Aktuelle Rheumatologie 2023; 48(03): 166-168
DOI: 10.1055/a-1952-2787
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Gonarthrose: Knie-Kontaktkraft beim Gehen und Schmerzbelastung

Wu W. et al.
Walking-related knee contact forces and associations with knee pain across people with mild, moderate and severe radiographic knee osteoarthritis: a cross-sectional study.

Osteoarthritis Cartilage 2022;
30: 832-842
DOI: 10.1016/j.joca.2022.02.619.
 

Das mediale Tibiofemoralgelenk ist das am häufigsten von arthrotischen Veränderungen betroffene Kniekompartiment – vermutlich weil hier beim Gehen größere Kräfte einwirken. Ein australisches Forscherteam ging nun der Frage nach, welcher Zusammenhang zwischen den auf das Gelenk einwirkenden Kräften in vivo, dem Ausmaß der strukturellen Veränderungen und der Schmerzbelastung besteht.


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Auf das Kniegelenk wirken verschiedene Kräfte ein, erläutern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: Die Knie-Kontaktkraft (engl. knee contact force; KCF) setzt sich aus einer medialen und einer lateralen Komponente zusammen. Zusätzlich existieren eine interne KCF-Muskelkomponente sowie eine externe KCF-Belastungskomponente. Letztere resultiert aus der unmittelbar durch die Bodenreaktionskraft verursachten KCF sowie den durch das Knieadduktionsmoment (KAM) hervorgerufenen Kompressions- und Zugkräften. Welcher Zusammenhang zwischen der Gesamt-KCF bzw. der medialen und lateralen KCF und Knieschmerzen innerhalb des Spektrums verschiedener radiologischer Gonarthrose-Schwergrade besteht, untersuchten die Forschenden anhand von 164 Teilnehmenden einer randomisierten Studie, welche den Einfluss verschiedener Laufschuhe auf die Arthrosebeschwerden geprüft hatte. Alle Patientinnen und Patienten litten an einer schmerzhaften Gonarthrose im medialen Tibiofemoralgelenk. Den Arthrose-Schweregrad objektivierte die Arbeitsgruppe radiologisch anhand der Kellgren-Lawrence (KL)-Kriterien (Grad 2: leicht; Grad 3: mäßig; Grad 4: schwer). Die Quantifizierung der Schmerzbelastung beim Laufen erfolgte mithilfe einer visuellen Analogskala (Punktwert 0 bis 10). Alle Studienteilnehmenden hatten eine Ganganalyse absolviert. Anhand der dabei gewonnenen Messdaten untersuchten die Forschenden nun mithilfe eines validierten muskuloskelettalen Modells die Gangbiomechanik der unteren Extremität, wobei sie die genannten Gelenkkräfte während der verschiedenen Gangphasen berechneten.

Ergebnisse

Die medialen KCFs während der frühen und mittleren Standphase waren bei Personen mit KL-Grad 3 und KL-Grad 4 signifikant größer als bei Personen mit KL-Grad 2. Die lateralen KCFs waren dagegen bei Personen mit KL-Grad 2 in der mittleren und späten Standphase signifikant größer als bei Personen mit KL-Grad 3 und KL-Grad 4 und in der sehr frühen Standphase signifikant geringer als bei Personen mit KL-Grad 4. Die interne KCF-Muskelkomponente war bei KL-Grad 2 im Vergleich zu KL-Grad 4 in der frühen Standphase signifikant geringer, aber in der späten Standphase signifikant höher. Auch Personen mit KL-Grad 3 hatten im Vergleich zu Personen mit KL-Grad 4 in der späten Standphase eine signifikant höhere interne Muskellastkomponente. Die externe Lastkomponente (KAM) der medialen KCF während der mittleren bis späten Standphase erwies sich bei KL-Grad 3 und KL-Grad 4 signifikant höher als bei KL-Grad 2. Einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen der medialen KCF und den Schmerzen beim Gehen stellten die Forschenden in keiner der 3 Arthroseschwergrad-Gruppen fest.

Fazit

Personen mit leichter, mäßiger und schwerer medialer radiologisch gesicherter Gonarthrose unterscheiden sich zwar im Hinblick auf die medialen und lateralen KCFs während der Gangphasen sowie im Hinblick auf die internen und externen Beiträge zur medialen KFC, ein Zusammenhang zwischen der medialen KCF und der Schmerzbelastung beim Gehen besteht allerdings offenbar bei keinem der 3 KL-Stadien, so die Forschenden. Größere Studien müssen diese Thematik nun weiter beleuchten, meinen sie.

Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


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Publication History

Article published online:
01 June 2023

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