Arthritis und Rheuma 2023; 43(03): 201-202
DOI: 10.1055/a-2021-2495
Verbandsnachrichten
Nachrichten des Verbandes Rheumatologischer Akutkliniken e. V.

Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) und des Verband Rheumatologischer Akutkliniken (VRA) zum „AOP-Vertrag“ für die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)

 

Präambel

Der zwischen dem GKV-Spitzenverband, Berlin, der Deutschen Krankenhausgesellschaft e. V., Berlin, und der kassenärztlichen Bundesvereinigung, Berlin, geschlossene Vertrag (Gültigkeit ab 1. Januar 2023) nach § 115b Abs. 1 SGB V beinhaltet einheitliche Rahmenbedingungen für „Ambulantes Operieren, sonstige stationsersetzende Eingriffe und stationsersetzende Behandlungen im Krankenhaus – (AOP-Vertrag)“.

Der AOP-Vertrag zielt darauf ab, auf der Basis des § 39 SGB V nicht notwendige vollstationäre Krankenhausbehandlungen zu vermeiden, eine patientengerechte und wirtschaftliche Versorgung zu sichern und hierbei die Kooperation zwischen vertragsärztlichem Bereich und Krankenhausbereich zu verbessern, einschließlich der gemeinsamen Nutzung von Operationskapazitäten im Krankenhaus.

Mit der Neufassung des AOP-Vertrages 2023 nehmen die Vertragsparteien die Umsetzung des gesetzlichen Auftrages aus dem MDK- Reformgesetz vom 14. Dezember 2019 auf. Die Umsetzung soll bis zum 31. Dezember 2023 abgeschlossen sein.

Im § 2 (Zugang der Patienten zu Leistungen nach § 115 b SGB V) des AOP-Vertrages wird ausgeführt, dass aus dem in Anlage 1 des Vertrages beigefügten „Katalog ambulant durchführbarer Operationen, sonstiger stationsersetzender Eingriffe und stationsersetzender Behandlungen“ nicht die Verpflichtung hergeleitet werden kann, dass die dort aufgeführten Eingriffe ausschließlich ambulant zu erbringen sind.

So ist der Krankenhausarzt gemäß Vertrag verpflichtet, „in jedem Einzelfall zu prüfen, ob Art und Schwere der beabsichtigten Leistung unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes des Patienten die ambulante Durchführung nach den Regeln der ärztlichen Kunst mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten erlauben. Zugleich muss sich der verantwortliche Arzt vergewissern und dafür Sorge tragen, dass der Patient nach Entlassung aus der unmittelbaren Betreuung des behandelnden Arztes auch im häuslichen Bereich sowohl ärztlich als gegebenenfalls auch pflegerisch angemessen versorgt wird. Die Entscheidung ist zu dokumentieren“.

Nach § 7 des Vertrages (Unterrichtung des weiterbehandelnden Vertragsarztes) ist der weiterbehandelnde Vertragsarzt obligat zu unterrichten über die Diagnose, die Therapieangaben, die angezeigten Rehabilitationsmaßnahmen sowie die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit.

Schließlich sei noch der § 8 genannt (Allgemeine Tatbestände, bei deren Vorliegen die stationäre Durchführung von Leistungen gemäß Anlage 1 erforderlich sein kann [Kontextfaktoren]) hinsichtlich in der nachstehend aufgeführten Stellungnahme der DGRh und des VRA gegenüber der DGIM.

In 4 Unterpunkten nimmt der § 8 des AOP-Vertrages Stellung zu allgemeinen Tatbeständen (im folgenden Kontextfaktoren), welche in der Anlage 2 des Vertrages aufgelistet sind. Mithilfe dieser Kontextfaktoren soll die stationäre Durchführung einer Leistung nach § 3 begründet werden, welche sonst regelhaft ambulant erbracht werden könnte. Bei Vorlage entsprechender vertretbarer medizinischer Gründe kann aber selbst bei Vorliegen mehrerer Kontextfaktoren jede Leistung auch ambulant erbracht werden.

