Handchir Mikrochir Plast Chir 2023; 55(02): 140-147
DOI: 10.1055/a-1984-8400
Consensus Statement

Diagnostik von peripheren Nerven bei Läsionen und Kompressionssyndromen: Positionspaper der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Mikrochirurgie – (DAM)

Perioperative Diagnostics of Peripheral Nerve Lesions and Compression Syndromes: Position Paper of the German-Speaking Group for Microsurgery of Peripheral Nerves and Vessels
Konstantin D. Bergmeister
1   Klinisches Labor für Bionische Extremitätenrekonstruktion, Universitätsklinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Medizinische Universität Wien, Wien, Austria
2   Klinische Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie, Universitätsklinikum St Pölten, St Polten, Austria
,
Hannes Platzgummer
3   Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin, Klinische. Abteilung für Neuroradiologie und Muskuloskeletale Radiologie, Medizinische Universität Wien, Wien, Austria
,
Gerda Reichel-Vacariu
4   Institut für Physikalische Medizin und Orthopädische Rehabilitation, Orthopädisches Spital Speising GmbH, Wien, Austria
,
Thomas Kretschmer
5   Abteilung für Neurochirurgie und Neurorestauration, Klinikum Klagenfurt am Worthersee, Klagenfurt, Austria
,
Agnes Sturma
1   Klinisches Labor für Bionische Extremitätenrekonstruktion, Universitätsklinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Medizinische Universität Wien, Wien, Austria
6   Bachelorstudiengang Physiotherapie, Fachhochschule Campus Wien
,
Dirk Schaefer
7   Universitätsspital Basel, Klinik für Plastische, Rekonstruktive, Ästhetische und Handchirurgie, Universität Basel, Schweiz
,
Konrad Mende
7   Universitätsspital Basel, Klinik für Plastische, Rekonstruktive, Ästhetische und Handchirurgie, Universität Basel, Schweiz
,
Günther Meissl
1   Klinisches Labor für Bionische Extremitätenrekonstruktion, Universitätsklinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Medizinische Universität Wien, Wien, Austria
,
Ingrid Schlenz
8   Abteilung für Plastische, Ästhetische und Wiederherstellungschirurgie, Klinik Ottakring, Wien, Austria
,
Oskar C. Aszmann
9   Universitätsklinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Medizinische Universität Wien
,
Matthias Rab
10   Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie, Klinikum Klagenfurt am Wörthersee
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Die Behandlung von peripheren Nervenverletzungen und Kompressionssyndromen erfordert eine rasche und präzise Diagnose. Nervenpathologien korrekt zu identifizieren ist klinisch jedoch oft diffizil, womit wichtige Zeit bis zur fachgerechten Therapie verlorengeht. In diesem Positionspaper der deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Mikrochirurgie (DAM) wird der derzeitige Status Quo zur Diagnostik von peripheren Nerven bei traumatischen Läsionen und Kompressionssyndromen analysiert. Hierbei wurde der Stellenwert der klassischen klinischen Diagnostik in Zusammenschau mit Elektrophysiologie, hochauflösendem Nervenultraschall und Magnetresonanz-Neurographie bewertet sowie die Mitglieder der DAM zu ihrem diagnostischen Zugang befragt. Die beschriebenen Inhalte wurden im Zuge eines Konsensusworkshops anlässlich der 42. Jahrestagung der DAM 2021 in Graz erarbeitet.


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Abstract

The treatment of peripheral nerve pathologies requires a rapid and precise diagnosis. However, the correct identification of nerve pathologies is often difficult and valuable time is lost in the process. In this position paper of the German-Speaking Group for Microsurgery of Peripheral Nerves and Vessels (DAM), we describe the current evidence for various perioperative diagnostics for the detection of traumatic peripheral nerve lesions or compression syndromes. In detail, we evaluated the importance of clinical examinations, electrophysiology, nerve ultrasound and magnetic resonance neurography. Additionally, we surveyed our members for their diagnostic approach in this regard. The statements are based on a consensus workshop on the 42nd meeting of the DAM in Graz, Austria.


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Einleitung

Basis für die korrekte Behandlung von Verletzungen und Kompressionssyndromen der peripheren Nerven ist die präzise und rasche Diagnose. Sie ist maßgeblich für den Behandlungserfolg, da nur so die adäquaten Entscheidungen im Hinblick auf operative Maßnahmen getroffen werden können. Die Identifizierung, korrekte Einschätzung und Graduierung von Nervenschäden ist jedoch oft schwierig. Teilweise führt erst die Beobachtung und der Ausschluss einer substantiellen spontanen Regeneration zu einer Entscheidung. Gerade substanzielle Schäden gilt es jedoch früh und sicher zu identifizieren, um durch eine möglichst frühe operative Therapie eine Reinnervation der Zielorgane mit dem bestmöglichen funktionellen Ergebnis zu ermöglichen [1] [2] [3].

