Johansson MS.
et al.
Chronic opioid use before and after exercise therapy and patient education among
patients with knee or hip osteoarthritis.
Osteoarthritis Cartilage 2022;
30: 1536-1544
Bei Patienten mit Knie- oder Hüftarthrose und chronischem Opioidkonsum
führte ein standardisiertes Behandlungsprogramm zu keiner Änderung
des Opioidkonsums. Zur Durchführung der vorliegenden Kohortenstudie
verwendeten die dänischen Wissenschaftler Daten aus dem Register Good
Life with osteoArthritis in Denmark (GLA:D). Das GLA:D-Register ist ein
standardisiertes Programm für Bewegungstherapie und
Patientenaufklärung, das in der Primärversorgung in Dänemark
durchgeführt wird und umfasst Patienten mit klinischen Anzeichen von Knie-
oder Hüftarthrose. Im Rahmen des Programmes leiten geschulte
Physiotherapeuten zwei Gruppensitzungen zur Patientenschulung und 12
überwachte neuromuskuläre Übungseinheiten über 8-12
Wochen an. Die Forscher verknüpften Daten des GLA:D-Registers mit Daten aus
dänischen Gesundheitsregistern und schlossen Patienten ein, die zwischen dem
14. Januar 2013 und dem 30. November 2018 mit dem Programm begannen. Die Forscher
betrachteten einen Zeitraum von 5 Jahren vor und1 Jahr nach Ende des Programmes mit
einem Interventionszeitraum von 90 Tagen. Um die Ergebnisse mit dem Opioidkonsum in
der Hintergrundbevölkerung vergleichen zu können, zogen die Experten
von der dänischen Gesundheitsbehörde eine Zufallsstichprobe der
Allgemeinbevölkerung heran, die sie nach Geburtsjahr, Geschlecht und Wohnort
zum Zeitpunkt des Programmbeginns abglichen. Die Experten klassifizierten die
Patienten als
-
chronische (>180 definierte Tagesdosen [DDDs]
oder>4.500 mg oralen Morphinäquivalenten [OMEQs] und
1 ausgegebenen Opioidverschreibungen in mindestens 3 von 4 Quartalen des
Jahres),
-
gelegentliche (nahmen Opioide ein, erfüllten aber nicht die Kriterien
für eine chronische Nutzung), oder
-
Nicht-Opioidkonsumenten.
Die Wissenschaftler untersuchten die Veränderungen im Opioidkonsum, gemessen
als mg OMEQs, zwischen dem Jahr vor der Intervention und dem Jahr nach der
Intervention unter Verwendung verallgemeinerter Schätzgleichungen.
Die Studienpopulation umfasste 35.549 Patienten, von denen die Ärzte 1.262
(4%) als chronische Opioidkonsumenten, 5.662 (16%) als gelegentliche
Opioidkonsumenten und 28.625 (80%) als Nichtkonsumenten im Jahr vor der
Intervention einstuften. Patienten mit chronischem Opioidkonsum berichteten
über eine höhere Schmerzhäufigkeit und -intensität,
ein geringeres Maß an körperlicher Aktivität und
über eine höhere Anzahl von Begleiterkrankungen als gelegentliche
und Nicht-Opioidkonsumenten. Bei den chronischen Opioidkonsumenten verringerte sich
die durchschnittliche Schmerzintensität bei der 3-monatigen Nachuntersuchung
um durchschnittlich 11,3 mm auf einen Wert von 48,3 mm auf einer
visuellen Analogskala von 0 bis 100 mm. Die Forscher stellten zwar einen
Rückgang der mg OMEQs um 10% zwischen dem Jahr vor und dem Jahr nach
der GLA:D-Intervention fest, Analysen deuten jedoch darauf hin, dass dieser
Rückgang hauptsächlich auf regulatorische Maßnahmen
zurückzuführen ist, die die Verschreibung von Opioiden
während des Studienzeitraums betrafen.
Die Resultate der Studie zeigen, dass der Konsum von Opiaten bei Patienten mit
Knie- oder Hüftarthrose nach einer Bewegungstherapie und einem
Aufklärungsprogramm um 10% zurückging. Der beobachtete
Rückgang war jedoch höchstwahrscheinlich auf gesetzliche
Änderungen bei der Verschreibung von Opioiden
zurückzuführen. Die potenzielle Rolle von Bewegungstherapie und
Patientenschulung zur Reduzierung des chronischen Opioidkonsums muss weiter
untersucht werden, so die Autoren.
Dr. Maddalena Angela Di Lellis, Tübingen