Leitlinienreport
Geltungsbereich und Zweck
Interstitielle Lungenerkrankungen (ILD) sind eine heterogene Gruppe komplexer, oft chronischer Lungenerkrankungen, deren Diagnostik interdisziplinär erfolgt. Allerdings ist die Diagnostik bislang nicht standardisiert. Ziel dieses Konsensuspapiers ist es daher, eine Leitschiene für die Diagnostik der ILDs unter Beteiligung aller Fachdisziplinen zu geben, und es richtet sich v. a. an Pneumolog:innen aber auch an andere Berufsgruppen, die mit der Diagnostik und Therapie von interstitiellen Lungenerkrankungen betraut sind.
Zusammensetzung der Leitliniengruppe
Konsensuspapierkoordination: Prof. Dr. Michael Kreuter, Zentrum für interstitielle und seltene Lungenerkrankungen, Thoraxklinik, Universitätsklinikum Heidelberg und Klinik für Pneumologie, Klinikum Ludwigsburg
Das Konsensuspapier wurde durch die Mitarbeit der folgenden Fachgesellschaften erarbeitet und konsentiert: Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) unter Mitbeteiligung der YoungDGP, Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), Deutsche Röntgengesellschaft (DRG), Deutsches Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), Deutsche Gesellschaft für Pathologie (DGP), Deutsche Gesellschaft für Thoraxchirurgie (DGT), Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) und mit den folgenden Patient:innen-Selbsthilfegruppen abgestimmt: LAM Selbsthilfe, Sarkoidose Netzwerk e. V., Deutsche Sarkoidose-Vereinigung e. V., Lungenfibrose e. V. und der Rheumaliga.
Methodologische Exaktheit
Die Leitlinie wurde von der Leitliniengruppe nach intensiver Literaturrecherche (pubmed, Medline) auf dem Wege der Konsensbildung innerhalb der Gruppe erstellt. Bei allen Aussagen kann von einer einstimmigen Verabschiedung innerhalb der Leitliniengruppe ausgegangen werden.
Externe Begutachtung und Verabschiedung
Die Leitlinie wurde durch die Vorstände der beteiligten Fachgesellschaften verabschiedet und wird sowohl auf der Leila Pro App als auch in der Fachzeitschrift „Pneumologie“ in deutscher Fassung veröffentlicht.
Redaktionelle Unabhängigkeit
Die Leitlinie wurde durch ehrenamtliche Arbeit der Beteiligten erstellt und nicht extern finanziert.
Umgang mit Interessenkonflikten
Interessenskonflikte wurden über das AWMF-Portal „Interessenerklärung online“ erhoben. Keiner der Autoren gab einen Interessenkonflikt finanzieller Art in Zusammenhang mit der erstellten Leitlinie an. Als geringer Konflikt wären Berater- bzw. Gutachtertätigkeiten, bezahlte Vorträge und Schulungen sowie Autorenschaften, als moderate Konflikte die Mitarbeit in Wissenschaftlichen Beiräten sowie Forschungsvorhaben und klinische Studien mit einem Bezug zu Leitlinienthemen bewertet worden.
Alle Autoren erklärten zu Beginn der Arbeit an dieser Leitlinie wie auch zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Leitlinie diese lediglich anhand objektiver wissenschaftlicher Tatsachen sowie klinischer Erfahrung erstellt zu haben. Dies wurde durch gegenseitige Kontrolle innerhalb der Leitliniengruppe verifiziert.
Gültigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren
Die Leitlinie ist bis zum 01.01.2028 gültig und wird dann durch eine aktualisierte Version ersetzt.
Danksagung
Wir danken Herrn Dr. Oqueka, Universitätsklinikum Hamburg, und Frau Prof. Dr. Riemekasten, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, für Anregungen den ILD-Fragebogen betreffend und Frau Dr. Beate Rehbock, Berlin, für die Unterstützung bei der Erstellung der HRCT-Kriterien bei Pneumokoniosen.
Einführung
Interstitielle Lungenerkrankungen (ILD) sind eine heterogene Gruppe verschiedener Erkrankungen, die das Interstitium und oder die Alveolen und/oder die Bronchioli betreffen können und sich durch spezifische klinische, radiologische und histopathologische Kriterien voneinander unterscheiden. Unterteilt werden die ILDs in 4 Gruppen ([Abb. 1 ]).
Abb. 1 Einteilung ILD. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/020-028 [rerif]
Die 1. Gruppe umfasst solche mit bekannten Ursachen, z. B. Medikamenten assoziierte ILDs, Mitbeteiligungen bei Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis sowie Pneumokoniosen. Die 2. Gruppe umfasst die Gruppe der idiopathischen interstitiellen Pneumonien. Dazu zählen fibrosierende ILDs, wie die idiopathische Lungenfibrose (IPF), die die häufigste der idiopathischen Formen darstellt, und die idiopathische nicht-spezifische Pneumonie (iNSIP). Auch Rauchen-assoziierte (respiratorische Bronchiolitis ILD und desquamative interstitielle Pneumonie), akut/subakute (z. B. die kryptogen organisierende Pneumonie; COP) und seltenere Formen (wie z. B. die Pleuraparenchymale Fibroelastose; PPFE) gehören dazu. Granulomatöse interstitielle Lungenerkrankungen definieren die 3. Gruppe. Hierzu zählen die Sarkoidose, die exogen allergische Alveolitis (EAA) und die Berylliose. Die 4. Gruppe subsumiert weitere, teils sehr seltene Formen wie die eosinophile Pneumonie, die Lymphangioleiomyomatose (LAM), die pulmonale Langerhanszell-Histiozytose und andere.
Die Diagnostik der ILD ist komplex und umfasst klinische, radiologische und histopathologische Aspekte, die abschließend multidisziplinär diskutiert werden müssen ([Abb. 2 ]).
Abb. 2 Flussdiagramm zur ILD-Diagnostik. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/020-028 [rerif]
Ziel dieses interdisziplinären Konsensuspapiers, an dem auch Vertretungen der Patient:innen mitgewirkt haben, ist es, eine strukturierte Übersicht über die Diagnostik und das Monitoring der ILDs ( [Abb. 3 ]) im Erwachsenenalter zu geben und im ärztlichen Alltag Hilfestellung in der Behandlung von ILD-Patient:innen zu leisten.
Abb. 3 ILD-Monitoring. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/020-028 [rerif]
Die Algorithmen zur ILD-Diagnostik und dem ILD-Monitoring können auch interaktiv in der LEILA Pro App durchgeführt werden (siehe [Abb. 4 ]).
Abb. 4 Die Algorithmen zur ILD-Diagnostik und dem ILD-Monitoring können auch interaktiv in der LEILA Pro App durchgeführt werden.
Anamnese und körperliche Untersuchung
Anamnese und körperliche Untersuchung
Eine ausführliche und umfassende Anamnese stellt einen der wichtigsten Aspekte in der Diagnostik interstitieller Lungenerkrankungen dar. Sie umfasst nicht nur akute Beschwerden, sondern auch medizinische Vorgeschichte mitumfangreichen verschiedenen Aspekten wie Expositionen (beruflich wie privat), Medikamentenanamnese, Vorerkrankungen, Familienanamnese sowie klinischen Hinweisen auf eine Systemerkrankung. Um die Anamnese zu standardisieren und alle wesentlichen Aspekte zu berücksichtigen, steht ein standardisierter Fragebogen auf Deutsch zur Verfügung (siehe Supplement : Fragebogen ILD).
Die klinische Untersuchung umfasst sowohl eine ausführliche pulmonale als auch extrathorakale Untersuchung. Ein inspiratorisches Knisterrasseln (Sklerosiphonie), v. a. in den basalen Lungenabschnitten, stellt in der Lungenauskultation einen Hinweis auf eine Lungenfibrose dar, während ein inspiratorisches „Juchzen“ auf eine begleitende Bronchiolitis wie z. B. bei exogen allergischer Alveolitis hinweisen kann. In der extrathorakalen Untersuchung müssen sorgfältig Hinweise auf Systemerkrankungen (z. B. Raynaud-Phänomen, Exanthem, Erythema nodosum, „Mechanikerhände“, Arthritis, usw.) gesucht, Lymphknotenstationen palpiert (z. B. bei V. a. Sarkoidose) und auf Charakteristika seltener ILDs geachtet werden (z. B. frühes Grauwerden der Haare als Hinweis auf eine Telomeropathie, Albinismus als Hinweis auf ein Hermansky-Pudlack-Syndrom u. a.).
Rheumatologische Aspekte der ILD-Diagnostik
Interstitielle Lungenerkrankungen treten im Rahmen der meisten entzündlich-rheumatischen Systemerkrankungen auf und tragen bei den betroffenen Patient:innen erheblich zu Morbidität und Mortalität bei [1 ]. Am häufigsten mit einer ILD assoziiert sind Kollagenosen (insbesondere die systemische Sklerose), die rheumatoide Arthritis und verschiedene Formen der idiopathischen inflammatorischen Myopathien (IIM), zu denen auch die Antisynthetase-Syndrome gerechnet werden [2 ]. Der Manifestationszeitpunkt einer ILD im Rahmen einer rheumatischen Erkrankung ist höchst variabel. Sie kann sowohl die erste und sogar für lange Zeit die einzige Manifestation der rheumatischen Grunderkrankung sein, aber auch klinisch unauffällig verlaufen oder sich erst in einem späten Krankheitsstadium manifestieren [3 ]. [Tab. 1 ] gibt einen Überblick über die am häufigsten mit einer ILD assoziierten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sowie die jeweiligen üblichen pulmonalen Reaktionsmuster, typische klinische Symptome und immunserologische Befunde. Im Falle einer klinisch vermuteten der ILD zugrundeliegenden rheumatischen Grunderkrankung empfehlen wir eine Autoimmundiagnostik wie in [Tab. 2 ] dargestellt. Zur Abklärung einer ILD unklarer Ursache schlagen wir in Analogie zu den Empfehlungen der deutschen Leitlinie der Diagnostik der IPF [4 ] ein serologisches Screening vor, welches die folgenden Parameter umfasst: Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG), C-reaktives Protein (CRP), Kreatinkinase (CK), antinukleäre Antikörper (ANA) (bei positiver ANA-Bestimmung von Antikörpern gegen extrahierbare nukleäre Antigene; ENA), IgM-Rheumafaktoren, Antikörper gegen citrullinierte Peptide (ACPA, z. B. anti-CCP). Bei einem radiologisch wahrscheinlichen oder definitiven UIP-Muster empfehlen wir zudem die Bestimmung von Myeloperoxidase (MPO)-spezifischen ANCA (Anti-Neutrophile zytoplasmatische Antikörper). Zudem sollte die Veranlassung eines sog. Myositis Panels ( [Tab. 2 ]) individuell erwogen werden.
Tab. 1
Mögliche einer ILD zugrundeliegende rheumatische Systemerkrankungen, typische ILD-Muster, serologische und klinische Hinweise zur Diagnose.
Rheumatische Erkrankung
ILD-Muster
Häufigste klinische Hinweise
Serologische Hinweise
Systemische Sklerose (dcSSc + lcSSc)
NSIP, UIP, OP, DAD, DAH
puffy Fingers, Sklerodermiforme Hautveränderungen, Raynaud-Phänomen, Dysphagie, Calcinosis, Arthritiden
ANA, Anti-SCL-70, Anti-PM-SCL75, Anti-PM-SCL-100, Anti-RNA-Polymerase 3, Anti-Centromer-AK
Rheumatoide Arthritis
UIP, NSIP, OP, Bronchiolitis/Bronchiektasie, Rundherde (Rheumaknoten)
(symmetrische) Polyarthritis kleiner und mittelgroßer Gelenke, Rheumaknoten
RF, ACPA/CCP-AK
Idiopathische inflammatorische Myopathien
NSIP/OP-overlap, NSIP, OP, UIP, DAD
proximal betonte Muskelschwäche, „Mechanikerhände“, Gottronʼsche Papeln, Raynaud-Phänomen, Dysphagie, Arthritiden
erhöhte CK, Anti-Synthetase-AK (Jo-1, PL-7, PL-12, EJ, OJ, KS, ZO), Anti-Mi-2, Anti-Ku, Anti-MDA5, Anti-Ro-52, Anti-PM-SCL,
ANCA-assoziierte Vaskulitis
DAH, UIP, Rundherde/Raumforderungen (ggf. einschmelzend)
Entzündungen der oberen/unteren Atemwege, Glomerulonephritis, Mononeuritis
ANCA (PR3-ANCA, MPO-ANCA)
SLE
Pneumonitis/DAD, UIP, NSIP, OP
Schmetterlingserythem, diskoide Hautveränderungen, Photosensitivität, Alopezie, Arthralgien/Arthritiden, Myalgien, orale Ulzera, Serositis, Glomerulonephritis
ANA, ds-DNA-AK, Anti-SM-AK, Nukleosomen-AK, Komplementverbrauch (C3 + C4)
Sjögren-Syndrom
NSIP, UIP, LIP, OP, Bronchiolitis
orale und okkuläre Sicca-Symptomatik, Schwellungen der Ohr- und Unterkieferspeicheldrüsen
ANA, Anti-SS-A/Ro, Anti-SS-B/La, RF Hypergammaglobulinämie,
MCTD
UIP, NSIP, LIP
Polyarthritiden/Polyarthalgien, Raynaud-Phänomen, puffy Fingers, Sklerodaktylie
ANA, Anti-U1-snRNP-AK
Tab. 2
Empfohlene serologische Autoimmundiagnostik im Fall einer vermuteten zugrundeliegenden rheumatischen Erkrankung.
Autoimmunserologie
V. a. RA
V. a. Kollagenose
V. a. Vaskulitis
V. a. Myositis
IgM-Rheumafaktoren, ACPA
ANA, wenn positiv: ENA, bei homogenem Muster (AC-1) dsDNA-Ak[* ]
MPO-/p-ANCA; PR3-/c-ANCA
Myositis-Blot[** ] (cave: oftmals keine ANA, zytoplasmatisches Muster)
* empfohlenes ENA-Profil: Antikörper gegen U1-snRNP, Sm, SS-A/Ro, SS-B/La, Scl-70, CENP-B, Jo-1.
** empfohlenes Myositis-Profil: Antikörper gegen Ro-52, Jo-1, OJ, EJ, PL-12, PL-7, SRP, PM-Scl-75, PM-Scl100, Ku, Mi-2, zudem anti-MDA-5.
In jedem Falle sollte bei V. a. eine rheumatische Grunderkrankung der ILD und zur Interpretation immunserologischer Befunde ein:e Rheumatolog:in hinzugezogen werden.
Systemische Sklerose (SSc)
Patient:innen mit systemischer Sklerose zeigen in bis zu 50 % der Fälle eine ILD, meist mit radiologischem NSIP-Muster [5 ], seltener werden auch UIP- und OP-Muster beschrieben [5 ]
[6 ]
[7 ]
[8 ]. In mehr als der Hälfte der Fälle verläuft die ILD chronisch progressiv [6 ]. Sie ist eine der führenden Todesursachen dieser Erkrankung [9 ]. Betroffen von einer ILD sind vorwiegend Patient:innen mit der diffusen kutanen Verlaufsform (dcSSc), die typischerweise mit einer Hautbeteiligung proximal der Ellenbogen oder Kniegelenke einhergeht und einen Risikofaktor für die Entwicklung einer ILD darstellt. Jedoch können auch Patient:innen mit der limitierten kutanen Verlaufsform (lcSSc) eine ILD entwickeln und sogar solche ohne jegliche Hautbeteiligung (sine Scleroderma) [1 ]
[10 ]. Weitere Risikofaktoren für eine Lungenbeteiligung sind neben der diffusen kutanen Verlaufsform Anti-Topoisomerase-I-Antikörper (Anti-SCL-70) sowie männliches Geschlecht, afroamerikanische Ethnie und eine intestinale Beteiligung [11 ]
[12 ]
[13 ]. Verdächtige klinische Symptome, die an eine systemische Sklerose denken lassen sollten, sind: Schwellungen, Verdickungen oder Verhärtungen der Haut an Fingern, Händen, Rumpf oder Gesicht, ein neu aufgetretenes Raynaud-Phänomen oder neu aufgetretene Schluckstörungen einschließlich Reflux-Ösophagitis [14 ]
[15 ]. Da eine pulmonale Hypertonie bei SSc (auch unabhängig von einer ILD) in ca. 20 % beobachtet wird, sollte dieser Aspekt in der Diagnostik berücksichtigt werden.
