Aktuelle Rheumatologie 2023; 48(01): 17
DOI: 10.1055/a-1950-2332
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Immunmodulierende Medikamente senken Immunreaktion auf SARS-CoV-2 Impfstoffe

Simon D. et al.
Intensity and longevity of SARS-CoV-2 vaccination response in patients with immune-mediated inflammatory disease: a prospective cohort study.

Lancet Rheumatol 2022;
4: e614-e625
 

    Personen mit immunvermittelten Entzündungskrankheiten können zwar nach einer SARS-CoV-2-Infektion oder einer Impfung eine Immunantwort entwickeln, weisen aber häufig eine verminderte Anzahl Antikörper auf. Immunmodulatorische Therapien könnten die Seroprävalenz der Antikörper beeinflussen. Simon et al. charakterisierten die langfristige Antikörperreaktion auf zwei SARS-CoV-2 Impfdosen bei Personen mit immunvermittelten Entzündungskrankheiten.


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    Personen mit immunvermittelten Entzündungskrankheiten zeigen im Vergleich zu gesunden Probanden eine geringere und weniger dauerhafte Reaktion auf die SARS-CoV-2-Impfung. Die Forscher aus Erlangen und Bamberg führten eine prospektive Kohortenstudie durch, bei der sie Patienten mit immunvermittelten Entzündungskrankheiten aus dem Universitätsklinikum Erlangen, der Sozialstiftung Bamberg und aus rheumatologischen Praxen in Erlangen und Bamberg rekrutierten. Als Kontrollgruppe schlossen die Forscher Mitarbeiter des Universitätsklinikums Erlangen sowie Personen in Erlangen und Erlangen-Höchstadt ein. Anhand eines strukturierten Fragebogens erhoben die Wissenschaftler Daten zu demografischen Merkmalen und Komorbiditäten. Im Rahmen der Studie untersuchten die Experten die Wirkung aller zum Zeitpunkt der Probenahme in Deutschland zugelassenen SARS-CoV-2-Impfstoffe (Pfizer-BioNTech, Moderna, Johnson & Johnson und Oxford-AstraZeneca). Vor den Impfungen rieten die Forscher den Patienten, einige immunsuppressive Medikamente vor und nach der Impfung entsprechend den örtlichen Empfehlungen abzusetzen. Die Wissenschaftler nutzten für die Auswertung der IgG-Antikörper-Seroprävalenz Serumproben, die zwischen dem 15. Dezember 2020 und dem 01. Dezember 2021 bei Routinevisiten, nach E-Mail-Erinnerungen per E-Mail und über mehrere Rekrutierungskampagnen durch Werbung und soziale Medien gewonnen wurden. Als primäre Ergebnisse betrachteten die Forscher die Werte des optischen Dichteverhältnisses, die die Antikörpertiter darstellen, und eine schlechte Impfstoffreaktion, definiert durch einen Wert des optischen Dichteverhältnisses von weniger als 1–1.

    Die Forscher schlossen 3.733 Studienteilnehmer ein, darunter 2.535 Teilnehmer mit immunvermittelten Entzündungskrankheiten und 1.198 gesunde Kontrollpersonen, die insgesamt 5564 Proben zur Verfügung stellten. Die häufigsten Diagnosen bei Patienten mit immunvermittelten entzündlichen Erkrankungen waren Spondyloarthritis (einschließlich Psoriasis-Arthritis), rheumatoide Arthritis, systemische Autoimmunerkrankungen (einschließlich systemischer Lupus erythematodes, systemische Sklerose und primäres Sjögren-Syndrom), entzündliche Darmerkrankungen, Vaskulitis und Psoriasis. Die durchschnittlichen Antikörpertiter waren bei den gesunden Kontrollen im Vergleich zu Personen mit entzündlichen Erkrankungen bis zu mehr als doppelt so hoch. Eine schlechte Immunreaktion auf die Impfungen beobachteten die Experten vor allem bei Patienten, die B-Zell- und T-Zell-Inhibitoren einnahmen. Die Unterschiede in den Antikörperreaktionen zwischen den verschiedenen Erkrankungen erwiesen sich als gering. Patienten, die eine dritte Impfstoffdosis erhielten, wiesen 40 Wochen nach der Erstimpfung höhere mittlere Antikörpertiter auf als gesunde Kontrollen, die mit zwei Impfstoffdosen geimpft worden waren.

    Fazit

    Die Resultate zeigen, dass Patienten mit immunvermittelten entzündlichen Erkrankungen eine geringere und weniger dauerhafte Reaktion auf die SARS-CoV-2-Impfung aufweisen. Niedrige Anti-SARS-CoV-2-IgG-Spiegel erhöhen die Anfälligkeit für Durchbruchsinfektionen, daher sollten angepasste Impfpläne mit früheren Auffrischungsimpfungen eingeführt werden, um bei Patienten mit immunvermittelten entzündlichen Erkrankungen einen angemessenen Schutz aufrechtzuerhalten, so die Autoren.

    Dr. Maddalena Angela Di Lellis, Tübingen


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    Publication History

    Article published online:
    20 February 2023

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