Durch die Weiterentwicklung apparativer Diagnoseverfahren kann die Nervenchirurgin und der Nervenchirurg heutzutage auf eine Vielzahl unterstützender apparativer Untersuchungen zurückgreifen. Diese helfen Nervendurchtrennungen und Nervenläsionen ohne Aussicht auf funktionell wirksame Regeneration zu erkennen. Dennoch fußen die Entscheidungen im Wesentlichen aus der Zusammenschau von Anamnese, Patientenbeschwerden sowie der genauen klinischen Untersuchung des Patienten. Ziel ist es die geschädigten Strukturen zu identifizieren (auch die korrekte Höhenlokalisation) und die konsekutiven Defizite genau zu charakterisieren. Die resultierende Verdachtsdiagnose mündet meist in eine Diagnosesicherung und Objektivierung mittels elektrophysiologischer Verfahren, wesentlich per Elektromyographie und -Neurographie und auch intraoperativ mittels direkter Stimulation des Nerven [4]. Hierdurch wird versucht, funktionelle Aussagen zu treffen. Ergänzend hat in den letzten Jahren der hochauflösende Nervenultraschall Einzug in die klinische Routine gefunden und bietet die Möglichkeit periphere Nerven anatomisch-morphologisch (Auftreibungen, Einengungen, Durchtrennungen, Teildurchtrennungen, Vernarbungen), topographisch (umgebendes Gewebe, Fremdkörper, Muskelabbau) und dynamisch (fehlende Gleitfähigkeit) zu bewerten [5]. Durch die immer frequenzstärkeren Schallköpfe kann der hochauflösende Ultraschall mit speziellen Sonden Nervenstrukturen verlässlich identifizieren und Pathologien präzise darstellen; limitierend für die Auflösung ist die Tiefe. Speziell in der Hand erfahrener SonographeurInnen stellt der Nervenultraschall daher eine wichtige Ergänzung im diagnostischen Prozess dar [6] [7]. Als weitere bildgebende Modalität wurde die Magnet-Resonanz (MR)-Neurographie in den letzten Jahren an Zentren etabliert. Sie bietet vor allem bei tiefer gelegenen nervalen Strukturen die Möglichkeit diese strukturell und im Hinblick auf auszuschließende Differentialdiagnosen (Entzündungen und Tumor) teilweise auch funktionell zu bewerten [8].

Diese Fortschritte in der Diagnostik peripherer Nervenverletzungen und Kompressionssyndrome können die Zeit bis zur adäquaten Diagnose und konsekutiven Therapieentscheidung deutlich reduzieren [9]. Dadurch können bei richtig und rechtzeitig diagnostizierten proximalen Nervenläsionen und schweren Nervenkompressionssyndromen durch z. B. periphere Nerventransfers mit konsekutiver Physiotherapie eine deutliche Verbesserung der Prognose erreichen [2] [10] [11] [12] [13] [14]. Die Auswahl des jeweils geeigneten Verfahrens erfordert eine umfassende Evaluierung der Läsion. Im Rahmen dieser Konsensusarbeit werden basierend auf Expertenmeinungen die präzise und ökonomische Diagnostik von Läsionen und Kompressionssyndromen der peripheren Nerven beschrieben.


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Methodik

Das im Folgenden dargestellte Positionspapier zur Diagnostik von peripheren Nervenläsionen wurde von Experten der Fachrichtungen Handchirurgie, Neurochirurgie, Plastische u. Rekonstruktive Chirurgie, Radiologie, Physikalische Medizin und Physiotherapie anlässlich eines Konsensusworkshops erstellt. Dieser erfolgte während der 42. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Mikrochirurgie der peripheren Nerven und Gefäße (DAM) im November 2021 in Graz, Österreich. Hierbei handelt es sich nicht um eine evidenzbasierte Leitlinie, sondern um einen auf Expertenmeinung diverser Fachrichtungen basierten Konsens. Dieser wurde unter Berücksichtigung der aktuellen Datenlage, wissenschaftlicher Evidenz und den aktuellen Leitlinien (AMWF) erstellt.

Zur Ergänzung dieser Daten erfolgte eine Online-Umfrage unter den ca. 225 Mitglieder der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Mikrochirurgie der peripheren Nerven und Gefäße (DAM) via Google Forms von 01.02.2022–30.04.2022.


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Resultate

Teilnehmer der Umfrage

Insgesamt beantworteten ca. 20% der Befragten den Fragebogen im Untersuchungszeitraum von zwei Monaten. Hiervon war die Mehrheit von 53,8% an einer Universitätsklinik tätig, gefolgt von 33,3% an einem Krankenhaus der Maximalversorgung, 10% an regionalen Krankenhäusern und 2,6% in der niedergelassenen Praxis ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Tätigkeitsfeld der teilnehmenden NervenchirurgInnen. Ein Großteil ist an universitären Einrichtungen oder Krankenhäusern der Maximalversorgung tätig.

Alle Teilnehmer (100%) führen Operationen an den gängigen Kompressionssyndromen der oberen Extremität durch, sowie 82% bei Kompressionssyndromen der unteren Extremität und 92,5% Nervenrekonstruktionen. Am Körperstamm inkl. Plexus brachialis führten 57,5% operative Dekompressionen und 60% Nervenrekonstruktionen durch.