Rheumatoide Arthritis (RA)
Eine klinisch manifeste ILD findet sich bei ca. 5–10 % der RA-Patient:innen [16 ]
[17 ]. Das häufigste radiologische Muster der RA-ILD ist mit ca. 60 % die UIP [17 ]; jedoch werden auch NSIP und seltener die organisierende Pneumonie sowie Bronchiolitiden, Bronchopathie und Bronchiektasie beschrieben [1 ]
[16 ]
[17 ]
[18 ]
[19 ]
[20 ]
[21 ]. Die wichtigsten Risikofaktoren für das Auftreten einer RA-ILD sind männliches Geschlecht, Nachweis von Rheumafaktoren, Nachweis von ACPA (z. B. anti-CCP-AK) [22 ], Vorliegen einer MUC5B-Mutation und ein aktueller oder ehemaliger Raucher:innen-Status [19 ]
[23 ]
[24 ]. Zu den klassischen klinischen Symptomen, die bei ILD-Patient:innen immer an eine zugrundeliegende RA denken lassen sollten, gehören Morgensteifigkeit der Gelenke mit Besserung im Tagesverlauf und eine Polyarthritis der Handgelenke und der proximalen kleinen Finger- und Zehengelenke.
Idiopathische inflammatorische Myopathien (IIM)
Die in Studien berichtete Häufigkeit einer klinisch apparenten ILD im Rahmen einer IIM liegt, je nach Subtyp, zwischen 30 % bis ca. 75 % [25 ]
[26 ]
[27 ]. Es handelt sich bei den IIM um eine heterogene Gruppe seltener Autoimmunerkrankungen, für die eine entzündliche Beteiligung der Skelettmuskulatur namensgebend ist. Neben der hohen Prävalenz einer ILD ist das charakteristische Auftreten Myositis-assoziierter Antikörper (MAA) bzw. Myositis-spezifischer Antikörper (MSA) eine Gemeinsamkeit der IIM. Handelsübliche Myositis-Blots erfassen inzwischen die wichtigsten MAA und MSA. Die häufigsten Formen der IIM sind die Dermatomyositis und die Overlap-Myositis. Zu letzterer werden auch die Antisynthetase-Syndrome mit besonders häufiger Lungenbeteiligung gezählt [28 ]. Der Nachweis von Autoantikörpern gegen melanoma differentiation-associated Gene-5 (MDA-5-AK) ist mit einem seltenen, oftmals a- oder hypomyopathisch verlaufenden Krankheitsbild assoziiert, bei dem fast immer eine ILD auftritt, die oft rasch progredient verläuft [29 ]. Ein Mischbild aus NSIP und organisierender Pneumonie ist das führende radiologische Muster der IIM-assoziierten ILD, gefolgt von NSIP, organisierender Pneumonie, UIP und seltener DAD [1 ]
[3 ]. Folgende klinische Symptome bei ILD-Patient:innen sollten immer an eine zugrundeliegende IIM denken lassen: Schwäche der (proximalen) Muskulatur, Schluckstörungen, Hauteffloreszenzen, wie ödematöse Erytheme der Augenlieder, erythematöse Plaques auf den Strecksehnen der Hände (Gottronʼsche Papeln) und rissige, trockene Haut an der radialen Seite der Zeigefinger und an den Fingerspitzen („Mechaniker Hände“).
ANCA-assoziierte Vaskulitis
Die Gruppe der ANCA-assoziierten Vaskulitiden (AAV) betrifft prädominant kleine Gefäße und beinhaltet die mikroskopische Polyangiitis (MPA), die Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) sowie die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA). Bei den AAV handelt es sich um seltene Erkrankungen. Typische bzw. wegweisende Symptome sind ein pulmo-renales Syndrom, Glomerulonephritis, chronische destruktive Erkrankung des oberen Respirationstrakts, chronische Sinusitis, chronische Otitis, Subglottis-Stenose, pulmonale Rundherde, alveoläre Hämorrhagie bei pulmonaler Kapillaritis, Hautvaskulitis mit Zeichen einer Systemerkrankung, retroorbitales Granulom, Skleritis, Episkleritis, Mononeuritis multiplex und/oder periphere Neuropathie [30 ]
[31 ].
Die ANCA-Diagnostik sollte nach den aktuellen internationalen Konsensus-Empfehlungen von 2017 in Form von Proteinase-3(PR3)- und Myeloperoxidase(MPO)-spezifischen Immunoassays als First-Line-Test erfolgen. Wie bei allen immunologischen Tests ist auch für die Spezifität des ANCA-Nachweises die klinische Prätestwahrscheinlichkeit, d. h. der begründete klinische Verdacht, entscheidend. Zu beachten ist andererseits, dass nicht bei allen Patient:innen mit AAV ANCA nachweisbar sind, insbesondere bei lokalisierten Formen können diese bei etwa der Hälfte fehlen [32 ].
Die bekanntesten pulmonalen Manifestationen dieser Vaskulitisgruppe sind granulomatöse Veränderungen (v. a. bei GPA und EGPA). Des Weiteren kann der häufig lebensbedrohliche diffuse alveoläre Schaden mit alveolärer Hämorrhagie bei Vaskulitis der Lungengefäße auftreten [33 ]. Jedoch wird speziell bei der mit Myeloperoxidase-ANCA (MPO-ANCA) assoziierten MPA in ca. 15 % der Patient:innen auch eine (zunächst isolierte) ILD mit UIP-Muster beschrieben, bei Proteinase-3-ANCA (PR3-ANCA)-assoziierten Vaskulitiden hingegen kaum [34 ]
[35 ]
[36 ]. Der „2020 international consensus on ANCA testing beyond systemic vasculitis“ empfiehlt daher neben der Erfassung der oben genannten klinischen Leitsymptome auch eine antigenspezifische ANCA-Diagnostik u. a. bei „idiopathischer“ interstitieller Pneumonie [37 ].
Systemischer Lupus erythematodes (SLE)
Im Gegensatz zum häufig gesehenen Pleuraerguss, der bei ca. 30 % der SLE-Patient:innen im Laufe ihrer Erkrankung nachweisbar wird [38 ]
[39 ], treten ILDs im Rahmen des SLE nur selten auf und werden bei 1–15 % beschrieben. Sie zeigen die radiologischen Muster einer UIP, NSIP oder organisierenden Pneumonie und sind im Vergleich zu anderen Organmanifestationen bezüglich Morbidität und Mortalität meist weniger relevant [39 ]
[40 ]. Gefürchtet ist jedoch die seltene und lebensbedrohliche, i. d. R. mit einer schweren respiratorischen Insuffizienz einhergehende Lupus-Pneumonitis im Sinne einer Immunkomplex-Vaskulitis der alveolären Kapillaren. Sie kann zu diffuser alveolärer Hämorrhagie (DAH) und diffusem alveolärem Schaden führen [41 ] und tritt bei 1–3 % im Krankheitsverlauf auf [42 ]. Verdächtig auf einen einer ILD zugrundeliegenden SLE sind Arthralgien/Arthritiden, Myalgien, orale Aphthen, Schmetterlingserytheme, discoide Hautveränderungen, Photosensitivität, Alopezie oder Serositis. In der Labordiagnostik finden sich ANA, Antikörper gegen Doppelstrang-DNA (dsDNA), Nukleosomen oder das Sm-Antigen sowie ein Komplementverbrauch (C3, C4) [43 ].
Sjögren-Syndrom
Beim Sjögren-Syndrom werden klinisch manifeste ILDs in ca. 10–20 % der Fälle beschrieben. Die auftretenden radiologischen Muster sind der Häufigkeit nach NSIP, UIP, LIP und organisierende Pneumonie [44 ]. Klinisch inapparente ILDs werden mit ca. 40–60 % noch deutlich häufiger gefunden [45 ]. Auffällig viele Patient:innen mit Sjögren-Syndrom leiden auch an Husten, welcher neben der ILD auf eine Xerotrachea und/oder follikuläre Bronchiolitiden zurückgeführt wird [46 ]. Letztere sind, wie auch zystische Veränderungen der Lunge, charakteristische Manifestationen der lymphozytären interstitiellen Pneumonie (LIP). Die LIP tritt unter den ILDs beim Sjögren-Syndrom z. B. im Vergleich zur NISP mit 15 % seltener auf und hat [47 ]
[48 ] eine Sonderstellung, da sie bei anderen CTDs außer der Mixed Connective Tissue Disease (MCTD) nicht vorkommt. Bei Nachweis einer LIP sollte daher immer an ein möglicherweise zugrundliegendes Sjögren-Syndrom gedacht werden. Weitere für ein Sjögren-Syndrom verdächtige Symptome und Befunde sind: orale und okkuläre Sicca-Symptomatik, Schwellungen der Ohr- und Unterkieferspeicheldrüsen, Nachweis von Anti-Ro/SS-A-, Anti-La/SS-B-Antikörpern.
Mixed Connective Tissue Disease (MCTD)
Die Mischkollagenose ist eine Art Überlappungssyndrom, da sie klinisch Manifestationen von mindestens zwei rheumatischen Erkrankungen aufweist, wie der SSc, des SLE, der RA, der IIM oder des Sjögren-Syndroms. Der obligate Nachweis von anti-U1-snRNP-AK charakterisiert die MCTD als eigenständiges Krankheitsbild [49 ]. Weitere Autoantikörper können nachweisbar sein. Verschiedene epidemiologische Studien berichten von einer Häufigkeit einer MCTD-assoziierten ILD zwischen 18 % [50 ], 52 % [51 ] und 78 % [52 ]. Die häufigsten beschriebenen radiologischen Muster sind hierbei UIP und NSIP [53 ], seltener auch LIP [1 ]. In einer der größten MCTD-Kohorten mit 280 Patient:innen wurden 2013 die häufigsten klinischen Symptome beschrieben, die bei einer Mischkollagenose neu auftreten: Polyarthritiden/Polyarthralgien (65 %), Raynaud-Phänomen (53 %), diffus geschwollene Finger (puffy fingers) (50 %) und Sklerodaktylie (35 %) [54 ].
Arbeitsmedizinische Aspekte
Arbeitsmedizinische Aspekte
Bei ILDs gilt es, mittels Erhebung der Arbeitsanamnese durch Arbeitseinflüsse verursachte Krankheitsbilder zu erkennen, um ggfs. weitere schädliche Arbeitseinflüsse zu eliminieren, um die gesetzlich vorgeschriebene Berufskrankheiten-Verdachtsanzeige zu erstatten und um ggfs. die Gefährdung weiterer potenziell exponierter Personen zu reduzieren. Bei den „idiopathischen” Lungenfibrosen in den von Blanc et al. [55 ] zusammengestellten Arbeiten waren Asbestose- und Silikose-Kollektive ausgeschlossen worden, aber andere berufliche ILD-Ursachen hatten in den zugrundeliegenden Publikationen diagnostisch nicht zu anderen Einordnungen geführt. Bei dem überraschend hohen Anteil beruflicher Risikofaktoren bei der IPF sind zwei Möglichkeiten denkbar: Entweder sind Pneumokoniosen teilweise nicht erkannt worden, oder/und die berufliche Exposition gegenüber Dampf/Gas/Staub/Rauch stellt einen Trigger für die Entstehung einer IPF dar, ohne dass eine Pneumokoniose im klassischen Sinne vorliegt. Dann stellt sich die Frage, in welchem Ausmaß dies durch chronische Exposition oder durch etwaige Expositionsspitzen verursacht worden sein kann.
Bei der exogen-allergischen Alveolitis liegt der Anteil Arbeits-attributabler Ursachen bei 19 % [55 ].
Ein wichtiges Anamnese-Hilfsmittel ist der Patient:innen-Fragebogen zur Erfassung der Ursachen der ILD (siehe Supplement Fragebogen ILD). Wichtig erscheint es, die radiologischen Verfahren zur bildlichen Darstellung, Unterscheidung und Verlaufsbeurteilung möglichst weitgehend zu vereinheitlichen. Hier sei auf die ausführlicheren radiologischen Ausführungen in Müller-Lisse [56 ] und Nowak et al. [57 ] verwiesen. Vergleichbar mit der International Labour Organisation (ILO)-Klassifikation bei der konventionellen Radiografie gibt es auch für die dünnschichtige Volumen-CT in Niedrigdosis-Technik eine seit 2004 international verwendete Klassifikation zur Kodierung der Befunde an Lunge und Pleura sowie an den übrigen abgebildeten anatomischen Strukturen des Thorax, die ICOERD („International Classification of Occupational and Environmental Respiratory Diseases“). Mit der ICOERD sollen die Forderungen der Erkrankten und der Unfallversicherungsträger erfüllt werden, im Entscheidungsfall auf reproduzierbare und vergleichbare Befunde zurückgreifen zu können [58 ]
[59 ].
Sowohl die Begriffe der ILO-Klassifikation als auch die der ICOERD-Klassifikation beruhen auf den einschlägigen Begriffsbildungen der Fleischner-Society, sodass eine international durchgängige Terminologie für die Thorax-Bildgebung geschaffen worden ist [60 ], welche inzwischen auch in die deutsche Sprache übersetzt wurde [61 ]. [Tab. 3 ] gibt einen Überblick über die wesentlichsten radiologischen HRCT-Befunde bei Pneumokoniosen.
Tab. 3
HRCT-Morphologie der anorganischen Pneumokoniosen. Quelle: Hamer/Rehbock (2023) HRCT der Lunge. Springer, Heidelberg
HRCT-Zeichen
Verteilung
Silikose
Unkomplizierte und akzelerierte chronische Silikose
Noduli (kleiner 1,5 mm bis zu 10 mm Diameter, weichteildicht, je höher der Quarzstaubanteil umso dichter und schärfer begrenzt sind die Knötchen, partiell oder komplett verkalkt, koaleszierend)
zentrilobulär und perilymphatisch dorsale Ober- und Mittelfelder betont
Lymphadenopathie mit oder ohne Verkalkungen (am häufigsten nodulär und eierschalenförmig)
mediastinal und bihilär
Komplizierte chronische Silikose (= progressive massive Fibrose)
Konsolidierungen > 1 cm Diameter (= silikotische Schwiele), partiell verkalkt
dorsal Ober- und Mittelfelder betont
Vikariierendes Emphysem
peripher der Schwielen
Lymphadenopathie mit oder ohne Verkalkungen (am häufigsten nodulär und eierschalenförmig)
mediastinal und bihilär
Asbestose
Pleura
umschriebene Pleuraverdickungen (= Pleuraplaques), Verkalkung möglich
Pleura costalis: anterior und anterolateral in Ober- und Mittelfeldern; paravertebral und dosolateral in Mittel- und Unterfeldern. Diaphragmal: Zentrum tendineum, mediastinal: parakardial. Selten an den Lappenspalten
diffuse Pleuraverdickung, Verkalkungen möglich
Betonung Unter- und Mittelfelder dorso-basal mit oder ohne Einbeziehung der kostophrenischen Rezessus
Pleuraerguss
pulmonale Begleitbefunde: Parenchymband und Rundatelektase
Kontakt zu verdicktem Pleuraabschnitt
Lungenparenchym = Asbestose
„Frühfibrose“: subpleurale peribronchioläre Mikronoduli
dominant dorsobasal
später: kurvilineare Verdichtungen
parallel zur Pleura, bevorzugt dorso- und laterobasal
irreguläre Retikulation Traktionsbronchiolektasen Honigwaben
betont in den Unterfeldern, dorsobasal, subpleural
Siderose
unscharf berandete Milchglas-Noduli bis 3 mm
zentrilobulär, perihilär betont oder diffus
bei Expositionskarenz reversibel
Siderofibrose
Retikulationen, Traktionsbronchiektasen, Honigwaben
Unterlappen
Milchglastrübung
DIP-analog: subpleural und basal
Hohe und langjährige Exposition Schweißrauche und -gase unter eingeschränkter Belüftung
Talkose
Noduli
zentrilobulär, subpleural
Milchglas, Konsolidierungen/Raumforderungen mit erhöhter Dichte
verdickte interlobuläre Septen
lineare Verdichtungen
subpleural
Air trapping
Talkum ist mit Asbest und Quarzstaub kontaminiert: daher zusätzlich quarzstaub- und asbestassoziierte Veränderungen möglich
Berylliose
HRCT-Muster identisch zu Sarkoidose; differenzialdiagnostische Klärung über Nachweis der Beryllium-Sensibilisierung (positiver Lymphozytenproliferatonstest) möglich
Aluminose
Frühe Phase
Milchglasnoduli (Größe 2–5 mm), scharf oder unscharf berandet
zentrilobulär, Oberlappen
Späte Phase
Milchglasnoduli (Größe 2–5 mm), scharf oder unscharf berandet
zentrilobulär, diffus
Retikulationen, Traktionsbrochiektasen, Honigwaben
Oberlappen
Bullöses Emphysem
subpleural
erhöhte Dichte mediastinaler Lymphknoten
Kann Ähnlichkeit zu Silikose, Sarkoidose, NSIP oder UIP aufweisen. Biomarker: hohe Al-Konzentrationen in Plasma und Urin
Hartmetall-Pneumokoniose
Frühe Phase
Noduli
zentrilobulär, selten perilymphatisch
Milchglas, selten Konsolidierungen
diffus oder fleckig
Späte Phase
Retikulationen
Unterlappen
Traktionsbronchiektasen
Honigwaben
Lymphadenopathie
Kann Ähnlichkeit zu Sarkoidose, EAA, NSIP oder UIP aufweisen
Anorganische Pneumokoniosen, die hierzulande relevant sind, finden sich tabellarisch mit Bezug zur jeweiligen BK-Nummer in [Tab. 4 ]. Auch wenn viele der Expositionen altbekannt und durch arbeitstechnische Vorkehrungen vermeidbar sind, nehmen bspw. Asbestosen weltweit zu [62 ]. Silikosen durch das Sandstrahlen von Jeans und das Schleifen und Schneiden künstlicher Quarz-basierter Küchenplatten sind in den letzten Jahren in neuen Szenarien wieder aufgetreten [63 ].
Tab. 4
Anorganische Pneumokoniosen [57 ].
Erkrankung (BK-Nummer)
Exposition
Klinik, allgemeine Diagnostik
Lungenfunktionsmuster
Therapie
Prognose, Komplikationen
Silikose, Bergarbeiterpneumokoniose (BK 4101), ggfs. Silikotuberkulose (BK 4102)
freie kristalline Kieselsäure (Quarz = SiO2 ) in Kohlebergbau, Steinbruch-, Keramik-, Glasindustrie, Stahl- und Eisenindustrie, Gießereien, Stollenarbeiter, Mineure
oftmals gering trotz ausgedehnter Röntgenbefunde, Bronchitis, Belastungsluftnot. Zeichen der Bronchitis und des Emphysems. selten: akute Silikose
initial normal, später Restriktion und Obstruktion
antiobstruktiv, Therapie der Komplikationen
Komplikationen durch Tuberkulose, Rechtsherzbelastung, Caplan-Syndrom, Karzinome. Einschmelzung von Schwielen → Phthisis atra
Asbestose (BK 4103)
Serpentinasbest (Chrysotil) und Amphibolasbest (Krokydolith, Amosit und Anthophyllit): Fasern = Länge: Dicke ≥ 3:1. Mahlen, Vertrieb, Isolierung, Herstellung/Verwendung von Asbesttextilien, -zement, -papier, Werftindustrie etc.
Belastungsluftnot, Husten, Knisterraseln, Uhrglasnägel
Restriktion, Minderung der Lungendehnbarkeit
Therapie der Komplikationen
oft nur langsame Progredienz. typische Komplikationen: benigne Asbestpleuritis, oftmals mit Einrollatelektase. Lungenkarzinom und Pleuramesotheliom nach Latenzzeiten von im Mittel 25 und 35 Jahren
Siderose (keine BK, aber § 3-Präventionsmaßnahmen für BK 4115)
Eisen beim Elektroschweißen
allenfalls Bronchitis
Normalbefund
Keine
Prognose sehr gut (reversibel nach Expositionskarenz), selten: Siderofibrose
Siderofibrose (BK 4115)
Eisen beim Elektroschweißen
Belastungsluftnot, Husten
Restriktion
Therapie der Komplikationen
heterogen bis hin zur Transplantation
Talkose
Talkstaub
Belastungsluftnot
Restriktion, Obstruktion
ggf. antiobstruktiv
eher günstig, Komplikationen ggf. durch Kontamination des Talks mit Asbest
Berylliose (BK 1110)
Herstellung von Glühkörpern, Reaktortechnik, Raumfahrt, Mahlen von Be
wie Sarkoidose. Vorangegangen mitunter toxische Be-Pneumonie. B-Lymphozytentransformationstest oft positiv
Restriktion, teilweise Obstruktion
Steroide? (nicht belegt)
Progression langsam
Aluminose (BK 4106)
Al-Pulverexposition (Pyro-Feinschliff), evtl. Schmelzen
Husten, Belastungsluftnot
Restriktion
Therapie der Komplikationen
Komplikationen: Pneumothoraces
Hartmetallfibrose (BK 4107)
nur (!) gesinterte Karbide von Wolfram, Tantal, Titan, Niob, Molybdän, Chrom und Vanadium; Kobalt und Nickel als Bindemittel
Husten, Belastungsluftnot. Bei Exposition oft Schleimhautreizung, ggf. Bronchiolitis obliterans
Restriktion
Therapie der Komplikationen
Heterogen
Thomasphosphatlunge (BK 4108)
Thomasschlacke (Stahlerzeugung), gemahlen als Thomasmehl: Düngemittel
akute Bronchitis
ggf. Obstruktion
Therapie der Komplikationen
Ausheilung der Bronchitis
Unter den arbeitsbedingten organischen Pneumokoniosen ist vorrangig die exogen-allergische Alveolitis (EAA) zu nennen. Die Diagnosekriterien von Quirce et al. [64 ], deutschsprachig zitiert bei Koschel et al. [65 ], haben die älteren deutschen Diagnosekriterien [66 ] (wegen ihrer besseren Differenzierung) weitgehend abgelöst, sie sind in [Tab. 5 ] aufgeführt.
Tab. 5
Diagnosekriterien berufsbedingter akuter und chronischer exogen-allergischer Alveolitis (aus [57 ]
[65 ] und [64 ]).
Eine akute EAA kann diagnostiziert werden, wenn folgende Kriterien erfüllt sind
1. Exposition gegenüber potenzieller Antigenquelle
2. rezidivierende Symptome 4–8 h nach Exposition
3. erhöhte spezifische IgG-Antikörper
4. Nachweis einer Sklerosiphonie (Knisterrasseln) bei der Auskultation der Lunge
5. HRCT-Befund vereinbar mit einer akuten/ EAA
Fehlt eines der oben genannten Kriterien, so kann dieses durch eines der folgenden ersetzt werden
6. Lymphozytose in der BAL
7. histopathologischer Befund mit akuter EAA zu vereinbaren
8. positiver inhalativer Expositions- oder Provokationstest bzw. positiver Karenztest
Eine chronische EAA kann diagnostiziert werden, wenn mindestens vier Kriterien erfüllt sind
1. Exposition gegenüber potenzieller Antigenquelle
2. a) Erhöhte spezifische IgG-Antikörper oder b) Lymphozytose in der BAL
3. DLCOc/VA eingeschränkt und/oder PaO2 in Ruhe und/oder bei Belastung erniedrigt
4. HRCT-Befund vereinbar mit einer chronischen EAA
5. histopathologischer Befund mit chronischer EAA zu vereinbaren
6. positiver inhalativer Expositions- oder Provokationstest bzw. positiver Karenztest
Arbeitsbedingte Auslöser einer Alveolarproteinose sind vorrangig Quarz, aber auch Indium-Zinnoxid und andere Arbeitsstoffe [67 ].
An neueren international publizierten ILDs seien hier nur die Popcorn-Lunge und die Beflockungslunge erwähnt. Bei der Popcorn-Lunge handelt es sich um eine Bronchiolitis obliterans, ausgelöst durch Aromastoffe wie Diacetyl (2,3-Butadion) und 2,3-Pentandion in der Herstellung von Popcorn, Aromastoffen und in der Kaffeeproduktion [68 ]. Die Beflockungslunge ist eine interstitielle Pneumonie mit nodulären peribronchovaskulären interstitiellen Infiltraten mit lymphozytärer und eosinophiler Bronchiolitis, ausgelöst durch geschnittene Kunstseidefasern [69 ]. Rückfragen bei den Unfallversicherungsträgern ergaben, dass aufgrund technisch anderer Herstellungsverfahren solche Krankheitsbilder hierzulande nicht zu erwarten seien.
Allergologische Aspekte inkl. EAA-Serologie
Allergologische Aspekte inkl. EAA-Serologie
In der Diagnostik interstitieller Lungenerkrankungen kann unter dem differenzialdiagnostischen Aspekt einer exogen-allergischen Alveolitis (EAA) die Bestimmung von spezifischen IgG-Antikörpern (sIgG-Ak) wichtig sein, welche bei entsprechendem klinischen Verdacht einen hohen prädiktiven Vorhersagewert aufweisen (OR 5,3) [70 ]. In der Differenzierung zu anderen ILDs wird allerdings für den Nachweis von sIgG-Ak nur eine Sensitivität von 83 % und Spezifität von 68 % angegeben, in der Differenzierung zu anderen exponierten nicht-erkrankten Personen aber von 90 % bzw. 91 % und zu nicht-exponierten und nicht-erkrankten Personen sogar von 93 % bzw. 100 % [71 ]. Eine Allergenkarenz führt häufig innerhalb von 6–12 Monaten zu einem Abfall der Antikörperkonzentration und kann somit auch auf die Diagnose einer EAA hinweisen [72 ]
[73 ]. Der fehlende Nachweis erhöhter spezifischer IgG-Antikörper schließt aber eine EAA keinesfalls aus („seronegative“ EAA). V. a. bei der chronisch-fibrosierenden EAA lässt sich in bis zu 50 % der Fälle keine offensichtliche Antigenquelle feststellen, sodass hier der Nachweis bzw. die Interpretation erhöhter spezifischer IgG-Antikörper häufig schwierig ist [74 ]. Bei klinisch und radiologisch unauffälligen Personen mit Antigenexposition zeigt der Nachweis erhöhter sIgG-Ak lediglich eine Sensibilisierung aber keine Erkrankung an und hat keine prognostische Bedeutung [75 ]
[76 ].
Prinzipiell kann die Bestimmung einzelner sIgG-Ak entweder zielgerichtet bei einer offensichtlichen Antigenexposition erfolgen (z. B. sIgG-Ak gegen Tauben-Antigene bei Taubenhaltung) oder im Sinne eines Suchtestes bzw. Paneldiagnostik bei nicht offensichtlicher EAA bzw. Antigenexposition [77 ]. Es stehen allerdings verschiedene qualitative und quantitative kommerziell erhältliche Testverfahren zur Verfügung. Dabei ist eine begrenzte Anzahl von sIgG-AK gegen potenzielle Antigene einer EAA zu berücksichtigen. Meistens wird heute eine Immunoassay-Technik (EIA, FEIA oder ELISA) verwendet, die eine wesentlich höhere Sensitivität aufweist als die früher häufig durchgeführte Doppel-Immundiffusion nach Ouchterlony. Es wird empfohlen, solche Laborverfahren zu benutzen, für welche publizierte Normwerte bzw. Cut-off-Werte vorliegen, wie z. B. für das ImmunoCAP-System [78 ].
Empfehlung in Analogie zur ATS-Leitlinie [71 ]
Bei Patient:innen mit einer neu diagnostizierten ILD und der Differenzialdiagnose einer akuten oder chronischen EAA sollten sIgG-Ak bestimmt werden.
Die Auswahl sIgG-Ak richtet sich entweder gezielt nach einer wahrscheinlichen Antigenquelle (z. B. Vogelhaltung, Landwirtschaft, Schimmelpilzexposition) oder wird als Paneldiagnostik gegen verschiedene potenzielle, typische Antigene (z. B. Vogelstäube inkl. Gänsefedern, Schimmelpilze und thermophile Aktinomyzeten) durchgeführt ([Tab. 6 ]).
Es sollte ein Laborverfahren verwendet werden, für welches publizierte Grenzwerte existieren (z. B. ImmunoCAP-System).
Tab. 6
Empfohlene EAA-Serologie (z. B. mittels ImmunoCAP der Fa. ThermoFisher Scientific Phadia).
Schimmelpilz-Antigen-Mix (Gmx6)
Thermophilie Bakterien-Antigen-Mix (Gmx7)
Gänsefedern (e70)
Wellensittich-Antigen-Mix (Ge90)
Tauben-Antigen-Mix (Ge91)
Papageien-Antigen-Mix (Ge92)
Funktionsdiagnostik
Die Lungenfunktionsdiagnostik, i. d. R. durch Bodyplethysmografie, dient der Quantifizierung der Ausprägung der ILD, ist als Screening oder zur alleinigen Diagnostik bei ILD jedoch nicht ausreichend, da auch hochnormale bzw. niedrignormale Werte vorliegen können. Der intraindividuelle Vergleich ist jedoch für die Verlaufsdiagnostik essenziell. In der Mehrzahl der Fälle sind ILDs mit einer restriktiven Ventilationsstörung (Verminderung der TLC, Beurteilung der [forcierten] Vitalkapazität) assoziiert. Allerdings können auch obstruktive Ventilationsstörungen vorliegen ([Tab. 7 ]). Dies ist bei der Lymphangioleiomyomatose regelhaft der Fall, bei anderen ILDs seltener. Zudem können auch sowohl restriktive als auch obstruktive Ventilationsstörungen vorliegen, wie z. B. bei Sarkoidose.
Tab. 7
Mögliche Differenzialdiagnosen obstruktiver Ventilationsstörungen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) in Abgrenzung zum Vorliegen einer ILD.
