Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/a-1952-2612
Anti-Th/To-positive Sklerodermie: Hohes Risiko für pulmonalarterielle Hypertonie
Einige Menschen mit systemischer Sklerose weisen antinukleäre Antikörper (ANA) gegen das Th/Ro-Antigen, welches aus 2 RNA-prozessierenden Enzymen und 10 assoziierten Proteinen besteht, auf. Anti-Th/To-Positivität gilt als Risikofaktor für Lungenkomplikationen, die klinischen Manifestationen und die Prognose der Betroffenen sind allerdings kaum untersucht. Ein US-Forscherteam schließt nun diese Wissenslücke.
#
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gingen im Rahmen einer Fall-Kontroll-Studie insbesondere der Frage nach, inwiefern Anti-Th/To-Antikörper für eine pulmonalarterielle Hypertonie prädisponieren. Hierzu werteten sie die Daten von 204 Personen mit einer systemischen Sklerose und Anti-Th/To-Nachweis aus, die zwischen 1980 und 2015 an der Universität Pittsburgh behandelt worden waren. Erkrankte, bei welchen zusätzlich andere Sklerodermie-spezifische Antikörper nachweisbar waren, gingen nicht in die Analyse ein. Das Vergleichskollektiv umfasste 408 Anti-Th/To-negative Patientinnen und Patienten mit einer systemischen Sklerose. Von allen Studienteilnehmenden wertete die Arbeitsgruppe die Ergebnisse umfangreicher klinischer, bildgebender und laborchemischer Untersuchungen sowie funktioneller Tests aus. Personen, die sich längere Zeit nicht zu einer Kontrolluntersuchung vorgestellt hatten, kontaktierten die Forschenden, um Informationen zu aufgetretenen Komplikationen, zur aktuellen Medikation sowie zu neueren Untersuchungsbefunden zu erhalten. Außer den langfristigen Krankheitsmanifestationen prüften sie zudem die Überlebensprognose der Patientinnen und Patienten.
Ergebnisse
Die mehrheitlich weiblichen Studienteilnehmenden waren im Schnitt 52 Jahre alt. Im Vergleich zu den Personen mit anderen Sklerodermie-spezifischen Antikörpern hatten die Anti-Th/To-positiven Personen signifikant häufiger eine positive Raucheranamnese, wiesen signifikant häufiger keine Hautverdickung auf und hatten eine signifikant längere Krankheitsdauer. Initial berichteten die Anti-Th/To-positiven Patientinnen und Patienten signifikant häufiger über ein Raynaud-Phänomen , litten seltener an Gelenk- und Sehnenbeschwerden, wiesen aber in der Bildgebung häufiger eine interstitielle Lungenerkrankung auf (45 vs. 34%; p=0,05) und litten bei der Erstvorstellung signifikant häufiger an einer pulmonalarteriellen Hypertonie (25 vs. 9%; p<0,0001). Im Verlauf der im Median 6,1 Jahre dauernden Nachbeobachtungszeit beobachteten die Forschenden bei den Anti-Th/To-positiven Personen eine weitere Zunahme der Lungenkomplikationen: Der Anteil der Anti-Th/To-positiven Personen mit interstitieller Lungenerkrankung bzw. pulmonalarterieller Hypertonie betrug im Vergleich zu den Anti-Th/To-negativen Personen 54 vs. 39% (p=0,008) bzw. 38 vs. 15% (p<0,0001). Den häufigsten Subtyp der pulmonalen Hypertonie gemäß WHO-Klassifikation stellte dabei die Gruppe 1 dar: Am Ende der Nachbeobachtungszeit waren 23% der Anti-Th/To-positiven, aber nur 9% der Anti-Th/To-negativen Personen hiervon betroffen (p<0,0001). Den Berechnungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu Folge ging der Nachweis von Anti-Th/To-Antikörpern – bei Berücksichtigung des Alters und des Geschlechts – mit einem signifikant erhöhten Risiko für eine pulmonalarterielle Hypertonie innerhalb von 10 Jahren nach der Erstvorstellung im Sklerodermiezentrum einher (Hazard Ratio 3,3; 95% KI 2,3–4,9). Das Risiko für eine pulmonalarterielle Hypertonie der WHO-Gruppe 1 stieg dabei etwa um den Faktor 5. Im Hinblick auf die Prognose zeigte sich: Die kumulative 5-Jahres-Überlebensrate betrug im Kollektiv der Anti-Th/To-positiven Personen 68%, im Kontrollkollektiv dagegen 76% (p=0,02). Die Haupttodesursache bei Anti-Th/To-Nachweis stellte die pulmonalarterielle Hypertonie dar, im Kontrollkollektiv dagegen die Lungenfibrose.
Mehr als ein Drittel der Anti-Th/To-positiven Menschen mit einer Sklerodermie entwickelt eine pulmonalarterielle Hypertonie, insbesondere einen WHO-Typ 1, unterstreichen die Forschenden. Angesichts dieser Beobachtungen empfehlen sie, Betroffene mit geringer oder fehlender Hautverdickung sowie nukleolärem ANA-Muster gezielt auf Anti-Th/To-Antikörper zu testen und sorgfältig auf die Entwicklung einer pulmonalarteriellen Hypertonie bzw. einer interstitiellen Lungenerkrankung zu überwachen.
Dr. med. Judith Lorenz, Künzell
#
#
Publication History
Article published online:
03 April 2023
© 2023. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany