Schlüsselwörter
Myokarditis - Kindesalter - Diagnostik - Therapie
Key words
myocardits - childhood - diagnosis - treatments
Abkürzungsverzeichnis
AED Automatisierter externer Defibrillator
AV atrioventrikulär
BNP Brain natiuretic peptide
CK Kreatinkinase
CK-MB Kreatinkinase muscle brain-type
CMRT Kardiale Magnetresonanztomographie
CMV Cytomegalievirus
DCM Dilatative Kardiomyopathie
EMB Endomyokardbiopsie
ECV Extracellulärvolumen
EKG Elektrokardiogramm
HIV Humanes Immundefizienz-Virus
ICD Implantierbarer Cardioverter-Defibrillator
IL-6 Interleukin-6
IL-1ß Interleukin-1ß
LGE Late Gadolinium Enhancement
LV Linker Ventrikel
LVEF Linksventrikuläre Ejektionsfraktion
MIS-C Multisystem Inflammatory Syndrome in Children
MRT Magnetresonanztomographie
MYKKE Register für Kinder und Jugendliche mit Myokarditis
NGS Next-Generation Sequencing
NO Stickstoffmonoxid
PVB19 Parvovirus B19
PCR Polymerasekettenreaktion
PIMS Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome
RSV Respiratorisches Synzytial-Virus
TNF-α Tumornekrosefaktor-α
Geltungsbereich
Myokarditis von der Fetalzeit bis zum Kindes- und Jugendalter.
Methodik
Die Konsensfindung in der Leitlinienkommission erfolgte nach eingehender
Literaturrecherche in einem zweistufigen Delphi-Verfahren:
1. Schriftlich per E-Mail Umlauf
2. Mündliche Konsentierung im strukturierten Gruppenprozess.
Handlungsempfehlungen wurden soweit möglich in vier Empfehlungsgrade
eingeteilt ([Tab. 1])
Tab. 1 Beschreibung der Empfehlungsgrade
Formulierung
|
Empfehlungsgrad
|
Farbliche Markierung
|
Soll
|
Starke Empfehlung
|
Grün
|
Sollte
|
Empfehlung
|
Gelb
|
Kann erwogen werden
|
Empfehlung offen
|
Grau
|
Soll nicht/sollte nicht
|
Nicht empfohlen
|
Rot
|
Wir möchten darauf hinweisen, dass die ausschließliche Verwendung der
männlichen Form im Text explizit als geschlechtsunabhängig
verstanden werden soll. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird daher auf
die zusätzliche Formulierung der weiblichen Form verzichtet.
Definitionen – Basisinformation – Pathophy-siologie
Definitionen – Basisinformation – Pathophy-siologie
Unter einer Myokarditis versteht man eine Schädigung von Kardiomyozyten durch
Nekrosen und/oder eine Degeneration von Myozyten und eine Infiltration des
Herzmuskels mit Entzündungszellen unabhängig von der
Ventrikelfunktion. Ausdrücklich ausgeschlossen ist eine ischämische
Ursache der Myokardschädigung [1]
[2]. Die Myokarditis kann in unterschiedlichem Umfang
die Kardiomyozyten, das interstitielle und perivaskuläre Bindegewebe sowie
intramurale koronare Arteriolen, Kapillaren und Venolen und in seltenen
Fällen die epikardialen Gefäße einbeziehen [3].
Virusinfektion und angeborene Immunantwort
Der Verlauf der Erkrankung ist abhängig von der zugrundeliegenden
Ursache. Bei der viralen Myokarditis infizieren Viren Kardiomyozyten
(Enteroviren), Endothelzellen (Parvovirus B19) oder Immunzellen (Herpesviren),
was letztlich mit Myozytennekrosen bzw. -apoptosen einhergeht (erste Phase).
Der Untergang der Kardiomyozyten löst eine Immunreaktion aus, Mediatoren
einer akuten Inflammation wie Tumornekrosefaktor (TNF)-α,
Interleukin-1ß (IL-1ß), Interleukin-6 (IL-6) und NO wverden
freigesetzt und führen zur Aktivierung von Immunzellen
(Natürliche Killerzellen, Makrophagen und T-Zellen) im Herzmuskel
(zweite Phase). Das Ausmaß der Myokardschädigung wird sowohl
durch den Untergang der Herzmuskelzellen als auch die Anzahl der Immunzellen
bestimmt. Die Mediatoren führen zur Aktivierung von Stromazellen und
Fibroblasten im Herzen und leiten hierdurch nach Abräumen der
geschädigten Myozyten eine Fibrosierung des Myokards ein [4].