Nicht-ILD-assoziierte obstruktive Ventilationsstörung
Mögliche mit ILD assoziierte obstruktive Ventilationsstörung
COPD
Asthma
Tumor der zentralen Atemwege
benigne Atemwegsstenosen
Tracheobronchialinstabilität
Bronchiektasen/zystische Fibrose
Tuberkulose/posttuberkulös
Bronchiolitis
Bronchiolitis obliterans nach Allo-PBSCT/LTX
Bronchopulmonale Dysplasie
Lymphangioleiomyomatose
Sarkoidose
exogen allergische Alveolitis
pulmonale Langerhanszell-Histiozytose
Pneumokoniosen (v. a. Silikose)
Syndrom der kombinierten Lungenfibrose mit Emphysem (CPFE)
Vaskulitis
Die Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid (DLCO) ist häufig als erster Funktionswert bei ILD eingeschränkt. Auch hier müssen bei eingeschränkten Werten wichtige Differenzialdiagnosen bedacht werden, so z. B. ein Lungenemphysem, eine pulmonale Hypertonie oder ein anhaltender Tabakabusus. Um zwischen einer tatsächlichen Diffusionsstörung und einer lediglich verminderten Diffusion aufgrund fehlenden Lungengewebes (reduzierte Gasaustauschfläche) unterscheiden zu können, empfiehlt sich, die DLCO auch unter Einbeziehung des totalen alveolaren Volumens (VA) als DLCO/VA (Krogh Index, [KCO]) zu betrachten. Zudem sollte die DLCO auf den aktuellen Hb-Wert korrigiert werden (DLCOc/VA).
Der standardisierte 6-Minuten-Gehtest (6MWT) empfiehlt sich, um den Funktionsstatus (Gehstrecke) wie auch die Oxygenierung (anhand SpO2 ggf. Blutgasanalysen) vor, während und nach Belastung zu bestimmen. Er ist daher ein wichtiger funktioneller wie auch prognostischer Faktor, der bei ILD bei Erstdiagnostik und ggf. im Verlauf durchgeführt werden sollte [79 ]. In Abhängigkeit der körperlichen Leistungsfähigkeit und der spezifischen ILD-Diagnose kann eine Spiroergometrie sinnvoll sein (z. B. Sarkoidose DD der kardialen Manifestation).
Neben pulmonalen Einschränkungen im Sinne einer hypoxämischen respiratorischen Insuffizienz sollte bei ILD-Patient:innen mit entsprechender klinischer Symptomatik (z. B. morgendliche Kopfschmerzen, ausgeprägte Müdigkeit, starke Luftnot, welche nicht durch die lungenfunktionellen Einschränkungen erklärt ist, etc.) auch eine hyperkapnische respiratorische Insuffizienz bzw. eine Atemmuskelschwäche bedacht und abgeklärt werden, da ILDs als relevante Ursache in Betracht gezogen werden müssen (Windisch et al.). Auch rheumatologisch-immunologische Grunderkrankungen können mit einer Atemmuskelschwäche assoziiert sein (z. B. Myopathien u. a.).
Das diagnostische Vorgehen bei V. a. Atemmuskelschwäche beinhaltet neben spezifischen Atemmuskelkraftmessungen (z. B. PImax, Sniff-Druck, etc.) auch eine Blutgasanalyse mit Bestimmung des PaCO2 sowie des Bikabonat-Wertes am Tage. Das konkrete Vorgehen zur Atemmuskelfunktionsdiagnostik ist in einem State-of-the-Art Review dargelegt, welches sich aktuell in Überarbeitung zu einer S2k-Leitlinie befindet [80 ]. Darüber hinaus ist bei entsprechendem klinischem Verdacht auch die Durchführung einer nächtlichen mehrstündigen transkutanen CO2 -Messung ggf. mit (Poly-)Somnografie zur Frage der nächtlichen Hyperkapnie-/Atemmuskelschwäche bzw. einer schlafbezogenen Atmungsstörung indiziert. Falls eine nicht-invasive Heimbeatmung bei chronischer hyperkapnischer respiratorischer Insuffizienz infrage kommt, wird an dieser Stelle auf die aktuelle S2k- sowie die in Kürze erscheinende S3-Leitlinie verwiesen [80 ]
[81 ]
[82 ]
[83 ]
[84 ]
[85 ]
[86 ].
Weitere Labordiagnostik
Im Rahmen der ILD-Diagnostik kann auch eine weitere Labordiagnostik sinnvoll sein, so z. B. die Bestimmung von Immunglobulin-Subklassen, um z. B. eine common variable Immunodeficiency (CVID) erkennen zu können, die mit einer GL-ILD (granulomatös-lymphozytischen) ILD assoziiert sein kann. Auch die Bestimmung der CK (s. Myositiden) kann sinnvoll sein, um Hinweise auf eine Myositis finden zu können.
Genetische Analysen sind bisher noch nicht standardisiert und sind daher aktuell nur in Ausnahmefällen sinnvoll, wie z. B. bei V. a. ein Hermansky-Pudlak-Syndrom oder ein Birt-Hogg-Dubé-Syndrom u. a. Ob in Zukunft z. B. bei fibrosierenden ILDs wie der IPF genetische Marker sinnvoll sind, kann zur Zeit nicht sicher bestimmt werden.
Bildgebende ILD-Diagnostik
Bildgebende ILD-Diagnostik
Die Bildgebung des Thorax ist für die Diagnostik einer ILD essentiell, v. a. eine Computertomografie des Thorax. Daher werden im Folgenden die technischen Besonderheiten erklärt und eine Empfehlung für die Akquisition gegeben.
Aktuell liegen vermehrt Daten zur Aktivitätsbestimmung einer ILD durch PET-CT vor, allerdings noch nicht ausreichend zur Diagnostik einer ILD. Eine Empfehlung für oder wider kann daher in der Diagnostik aktuell noch nicht gegeben werden. In der Diagnostik der Sarkoidose, v. a. der kardialen Manifestation, die nicht Gegenstand dieser Leitlinie ist, kann ein kardiales MRT und/oder PET-CT sinnvoll sein. Hierzu wird auf entsprechende Empfehlungen der Fachgesellschaften verwiesen.
Dünnschichtiges Volumen-CT
Die CT des Thorax soll als dünnschichtiger Volumendatensatz in Spiraltechnik durchgeführt werden (früher bzw. gelegentlich als „HRCT“ bezeichnet). Die ausgespielte Schichtdicke soll 1,5 mm nicht überschreiten [87 ]. Eine 30 %ige Schichtüberlappung ist empfehlenswert. Unabhängig von der Akquisitionsrichtung sollte die Bildsortierung immer kranio-kaudal erfolgen. Neben der axialen Orientierung sollen zusätzlich max. 1,5 mm dicke multiplanare Rekonstruktionen in sagittaler und koronarer Ebene angefertigt werden [88 ]. Volumendarstellungen wie Maximum-Intensity-Projections (sinnvoll bei nodulären Erkrankungen) oder Minimum-Intensity Projections (hilfreich bei Mosaikmuster) sind optional. Die früher übliche diskontinuierliche Datenerfassung mit Lücken zwischen den Schichten bringt große Nachteile für die Diagnosestellung und Verlaufskontrolle mit sich und kann von den modernen CT-Scannern ohnehin nur noch eingeschränkt erzeugt werden. Als Standard sowohl für die Primärdiagnostik als auch für die Verlaufskontrolle bei ILD ist daher mittlerweile die oben beschriebene Technik definiert, die als „dünnschichtiges Volumen-CT“ bezeichnet wird.
Der Datensatz solle mit zwei verschiedenen Faltungskernen nachberechnet werden. Für die Beurteilung des Lungenparenchyms solle zur Optimierung der Ortsauflösung ein kantenbetonter, hoher Kernel verwendet werden. Für die Beurteilung der Weichteile sollte zur Optimierung der Kontrastauflösung ein glättender, niedriger Kernel verwendet werden.
Die überwiegende Mehrzahl der Untersuchungen wird in Rückenlage in tiefer Endinspiration während einer Atemanhaltephase durchgeführt. Nur in Ausnahmefällen sind zusätzliche Serien (s. u.) indiziert.
[Tab. 8 a–e ] geben einen Überblick über die empfohlenen technischen Parameter und Nachverabreitungsalgorithmen.
Tab. 8 a
Dokumentation Lungenparenchym.
Mindestanforderung
Empfehlung
Faltungskern
full-dose: Lungenkernel (scharf) low-dose: Kernel mit mittlerer Kantenbetonung
Rekonstruktionsverfahren
Filtered Back Projection
wenn verfügbar, iterative Rekonstruktion mittlere Stufe (insbesondere bei Low-dose-Protokoll), allerdings nur additiv zu FBP
Schichtdicke axial
≤ 1,5 mm
Überlappung der Schichten
≥ 30 %
MPR koronar und sagittal
Schichtdicke ≤ 1,5 mm, Schichtüberlappung ≥ 30 %
Berechnung aus Rohdatensatz
MIP (optional)
Schichtdicke 5–10 mm, Schichtüberlappung ≥ 30 %
MinIP (optional)
Schichtdicke 5–10 mm, Schichtüberlappung ≥ 30 %
Fenstereinstellung
C: –300 bis –700 HU W: 1500 –2000 HU
C: –450 HU W: 1600 HU
MPR: multiplanare Rekonstruktion; MIP: Maximum Intensity Projection; MinIP: Minimum Intensity Projection, C: Fenstermitte, W: Fensterweite Quelle: HRCT der Lunge, Hamer/Rehbock, Springer Verlag
Tab. 8 b
Dokumentation Weichteile.
Mindestanforderung
Empfehlung
Faltungskern
niedrig (glättend)
Rekonstruktionsverfahren
Filtered Back Projection
wenn verfügbar, iterative Rekonstruktion mittlere Stufe, insbesondere bei Low-dose-Protokoll
Schichtdicke axial
≤ 3 mm
zusätzlich ≤ 1,5 mm, um spätere 3D-Rekonstruktionen zu ermöglichen
Überlappung der Schichten
≥ 30 %
MPR koronar
3 mm, Schichtüberlappung ≥ 30 %
aus Rohdatensatz
Fenstereinstellung
C: 30 bis 60 HU W: 300 bis 500 HU
C: 45 HU W: 400 HU
MPR: multiplanare Rekonstruktion; MIP: Maximum Intensity Projection; MinIP: Minimum Intensity Projection, C: Fenstermitte, W: Fensterweite Quelle: HRCT der Lunge, Hamer/Rehbock, Springer Verlag
Tab. 8 c
Maximaldosis: Full-dose-CT (für normalgewichtige Patient:innen).
CTDIvol
DLP
effektive Dosis[* ]
10 mGy[* ]
350 mGy × cm[* ]
≤ 6,6 mSv[* ]
gemäß Diagnostischer Referenzwerte 2016; s. www.bfs.de
CTDIvol: volumen computed tomography dose index, DLP: Dosis-Längen-Produkt, Gy: Gray, Sv: Sievert Quelle: HRCT der Lunge, Hamer/Rehbock, Springer Verlag
* Konversionsfaktor 0,018 mSv/mGy × cm
Tab. 8 d
Maximaldosis: Low-dose-CT (für normalgewichtige Patient:innen).
CTDIvol
DLP
effektive Dosis[* ]
1,7 mGy
≤ 60 mGy × cm
≤ 1,1 mSv
CTDIvol: volumen computed tomography dose index, DLP: Dosis-Längen-Produkt, Gy: Gray, Sv: Sievert Quelle: HRCT der Lunge, Hamer/Rehbock, Springer Verlag
* Konversionsfaktor 0,018 mSv/mGy × cm
Tab. 8 e
Low-dose-CT: Anpassung des Strom-Zeit-Produkts (mAs) an den BMI.
Habitus
BMI (kg/m2 )
mAs
CTDIvol (mGy)
DLP (mGy × cm)
effektive Dosis[* ] (mSv)
schlank
≤ 21
14
≤ 1,2
≤ 43
≤ 0,77
normal
22–28
20
≤ 1,7
≤ 60
≤ 1,08
kräftig
29–34
28
≤ 2,4
≤ 85
≤ 1,53
sehr kräftig
> 34
40
≤ 3,4
≤ 120
≤ 2,16
BMI: Body-Mass-Index, CTDIvol: volumen computed tomography dose index, DLP: Dosis-Längen-Produkt, Gy: Gray, mAs: Milliampere-Sekunde, Sv: Sievert nach: Nagel HD, Hering KG, Hieckel HG et al. (2017) Protokollempfehlungen der AG DRauE zur Durchführung von Low-Dose-Volumen-HRCT-Untersuchungen der Lunge. Mitteilungen der DRG; R Fo; 189: 553–575
* Konversionsfaktor 0,018 mSv/mGy × cm
Strahlendosis
Die Erstuntersuchung erfolgt i. d. R. in Full-dose-Technik, um durch eine optimale Bildqualität eine Diagnosestellung zu ermöglichen. Bei jungen Patient:innen (< 40 Lebensjahr [89 ]
[90 ]) ist bei der Erstuntersuchung ein Low-dose-Protokoll zu erwägen. Verlaufskontrollen sollen möglichst immer in Low-dose-Technik durchgeführt werden, da es meist nur noch um die Beurteilung der Dynamik einer bereits bekannten Pathologie geht. Iterative Rekonstruktionsverfahren sollen derzeit nur additiv zur Filtered Back Projection eingesetzt werden. Die Tabellen zeigen die empfohlenen Dosiseinstellungen. Die Wahl der Parameter bei der Low-dose-Technik richtet sich nach dem BMI ([Tab. 8 ]). Insbesondere bei Patient:innen < 40 J mit normaler Lebenserwartung kann außerhalb akuter Notfälle für die Verlaufsbeurteilung in erfahrenen Zentren eine Thorax-MR erwogen werden ([Tab. 9 ]).
Tab. 9
Empfehlungen zur Thorax-CT in der Diagnostik der ILD.
Empfehlung
1. dünnschichtige Volumen-CT in Spiraltechnik; rekonstruierte Schichtdicke maximal 1,5 mm, inspiratorischer Atemanhalt, im Normalfall nativ
2. ergänzende dünnschichtige sagittale und koronare MPR, koronare MPR, optional MinIP oder MIP-Reformatierungen
3. Aquisitionszeit < 10 s durch hohen Pitchfaktor (1,5–2), mind. 16-Zeilen-CT mit Subsekunden-Rotationszeit
Empfehlung
ergänzende Exspirationsserie oder Bauchlage je nach Fragestellung und Patientenalter
Zusatzserien
Jede zusätzliche CT-Serie geht mit einer Erhöhung der Strahlenbelastung einher. Aus diesem Grunde ist stets der individuelle Nutzen der Zusatzserie gegenüber dem Risiko der höheren Strahlenbelastung abzuwägen. Folgende Zusatzserien können sinnvoll sein:
Falls der Nachweis von Air trapping (z. B. bei Abklärung einer obstruktiven Bronchiolitis bei ILD) von Bedeutung ist, soll ein ergänzender Scan in Endexspiration durchgeführt werden. Hierfür kann eine Niedrigdosis Technik verwandt werden.
Falls eine ILD von dorsobasalen Durchlüftungsstörungen differenziert werden soll, kann eine ergänzende Untersuchung in Bauchlage durchgeführt werden. Hierbei solle das field-of-view auf die fraglichen Areale beschränkt werden.
Kontrastmittel
Für die Beurteilung einer ILD ist eine native Untersuchung nicht nur ausreichend, sondern wesentlich besser geeignet, da das Kontrastmittel im Lungenparenchym eine milchglasartige Dichteanhebung mit sich bringt, die z. B. als Exazerbation fehlinterpretiert werden kann. Wenn zusätzliche Fragestellungen abgeklärt werden müssen, die eine Kontrastmittelgabe erfordern, ist zwischen der möglichen Fehlinterpretation und der eventuell doppelten Strahlenexposition durch eine kombinierte native und KM-verstärkte Untersuchung abzuwägen. In jedem Fall ist die Begutachtung existierender Voruntersuchungen des Thorax inkl. des Röntgenthorax vor der Durchführung einer Bildgebung für die Auswahl der geeigneten CT-Technik obligat.
