Tanaka Y.
et al.
Selection of treatment regimens based on shared decision-making in patients with
rheumatoid arthritis on remission in the FREE-J study.
Rheumatology 2022;
61: 4273-4285
Nach erfolgreicher Induktion einer Remission bei Patienten mit rheumatoider
Arthritis (RA) ist es in Bezug auf Wirksamkeit, Sicherheit und
Wirtschaftlichkeit angebracht, die medikamentöse Therapie langsam zu
deeskalieren. Es gibt jedoch keine definierten Behandlungsprotokolle, wie und
wann die Behandlung abgesetzt werden soll. Tanaka et al. verglichen
verschiedene Deeskalationsschemata bei RA-Patienten mit anhaltender
Remission.
Nach Erreichen einer anhaltenden Remission durch eine Kombinationstherapie aus
Methotrexat (MTX) und biologischen krankheitsmodifizierenden Antirheumatika
(bDMARDs) konnten zahlreiche RA-Patienten auch nach einer Dosisreduktion oder gar
Absetzen der Medikamente eine Kontrolle der RA beibehalten. Die FREE-J-Studie ist
eine offene, an 18 Zentren in Japan durchgeführte Multicenterstudie
für RA-Patienten, die zwischen August 2014 und März 2020 in 5
parallelen Gruppen eingeschlossen wurden. Die Forscher nahmen Patienten in die
Studie auf, die mindestens 18 Jahre alt waren, eine RA nach
ACR/EULAR-Kriterien aufwiesen, die eine Kombinationstherapie aus einem
bDMARD und MTX erhielten und die bei mindestens 2 aufeinanderfolgenden Besuchen in
der Ambulanz einen stabilen DAS28(ESR) von<2,6 aufwiesen. Die Ärzte
teilten die Patienten in 5 Studienarme ein: (1) Fortsetzung der Behandlung mit
MTX+einem bDMARD; (2) Reduzierung der MTX-Dosis um 50%; (3) Absetzen
von MTX; (4) Dosisreduzierung oder Absetzen des bDMARD; und (5) Absetzen des bDMARD
entsprechend der gemeinsamen Entscheidungsfindung von Patienten und Rheumatologen.
Die Dosisreduzierung oder das Absetzen der bDMARD nahmen die
Prüfärzte nach Ermessen vor Ort vor. Jene Patienten, die im ersten
Jahr einen DAS28(ESR)<3,2 erreicht hatten, durften in den nächsten
Studienarm wechseln. Als primären Endpunkt betrachteten die Ärzte
den Anteil der Patienten mit einem DAS28(ESR)<2,6 am Ende des ersten
Studienjahres. Die sekundären Endpunkte waren der Anteil der Patienten mit
einem DAS28(ESR)<2,6 am Ende des zweiten Jahres und der Anteil der
Patienten, die eine Remission des vereinfachten Krankheitsaktivitätsindex
(SDAI)≤3,3 und des klinischen Krankheitsaktivitätsindex
(CDAI) ≤ 2,8 im ersten und zweiten Jahr erreichten. Alle
(schweren) unerwünschten Ereignisse (AE) als auch Studienabbrüche
aufgrund von AEs erfassten die Forscher.
Die Wissenschaftler schlossen 436 Patienten in die Studie ein. 81 (18,6%)
Patienten wurden der MTX-Fortsetzungsgruppe, 186 (42,7%) der
MTX-Dosisreduktionsgruppe, 25 (5,7%) der MTX-Absetzungsgruppe, 69
(15,8%) der bDMARD-Dosisreduktionsgruppe und 75 (17,2%) der
bDMARD-Absetzungsgruppe zugewiesen. Am Ende des ersten Studienjahres erreichten
zwischen den verschiedenen Gruppen vergleichbar viele Patienten einen DAS28(ESR)
von<2,6 (MTX-Fortführung 85,2%; MTX-Dosisreduzierung
79,0%; MTX-Absetzung 80,0%; bDMARD-Dosisreduzierung 73,9%),
die Rate zwischen der Fortführungs- und der bDMARD-Absetzungsgruppe erwies
sich als signifikant unterschiedlich. Am Ende des zweiten Studienjahres erreichten
ähnliche Anteile der Patienten in den MTX-Gruppen einen
DAS28(ESR)<2,6, aber die Raten erwiesen in jener Gruppe, in der die
Patienten bDMARDs absetzten, als deutlich niedriger. Die Hälfte der
Patienten, die die bDMARDs absetzten, konnte dies mit zufriedenstellenden Resultaten
durchführen. AEs traten in der Fortsetzungsgruppe tendenziell
häufiger auf als in den vier Deeskalationsgruppen, und wurden in den vier
Deeskalationsgruppen vergleichbar häufig beobachtet. Deutliche Unterschiede
in Bezug auf Nebenwirkungen, Studienabbruch durch die Patienten und
Todesfälle beobachteten die Forscher zwischen den 5 Gruppen nicht.
Die Resultate der Studie zeigen, dass RA-Patienten nach Erreichen einer Remission
versuchen können, MTX abzusetzen. Im Vergleich traten bei mehr mit
bDMARDs behandelten RA-Patienten Rückfälle auf, mehr als die
Hälfte der Patienten konnten jedoch die Remission auch ohne bDMARDs
aufrechterhalten. Aufgrund der geringeren Inzidenz von unerwünschten
Wirkungen sollten die Risiken und Vorteile basierend auf einer gemeinsamen
Entscheidungsfindung von Arzt und Patient abgewägt werden, so die
Autoren.
Dr. Maddalena Angela Di Lellis, Tübingen