Bestehen medizinische Gründe außerhalb der Kontextfaktoren oder soziale Gründe, die eine Versorgung des Patienten in der Häuslichkeit nicht sicherstellen und dadurch der medizinische Behandlungserfolg gefährdet ist, sind diese Gründe bei einer stationären Leistung nach Anlage 1 im Einzelfall darzustellen. Zu den in der vorliegenden Präambel beschriebenen § 2, 7 und 8 des AOP-Vertrages (insgesamt 24 Paragrafen) geben die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) und der Verband der Rheumatologischen Akutkliniken (VRA) nachfolgende Stellungnahme ab.


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Unterstützende und fachbezogene Stellungnahme gegenüber der DGIM

Basierend auf der getroffenen Abstimmung und dem Beschluss in der von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) durchgeführten virtuellen Konferenz am 8. März 2023 mit Vertretern verschiedener medizinischer Fachgesellschaften, Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK), Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), ist eine gemeinsame Positionierung der DGIM und weiterer internistischer Fachgesellschaften zu dem vorliegenden AOP-Vertrag vereinbart worden.

Die DGRh wurde, wie auch alle anderen internistischen Fachgesellschaften, nicht in die Vertragsgestaltung eingebunden. Die medizinische Fachexpertise und Jahrzehnte lange Erfahrung in der stationären Versorgung von Menschen mit internistischen Erkrankungen fanden bisher keine Berücksichtigung bei der Vertragsschließung zwischen dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV), der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

In dem im § 2 und § 7 des AOP-Vertrages aufgeführten jeweiligen Handlungsrahmen des Krankenhausarztes werden verpflichtende Forderungen hinsichtlich der ambulanten Versorgung der Patienten genannt. Diese sollten einer juristischen Überprüfung zugeführt werden auch mit dem Ziel, inwieweit die Haftpflichtversicherer eines jeweiligen Krankenhausträgers in diesen Fällen die Haftung übernehmen.

Die in der Anlage 1 aufgeführten ambulanten Leistungen gemäß § 115 b SGB V mit insgesamt 3089 OPS-Kodes weisen im Schwerpunkt chirurgisch-therapeutische Maßnahmen/Interventionen auf. Zudem sind hier einzelne Interventionen aufgelistet, die auch internistische Fachgesellschaften betreffen, wie zum Beispiel die Schwerpunkte Kardiologie und Gastroenterologie.

Im Rahmen der virtuellen Konferenz der DGIM am 8. März 2023 bestand bei den anwesenden Vertretern einzelner Fachgesellschaften darüber Konsens, dass fachbezogene Stellungnahmen durch die jeweilige Fachgesellschaft erfolgen sollten. Für die Rheumatologie ist in diesem Zusammenhang kein stationsersetzender Eingriff oder stationsersetzende Handlung in der Anlage 1 des AOP-Vertrages aufgeführt.

Jedoch in Kenntnis der Tatsache, dass die in Anlage 2 aufgelisteten Kontextfaktoren am 1. Januar 2023 die G-AEP-Kriterien als Grundlage für die Beurteilung der Notwendigkeit stationärer Behandlungen aus dem Jahr 2004 abgelöst haben, betrifft dies durchaus auch die sachgerechte akutstationäre Versorgung von Menschen mit rheumatischen Erkrankungen.

Neben dem wichtigen Schulterschluss aller internistischen Fachrichtungen hinsichtlich der gemeinsamen Stellungnahme die Kritikpunkte des AOP-Vertrages betreffend, gilt es die Ambulantisierung im deutschen Gesundheitswesen mit einer hohen qualitativen Versorgung umzusetzen.

Wie von den bei der Konferenz anwesenden Vertretern der Fachgesellschaften bereits benannt, sehen wir gravierende Mängel bei den bisher definierten Kontextfaktoren, wie auch die unzureichende/fehlende Berücksichtigung sozialer Faktoren, die bei den G-AEP-Kriterien noch sachgerecht aufgeführt waren. Die DGRh fordert daher gemeinsam mit der DGIM die zukünftige gesundheitspolitische Einbindung bei der Vertragsgestaltung mit sachgerechter Anpassung der Kontextfaktoren.