Differenzialdiagnosen der radiologischen Muster
Systematische CT-Analyse
Eine zielführende Analyse der CT-Bilder berücksichtigt zum einen die CT-Zeichen und zum anderen ihre Verteilung. Bezüglich der CT-Zeichen gelten die Definitionen des Glossars der Fleischner-Society [60 ], das 2015 ins Deutsche übertragen wurde [91 ]. Bezüglich der Verteilung muss einerseits die Verteilung in der Lunge (Oberfelder-Mittelfelder-Unterfelder, Peripherie-Lungenkern, peribronchovaskulär) andererseits in Bezug zum pulmonalen Lobulus (zentrilobulär-perilymphatisch-zufällig) berücksichtigt werden (Letzteres gilt insbesondere für multinoduläre Erkrankungen). Die jeweilige Konstellation aus CT-Zeichen und ihrer Verteilung mündet in der Diagnose eines CT-Musters. Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Muster nur z. T. identisch mit der klinischen Erkrankung/der Diagnose sind (z. B. entspricht das radiologische Muster der Langerhanszell-Histiozytose der Erkrankung der Langerhanszell-Histiozytose). In der Mehrzahl der Fälle wird ein bestimmtes Muster bei verschiedenen Erkrankungen gesehen (z. B. kann das Muster der UIP bei der idiopathischen Lungenfibrose auftreten, Ausdruck eines medikamentös-toxischen Geschehens sein oder auch im Rahmen einer Kollagenose [v. a. rheumatoider Arthritis] oder Asbestose auftreten). Die Radiologie sollte sich auf die Befundung des CT-Musters beschränken. Die Zuordnung zu der eigentlichen Erkrankung ist der multidisziplinären Diskussion (MDD) vorbehalten.
Die für die jeweiligen CT-Muster (siehe Supplement Abb. S1 ) typischen Konstellationen aus CT-Zeichen und ihrer Verteilung sind der folgenden [Tab. 10 ] zu entnehmen. Es ist jeweils die klassische Manifestation aufgeführt; für eine detaillierte Aufarbeitung sind die jeweiligen derzeit gültigen Leitlinien genannt bzw. wird auf einschlägige Übersichtsartikel verwiesen. Es ist gekennzeichnet, ob die radiologische Morphologie ein „Muster“ oder eine „Erkrankung“ beschreibt.
Tab. 10
HRCT-Muster bei ILDs (siehe Supplement Abb. S1 ).
HRCT-Zeichen
Verteilung
UIP (Muster)
Honigwaben
fein- und/oder grobmaschige irreguläre Retikulationen
Traktionsbronchiektasen/-bronchiolektasen
Milchglastrübung nur innerhalb Retikulationen oder im Verlauf neu bei Exazerbation
Volumenverlust
NSIP (Muster)
Milchglas
fein- und/oder grobmaschige irreguläre Retikulationen
Traktionsbronchiektasen/-bronchiolektasen
diskrete Konsolidierungen möglich
später Honigwaben möglich
Exogen allergische Alveolitis (Erkrankung)
– nicht-fibrosierender Subtyp
– fibrosierender Subtyp
fein- und/oder grobmaschige irreguläre Retikulationen
Traktionsbronchiektasen/-bronchiolektasen
Honigwaben möglich, jedoch nicht dominant
Milchglastrübung/Milchglasnoduli
Mosaikmuster (durch air trapping oder Drei-Dichte-Zeichen)
selten; Zysten
fleckig unter Einbezug aller Lappen
Dominanz in Oberlappen möglich
anteilig peribronchovaskulär möglich
relative Aussparung der dorsobasalen Rezessus möglich
OP (Muster)
unregelmäßig beidseits verteilt, Betonung der Mittel- und Unterfelder,
peripher, peribronchovaskulär, perilobulär Wechselnde Lokalisationen
Sarkoidose (Erkrankung)
RB/RB-ILD (Erkrankung)
DIP (Erkrankung)
Pulmonale Langerhanszell-Histiozytose (Erkrankung)
zentrilobulär, peribronchiolär
betont in den Ober- und Mittelfeldern
Aussparung der Lungenbasis
Eosinophile Pneumonie (Erkrankung)
Akute eosinophile Pneumonie
Chronische eosinophile Peumonie
Konsolidierungen
Milchglastrübungen
DAD (Muster)
akute exsudative Phase
subakute proliferative Phase
chronisch-fibrosierende Phase
LIP (Muster)
Milchglas
glatte oder noduläre Verdickung der interlobulären Septen
Noduli (meist milchglasdicht)
Zysten (können auch einziges Zeichen sein)
uncharakteristisch
zentrilobulär und subpleural, betont in den Unterfeldern
Perivaskulär, betont in den Unterfeldern
LAM (Erkrankung)
multiple Zysten, ebenmäßig rund oder ovoid, glatte, dünne Wand, Größe 2–30 mm
bei tuberöser Sklerose selten Noduli (meist 1–3 mm): selten Chylothorax
Alveolarproteinose (Erkrankung)
Crazy paving
selten: Konsolidierungen
Pleuroparenchymale Fibroelastose (Muster)
Hamer/Rehbock (2023) HRCT der Lunge. Springer, Heidelberg
Stellenwert der BAL in der Diagnostik der ILD
Stellenwert der BAL in der Diagnostik der ILD
Als gering invasive Technik ist die BAL grundsätzlich indiziert bei der Mehrheit der Patient:innen mit unklarer ILD. Bestimmte HRCT-Muster in Kombination mit klinischen Konstellationen können ausreichend diagnostisch sein, sodass in diesen Fällen eine BAL von keinem Zusatznutzen ist [92 ]. Dies ist z. B. der Fall bei UIP-Muster und einem IPF-kompatiblen klinischen Bild ohne Hinweise auf eine andere ILD oder bei radiologischen Zeichen einer LAM und passenden weiteren Befunden.
Die BAL-Technik sowie die Referenzwerte der Differenzialzytologie sind international nicht standardisiert [93 ]. Es gibt jedoch eine Reihe von Leitlinien und Empfehlungen, die für den klinischen Einsatz gültig sind [92 ]
[94 ]
[95 ].
Die BAL-Befunde sollten nie isoliert interpretiert werden, sondern im Kontext von Klinik, Laborwerten und der Bildgebung. BAL und TBB werden häufig kombiniert angewendet und können komplementäre Befunde liefern. Bei bestimmten, meist seltenen ILDs ist der BAL-Befund sehr spezifisch oder sogar pathognomonisch, sodass ohne Weiteres eine Diagnose gestellt werden kann ([Tab. 11 ]). Viele dieser ILDs gehören zur Gruppe der alveolären Füllungssyndrome, bei denen die Alveolarräume mit pathologischem Material gefüllt sind, welches gut durch die BAL gewonnen werden kann [96 ].
Tab. 11
Diagnostische BAL-Befunde.
BAL-Befund
Diagnose
Pneumocystis jirovecii, Pilze, CMV-transformierte Zellen
opportunistische Infektion
milchiger bzw. bräunlich-trüber Rückgewinn, PAS-positive nicht-zelluläre Korpuskel, amorpher Debris, schaumige Makrophagen
Alveolarproteinose
Hämosiderin-beladene Makrophagen, intrazytosplasmatische Erythrozytenfragmente in Makrophagen
alveoläres Hämorrhagiesyndrom
maligne Zellen solider Tumoren, Lymphom-, Leukämiezellen
Malignität
Staubpartikel in Makrophagen, Asbestkörperchen
Staubexposition/Asbestose
Lipid-beladene Makrophagen (Fettfärbung)
chronische Aspiration
Eosinophile > 25 %
eosinophile Pneumonie
positiver Lymphozyten-Transformationstest auf Beryllium
chronische Berylliose
CD1a-positive Langerhans-Zellen vermehrt
Langerhanszell-Histiozytose
atypische hyperplastische Pneumozyten
diffuser Alveolarschaden, medikamenten-induzierte Reaktion
Bei anderen ILDs sind die BAL-Befunde nicht diagnostisch, sie können jedoch die Differenzialdiagnose eingrenzen, immer in der Gesamtschau der klinischen Befunde und nach Diskussion im ILD-Board. Die Liste dieser Krankheiten mit einem lymphozytären, neutrophilen, eosinophilen oder gemischten Zellmuster ist lang ([Tab. 12 ]) [97 ]. Bei einer Lymphozytose kann weiter differenziert werden in Krankheiten mit erhöhtem, normalem oder erniedrigten CD4-/CD8-Quotient. Beispiele sind die Sarkoidose, bei denen 50–60 % der Patient:innen einen erhöhten CD4-/CD8-Quotienten aufweisen, der Quotient kann jedoch bei 15 % auch erniedrigt sein [98 ]. Umgekehrt ist bei der exogen allergischen Alveolitis der Quotient meistens erniedrigt oder im Normbereich, kann jedoch v. a. bei chronischer EAA auch erhöht sein [99 ].
Tab. 12
Differenzialzytologie der BAL und assoziierte ILDs.
BAL-Differenzialzytologie
Mögliche Diagnosen
Neutrophilie (± Eosinophilie)
idiopathische pulmonale Fibrose, fibrotische nicht spezifische interstitielle Pneumonie, desquamative interstitielle Pneumonie, Kollagenosen, Asbestose, ARDS, bakterielle Pneumonie, Bronchiolitis
Eosinophilie
eosinophile Pneumonien, Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis, desquamative interstitielle Pneumonie, medikamenteninduziert
Lymphozytose
Sarkoidose, exogen allergische Alveolitis, kryptogene organisierende Pneumonie, zelluläre nicht spezifische interstitielle Pneumonie, medikamenteninduziert, lymphozytäre interstitielle Pneumonie, Kollagenosen
gemischtförmig (Lymphozyten/neutrophile Granulozyten/eosinophile Granulozyten)
kryptogene organisierende Pneumonie, chronische exogen allergische Alveolitis, nicht spezifische interstitielle Pneumonie, Kollagenosen
Rauchermakrophagen
respiratorische Bronchiolitis mit interstitieller Lungenerkrankung, desquamative interstitielle Pneumonie, Langerhanszell-Histiozytose
Schaumzellen
Amiodaron, exogen allergische Alveolitis
Folgenden Empfehlungen schließen wir uns an:
Empfehlungen zur BAL in der nationalen Leitlinie zur Diagnostik der IPF:
Bei allen Patient:innen mit neu entdeckter ILD unklarer Ursache und klinischem Verdacht auf eine IPF soll eine BAL durchgeführt werden, wenn das HRCT kein eindeutiges UIP-Muster zeigt. Bei Vorliegen eines UIP-Musters im HRCT kann eine BAL durchgeführt werden, wenn konkrete Hinweise für eine alternative Genese der Erkrankung vorliegen [100 ].
Empfehlungen zur BAL in der internationalen EAA-Leitlinie (ATS/JRS/ALAT):
Bei Patient:innen mit Hinweisen auf eine akute EAA ohne Fibrose im CT oder eine chronische EAA ohne Fibrose im CT soll eine BAL durchgeführt werden, bei Hinweisen auf eine chronische EAA mit Fibrose sollte eine BAL durchgeführt werden [71 ].
In einer Metaanalyse zur BAL-Lymphozytose bei chronischer EAA fand sich in 42 berücksichtigten Arbeiten ein gepoolter Mittelwert von 43 % Lymphozytose, in der Untergruppe mit fibrosierender EAA war er ähnlich hoch mit 44 %. Alle anderen ILDs hatten niedrige Prozentsätze, 10 % bei IPF, 23 % bei anderen IIPs, 23 % bei CTT-ILDs und 31 % bei Sarkoidose. Eine BAL-Lymphozytose von > 20 % hat eine Sensitivität von 68 % und Spezifizität von 73 %, eine chronische EAA von einer IPF zu unterscheiden [101 ]. Somit hat eine deutliche BAL-Lymphozytose einen diagnostischen Zusatznutzen zur Unterscheidung einer chronischen EAA von anderen fibrotischen ILDs [102 ].
Bei unbestimmbarem (indeterminate für) UIP-Muster im HRCT kann die BAL ebenfalls hilfreich sein. Es zeigte sich, dass bei diesen Patient:innen eine BAL-Lymphozytose von > 20 % bei 15 % zur Änderung der Diagnose führte, in den meisten Fällen von einer IPF zur exogen allergischen Alveolitis [103 ].
Bei Patient:innen mit fibrotischer ILD kann eine BAL-Lymphozytose ggf. darauf hinweisen, dass die Krankheit auf anti-inflammatorische Therapie ansprechen bzw. eine günstige Prognose aufweisen wird [104 ]
[105 ]
[106 ]. Bei Patient:innen mit systemischen Autoimmunkrankheiten korreliert eine leicht- bis mittelgradige Neutrophilie eher mit fortgeschrittener fibrotischer ILD [107 ].
Gewinnung von Biopsiematerial in der Diagnostik der ILD
Gewinnung von Biopsiematerial in der Diagnostik der ILD
Endobronchialer Ultraschall mit transbronchialer Nadelaspiration (EBUS-TBNA)
Bei unklarer mediastinaler bzw. hilärer Lymphadenopathie stellt der endobronchiale Ultraschall mit transbronchialer Nadelaspiration (EBUS-TBNA) heute die Methode der ersten Wahl in der Diagnostik dar. Im Gegensatz zu onkologischen Fragestellungen, bei welchen ein systematisches Lymphknoten-Staging unabdingbar ist [108 ], steht bei den ILD eine grundsätzliche Zytologie/Histologie-Gewinnung aus den (vergrößerten) Lymphknoten im Vordergrund. Das bronchoskopische Vorgehen unterscheidet sich im Hinblick auf die Materialgewinnung hierbei nicht von einem onkologischen Vorgehen [108 ]: Es sollten pro avisierter Lymphknoten-Station 2–3 repräsentative Proben gewonnen werden. Zudem sollte beachtet werden, dass teilweise auch der Endo-Ösophageale Ultraschall (EUS) mittels des EBUS-Bronchoskops einen geeigneten Zugang zu bestimmten Lymphknotenstationen darstellen kann (z. B. Stationen 2, 4 und 7).
Klassisches Indikationsgebiet für eine EBUS-TBNA bei den ILD stellt die Sarkoidose mit einer hohen diagnostischen Trefferwahrscheinlichkeit dar. Dabei müssen stets die weiteren Differenzialdiagnosen bedacht und auch dem Pathologen genannt werden (z. B. Tuberkulose, Lymphom, Lymphknoten-Metastasen etc.), ggf. empfiehlt sich auch eine mikrobiologische/mykobakterielle Kultur aus einem Aspirat. Eine nicht wegweisende EBUS-TBNA schließt die vermutete Verdachtsdiagnose nicht aus und erfordert ggf. ein invasiveres Vorgehen z. B. mittels Mediastinoskopie (CAVE: Narbenkeloide bei Sarkoidose).