Zur Frage der operativen Erfahrung gaben 30% der Teilnehmer an selbstständig bereits mehr als 500 und 38% bereits zwischen 100 und 500 operative Dekompressionen durchgeführt zu haben. Im Weiteren gaben 57,5% an selbstständig bereits mehr als 100 Nervenrekonstruktionen bei traumatischen Läsionen durchgeführt zu haben.


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Diagnostik bei Nervenläsionen

Von den teilnehmenden ChirurgInnen führen 66% Ultraschalluntersuchungen selbstständig durch, wobei 20% auch hochauflösenden Ultraschall selbstständig zur Diagnostik durchführen ([Abb.2]). Für die Diagnostik von Nervenläsionen sind den Teilnehmern die folgenden Modalitäten direkt an ihrer Einrichtung (Krankenhaus oder Praxis) verfügbar: Elektrophysiologie 95%, hochauflösender oder konventioneller Ultraschall 75%, MR-Neurographie 50% und konventionelles MRT 90%.

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Abb. 2 Die Teilnehmer wurden befragt, ob sie selbstständig Ultraschall-Untersuchungen durchführen.

Bei der Diagnostik des Karpaltunnelsyndroms führen 90% der Befragten immer eine Nervenleitgeschwindigkeit, 20% immer einen hochauflösenden Ultraschall und 7,5% immer ein Röntgen durch. Beim Sulcus nervi ulnaris Syndrom (Kubitaltunnelsyndrom) gaben 97,5% an immer eine Nervenleitgeschwindigkeit, 37,5% immer einen hochauflösenden Ultraschall und 22,5% immer ein Röntgen einzusetzen [Abb. 3] [4].

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Abb. 3 Bei gängigen Kompressionssyndromen ist zumeist die Anamnese und NLG wegweisend. Hier wurden die Mitglieder befragt, wann sie zusätzliche Untersuchungen durchführen lassen. Dies ist am meisten der Fall bei ausbleibender Regeneration und unklarer Klinik.
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Abb. 4 Befragung der Teilnehmer, welche apparativen Diagnostiken sie bei elektiven Rekonstruktion von Stammnervenverletzungen oder Plexus brachialis-Verletzungen durchführen.

15,4% der Umfrageteilnehmer gaben an, bei den gängigen Kompressionssyndromen wie KTS oder SNUS/Kubitaltunnelsyndrom bei klinisch eindeutigem Befund nicht immer eine Nervenleitgeschwindigkeit durchzuführen. Gleichzeitig berichteten 15% hierbei immer eine Ultraschalluntersuchung beim Kubitaltunnelsyndrom oder KTS durchzuführen. Ob der Ultraschall in diesen Fällen die Nervenleitgeschwindigkeit ersetzt, wurde jedoch nicht erfragt. Als häufigste Gründe für eine erweiterte apparative Diagnostik gaben die Teilnehmer ausbleibende Regeneration (92,5%) und unklare Klinik an (90%).

Der Stellenwert des hochauflösenden Ultraschalls zeigte sich in der Anwendungshäufigkeit bei der Diagnostik von Stammnervenverletzungen, wo 69,2% diesen standardmäßig einholen sowie bei Plexus brachialis Rekonstruktionen wo 48,6% diesen standardmäßig einholen. Die MR-Neurographie wird mit 62,2% am häufigsten vor elektiven Plexus brachialis-Rekonstruktionen angewendet.


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Konsensusstatements – Interdisziplinäre Diagnostik von Nervenschädigungen

Allgemeiner Konsensus unter den Vortragenden und Teilnehmern des Workshops war die Wichtigkeit der korrekten Diagnosestellung von peripheren Nervenläsionen. Vor allem bei Nervenkompressionssyndromen oder unklaren Traumata ist die Identifikation der genauen Lokalisationshöhe am Nerv und der vermuteten Schädigungsart essentiell um den richtigen Behandlungsweg einzuleiten. Eine adäquate Behandlung berücksichtigt die neuropathologischen Prozesse: Die Klassifikationen von Seddon und Sunderland kategorisieren das Verletzungsausmaß und die sich davon ableitende etwaige Regenerationsfähigkeit prinzipiell und helfen somit wesentlich bei der Entscheidungsfindung im Hinblick auf geeignete operative Maßnahmen. Hervorgehoben wird nach wie vor die dominierende Rolle von genau erhobener Anamnese in Verbindung mit fachgerechter, präziser körperlicher Untersuchung. Deren Stellenwert bleibt unverändert wichtig, trotz der hier beschriebenen wachsenden Bedeutung zusätzlicher apparativer Hilfsmethoden. Hierbei gilt es Motorik und Sensibilität standardisiert zu überprüfen und mittels bewährter Tests zu quantifizieren. Die motorische Funktion von Kennmuskeln wird von der Mehrheit der Autoren mittels Kraftgrade quantifiziert [3]. Für die sensible Funktion sind Spitz-Stumpf Diskrimination, 1 und 2-Punktediskrimination, das Hoffmann-Tinel-Zeichen (HT Zeichen), Ten-Test und ggf. weitere Untersuchungen (z. B.: Semmes Weinstein Monofilamente) geeignet.