Adaptive Immunantwort und chronischer Verlauf
Die dritte Phase der Erkrankung ist die Ausheilungsphase, welche durch die
Fibrosierung des betroffenen Myokards charakterisiert ist. Die adaptive
Immunreaktion beginnt einige Tage nach der Infektion und ist durch
Antigen-spezifische T- und B-Zellen im Myokard charakterisiert. Über
CD4+und CD8+T- Zellen versucht das Herz die Viren aus dem Gewebe
zu eliminieren. Interleukin-17A führt über eine Aktivierung von
Fibroblasten und Monozyten zur Entwicklung einer kardialen Fibrose, die
letztlich in einer dilatativen Kardiomyopathie resultieren kann [3].
Im Falle einer anhaltenden Entzündungsreaktion mit oder ohne
Viruspersistenz (chronische Myokarditis) können sich eine Dysfunktion
und Dilatation des linken Ventrikels sowie potentiell lebensbedrohliche
Herzrhythmusstörungen entwickeln [5]
[6].
Autoimmunmyokarditis
Im Zusammenhang mit verschiedenen systemischen Autoimmunerkrankungen kann es auch
im Kindesalter zu akuten oder chronischen Myokarditiden kommen [7].
Kernaussage 1: Leitlinie Myokarditis
|
Myokarditis – Definition
|
-
Unter einer Myokarditis versteht man eine
Schädigung von Kardiomyozyten durch Nekrosen
und/oder eine Degeneration von Myozyten und eine
Infiltration des Herzmuskels mit
Entzündungszellen.
-
Viren können Kardiomyozyten, Endothelzellen und
Immunzellen infizieren, was letztlich zu
Myozytennekrosen bzw. -apoptosen führt (erste
Phase).
-
Der Untergang der Kardiomyozyten löst eine
Immunreaktion aus (zweite Phase).
-
Das Ausmaß der Myokardschädigung wird
sowohl durch den Untergang der Herzmuskelzellen als auch
die Anzahl der Immunzellen bestimmt.
-
Die dritte Phase der Erkrankung ist die Ausheilungsphase,
welche durch eine Fibrosierung des betroffenen Myokards
charakterisiert ist.
-
Prinzipiell kann es in jeder Phase der Myokarditis zur
Ausheilung kommen. Bei Persistenz der Virusinfektion und
Entzündungsreaktion kann es zu einer chronischen
Verlaufsform mit ventrikulärem Remodelling und
Progression der Erkrankung kommen.
|
Ursachen
Die häufigste Ursache der Myokarditis im Kindesalter ist in Nordamerika
und Europa eine virale Infektion des Herzmuskels. Zu den klassischen Erregern
einer Virusmyokarditis zählen die Enteroviren (Coxsackieviren der Gruppe
A und B, Echoviren, Polioviren), wobei seit den 90-er Jahren zunehmend
Parvovirus B19 und das humane Herpesvirus 6 als kardiotrope Viren erkannt wurden
[6]. Weitere potentielle Erreger sind
Herpesviren (Epstein-Barr-Virus, Cytomegalievirus, Varizella-Zoster-Virus,
Herpes-simplex-Virus), Influenzaviren, Mumpsvirus, Hepatitis C-Virus,
Rötelnvirus, HIV und RSV [8].
Im Rahmen der SARS-CoV-2-Infektion kann das post-virale
Entzündungssyndrom PIMS (Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome)
auftreten [9]. Die Erkrankung weist
Ähnlichkeiten zum Kawasaki-Syndrom auf und kann mit einer Beteiligung
des Herz- und Kreislaufsystems in Form einer Myokarditis während und
nach der akuten Infektionsphase auftreten [10]
[11]. Die Patienten sind oft bereits
wieder negativ in der PCR für SARS-CoV-2. Ebenso ist eine
Begleitmyokarditis bei überwiegend männlichen Jugendlichen nach
mRNA-Impfung gegen SARS-CoV-2 mit niedriger Inzidenz beschrieben worden [12]
[13], der Verlauf
ist in der Regel mild [14].
Nicht-virale Ursachen sind Erreger wie Mykoplasmen, Rickettsien und bakterielle
Erreger. Hinsichtlich der seltenen bakteriellen Infektionen sind insbesondere im
Kindesalter Borrelia spezies (Lyme-Karditis) zu nennen. Protozoen (Toxoplasma
gondii, Trypanosoma cruzi), Pilze sowie das Diphtherietoxin sind weitere, eher
seltene Pathogene. Schließlich können auch Arzneimittel wie
Antibiotika, autoimmunologische Erkrankungen bzw. Vaskulitiden, das
Kawasaki-Syndrom und die Sarkoidose eine Myokarditis verursachen [3]. Die typischen autoimmunologischen Erkrankungen
in Form einer Riesenzellmyokarditis und eosinophilen Myokarditis sind im
Kindesalter extrem selten. Die rheumatische Myokarditis als
allergisch-hyperergische Reaktion mit Ausbildung rheumatischer Granulome im
Rahmen des durch ß-hämolysierende Streptokokken
ausgelösten rheumatischen Fiebers ist in ihrer Häufigkeit
deutlich rückläufig.