Transbronchiale Zangenbiopsie in der Diagnostik der ILD
Transbronchiale Zangenbiopsie in der Diagnostik der ILD
Die transbronchiale Zangenbiopsie (TBB) eignet sich vorzugsweise für ILDs mit zentrilobulärer Verteilung, da auch Proben von wenigen Millimetern Größe zur Diagnosebestätigung ausreichend sein können. Die ideale Zahl der Proben ist von der Verteilung der zugrundeliegenden ILD (fleckig vs. diffus) abhängig und liegt zwischen 4 und 6 Proben [109 ]
[110 ]
[111 ]
[112 ]
[113 ]. Über die diagnostische Trefferquote der TBB in Abhängigkeit der genutzten Zange (gezahnte vs. gewölbte Schneidekante) liegt nur eine begrenzte Datenlage vor. Eine prospektive Beobachtungsstudie zeigte eine höhere Trefferquote durch die Anwendung einer gezahnten Zange [111 ], wobei eine prospektive randomisierte Studie an 150 Patient:innen mit V. a. Sarkoidose eine ähnliche Trefferquote für beide Zangenarten aufwies. Allerdings war die Komplikationsrate mit der gezahnten Zange höher [114 ]. Bei einer weiteren Studie an 44 Patient:innen unterschied sich die Trefferquote je nach Zangenart nicht, jedoch war die Komplikationsrate höher mit der gewölbten Zange [115 ]. Obwohl der diagnostische Wert der TBB bei den fibrosierenden ILDs sehr gering ist [116 ], können ggf. alternative Diagnosen wie z. B. Infekte mittels Zangenbiopsat ausschlossen werden [109 ]. Die internationale [117 ] und deutsche Leitlinie zur Diagnostik der IPF [100 ], die mehr als 900 Studien hinsichtlich der diagnostischen Rolle der TBB bei ILD berücksichtigte, schloss in ihre Analyse nur Studien ein, die die diagnostische Trefferquote der TBB auf der Grundlage von interdisziplinär-basierten Entscheidungen ermittelten [118 ]
[119 ]
[120 ]
[121 ]
[122 ]
[123 ]). Bei der Auswertung dieser Studien zeigte sich, dass die gewonnenen Proben in mehr als drei Viertel der Fälle qualitativ ausreichend waren (78 %), wobei in knapp der Hälfte (43 %) der Fälle eine spezifische Diagnose gestellt werden konnte (57 % blieben unklassifizierbar). Die diagnostische Trefferquote, ohne Berücksichtigung der Qualität der Proben, betrug 36 %. Eine erhebliche Einschränkung dieser Studien besteht darin, dass keine Stratifizierung der Patient:innen nach HRCT-Muster durchgeführt wurde. Die vor kurzem publizierte CHILL-Studie untersuchte die diagnostische Trefferquote der sequenziell durchgeführten Zangenbiopsie, Kryobiopsie und chirurgische Lungenbiopsie (durch VATS) bei Patient:innen mit Verdacht auf fibrosierende ILD; die endgültige Diagnose basierte auf einer multidisziplinären ILD-Board-Entscheidung [124 ]. Die Trefferquote der TBB war sehr niedrig (12,5 %) im Vergleich zur Kryobiopsie (62,5 %) und VATS (94 %). Die niedrige Patient:innen-Anzahl (n = 16) und die fachärztlich pathologische Auswertung durch nur eine Person sind allerdings als deutliche Limitation der Studie zu betrachten.
Zusammenfassend wird die TBB in der Diagnostik einer fibrosierenden ILD mit definitivem radiologischem UIP-Muster nicht empfohlen. Beim Vorliegen dieses Musters scheint wohl die Komplikationsrate der TBB mit 10 % höher als beim Vorliegen anderer Muster (siehe unten). Vereinzelte Prozeduren-bezogene Todesfälle wurden bei IPF nur in früheren Studien berichtet [100 ]
[125 ].
Bei den sonstigen ILDs ist die Datenlage anders zu bewerten. Obwohl bei exogen allergischer Alveolitis die genaue diagnostische Aussagekraft der TBB unbekannt ist [116 ]
[126 ], zeigt eine größere Studie an 155 Patient:innen mit einer mittels MDD bestätigten EAA-Diagnose, dass insgesamt 40 % der Proben charakteristische Histologie-Befunde für eine EAA aufwiesen. Hinweisende Befunde, wie Granulome, Riesenzellen, entzündliche Bronchiolitis oder zelluläre-interstitielle Infiltrate, wurden bei 46 % der Patient:innen mit chronischer EAA mit Fibrose im CT und 53 % mit chronischer EAA aber ohne Fibrose im CT nachgewiesen [127 ]. Die ATS-Leitlinie 2020 zur Diagnose der EAA gibt eine schwache positive Empfehlung zur Durchführung der TBB bei nicht-fibrotischer EAA, jedoch nicht bei fibrotischer EAA [71 ]. Ob eine bessere Trefferquote durch die Kombination von TBB und BAL-Differentialzytologie erreicht werden kann, muss durch weitere Studien validiert werden [116 ]
[128 ].
Bei Sarkoidose liegt die diagnostische Wertigkeit der TBB ohne EBUS bei 71 %, mit EBUS steigt sie auf 87 % [55 ]
[129 ]. Ergebnisse einer prospektiven, randomisierten, multizentrischen Studie mit Cross-Over-Design (TBB vs. TBLC) wiesen eine deutlich niedrigere Trefferquote für die durch TBB als TBLC gewonnenen Proben auf (35 % vs. 59 %) [130 ]. Wegen der niedrigen Fallzahl (n = 17) müssen die Ergebnisse dieser Subgruppenanalyse allerdings mit Vorsicht interpretiert werden.
Bezüglich anderer seltenerer ILDs ist eine (schwache) positive Empfehlung für die Durchführung der TBB in der Leitlinie zur Diagnostik der Lymphangioleiomyomatose zu finden [131 ]. Diese Empfehlung basiert auf insgesamt 12 Fallserien, die größte mit 109 Patient:innen aus China: Die berichtete Trefferquote betrug hier 50 % [132 ]. Zwei Umfragen bei über 1000 Patient:innen mit LAM erwiesen eine Trefferquote von 53 % bei insgesamt 63 Patient:innen, die eine TBB bekamen [133 ]. Man kann spekulieren, dass die Trefferquote der TBB von der Ausbreitung der zystischen Läsionen in der Lunge abhängt, wobei hierfür keine Evidenz vorliegt. Die Komplikationsrate betrug etwa 14 % (Pneumothoraces: 6 %). Bei zwei weiteren Fallserien war die Komplikationsrate mit 2 % deutlich niedriger [134 ]
[135 ]. Die Autoren der LL betonen, dass die TBB bei ausgewählten Patient:innen mit LAM durchgeführt werden sollte, nachdem das Komplikationsrisiko sorgfältig evaluiert worden ist.
Bei pulmonaler Alveolarproteinose kann eine TBB angedacht werden, wenn die Integration aller anderen Befunde (HRCT, BAL und Laborwerte) nicht weiterführend ist [136 ]. Eine japanische Studie an 150 Patient:innen mit Alveolarproteinose, die eine TBB und BAL erhielten, zeigte eine Trefferquote von 81 % allein und 98 % in Kombination mit der BAL [137 ]. Die Studie ergab ein Pneumothorax-Risiko in 3,5 % und minimale Blutungen in 7,0 % der Fälle.
Zusammenfassende Evidenz zur TBB
Bei Durchführung einer TBB zur diagnostischen Sicherung einer vermuteten idiopathischen interstitiellen Pneumonie bleiben etwa 64 % der Fälle unklassifizierbar. In 36 % der Fälle kann eine spezifische Diagnose erreicht und somit eine chirurgische Biopsie vermieden werden.
Bei ILDs wie der Sarkoidose und akuter oder chronischer EAA ohne Fibrose und bei selteneren diffusen Lungenparenchymerkrankungen kann eine Diagnose in 50–90 % der Fälle, abhängig von der Verteilung der Veränderungen, erreicht werden.
Eine transbronchiale Biopsie soll daher in der Diagnostik der ILD mit sicherem UIP-Muster im HRCT nicht durchgeführt werden [100 ], bei anderen fibrosierenden Mustern ist die Aussagekraft limitiert. Bei V. a. eine Sarkoidose wird eine TBB empfohlen.
Stellenwert der Kryobiopsie in der Diagnostik interstitieller Lungenerkrankungen
In der Diagnostik fibrosierender interstitieller Lungenerkrankungen (ILD) galt die chirurgische Lungenbiopsie bisher als Goldstandard zur Gewinnung von Lungengewebe. Als Alternative hat sich jedoch in den letzten Jahren die sog. transbronchiale Kryobiopsie (TBLC) etablieren können, die erstmalig im Jahr 2009 in der Diagnostik von ILDs beschrieben wurde [138 ]. Bei der TBLC wird eine Kryosonde über den Arbeitskanal eines flexiblen Bronchoskops in der Lungenperipherie platziert und aktiviert. Basierend auf dem Joule-Thomson-Effekt kommt es zu einer raschen Abkühlung der Spitze der Sonde. Dabei werden, in Abhängigkeit verschiedener Faktoren (z. B. dem Flaschendruck oder der Sondengröße), Temperaturen zwischen –35° C und –50° C an der Spitze der Sonde erreicht und das umliegende Gewebe angefroren, das dann aus dem Gewebeverband gelöst und extrahiert werden kann. Durch diese Technik lassen sich je nach verwendeter Sonde und Gefrierzeit Lungengewebsbiopsate mit einem Durchmesser zwischen ca. 5–10 mm gewinnen, die im Gegensatz zu Zangenbiopsien keine Quetschartefakte aufweisen.
Erstmalig empfahlen die Mitglieder der Deutschen IPF-Leitlinie im Jahr 2021 [139 ] auf dem Boden der damals vorliegenden Daten die TBLC der chirurgischen Biopsie aus mehreren Gründen in der Diagnostik der IPF vorzuziehen. Einerseits, da im Verhältnis die diagnostische Aussagekraft und die Nebenwirkungsraten im Vergleich zur chirurgischen Lungenbiopsie als vergleichbar betrachtet wurden und die Kosten der TBLC geringer als die einer chirurgischen Biopsie sind. Andererseits zeigen einige Daten, dass mittels TBLC auch Patient:innen mit einer fortgeschritteneren ILD im Gegensatz zu einer chirurgischen Lungenbiopsie mit vertretbarem Risiko biopsiert werden können. V. a. bei älteren und ggf. komorbiden Patient:innen würde dies die Rate an unklassifizierbaren Fällen reduzieren.
In der Vorbereitung der aktuellsten internationalen Leitlinie zur IPF und PPF wurde eine erneute systematische Literatursuche durchgeführt [140 ]. Diese fasste zusammen, dass die diagnostische Aussagekraft einer TBLC 80 % (95 %-KI 76–83 %) bei Patient:innen mit verschiedenen ILDs betrug. Komplikationen einer TBLC waren Blutungen in 30 % (95 %-KI 20–41 %) und ein Pneumothorax in 8 % (95 %-KI 6–11 %) der Fälle. Eine TBLC-assoziierte Mortalität, schwere Blutung, ein prolongierter Pneumothorax, akute Exazerbationen, respiratorisches Versagen und respiratorische Infekte waren sehr selten. Allerdings war die methodologische Qualität der Evidenz aufgrund unkontrollierten Studiendesigns, nicht konsekutiver Rekrutierung und inkonsistenter Ergebnisse sehr gering.
Die Expertengruppe schließt sich diesen Überlegungen an. Dies auch unter Berücksichtigung des Aspekts, dass eine TBLC weniger invasiv als eine chirurgische Lungenbiopsie ist.
Zusammenfassung zur TBLC
Bei Patient:innen mit V. a. eine fibrosierende ILD, bei denen interdisziplinär die Indikation zu einer Lungenbiospie gestellt wurde, soll – in Zentren mit Expertise in der Durchführung und histopathologischen Interpretation – eine transbronchiale Kryobiopsie als primäres Biopsieverfahren durchgeführt werden [117 ].
Die Leitliniengruppe empfiehlt (in Anlehnung an eine Expertenkommission [141 ], die Deutsche IPF-Leitlinie [100 ] und die Leitlinie der CHEST [142 ]) folgende Aspekte zur Technik und Sicherheit der transbronchialen Kryobiopsie unbedingt zu beachten ([Abb. 5 ]).
Abb. 5 Aspekte zur Lokalisation der TBLC [100 ]
[141 ]. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/020-028 [rerif]
Technikaspekte der TBLC
Wir empfehlen die TBLC in Intubation in tiefer Anästhesie oder Vollnarkose durchzuführen. Diese sollte in einem auch mit Notfallequipment ausgestatteten Endoskopie- oder OP-Raum durchgeführt werden.
Wir empfehlen für das Atemwegsmanagement entweder einen Tubus (idealerweise in Kombination mit einem Bronchusblocker/Fogarty-Katheter zur [präventiven] Blutungskontrolle) oder eine Bronchoskopie in starrer Technik. Hierbei kann ggf. auf eine Balloneinlage verzichtet werden.
Wir empfehlen, mindestens 2 Biopsien aus mindestens 2 verschiedenen Lokalisationen (entweder Segmenten oder Lappen) 1 cm von der viszeralen Pleura entfernt zu entnehmen. Falls möglich, sollten hierbei mindestens 5 mm durchmessende Kryobiopsien gewonnen werden.
Wir empfehlen für die TBLC eine kleinere Sonde (1,9 mm) zu verwenden.
Wir empfehlen, die Biopsien unter Durchleuchtung durchzuführen.
Ort und Anzahl der Biopsien sollten prä-interventionell festgelegt werden und nicht in Arealen ausgeprägter Fibrose erfolgen.
Die Interventionen sollten in einem Zentrum, das in der Durchführung solcher Eingriffe und des Komplikationsmanagements sehr erfahren ist, durchgeführt werden.
Sicherheitsaspekte der TBLC
Blutungsdiathesen, eine fortgeführte Medikation mit Antikoagulantien, mit Thienopyridinen, anderen neuen Thrombozytenaggregationshemmern sowie eine Thrombozytopenie mit Thrombozytenzahlen < 50 × 10–9 /L. Eine Monotherapie mit ASS 100 mg stellt keine Kontraindikation zu einer TBLC dar.
eine wahrscheinliche (PAPsys > 40 mmHg in der transthorakalen Echokardiografie) oder nachgewiesene pulmonale Hypertonie (PAPmean > 20 mmHg im Rechtsherzkatheter), da die Blutungsbereitschaft hierbei mutmaßlich erhöht ist.
eine relevante lungenfunktionelle Einschränkung mit einer FVC < 50 % und/oder DLCO-SB < 30 % Soll.
relevante Komorbiditäten (z. B. manifeste Herzinsuffizienz, schweres Lungenemphysem).
Chirurgische Lungenbiopsie in der Diagnostik der ILD
Die Indikation zur chirurgischen Lungenbiopsie soll interdisziplinär gestellt werden, optimalerweise in einer MDD-/ILD-Board. I.d.R. sollte eine chirurgische Biopsie nach nicht aussagekräftiger TBLC erfolgen.
Hintergrund: Im Jahr 2011 wurden erstmals gemeinsam von der ATS, ERS, JRS und ALAT offizielle Empfehlungen zur Diagnostik und dem Management der IPF veröffentlicht [143 ] und im Jahr 2018 [144 ] überarbeitet. Hier wird auf ein interdisziplinäres Team bestehend aus Spezialisten für interstitielle Lungenerkrankungen aus Pneumologie, Pathologie, Radiologie (und Thoraxchirurgie) verwiesen, in dem gemeinsam die Indikation zur chirurgischen Lungenbiopsie gestellt werden sollte.
Aus unserer Sicht soll eine Lungenbiopsie durch ein minimalinvasives Verfahren einer offenen Operation vorgezogen werden.