Als ergänzend wurde die Wichtigkeit der etablierten elektrophysiologischen Untersuchungen wie vor allem Messung der Nervenleitgeschwindigkeit und Elektromyographie von qualifizierten und routinierten Untersuchern gewertet. Vor allem im Rahmen von Verlaufsuntersuchungen steigt deren Bedeutung. Hiermit ist man in der Lage Nervenfunktion und deren Regeneration oder Degeneration zu quantifizieren. Diese müssen im adäquaten diagnostischen Fenster eingesetzt werden um verlässliche Aussagen zu tätigen: Somit ist eine erste Untersuchung mittels Nervenleitgeschwindigkeit nach einer Nervenverletzung frühestens nach 1 Woche möglich und degenerative Prozesse können frühestens nach 4 Wochen erkannt werden [4]. In beiden Fällen kann die Elektromyographie frühestens nach 3 Wochen ein verlässliches Ergebnis liefern. Bei akuten Läsionen können Verlaufskontrollen nach 6 Wochen erfolgen. Die Elektroneurographie bietet als einzige apparative Untersuchungsmethode eine etablierte funktionell-quantitative Beurteilung der Krankheitsprogression an und kann somit zwischen Regeneration oder Degeneration unterscheiden.

Die Neurosonographie ist ein etabliertes radiologisches Verfahren, das bei allen Nervenverletzungen und Nervenkompressionssyndromen als Diagnostikum ergänzend genützt werden kann. Vorteil des hochauflösenden Nervenultraschalls ist die hohe räumliche Auflösung und die Möglichkeit der anatomisch-dynamischen Untersuchung, welche Pathologien präzise feststellen kann. Mit dem Ultraschall können oberflächlich gelegene Strukturen wie Extremitäten-Nerven meist gut bewertet werden. Die Eindringtiefe der hochfrequenten Ultraschallwellen ist jedoch auf wenige Zentimeter begrenzt. Die Verfügbarkeit hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht, eine flächendeckende Verfügbarkeit ist aber selbst unter den Teilnehmern unserer Umfrage nicht gegeben. Dies dürfte bedingt sein durch die notwendige hohe Expertise der Ultraschall-AnwenderInnen sowie der notwendigen teuren Ausstattung. Daher gibt es immer noch Versorgungsengpässe mit Wartezeiten, die eine Verzögerung der Behandlung nach sich ziehen können.

Die MR-Neurographie (MRN) ist ein modernes radiologisches Verfahren, welches durch die Anwendung von vorzugsweise 3 Tesla-Hochfeld-Geräten, spezieller Spulen und Sequenzen eine anatomisch Darstellung ermöglicht. Im experimentellen Setting können auch funktionelle Analysen der Nerven durchgeführt werden. Der Vorteil der MRN ist der gute Weichteilkontrast und die Darstellbarkeit von tieferen Strukturen wie Nervengeflechte und Nervenwurzeln. Allerdings ist im Gegensatz zur Sonographie nicht bei allen Patienten eine MR Untersuchung möglich, da nicht MR-taugliche Implantate die Untersuchung verhindern können, die eingeengte Lagerung und vergleichsweise lange Untersuchungsdauer nicht für alle PatientInnen erträglich ist und direkt nach der Implantation von Metallimplantaten je nach Institut eine Frist von mehreren Wochen zur gesicherten Einheilung gefordert wird. Wenn posttraumatische Begleitverletzungen (z. B.: Schwellung) abgeklungen sind, können Nervenveränderungen nach etwa 2 Wochen sicher beurteilt werden. Zudem spricht ab diesem Zeitpunkt das Auftreten von typischen Muskeldenervierungszeichen für eine axonale Schädigung eines motorischen Nervs. Die Verfügbarkeit der MR-Neurographie ist im deutschsprachigen Raum auf wenige Zentren beschränkt.

Für weitere detaillierte Informationen zu den o.g. Untersuchungen wird auf die S3 Leitlinie Versorgung peripherer Nervenverletzungen hingewiesen; sie wird momentan aktualisiert [15].


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Periphere Nervenkompressionssyndrome

Kompressionssyndrome können am ganzen Körper auftreten, wobei die häufigsten das Karpaltunnelsyndrom (KTS) und das Kubitaltunnelsyndrom (Sulcus nervi ulnaris Syndrom/Ulnarisneuropathie am Ellenbogen) der oberen Extremität sind. Diese finden sich dementsprechend häufig in der hand- und nervenchirurgischen Praxis. Ihre Behandlungsmethoden sind etabliert und in entsprechenden AWMF Leitlinien abgebildet. Auch hier sind Anamnese und klinische Untersuchung entscheidend. Die Elektrophysiologie bestätigt und objektiviert den Verdacht; dennoch hat auch hier die bildgebende Zusatzdiagnostik einen wachsenden Anteil an der Diagnostik. Dieser Umstand ist insbesondere bei voroperierten Patienten mit erneuten Beschwerden wichtig zur Unterscheidung zwischen Rezidiv, inkompletter Dekompression und Nervenverletzung. Gängige Praxis ist hier unter den meisten Teilnehmern sowie der allgemeinen Empfehlungen die Beurteilung mittels Nervenleitgeschwindigkeit (NLG), womit über die distale motorische Latenz beim Karpaltunnelsyndrom und der sensiblen NLG beim Kubitaltunnelsyndrom die Beurteilung erfolgt. Neben einer Bestätigung der klinischen Diagnose, kann hiermit auch der Schweregrad beurteilt werden, wobei die Beurteilung per NLG verlässlicher für das Karpaltunnelsyndrom als das Kubitaltunnelsyndrom möglich ist. Wichtig anzumerken ist jedoch, dass der klinische Befund, im Sinne von sensorischen und motorischen Störungen, immer über den apparativen Befund zu stellen ist. Daher kann auch bei unauffälliger oder nur geringer NLG-Veränderung und eindeutigem klinischen Befund, die Indikation zur Operation bestehen.