Denn nur unter Berücksichtigung der medizinischen und wissenschaftlichen Fachexpertise der internistischen Fachgesellschaften können die Vertragsparteien den geplanten zweiten Umsetzungsschritt zum 1. Januar 2024 dem gesetzlichen Auftrag gemäß § 115 SGB V sachgerecht vollständig umsetzen, insbesondere hinsichtlich einer vollständigen Überarbeitung des AOP-Vertrages und einer Erweiterung des AOP-Kataloges um Leistungen mit komplexerer Regelungserfordernis.

Der Ankündigung, dass die Vertragsparteien die Anwendung der Kontextfaktoren bis spätestens zum 31. Dezember 2024 evaluieren und auf dieser Grundlage eine Weiterentwicklung der Kontextfaktoren vornehmen, sollte von den internistischen Fachgesellschaften entgegengetreten werden. Denn die vorliegenden Kontextfaktoren sind unvollständig und sollten daher zum Beispiel in den nachstehend aufgeführten Punkten möglichst schnell ergänzt werden:

Die Liste von stationär durchgeführten OPS-Kodes muss erweitert werden

  • Die Liste von stationär zu behandelnden Diagnosen (ICD-10-Kodes) muss erweitert werden (hier ist nicht eine entzündlich rheumatische Erkrankung genannt wie z. B. aus dem Spektrum der Kollagenosen und Vaskulitiden oder den autoinflammatorischen Erkrankungen, die im aktiven Stadium mit schweren Funktionseinbußen, Fieber, Schmerzen und drohendem Organverlust einhergehen können. Es fehlen weitere Diagnosen wie zum Beispiel Demenz und Koagulopathien).

  • Die Operationalisierung über Pflegegrad und Barthel-Index sind als Eckpunkte nicht ausreichend für eine sachgerechte Bewertung der Notwendigkeit einer stationären Versorgung (hier müssen z. B. auch schwere motorische, schmerzbedingte bzw. kognitive Funktionseinschränkungen berücksichtigt werden).

  • Die alleinige Berücksichtigung der unteren Altersgrenze (bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres) ist nicht ausreichend.

Die demografische Entwicklung in Deutschland führt zu einem deutlichen Anstieg der akutstationären Versorgung von Menschen oberhalb des 70. Lebensjahres mit Multimorbidität und Frailty. In der vorliegenden Version des AOP-Vertrages können mit den hier bisher aufgeführten Kontextfaktoren die G-AEP-Kriterien nicht sachgerecht abgebildet werden. Die durch viele internistische Erkrankungen ausgelösten Krankheitszustände wie auch Krankheitslasten sind bei Hinzuziehung der G-AEP- Kriterien viel korrekter und sachgerechter abgebildet als es bislang im AOP-Vertrag der Fall ist. Hier erfüllen viele Unterpunkte bereits den Status eines Kontextfaktors auch ohne die Kombination mit weiteren Unterpunkten.

Auch soziale Faktoren (mangelnde häusliche Versorgung bei auch nur vorübergehend unzureichender Selbstversorgungsfähigkeit, unzumutbare Transportwege bei nur wohnortfern durchzuführenden speziellen Behandlungen) fehlen unseres Erachtens im AOP-Vertrag bzw. der Anlage 2.

Eine Korrektur um diese allgemeinen, nicht fachspezifischen Kontextfaktoren würde helfen, die Rate an Fehlbelegungsprüfungen durch den Medizinischen Dienst, auch für stationäre Behandlungen in der Inneren Medizin, nicht ausufern zu lassen.

(Stellungnahme vom 16.03.2023)

Prof. Dr. Heinz-Jürgen Lakomek, Geschäftsführer der VRA

Prof. Dr. Christof Specker, Präsident der DGRh

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Verantwortlich für den Inhalt

Prof. Dr. med. Heinz-Jürgen Lakomek

Geschäftsführer, Verband rheumatologischer Akutkliniken e. V.

E-Mail: lakomek@vraev.de


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Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
21. Juni 2023

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