (im Englischen „hairy
kidneys“) und gelenknahe Osteosklerose von Femur, Tibia und Fibula.
Abhängig vom klinischen Bild und zugrundeliegender Mutation kommen
Proteinkinaseinhibitoren (z. B. Vemurafenib oder Dabrafenib) zum
Einsatz, Interferon α und anti-Interleukin 1 Therapien werden seltener
eingesetzt.
Monogenetische Erkrankungen mit Autoinflammation
Kürzlich wurden Mutationen im Gen von Adenosin-Deaminase 2 (ADA2) als
Ursache einer monogenetischen Form von Vaskulitis identifiziert, die sich als
familiäre, meist in der Kindheit beginnende Polyarteriitis nodosa
manifestiert [70 ]
[71 ]. Auch ischämische Insulte,
Immmundefizienz und Knochenmarkversagen können bei ADA2-Defizienz
vorkommen. ADA2-Defizinez findet sich in mehreren Fällen bei Formen
pädiatrischer Vaskulitis und vermeintlich idiopathischer PAN [72 ]. In der Regel sind anti-TNF-Therapien
bei ADA2-Defizienz wirksam. Auch bei anderen hereditären
Autoinflammationssyndromen, wie dem familiären Mittelmeerfieber
können Vaskulitiden mit dem Bild einer Polyarteriitis nodosa, seltener
auch andere, z. B. mit dem Bild einer Takayasu-Arteriitis oder einer
kutanen und renalen Immunkomplexvaskulitis vorkommen [73 ]. Eine familiäre Häufung
seltener Vaskulitiden sollte an hereditäre Autoinflammationssyndrome in
der Differenzialdiagnostik denken lassen, auch hier ist die genetische Testung
bei begründetem Verdacht nicht selten ein Schlüsselelement in
der Diagnostik.
VEXAS – Syndrom
Erstmalig wurde 2020 von einer bis dahin nicht bekannten Erkrankung berichtet,
die den Namen VEXAS-Syndrom (vacuoles, E1 enzyme, X-linked, autoinflammatory,
somatic ) erhielt [74 ]. Somatische
Mutationen im X-chromosomalen UBA1 Gen, das für das
Ubiquitin-like modifier-activating enzyme 1 codiert (welches die Ubiquitinierung
von Proteinen initiiert), sind ursächlich für das VEXAS-Syndrom.
Die Patienten entwickeln im Erwachsenenalter ein schweres (schwer behandelbares
und oft letales) multisystemisches Inflammationssyndrom, zu dem Fieber,
Zytopenien, Myelodysplasie, sowie neutrophile Infiltrationen in Haut und Lungen,
Chondritis und Vaskulitis von Gefäßen unterschiedlicher
Größe gehört. In der Knochenmarkshistologie finden sich
auffällige Vakuolen in myeloischen Vorläuferzellen. Eine der
Besonderheiten des VEXAS-Syndroms ist, dass die Erkrankungen von Patienten, die
die Klassifikationskriterien scheinbar nicht zusammenhängender Syndrome
(z. B. rezidivierende Polychondritis, Riesenzellarteriitis oder
Sweet-Syndrom) erfüllten, durch die gleiche Mutation erklärt
werden konnten. Das VEXAS-Syndrom kann neben einer Chondritis auch mit einer
Vaskulitis von Gefäßen unterschiedlicher Größe
einhergehen und zum Beispiel RZA, PAN oder
Kleingefäßvaskulitiden (insbesondere leukozytoklastische
Hautvaskulitis, in Einzelfällen auch GPA oder MPA) imitieren [75 ]
[76 ].