In unklaren Fällen, oder wenn der Verdacht auf Zusatzpathologien oder anatomische Variationen besteht, ist der Ultraschall eine wertvolle Ergänzung. Manche Pathologien oder Variationen wie z. B. ein Ganglion am oder im Nerv, ein Lipom im Kubitaltunnel, ein peripherer Nervenscheidentumor (PNST) sowie eine vorhandene A. mediana oder andere Anomalien können hierbei meist schon mit dem orientierenden Ultraschall diagnostiziert oder zumindest suszipiert werden (s. [Abb. 5] [6]). Bei Verdacht auf ein Thoracic Outlet Syndrom können mittels Sonographie fibröse Bandverbindungen, Muskel-, Sehnen- und Insertionsvariationen dargestellt werden sowie der Plexus brachialis selbst aufgrund dessen oberflächlicher Lage gut beurteilt werden. Gefäßengstellen können funktionell mittels Dopplersonographie durch gezielte Provokationsmanöver erkannt werden.

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Abb. 5 Fallbeispiel Karpaltunnelsyndrom: Ein 65 jähriger gesunder männlicher Patient stellte sich mit einem klinisch und neurographisch schwerem Befund eines Karpaltunnelsyndroms links vor. Die klinische Untersuchung zeigte ein diskretes Hoffmann-Tinel-Zeichen im Bereich der Schnittverletzung und Hypästhesie am dritten Digitalnerv bei insgesamt sehr schlechter Sensibilität (2-Punktediskrimintation über 15 mm). In der Neurosonographie zeigt sich eine Teilverletzung des N. medianus, ein massives Sanduhrphänomen des N. medianus und narbiger Einziehung aufgrund einer älteren Schnittverletzung distal des Ligamentum carpi transversum und einer starken begleitenden Tenosynovialitis. Es erfolgte in Wide Awake Technik die offene Karpaldachspaltung über eine verlängerte Inzision, die langstreckige mikrochirurgische Neurolyse, Deckung mittels Synoviallappenplastik und Rekonstruktion des sensiblen Astes zum 2. Finger. Die Kombination aus klinischer Untersuchung, Nervenleitgeschwindigkeit und Ultraschall erlaubte bereits präoperativ die Sicherung der Diagnose und Einteilung in den korrekten Schweregrad. Vor allem durch die Sonographie präoperativ konnte die Operation präzise geplant werden. Die Nervenleitgeschwindigkeit erlaubte neben der Initialuntersuchung eine Verlaufsdiagnostik die eine Besserung über den Verlauf von ca. 1 Jahr zeigte, wobei die nächtlichen Schmerzen sich direkt postoperativ besserten.
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Abb. 6 Kombination von schwerem Karpaltunnel- und Kubitaltunnelsyndrom (Sulcus nervi ulnaris Syndrom). Ein 70-Jähriger gesunder Patient stellte sich mit einem elektroneurographisch schwerem Befund eines Kubitaltunnelsyndroms und normalem Befund des N. medianus im Karpaltunnel vor. Neben der klinisch eindeutigen Symptomatik des N. ulnaris mit Hypästhesie und Atrophie der Handbinnenmuskulatur hatte der Patient auch eine 2-Punktediskrimination von über 15 mm der Finger 1–3 bei hoch positivem Hoffmann-Tinel Zeichen. Eine Abklärung mittels Neurosonographie zeigte neben der Kompression im Kubitaltunnel auch eine Kompression in der Loge-de-Guyon sowie im Karpaltunnel. Aufgrund der schwere des Befundes der dominanten linken Hand erfolgte neben der chirurgischen Dekompression auch ein Transfer des distalen Nervus interosseus anterior auf den Ramus profundus des N. ulnaris. Eine Besserung der Sensibilität stellte sich rasch ein und die Reinnervation der Handbinnenmuskulatur erfolgte innerhalb von ca. 4,5 Monaten. Die Kombination der Diagnostika ermöglichte eine rasche Abklärung der verschiedenen Pathologien und Wahl der adäquaten operativen Therapie.

Zur Differenzierung zwischen peripheren und radikulären Kompressionssyndromen, welche auch gemeinsam auftreten können, ist neben der klinischen Untersuchung ggf. auch eine MRT der Wirbelsäule erforderlich.