Hintergrund: Die chirurgische Lungenbiopsie ist seit mehr als einem halben Jahrhundert fester Bestandteil in der ILD-Diagnostik und wurde seit Mitte der 1950er- und 1960er-Jahre offen über eine Thorakotomie durchgeführt [145 ]
[146 ]
[147 ]. Mitte der 1990er-Jahre zeigten Krasna et al. die sichere Anwendung der thorakoskopisch durchgeführten Lungenbiopsie durch eine atypische Keilresektion mittels Klammernahtgerät bei ILD-Patient:innen [148 ]. In einer randomisiert kontrollieren Studie zeigten Miller et al. eine Nichtunterlegenheit der thorakoskopisch durchgeführten Lungenbiopsie bei 42 Patient:innen in Bezug auf postoperativen Wundschmerz, Schmerzmittelbedarf, Lungenfunktionsparameter, Drainage-Liegedauer, OP-Zeiten und Krankenhausaufenthaltsdauer [149 ].
Eine chirurgische Lungenbiopsie sollte aus mindestens zwei unterschiedlichen Lungenlappen an zuvor interdisziplinär festgelegter Lokalisation, basierend auf aktuellen CT-morphologisch identifizierten Veränderungen entnommen werden. Das Biopsiematerial darf dabei nicht gequetscht werden, um die Lungenarchitektur nicht zu verändern und Quetschartefakte zu verhindern. Bezirke mit ausgedehnter Fibrose sollten nicht biopsiert werden.
Hintergrund: Flint et al. hielten 1995 zunächst die Entnahme einer Lungenbiopsie aus einem zuvor radiologisch definierten Areal mit einem Durchmesser von 2 cm oder größer für ausreichend, um eine histopathologische Diagnose stellen zu können, da zwischen den einzelnen Proben pro Patient:in keine signifikanten Unterschiede gefunden werden können [150 ]. Auch Fibla et al. konnten im Rahmen ihrer retrospektiven Propensity Score Machting-Analyse mit 311 ILD-Patient:innen keinen signifikanten Unterschied bei der Diagnosestellung in Abhängigkeit von der Anzahl entnommener Biopsien nachweisen [151 ]. Khalil et al. wiesen bei Patient:innen, bei denen mehrere Lungenbiopsien entnommen wurden, eine signifikant längere Thoraxdrainagen-Verweildauer und einen längeren Krankenhausaufenthalt nach [152 ]. Im Gegensatz hierzu konnten Monaghan et al. [153 ] und Flaherty et al. [154 ] zeigen, dass in unterschiedlichen Lungenbiopsien aus unterschiedlichen Lungenlappen einer Patient:in unterschiedliche histopathologische Muster nachgewiesen werden können. Dies führte zu der Empfehlung zur Entnahme von mindestens zwei Lungenbiopsien aus unterschiedlichen Lungenlappen bei der 2008 publizierten Leitlinie der British Thoracic Society zur ILD-Diagnostik [155 ] und der 2011 veröffentlichten gemeinsamen Empfehlung der ATS/ERS/JRS/ALAT [143 ].
Die chirurgische Lungenbiopsie ist ein sicheres Verfahren mit hoher diagnostischer Treffsicherheit.
Hintergrund: Eine Literaturrecherche im Rahmen der überarbeiteten Empfehlungen zur Diagnostik und Management der IPF [156 ] schloss insgesamt 26 Studien ein: Wurde die diagnostische Treffsicherheit angegeben (11 von 26 Studien), war eine definitive Diagnose in 88,2 % der Fälle möglich. Die im Studien-Pooling ermittelte Mortalität (6 aus 26 Studien eingeschlossen) wird mit 1,7 % angegeben. Das perioperative Komplikationsspektrum umfasst Exacerbationen der Grunderkrankung mit 6,1 % (15 aus 26 Studien) sowie leichte (7 Studien) bis schwere (4 Studien) Blutungen in 0,8 % bzw. 0,2 % der durchgeführten Operationen. Von einer protrahierten Lungenparenchym-Fistelung wird in 13 der 26 Studien berichtet (5,9 %). Eine Infektion der Atemwege trat in 6,5 % der Patient:innen (9 Studien), neuropathische Schmerzen/Postthorakotomie-Syndrom in 4,5 % (1 Studie) und Wundheilungsstörungen in 3,3 % der Patient:innen (4 Studien) auf. Aufgrund des Studiendesigns – es handelt sich hauptsächlich um retrospektive Fallserien intubiert durchgeführter Operationen – gehen die Autor:innen von einer schwachen Datenlage als Basis ihrer Empfehlungen aus. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen zwei Registerstudien von Hutchinson et al. zur Morbidität und Mortalität nach chirurgischer Lungenbiopsie bei ungeklärter ILD in den USA zwischen 2000–2011 [14 ] sowie in England zwischen 1997–2008 [157 ]. In den USA konnten 32022 und in England 2820 Patient:innen analysiert werden. Die 30-Tages-Mortalität betrug in beiden Kohorten jeweils 1,7 %. Als Risikofaktoren für eine erhöhte Sterblichkeit konnten sowohl in den USA als auch England das männliche Geschlecht, ein fortgeschrittenes Alter, Komorbiditäten sowie ein offener Operationszugangsweg identifiziert werden. Eine retrospektive Analyse aus dem Jahr 2013 von Kayatta et al. definiert die chirurgische Lungenbiopsie als Goldstandard [158 ]. Hier wurde die operativ gewonnene Histologie mit der präoperativen HRCT-Bildgebung verglichen. Bildmorphologisch gelang eine Diagnosestellung bei 14,6 % der 194 eingeschlossenen Patient:innen, wohingegen die chirurgische Lungenbiopsie bei 88,6 % der Patient:innen zu einer Diagnose führte. Als Risikofaktoren für eine erhöhte 30-Tages-Mortalität wurden ein fortgeschrittenes Alter sowie präoperative Sauerstoff- und/oder Respirator-Abhängigkeit identifiziert. Sie führten dies jedoch auf die deutlich fortgeschrittene Grunderkrankung und nicht auf die chirurgische Prozedur per se zurück. Lieberman et al. kommen in ihrer retrospektiven Analyse von 47 Patient:innen nach chirurgischer Lungenbiopsie in 13 % der Fälle zu einer Änderung der präoperativ bestimmten Diagnose und zu einer Änderung des Therapieregimes bei 51,1 % aufgrund des Erkenntnisgewinns der chirurgischen Lungenbiopsie.
Empfehlung: Die Möglichkeit einer chirurgischen Lungenbiopsie unter Spontanatmung (sog. „Wach-VATS“) ist zu prüfen, insbesondere bei Vorliegen einer kompromittierten Lungenfunktion oder fehlender Narkosefähigkeit und soll nur von einem erfahrenen Team aus Thoraxchirurgie und Anästhesie durchgeführt werden.
Hintergrund: Im letzten Jahrzehnt wurden zunehmend beatmungsassoziierte Lungenschäden durch die übliche Doppellumenintubation und Einlungenventilation mit positiver Druckbeatmung beschrieben. Dies führte zu einer Zunahme von Lungenoperationen unter Spontanatmung bei Patient:innen mit einer Lungengerüsterkrankung [159 ]. Durch Vermeiden des Ventilator-assoziierten Barotraumas der Lunge und Verzicht auf eine übliche Muskelrelaxation im Rahmen der Narkose kann das perioperative Risiko von Patient:innen mit einer Lungengerüsterkrankung gesenkt werden [160 ]. Laut einer Umfrage unter Mitgliedern der Europäischen Gesellschaft für Thoraxchirurgie (ESTS) und der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie (DGT) wird die Indikation zur Operation unter Spontanatmung, insbesondere bei Vorliegen einer eingeschränkten Lungenfunktion oder einer Lungengerüsterkrankung gesehen [161 ]
[162 ]. In der englischsprachigen Literatur werden verschiedene Begriffe hierfür verwendet wie NIVATS (= non-intubated video-assisted thoracic surgery), AVATS (= awake video-assisted thoracic surgery), NITS (non-intubated thoracic surgery), MACTS (= monitored anesthesia care thoracic surgery) oder ATS (= awake thoracic surgery). Pompeo et al. konnten 2013 in ihrer Studie bei 30 ILD-Patient:innen in NIVATS-Technik eine Morbiditätsrate von 3,3 % bei fehlender Mortalität und einer diagnostischen Treffsicherheit von 97 % [163 ] aufzeigen. Kurihara et al. ermittelten in ihrer retrospektiven Auswertung von 44 ILD Patient:innen eine erhöhte Rate an ILD-Exazerbationen nach chirurgischer Lungenbiopsie, wenn diese in Intubationsnarkose durchgeführt wurde [164 ]. Eine retrospektive Multizenter-Fallserie mit 112 Patient:innen ergab eine Morbiditätsrate von 7,1 % bei fehlender Mortalität. Eine definitive histopathologische Diagnose konnte bei 96 % der Fälle erreicht werden. Peng et al. konnten zeigen, dass auch die Kombination von NIVATS und uniportaler Operation zur Biopsie der Lunge angewendet werden kann [165 ]. Kim et al. reviewten drei Studien zur chirurgischen Lungenbiopsie unter Spontanatmung und berichten von einer Morbiditätsrate zwischen 3,3 % und 7,0 % bei fehlender Mortalität [166 ].
Offizielle Leitlinien oder Empfehlungen, wer und wann eine Lungenoperation unter Spontanatmung durchgeführt werden kann, liegen nicht vor. Die aufgeführten Empfehlungen beruhen auf Einschätzungen von Expert:innen [167 ]
[168 ]
[169 ]
[170 ]
[171 ] und Umfragen unter erfahrenen Thoraxchirurg:innen in Europa [161 ], Deutschland [162 ] und China [172 ]:
(Relative) Kontraindikationen für eine chirurgische Lungenbiopsie:
FVC < 70 %, DLCO-SB < 50 %
schwieriger Atemweg
hämodynamische Instabilität
(Adipositas)
Koagulopathien, relevante pulmonale Hypertonie
neurologische Grunderkrankung mit erhöhtem Aspirationsrisiko, Anfallsleiden
schwere Hypoxämie oder Hyperkapnie
Indikationen zur perioperativen anästhesiologischen Konversion:
chirurgische Komplikation wie bspw. thorakoskopisch unkontrollierbare Blutung, pleurale Adhäsionen
schwere Hypoxämie (PaO2 < 60 %), Hyperkapnie (PaCO2 > 80 mmHg), Azidose (pH < 7,1)
hämodynamische Instabilität
persistierender Hustenreflex
exzessiver mediastinale oder Zwerchfellbewegungen
insuffiziente Lokalanästhesie
unzureichende Atelektase/Lungenkollaps
Histopathologische Interpretation der ILD-Muster
Histopathologische Interpretation der ILD-Muster
Die Histopathologie der ILDs ist ebenso wie die klinische Präsentation heterogen. Klassischerweise wurden die ILDs nach der Liebow-Klassifikation untergliedert. Diese Einteilung wurde im Verlauf kontinuierlich erweitert und nach dem aktuellen Stand der Forschung angepasst, wobei Entitäten zusammengefasst oder gänzlich entfernt sowie neue Entitäten aufgenommen wurden [173 ].
Histopathologische Untersuchungen
Die histologische ILD-Diagnostik fußt in erster Linie auf konventioneller Histologie mit Hämatoxylin-Eosin-Färbung, einer Bindegewebsfärbung (z. B. Elastica-van-Giesson oder Masson-Trichrom) und ggf. einer PAS-Färbung. Abhängig von den darstellbaren Veränderungen (z. B. bei granulomatöser Entzündung) sollten weitere Färbungen z. B. zur Suche nach spezifischen Erregern bei granulomatösen Erkrankungen erfolgen [174 ].
Immunhistochemische Färbemethoden spielen in der ILD-Diagnostik aktuell nur eine eingeschränkte Rolle. Eine Charakterisierung des entzündlichen Infiltrates bei ILDs z. B. in T- und B-zelluläre Komponente mit geeigneter Immunhistochemie in ausgewählten Fällen eine Hilfe in der weiteren Entscheidungsfindung sein. Je nach histologischer und klinischer Präsentation sowie radiologischem Befund kann z. B. auch eine Färbung für IgG4 erfolgen.
Im Gegensatz zu humangenetischen Untersuchungen spielen molekularpathologische Untersuchungen zurzeit in der klinischen Routinediagnostik der ILD (noch) keine Rolle. Eine molekularpathologische Aufarbeitung kann aber z. B. bei differentialdiagnostisch erwogenen Lymphomen oder bei der Frage nach spezifischen Erregern helfen.
Welche Anforderungen sollten in der ILD-Diagnostik an einen histopathologischen Bericht gestellt werden?
Ein Befund zu einer Biopsie mit der Fragestellung nach ILD sollte neben der Entnahmelokalisation der Proben die Entnahmetechnik (z. B. TBB, TBLC, chirurgische Lungenbiopsie etc.) sowie Größe und Repräsentativität der Probe vor dem Hintergrund der Fragestellung beschreiben.
Da sich die klinische, radiologische und histopathologische Terminologie insbesondere bei den Schädigungsmustern überlappen, sollte, um Missverständnissen vorzubeugen, im Befund eine Trennung zwischen der Beschreibung der histologischen Veränderungen (z. B. fibroblastäre Foci, alveolarseptale Fibrose etc.) und der Zuordnung zu den jeweiligen histologischen Mustern (z. B. UIP, NSIP) erfolgen. Dies empfiehlt sich insbesondere, da nur für einige wenige Muster (z. B. UIP) klare Diagnosekriterien international etabliert sind. Wenn vorhanden, sollte die sanerkannte Terminologie zur Einordnung der Muster angewendet werden (z. B. UIP nach ATS/ERS und deutscher Leitlinie) [100 ]
[125 ]. Die histologisch fassbaren Veränderungen sollten im Befundbericht in ein Spektrum an Differenzialdiagnosen eingeordnet werden.
Wann sollte eine referenzpathologische Untersuchung erfolgen?
Eine referenzpathologische Untersuchung sollte erfolgen, wenn die Ergebnisse der histopathologischen Untersuchung nicht zu dem klinischen Bild passen oder ein komplexes Bild mit unklaren oder einem Nebeneinander von mehreren Mustern beobachtet wird. Zudem sollte in Institutionen, welche selten mit ILD-Biopsien konfrontiert werden, eine referenzpathologische Untersuchung niederschwellig erwogen werden.
Welche histologischen Muster finden sich bei spezifischen ILDs?
Eine Übersicht über die bei den jeweiligen ILD zu findenden histopathologischen Muster findet sich in [Abb. 6 ] und relevante histologische Muster sind in [Abb. 7 ] dargestellt.
Abb. 6 Übersicht über die typischen histologischen Muster bei interstitiellen Lungenerkrankungen, Quelle: [175 ]. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/020-028 [rerif]
Abb. 7 Charakteristische Muster interstitieller Lungenerkrankungen. a Gewöhnliche interstitielle Pneumonie (UIP) mit Architekturstörung des Lungenparenchyms und fibroblastären Foci. b Nicht-spezifische interstitielle Pneumonie (NSIP; fibrotische Form) mit homogener alveolarseptaler Fibrose. c Nicht-nekrotisierende Epitheloidzellgranulome, organisierende Pneumonie und Pneumonitis bei exogen allergischer Alveolitis sowie d Nicht-nekrotisierende Epitheloidzellgranulome und Fibrose bei Sarkoidose. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/020-028 [rerif]
In den meisten Fällen können keine abschließenden Diagnosen aus den histologisch aufgreifbaren Veränderungen abgleitet werden. Vielmehr werden diese zu Schädigungsmustern zusammengefasst, welche im klinischen Kontext wiederum für bestimmte Grunderkrankungen sprechen. In einigen Fällen erlauben spezifische histologische Veränderungen allerdings eine sichere Diagnose (z. B. Langerhanszell-Histozytose oder LAM). In einigen Fällen wie Sarkoidose und manchmal bei der EAA können die histologischen Veränderungen sehr charakteristisch sein und erlauben nach sorgfältigem Ausschluss einer z. B. infektiösen oder medikamentös/toxischen Genese eine genauere Zuordnung.