Therapie mit onkologischen Immuntherapien (Checkpoint-Inhibitoren)
Die onkologischen Immuntherapien (auch genannt Checkpoint-Inhibitoren) haben
kürzlich zu einer deutlichen Verbesserung der Prognose teils weit
fortgeschrittener Tumorerkrankungen geführt. Ihre Wirkung vermitteln die
Checkpoint-Inhibitoren durch das Eingreifen in kostimulatorische und
inhibitorische Signalwege (sogenannte Immuncheckpoints), die häufig von
Tumorzellen genutzt werden, um sich der Erkennung und Zerstörung durch
das Immunsystem zu entziehen. Die resultierende verstärkte Immunantwort
gegen Malignome geht jedoch in diversen Fällen mit einer Vielzahl von
unterschiedlichen autoimmunologisch vermittelten Nebenwirkungen einher, die
praktisch jedes Organsystem betreffen können. Zu den unter
Checkpoint-Inhibitor-Therapie berichteten Vaskulitiden zählen RZA,
andere Großgefäßvaskulitiden, GPA, primäre
Angiitis des Zentralnervensystems (PACNS), Periaortitis,
kryoglobulinämische Vaskulitis sowie retinale und akrale Vaskulitiden
[77 ]. [Tab. 2 ] zeigt eine Übersicht
über substanzinduzierte Vaskulitiden.
Imitatoren von Vaskulitiden des Zentralnervensystems
Imitatoren von Vaskulitiden des Zentralnervensystems
Neben der primär im ZNS lokalisierten PACNS können die meisten
systemischen Vaskulitiden mit einer Beteiligung des ZNS einhergehen. Einige
Vaskulitis mimics imitieren vor allem zerebrale Vaskulitiden und müssen von
diesen abgegrenzt werden.
Atriale Myxome
Endokard-Myxome sind primäre Neoplasien des Herzens und meist im linken
Vorhof lokalisiert ([Abb. 6 ]). Sowohl
Symptome, einer konsumierenden entzündlichen Systemerkrankung (wie
Fieber, Gewichtsverlust), als auch embolische Komplikationen (in der Mehrzahl
der Fälle nach intrazerebral, jedoch kann jedes Stromgebiet betroffen
sein) können ein vaskulitis-ähnliches Bild erzeugen [78 ]
[79 ]
[80 ]. Die Embolisation von
Tumorfragmenten kann zu ischämischen Schlaganfällen
führen, in manchen Fällen infiltrieren Tumorzellen die
Gefäßwände und führen zu Aneurysmen, selten
kommt es auch zu einer intraparenchymalen Aussaat. Der
Ausschluss/Nachweis erfolgt im ersten Schritt meist mittels
Bildgebung.
Abb. 6 (a ) 79-jährige Patientin mit unklarer
AZ-Verschlechterung. Im transthorakalen Echokardiogramm zeigte sich eine
30x32mm große Raumforderung (RF) im linken Vorhof (LA), die sich
im weiteren Verlauf als Myxom herausstellte.; (b ) Umfangreiches
Myxom des linken Herzvorhofes in der kardialen CT.
Reversibles Zerebrales Vasokonstriktionssyndrom
Das reversible zerebrale Vasokonstriktionssyndrom (RCVS) manifestiert sich durch
massive, binnen weniger Sekunden ihre maximale Intensität erreichende
Kopschmerzen (im Englischen „thunderclap headache“) [81 ]
[82 ]. Obwohl das Krankheitsbild sich folgenlos innerhalb weniger
Monate normalisieren kann, kommt es bei manchen Patienten zu transitorischen
ischämischen Attacken, ischämischen Insulten und selten auch
zerebralen Blutungen. Typischerweise stellt sich in der Bildgebung der
zerebralen Gefäße ein Nebeneinander stenotischer und dilatierter
Gefäßareale, „perlschnurartig“ dar. Zu den
diagnostischen Kriterien gehören segmentale zerebrale arterielle
Vasokonstriktion in der Bildgebung, der Ausschluss einer Subarachnoidalblutung,
eine unauffällige Liquoruntersuchung, schwere Kopfschmerzen mit oder
ohne neurologische Symptome und die Reversibilität innerhalb von 12
Wochen [82 ]
[83 ]. Auch eine bei V.a. PACNS gelegentlich
durchgeführte Hirnbiopsie zeigt keine entzündlichen
Veränderungen bei RVCS. Es gibt zahlreiche auslösende Faktoren,
darunter der Konsum von Drogen (z. B. Kokain, Cannabis, LSD) oder
großer Mengen Alkohol, Antidepressiva, Steroide und zahlreicher anderer
vasoaktiver Stubstanzen, außerdem tritt das RCVS gelegentlich postpartal
auf. Zur Therapie wurden in Fallberichten Calciumantagonisten eingesetzt [82 ].