Die häufigen Kompressionssyndrome sind aufgrund ihrer Lage und meist guten Beurteilbarkeit durch Neurographie und ggf. Ultraschall selten eine Indikation für die MR-Neurographie. Gerade im Bereich des Plexus brachialis und Plexus lumbosacralis sowie bei tiefer gelegenen Kompressionsneuropathien bietet die MR-Neurographie viele Vorteile bei der Differentialdiagnostik in der Abgrenzung zu Tumor und Entzündlicher Vorgänge. Dies resultiert aufgrund ihrer genauen Darstellung auch von tieferen Regionen sowie deren Nachbarstrukturen. Von Vorteil ist auch die von den Operateuren jederzeit abrufbare anatomische Darstellung in drei Ebenen. Somit können anatomische Engstellen, neoplastische Prozesse oder andere Raumforderungen erkannt, beurteilt und gezielt operativ behoben werden.


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Konsensus Nervenkompressionssyndrome

Klinisch eindeutige Kompressionssyndrome benötigen meist keine aufwändige apparative Diagnostik und können über die Elektrophysiologie in der Regel eindeutig quantitativ bestimmt werden. Bei unklaren Fällen, Verdacht auf Begleitpathologien oder ausbleibender Besserung ist bei den gängigen oberflächlichen Kompressionssyndromen der hochauflösende Ultraschall das Mittel der Wahl. Bei tieferen Kompressionen oder größeren Raumforderungen vor allem an den Nervenplexen ist die MR-Neurographie ein weiteres wichtiges Mittel zur genauen Abklärung. Die Wichtigkeit dieser apparativen Untersuchungsmethoden wird in den Ergebnissen unserer Mitgliederbefragung unterstrichen.


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Traumatische periphere Nervenläsionen

Nervenverletzungen sind seltene, jedoch oftmals schwere Verletzungen, die zumeist langwierige Einschränkungen bedingen und gelegentlich dauerhaft persistieren [1]. In ca. 20% treten diese iatrogen im Rahmen von operativen Eingriffen auf, oftmals bei unfallchirurgischen oder orthopädischen Operationen mit der Einbringung von Osteosynthesematerial [16] [17] [18]. Nervenverletzungen sollten an spezialisierten Abteilungen behandelt werden, die sowohl über die entsprechenden diagnostischen Möglichkeiten verfügen als auch die operative Therapie beherrschen. Hierbei sind wie schon oben erwähnt vor allem die Elektroneurographie, der hochauflösende Ultraschall und gelegentlich die MR-Neurographie wichtig, entscheidend ist die klinische Evaluierung durch einen erfahrenen Nervenchirurg. Die Entscheidung im Hinblick auf das adäquate Operationsverfahren ist individuell zu treffen und reicht von der Dekompression über die Neurolyse zu rekonstruktiven Verfahren mit Transplantaten und Nerventransfers. Bei kompletten Ausfällen ohne Aussicht auf spontane Regeneration ist eine möglichst zeitnahe operative Versorgung von Bedeutung für das funktionelle Ergebnis. Dies gilt besonders für proximale Nervenläsionen. Nerventransfers haben das Behandlungsarmamentarium in den letzten Jahrzehnten deutlich erweitert.

Eine Pauschalaussage zur korrekten Diagnose und Wahl der Diagnosemethode lässt sich aufgrund der Vielfalt an verletzten nervalen Strukturen, deren Lage inkl. Begleitstrukturen und resultierender Symptomatik nicht erteilen. Grundlegend ist jedoch die fachgerechte Anamnese und körperliche Untersuchung die Basis für die korrekte Diagnose und Wahl apparativer Untersuchungsmethoden.

Ergänzend erfolgt in fast allen Fällen die Untersuchung mittels Elektroneurographie zur Lokalisationsbestimmung und Quantifizierung der Nervenpathologie. Diese erlaubt frühestens 1 Woche nach Schädigung eine erste Beurteilung und nach ca. 2 Wochen kann das Auftreten von Denervationszeichen als Hinweis für eine Axonotmesis beurteilt werden. Durch regelmäßige Verlaufskontrollen kann somit eine progressive Denervation aber auch Reinnervation zur korrekten Bestimmung der Schädigung und ihrer Prognose erfolgen. Ergänzend dazu erlaubt die Elektromyographie (EMG) einen Einblick über den Innervationsstatus der untersuchten Muskulatur zu erhalten.

Generell besteht bei der Wahl der radiologischen Untersuchungsmodalität ein ähnlicher Sachverhalt wie bei den Kompressionssyndromen. Der hochauflösende Ultraschall ist daher vor allem für oberflächlich liegende peripheren Nerven das Mittel der Wahl. Er bietet eine allgemein gute Verfügbarkeit und kann bei akuten Nervenläsionen oder auch postoperativen Läsionen, unmittelbar zur Abklärung eingesetzt werden.