Multidisziplinäre Diskussion der klinischen, radiologischen und histologischen Befunde
Multidisziplinäre Diskussion der klinischen, radiologischen und histologischen Befunde
Eine sichere diagnostische Abgrenzung der einzelnen ILD-Entitäten ist aufgrund der Vielzahl an Erkrankungsbildern mit unterschiedlicher Prognose und Therapie essentiell. Die Diagnosestellung erfordert eine Zusammenschau aller klinischen, radiologischen und ggf. pathologischen Befunde in Form einer multidisziplinären Diskussion (MDD). Die MDD/das ILD-Board stellt den Goldstandard bei der Diagnostik interstitieller Lungenerkrankungen dar [176 ]
[177 ]. Mehrere Studien konnten zeigen, dass die MDD in einem Expertenzentrum die diagnostische Genauigkeit und Diagnosesicherheit („confidence“) bei ILDs verbessert und häufig zu Änderungen der vor der MDD festgelegten bzw. vermuteten ILD-Diagnose und des Behandlungsregimes führt. Weiterhin konnte nachgewiesen werden, dass die MDD in einem Expertenzentrum häufig eine Diagnosestellung bei bis dato unklarer ILD-Diagnose ermöglicht, d. h. die Anzahl unklassifizierbarer ILDs wird reduziert [178 ]
[179 ]
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[181 ]
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[183 ].
Die MDD/ILD-Board kann als Präsenzveranstaltung und/oder digital, ggf. hybrid als Videokonferenz durchgeführt werden und findet üblicherweise wöchentlich, 14-tägig oder monatlich statt. Obligate Teilnehmer sind ein auf dem Gebiet des ILDs erfahrene Teilnehmende aus der Pneumologie, (Thorax-)Radiologie und (Thorax-)Pathologie (sofern eine Histopathologie vorliegt). Wünschenswert ist zudem eine Vertretung der Rheumatologie, in jedem Falle sollte bei V. a. eine rheumatische Grunderkrankung der ILD und zur Interpretation immunserologischer Befunde ein:e Rheumatolog:in hinzugezogen werden. Weitere fakultative teilnehmende Disziplinen sind: Arbeitsmedizin, Thoraxchirurgie, Genetik, Palliativmedizin, spezialisierte Pflegende (sog. „ILD-Nurses“) und wenn möglich und indiziert Expert:innen in Bezug auf eine Lungentransplantation [177 ]. Der Ablauf der Vorstellung eines Falles im ILD-Board erfolgt standardisiert: Nach klinischer Vorstellung erfolgt die Präsentation/Visualisierung des HRCT und ggf. der histopathologischen Schnitte mit anschließender Diskussion und Festlegung der finalen Diagnose (sofern bereits möglich) und des weiteren diagnostischen bzw. therapeutischen Prozedere. Ggf. erfolgt eine zweite Vorstellung des Falles nach erfolgter (weiterführender) Diagnostik.
Im Folgenden sind die wichtigsten Indikationen für die Vorstellung in einem ILD-Board zusammengefasst (siehe auch [Abb.2 ] – ILD-Diagnostik):
Nach Vorliegen aller klinischen Befunde und des HRCT zur Festlegung des weiteren Prozedere.
Anmerkung: Zu diesem Zeitpunkt soll in einem ersten ILD-Board primär die Frage beantwortet werden, ob eine weitergehende invasive Diagnostik (BAL, Biopsie) notwendig ist oder eine konfidente Diagnose auch ohne invasive Untersuchungen gestellt werden kann.
Nach Eingang der invasiven Diagnostik (BAL, Lungenbiopsie) sollen die endgültige Diagnose und das weitere Prozedere in einer zweiten MDD festgelegt werden) [139 ].
Anmerkung: Der besondere Wert der zweiten MDD zeigt sich bei Nachweis eines histopathologischen Musters, das bei verschiedenen ILD-Formen vorkommen kann (z. B. UIP-Muster) und bei diskordanten radiologischen und pathologischen Befunden (z. B. HRCT: nicht vereinbar mit UIP; Histologie: UIP).
Invasive Diagnostik, insbesondere Lungenbiopsie, notwendig, aber nicht durchführbar.
Anmerkung: Ziel ist die Erstellung einer Arbeitshypothese bzgl. der wahrscheinlichsten ILD-Entität unter Berücksichtigung von Klinik, Demografie, Raucherstatus, BAL, Krankheitsverlauf, Therapieansprache etc. Auch der Grad der diagnostischen Sicherheit der Arbeitshypothese sollte angegeben werden.
Re-evaluation von Patient:innen, deren longitudinaler Verlauf nicht zur ursprünglich festgelegten ILD.Board-Diagnose passt oder bei denen neue Erkenntnisse/Untersuchungsergebnisse vorliegen.
Für jede Patient:in soll ein Protokoll zur Vorstellung im ILD-Board und zur Ergebnisdokumentation erstellt werden. Dieses Protokoll besteht aus mehreren Abschnitten:
Datum/Teilnehmende des ILD-Boards
Anamnese und Vorbefunde Dies umfasst wie oben aufgeführt u. a. demografische Merkmale, die Symptomatik/Dynamik der Symptome, Raucheranamnese, Anamnese hinsichtlich bekannter Auslöser einer ILD (z. B. Medikamente, inhalative Noxen, rheumatisch-entzündliche Systemerkrankungen), Arbeitsanamnese, Familienanamnese und wichtige Vorbefunde (Lungenfunktion, Autoimmunserologie, EAA-Screening/spezifische IgG-Antikörper, BAL-Zellzahl und Zelldifferenzierung, Mikrobiologie)
Festlegung des weiteren Prozedere weitere Diagnostik erforderlich (z. B. chirurgische Biopsie, HRCT in Expiration)? Therapieempfehlung (medikamentös, nicht-medikamentös), ggf. Wiedervorstellung im ILD-Board?
Ein Vorschlag für ein derartiges ILD-Board-Protokoll ist im Supplement aufgeführt.
Fallstricke in der ILD-Diagnostik
Fallstricke in der ILD-Diagnostik
Die frühzeitige, korrekte Diagnose einer ILD-Entität ist nicht nur für die Prognose und Therapie einer Patient:in entscheidend, sondern auch für die Evaluation bezüglich Studieneinschluss oder Transplantationsevaluation. Daher sollten in einem multidisziplinären Ansatz alle Befunde und Informationen gründlich evaluiert werden (siehe Kapitel „Multidisziplinäre Diskussion der klinischen, radiologischen und histologischen Befunde“). Es gibt jedoch einige Fallstricke/Pitfalls, die die korrekte Diagnose verzögern bzw. erschweren können.
Trockener Husten und Belastungsdyspnoe (die häufigsten Symptome zu Beginn einer ILD) können initial schleichend beginnen und daher übersehen oder als altersbedingt gewertet bzw. einem Raucherstatus zugeschrieben werden [184 ]
[185 ]. Bei Erstvorstellung im ILD-Zentrum können 13,7 % der Patient:innen eine normale FVC (definiert als > 80 % Referenzwert) und 1,3 % eine normale FVC und normale DLCOc/VA (ebenfalls definiert als > 80 % Referenzwert) aufweisen [186 ]. Funktionell lässt sich meist eine Restriktion nachweisen, aber auch eine obstruktive Ventilationsstörung, wie z. B. bei Patient:innen mit EAA, Sarkoidose, LAM, LHC oder Vaskulitiden. Begleiterkrankungen wie ein Lungenemphysem oder eine pulmonale Hypertonie können ebenfalls Einfluss auf die Ergebnisse der Lungenfunktionsmessung nehmen. Bei einer obstruktiven Ventilationsstörung sollte daher eine ILD nicht automatisch ausgeschlossen werden. Differenzialdiagnostisch muss hier jedoch immer auch an andere obstruktive Atemwegserkrankungen wie bspw. die COPD, Asthma, Tumoren, Bronchiektasen oder zystische Fibrose u. a. gedacht werden.
Eine Herausforderung stellt die Evaluierung der ILD-Entität dar. Aufgrund von Komorbiditäten, lungenfunktionellen Einschränkungen und/oder fortgeschrittenem Alter ist bei Nachweis einer ILD im HRCT bei manchen Patient:innen eine Histologiegewinnung nicht möglich. Dabei konnte gezeigt werden, dass der histopathologische Befund in der multidisziplinären Diskussion (ILD-Board) den größten Einfluss auf die finale Diagnose hat, gerade wenn der initiale klinische/radiologische Befund nicht eine IPF/UIP ist [178 ]. Im klinischen Alltag wird hier teilweise eine probatorische Glukokortikoide-Therapie initiiert, ohne weitere Abklärungen der ILD-Entität einzuleiten. Davon wird von den Autor:innen dieses Konsensuspapiers abgeraten. Außerhalb von ILD-Zentren kann es aufgrund von mangelnder Erfahrung sowie bei unzureichender Qualität der radiologischen und histologischen Befunde zu Verzögerungen der Erhebung relevanter Befunde kommen [185 ]
[187 ]. So konnte in einer amerikanischen Studie gezeigt werden, dass die Übereinstimmung bei ILD-Diagnosen innerhalb von akademischen Zentren (kappa = 0,55–0,71) besser zu sein scheint als bei nicht-spezialisierten Ärzt:innen (kappa = 0,32–0,44) [179 ]. Die Vorstellung im multidisziplinären ILD-Board ist dabei essenziell. So konnte gezeigt werden, dass nach Präsentation der histologischen Befunde Radiolog:innen häufiger ihren Befund ändern als Pneumolog:innen. Außerdem nimmt die Sicherheit einer Diagnose zu, je mehr Informationen (Klinik, Radiologie, Histologie) zur Verfügung stehen [178 ].
Bei der Gewinnung und Interpretation der Histologie sei außerdem auf die Heterogenität der Biopsate hingewiesen. In einer Studie kam es zwischen einzelnen chirurgischen Lungenbiopsien verschiedener Lappen bei 26 % zu abweichenden Diagnosen [188 ]. Dabei war bei einem diskordanten Muster (UIP in einem Lappen, NSIP in einem anderen Lappen) die Prognose genauso schlecht wie bei UIP in allen Lappen. V. a. die Diagnose der NSIP (und im Speziellen die Abgrenzung zur UIP) führt zu unterschiedlichen pathologischen Befundungen [189 ]. Die Diskriminierung zwischen UIP und NSIP ist jedoch wichtig, da eine NSIP im Gegensatz zur UIP auf eine immunsuppressive Therapie ansprechen kann. Je mehr Biopsien vorliegen, desto fundierter fällt die Beurteilung der Pathologie aus [189 ]. In Zukunft könnten molekulare Techniken vielleicht dabei helfen, die diagnostische Genauigkeit zu verbessern [190 ]. In manchen Fällen kann die Histologie jedoch nicht zur Diagnosefindung beitragen. Dies kommt v. a. vor, wenn aus der „falschen“ Region biopsiert wurde und sich entweder: 1.) Normalbefunde, 2. nicht mehr eindeutig beurteilbares „Endstadiumsgewebe“ oder 3.) nicht einer bestimmten ILD-Form zuordenbare Befunde ergeben [185 ].
Bei einem UIP-Muster muss man differenzialdiagnostisch zur IPF an zahlreiche andere Erkrankungen denken wie die ILD im Rahmen von rheumatologischen Erkrankungen, chronische EAA, Asbestose oder auch Medikamenten-induzierte ILD (siehe www.pneumotox.de ). Da sich eine EAA von einer IPF klinisch wie radiologisch ggf. nur sehr schwer unterscheiden lässt, kann es nach bereits etablierter IPF-Diagnose im Verlauf zur Umklassifizierung zu einer EAA kommen. In einer monozentrischen Studie kam es bei 43 % der Patient:innen im Verlauf von 6 Jahren zu einer Änderung der Diagnose von IPF zu EAA aufgrund neuer Befunde (Exposition, chirurgische Lungenbiopsie, BAL und IgG) [191 ]. Eine ILD kann außerdem das erste Manifestationsmerkmal einer entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sein und beim Fehlen einer gründlichen Untersuchung kann eine zugrunde liegende autoimmune Genese auch übersehen werden [184 ]
[192 ]. Da die IPF grundsätzlich bei Patient:innen unter 50 Jahren selten ist, sollte der Verdacht auf eine zugrunde liegende rheumatologische Erkrankung (v. a. bei jungen, weiblichen Patientinnen) so hoch sein, dass ggf. eine bei Erstvorstellung noch subklinische Kollagenose zugrunde liegt. Bei diesen Patient:innen sollten daher im Verlauf wiederholt serologische Tests und klinische Untersuchungen erfolgen. Auf der anderen Seite können auch bei ca. 25–30 % der gesunden Erwachsenen ANA-Titer nachgewiesen werden [193 ], v. a. bei Frauen mit zunehmendem Alter [194 ]
[195 ]. Neben Systemerkrankungen ist bei einem frühen Auftreten einer ILD auch an eine familiäre/genetische Komponente zu denken.
Bei den serologischen Befunden ist zu beachten, dass bei über 50 % der Patient:innen mit chronisch-fibrosierender EAA kein krankheitserregendes Antigen identifiziert werden kann [196 ]. Auf der anderen Seite können spezifische IgG-Antikörper bei 20–50 % der Antigen-exponierten, asymptomatischen Personen (in niedriger Konzentration) und auch bei 1–8 % der gesunden Bevölkerung ohne Exposition (in niedriger Konzentration) nachgewiesen werden [197 ]. Der Nachweis eines spezifischen IgG-Antikörpers sollte daher immer mit der Anamnese und somit auch der Exposition zusammenpassen. Auf der anderen Seite schließt ein fehlender IgG-Nachweis („seronegative“ EAA) eine EAA nicht aus, da u. a. eine längere Antigenkarenz von 6–12 Monaten zu einem Verschwinden der Antikörper führen kann [72 ]
[73 ]. Vorsicht gilt auch bei der Interpretation von Autoantikörpern. Diese konnten bei 35 % der Patient:innen mit chronischer EAA nachgewiesen werden [198 ].
Trotz ausführlicher Diagnostik und multidisziplinärer Evaluation bleibt bei einem Teil der Patient:innen mit ILD die Ursache der Lungengerüstveränderung unklar. In diesen Fällen muss die Diagnose einer „unklassifizierbaren ILD“ gestellt werden. Laut einer Meta-Analyse betrifft dies 11,9 % (95 %-KI 8,5–15,6 %), wobei die Prävalenz unklassifizierbarer ILDs in Zentren mit einem interdisziplinären ILD niedriger ist (9,5 % vs. 14,5 %) [199 ]. Dies unterstreicht den Stellenwert des multidisziplinären Austauschs.
Bei der Beurteilung und Behandlung von Patient:innen mit ILD müssen außerdem Komorbiditäten beachtet werden, da sie einen entscheidenden Einfluss auf den Krankheitsverlauf und das Überleben haben können. Dazu zählen neben respiratorischen Begleiterkrankungen wie Lungentumor, Lungenemphysem, obstruktives Schlafapnoe-Syndrom und pulmonale Hypertonie auch kardiovaskuläre Erkrankungen wie die koronare Herzerkrankung oder Thrombosen, gastrointestinale Erkrankungen wie der gastro-oesophageale Reflux, metabolische Erkrankungen wie der Diabetes mellitus oder eine Hypothyreose und psychiatrische Erkrankungen wie die Angststörung oder eine Depression [200 ].