Weitere Erkrankungen, die Vaskulitiden des Zentralnervensystems imitieren
können
Weitere Erkrankungen, die mit einer PACNS oder anderen Vaskulitis im
Zentralnervensystem verwechselt werden können, werden in [Tab. 3 ] dargestellt. Hierzu zählen
zum Beispiel das Susac-Syndrom [84 ], die
zerebrale autosomal-dominante Arteriopathie mit subkortikalen Infarkten und
Leukenzephalopathie (CADASIL) [85 ], die
Moyamoya-Erkrankung [86 ], die
Amyloid-Angiopathie [87 ] und Andere.
Tab. 3 Tabellarische Auflistung von Vaskulitis mimics, die
insbesondere Vaskulitiden des Zentralnervensystems imitieren
können.
Spezielle Syndrome, die eine Vaskulitis des
Zentralnervensystems imitieren können
Susac Syndrom
Reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom
CADASIL
Amyloid-Angiopathie
Moyamoya Erkrankung
Arteriovenöse Malformationen
Atriales Myxom
CADASIL: zerebrale autosomal-dominante Arteriopathie mit subkortikalen
Infarkten und Leukenzephalopathie.
Andere Befunde, die Vaskulitiden imitieren können
Andere Befunde, die Vaskulitiden imitieren können
Weitere Vasculitis mimics gibt es zahlreich, vor Allem an der Haut sind die
Differenzialdiagnosen so vielfältig, dass eine vollumfängliche
Darstellung kaum gelingt. [Tab. 1 ] zeigt
einige weitere Differenzialdiagnosen, darunter Skorbut [88 ], Anstrengungs-induzierte Kapillaritis (auch
„Golfer- oder Wanderer-Vaskulitis“) [89 ], idiopathische pulmonale Hämosiderose (z. B.
Lane-Hamilton-Syndrom im Kontext einer Zöliakie, [Abb. 5c ]) [90 ] und andere.
Die Zahl der Syndrome, die idiopathische Vaskulitiden induzieren oder ihr Bild
imitieren kann, ist groß. Auch bei langjähriger klinischer
Erfahrung kann die präsentierte Auswahl an Imitatoren große
differenzialdiagnostische Schwierigkeit bereiten oder – trotz
sorgfältiger Aufarbeitung einer Systemerkrankung –
übersehen werden. Eine an der Klinik orientierte zielgerichtete Anamnese
und Umfelddiagnostik zum Ausschluss infektiöser, maligner,
hereditärer und medikamentöser Auslöser sollte stets zur
Abklärung von Systemerkrankungen gehören. Auch bei
refraktärer Vaskulitis, also fehlenden Ansprechen auf die
Standardtherapie oder nicht zur „klassischen“ Manifestation der
Erkrankung passenden Symptomen und Befunden sollte stets die Diagnostik
erweitert und das Vorliegen von Vaskulitis mimics ausgeschlossen werden.
Aufgrund der Heterogenität (sowohl der Vaskulitiden, als auch ihrer
Mimics), der großen Ähnlichkeit vieler Mimics mit idiopathischen
Vaskulitiden und der Vielzahl an klinischen Konstellationen, für die
jeweils andere Imitatoren zu berücksichtigen sind, gibt es keine
einfache oder universell anwendbare differenzialdiagnostische Technik zur
sicheren Abgrenzung. In der Regel erfordern solch komplexe Situationen die
Arbeit in interdisziplinären Teams, die in der Versorgung und
Differenzialdiagnostik von Vaskulitiden erfahren sind.
In manchen Fällen können auch Wiederholungen bereits
durchgeführter Untersuchungen (z. B. Wiederholung von
Blutkulturen oder transösophagealer Echokardiographie) oder die
interdisziplinäre Abklärung einer komplexen Befundkonstellation
notwendig sein, um die korrekte Diagnose stellen und die korrekte Therapie
einleiten zu können.