Bei seltenen akuten Prozessen wie inflammatorischen Prozessen (Mononeuritiden, neuralgische Amyotrophie) bietet der Ultraschall eine rasche Differenzierung und die Visualisierung von Strikturen, welche eine chirurgische Intervention bedingen können. [19]. Im Gegensatz hierzu bietet die MR-Neurographie die Möglichkeit 3-dimensionales Bildmaterial von peripheren Nerven sowie deren innervierter Muskulatur und Begleitstrukturen zu erlangen und auch tiefer liegende Strukturen in hoher Bildauflösung darzustellen. Dadurch ist die MRN für den Nervenplexus sowie bei Raumforderungen ein potentes Diagnostikum, um komplexe anatomische und pathophysiologische Zustände zu untersuchen. Ein Beispiel hierfür ist, dass präganglionäre Nervenschädigungen (Wurzelausrisse) bei traumatischen Plexusverletzungen gut mittels MRT detektiert werden können und der diagnostische Befund somit direkten Einfluss auf die Wahl der chirurgischen Rekonstruktionsmöglichkeiten hat. Die MRN bietet auch die Möglichkeit, motorische Denervations- und Reinnervationsmuster zu beobachten, indem das Denervationsödem der betroffenen Muskeln visualisiert wird. Limitierend für die MR-Neurographie können neben Metallartefakten auch lange Untersuchungszeiten sein von bis zu einer Stunde (bei Darstellung von Nerven im Verlauf; z. B. von Plexus bis medianus auf Unterarmhöhe). Bei Fremdmaterial, welches sich potenziell erhitzen oder im Magnetfeld bewegt werden kann, sollte vor der Untersuchung der zuständige Radiologe zur Risikoabklärung und Wahl des richtigen Zeitpunkts konsultiert werden.


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Konsensus Traumatische Periphere Nervenläsionen

Die fachgerechte klinische Untersuchung und Anamnese durch die NervenchirurgInnen, unterstützt durch die Elektroneurographie, sind das Fundament der Diagnostik und Therapiewahl bei akuten Nervenläsionen. Beide bildgebenden Modalitäten (hochauflösender Ultraschall und MR-Neurographie) haben zu einer deutlichen Verbesserung der korrekten Einschätzung und Therapiewahl bei peripheren Nervenläsionen geführt und sollten daher allen behandelnden Abteilungen zur Verfügung stehen [9]. Unklare Nervenläsionen welche keine zeitnahe Besserung (zumeist 3 Monate) aufweisen, sollten im Zweifelsfall an Fachabteilungen mikrochirurgisch exploriert werden, um eine zeitgerechte Rekonstruktion zu ermöglichen. Im Rahmen der physikalischen Nachbehandlung kann durch geschulte physikalische Mediziner und Therapeuten die Reinnervation regelmäßig evaluiert werden und bei problemhaften Verläufen direkt Rücksprache mit den behandelnden NervenchirurgInnen erfolgen. Der interdisziplinäre Austausch ist daher ein essenzieller Bestandteil in der Behandlung von Nervenpathologien.


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Zusammenfassung und Schlussfolgerung

Periphere Nervenverletzungen sowie Nervenkompressionssyndrome sind oftmals funktionell schwer beeinträchtigende Erkrankungen für betroffene Patienten mit langer Rekonvaleszenz sowie möglichen persistierenden Resteinschränkungen. Daher sollten ihre Evaluierung und Behandlung entsprechend erfahrenen Einrichtungen und Behandlern vorbehalten bleiben. Durch die fachgerechte Anamnese und klinische Untersuchung können die modernen und sehr präzisen, jedoch nicht flächendecken verfügbaren apparativen Untersuchungsmethoden, ökonomisch und zielgerichtet eingesetzt werden. Hiermit kann der optimale Behandlungsweg erarbeitet und für den Patienten das beste Ergebnis ermöglicht werden. Dies wird vor allem durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit und den fachlichen Austausch zwischen Medizinern und Therapeuten gefördert und weiterhin erforscht.


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Autorinnen/Autoren

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Priv. Doz. Dr. Konstantin Bergmeister, Phd
geb. 1988 in Wien. Humanmedizinstudium an der Medizinischen Universität Wien Abschluss 2013. Promotion mit Auszeichnung im PhD-Studium Neurowissenschaften 2015. Facharztausbildung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie: BG Klinik Ludwigshafen – Prof. Dr. Kneser, Medizinischen Universität Wien – Prof. Dr. Aszmann, Universitätsklinikum St. Pölten – Prof. Schrögendorfer. Klinischer und Forschungsfokus sind rekonstruktive-, periphere Nerven- und Handchirurgie. Auslandsaufenthalte in Berlin, China, USA (Prof. Dr. P. Cederna). Ausgezeichnet mit mehreren Preisen (WINTEC Preis, Forschungspreis der Ärztekammer, WKO Preis, u. a.). Auszeichnung mit der Venia Legendi für das Fach „Plastische und Ästhetische Chirurgie“ an der Med. Universität Wien 2021. Vorstand und Past-Präsident (2020–2021) der Österreichischen Gesellschaft f. chirurgische Forschung.

Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Danksagung

Der Workshop und das resultierende Positionspapier wurden finanziell unterstützt durch die Deutschsprachige Arbeitsgemeinschaft für Mikrochirurgie der peripheren Nerven und Gefäße.

  • Literatur

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Korrespondenzadresse

Priv. Doz. Dr. Konstantin Bergmeister
Klinische Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie, Universitätsklinikum St. Pölten
Dunant-Platz 1
3100 St. Pölten
Österreich   

Publication History

Received: 31 August 2022

Accepted: 02 November 2022

Article published online:
06 April 2023

© 2023. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

  • Literatur

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Priv. Doz. Dr. Konstantin Bergmeister, Phd
geb. 1988 in Wien. Humanmedizinstudium an der Medizinischen Universität Wien Abschluss 2013. Promotion mit Auszeichnung im PhD-Studium Neurowissenschaften 2015. Facharztausbildung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie: BG Klinik Ludwigshafen – Prof. Dr. Kneser, Medizinischen Universität Wien – Prof. Dr. Aszmann, Universitätsklinikum St. Pölten – Prof. Schrögendorfer. Klinischer und Forschungsfokus sind rekonstruktive-, periphere Nerven- und Handchirurgie. Auslandsaufenthalte in Berlin, China, USA (Prof. Dr. P. Cederna). Ausgezeichnet mit mehreren Preisen (WINTEC Preis, Forschungspreis der Ärztekammer, WKO Preis, u. a.). Auszeichnung mit der Venia Legendi für das Fach „Plastische und Ästhetische Chirurgie“ an der Med. Universität Wien 2021. Vorstand und Past-Präsident (2020–2021) der Österreichischen Gesellschaft f. chirurgische Forschung.
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Abb. 1 Tätigkeitsfeld der teilnehmenden NervenchirurgInnen. Ein Großteil ist an universitären Einrichtungen oder Krankenhäusern der Maximalversorgung tätig.
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Abb. 2 Die Teilnehmer wurden befragt, ob sie selbstständig Ultraschall-Untersuchungen durchführen.
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Abb. 3 Bei gängigen Kompressionssyndromen ist zumeist die Anamnese und NLG wegweisend. Hier wurden die Mitglieder befragt, wann sie zusätzliche Untersuchungen durchführen lassen. Dies ist am meisten der Fall bei ausbleibender Regeneration und unklarer Klinik.
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Abb. 4 Befragung der Teilnehmer, welche apparativen Diagnostiken sie bei elektiven Rekonstruktion von Stammnervenverletzungen oder Plexus brachialis-Verletzungen durchführen.
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Abb. 5 Fallbeispiel Karpaltunnelsyndrom: Ein 65 jähriger gesunder männlicher Patient stellte sich mit einem klinisch und neurographisch schwerem Befund eines Karpaltunnelsyndroms links vor. Die klinische Untersuchung zeigte ein diskretes Hoffmann-Tinel-Zeichen im Bereich der Schnittverletzung und Hypästhesie am dritten Digitalnerv bei insgesamt sehr schlechter Sensibilität (2-Punktediskrimintation über 15 mm). In der Neurosonographie zeigt sich eine Teilverletzung des N. medianus, ein massives Sanduhrphänomen des N. medianus und narbiger Einziehung aufgrund einer älteren Schnittverletzung distal des Ligamentum carpi transversum und einer starken begleitenden Tenosynovialitis. Es erfolgte in Wide Awake Technik die offene Karpaldachspaltung über eine verlängerte Inzision, die langstreckige mikrochirurgische Neurolyse, Deckung mittels Synoviallappenplastik und Rekonstruktion des sensiblen Astes zum 2. Finger. Die Kombination aus klinischer Untersuchung, Nervenleitgeschwindigkeit und Ultraschall erlaubte bereits präoperativ die Sicherung der Diagnose und Einteilung in den korrekten Schweregrad. Vor allem durch die Sonographie präoperativ konnte die Operation präzise geplant werden. Die Nervenleitgeschwindigkeit erlaubte neben der Initialuntersuchung eine Verlaufsdiagnostik die eine Besserung über den Verlauf von ca. 1 Jahr zeigte, wobei die nächtlichen Schmerzen sich direkt postoperativ besserten.
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Abb. 6 Kombination von schwerem Karpaltunnel- und Kubitaltunnelsyndrom (Sulcus nervi ulnaris Syndrom). Ein 70-Jähriger gesunder Patient stellte sich mit einem elektroneurographisch schwerem Befund eines Kubitaltunnelsyndroms und normalem Befund des N. medianus im Karpaltunnel vor. Neben der klinisch eindeutigen Symptomatik des N. ulnaris mit Hypästhesie und Atrophie der Handbinnenmuskulatur hatte der Patient auch eine 2-Punktediskrimination von über 15 mm der Finger 1–3 bei hoch positivem Hoffmann-Tinel Zeichen. Eine Abklärung mittels Neurosonographie zeigte neben der Kompression im Kubitaltunnel auch eine Kompression in der Loge-de-Guyon sowie im Karpaltunnel. Aufgrund der schwere des Befundes der dominanten linken Hand erfolgte neben der chirurgischen Dekompression auch ein Transfer des distalen Nervus interosseus anterior auf den Ramus profundus des N. ulnaris. Eine Besserung der Sensibilität stellte sich rasch ein und die Reinnervation der Handbinnenmuskulatur erfolgte innerhalb von ca. 4,5 Monaten. Die Kombination der Diagnostika ermöglichte eine rasche Abklärung der verschiedenen Pathologien und Wahl der adäquaten operativen Therapie.