Bei einer Beteiligung des Perikards liegt eine Perimyokarditis vor. Eine
alleinige Perikarditis ist dagegen selten, da meistens die epikardialen
Myokardanteile von der Entzündung mitbetroffen sind.
Kernaussage 2: Leitlinie Myokarditis
|
Myokarditis – Ursachen
|
-
Die häufigste Ursache der Myokarditis im
Kindesalter ist in Europa und Nordamerika eine virale
Infektion des Herzmuskels durch Enteroviren
(Coxsackieviren der Gruppe A und B, Echoviren,
Polioviren), Adenoviren, Parvovirus B19 und humanes
Herpesvirus 6, Epstein-Barr-Virus, Cytomegalievirus und
weitere.
-
Im Rahmen einer SARS_CoV-2-Infektion kann ein
multisystemisches entzündliches Syndrom
während und nach der akuten Infektionsphase
auftreten (PIMS/MIS-C).
-
Nicht-virale Ursachen sind Borrelia spp. (Lyme-Karditis),
Mykoplasmen, Rickettsien, Protozoen (Toxoplasma gondii,
Trypanosoma cruzi), Pilze sowie das Diphtherietoxin.
-
Weitere Ursachen sind Arzneimittel wie Antibiotika,
autoimmunologische Erkrankungen bzw. Vaskulitiden,
Kawasaki-Syndrom und Sarkoidose.
13/13
-
Die Riesenzellmyokarditis und die eosinophile Myokarditis
sind im Kindesalter extrem selten. Die rheumatische
Myokarditis ist in ihrer Häufigkeit deutlich
rückläufig.
|
Krankheitsverlauf
Der klinische Verlauf der pädiatrischen Myokarditis ist heterogen und
reicht von leichten Verläufen mit erhaltener Ventrikelfunktion bis zu
schweren Verläufen mit akuter oder chronischer Herzinsuffizienz.
Klinisch kann eine chronische Myokarditis nicht von einer primären
dilatativen Kardiomyopathie unterschieden werden, zumal eine chronische
Myokarditis in eine dilatative Kardiomyopathie übergehen kann. Bei
Kindern mit dem Phänotyp einer dilatativen Kardiomyopathie (DCM) wurde
die Myokarditis in Registern bei 30–35% als Ursache erfasst
[15]. Darüber hinaus konnten in der
speziellen Patientengruppe von Kindern und Jugendlichen mit Biopsie-gesicherter
Myokarditis und dem Phänotyp einer DCM in mehr als 30% der
Fälle krankheitsverursachende Gene, die auch bei primärer DCM
beschrieben sind, nachgewiesen werden [16].
Bei der pädiatrischen Myokarditis sind zwei Altersgipfel, im
Kleinkindalter und bei Jugendlichen, hervorzuheben. Besonders ist auch die
unterschiedliche Geschlechterverteilung in diesen Altersgipfeln. Es findet sich
bei Kleinkindern eine Verteilung von 50% Mädchen und 50%
Jungen. Die betroffene Gruppe der Jugendlichen besteht aus 2/3 Jungen.
Im multizentrischen Myokarditisregister MYKKE wiesen zudem Kinder unter 2 Jahren
in über 50% der Fälle schwere Krankheitsverläufe
mit der Notwendigkeit von Kreislaufunterstützungssystemen oder einer
Herztransplantation auf [1]
[17].
Bei fulminanten Verlaufsformen kann es innerhalb weniger Tage zum Pumpversagen
des linken Ventrikels mit kardiogenem Schock kommen [15]
[17]. Bei Jugendlichen liegen
häufiger Brustschmerzen sowie eine erhaltene Ventrikelfunktion vor [3]. Auch Arrhythmien sind häufig und
können sich sowohl als bradykarde (Blockierungen der
AV-Überleitung) als auch als tachykarde Herzrhythmusstörungen
(supraventrikuläre und ventrikuläre Tachyarrhythmien)
manifestieren [18]
[19]. Zwischen 4 und 9% der Kinder mit Myokarditis
benötigten eine Herztransplantation, die Mortalität betrug
zwischen 4 und 6% [1]
[17]. Insbesondere jüngere Kinder hatten
häufiger eine schwer eingeschränkte Herzfunktion sowie ein
erhöhtes Risiko für eine Herztransplantation und wiesen eine
erhöhte Mortalität auf [20].
Kernaussage 3: Leitlinie Myokarditis
|
Myokarditis – Krankheitsverlauf
|
-
Der klinische Verlauf der Myokarditis ist heterogen und
reicht von leichten Verläufen mit erhaltener
Ventrikelfunktion bis zur akuten oder chronischen
Herzinsuffizienz mit dem Bild einer dilatativen
Kardiomyopathie.
-
Bei Kindern mit dem Phänotyp einer dilatativen
Kardiomyopathie (DCM) wurde die Myokarditis in Registern
bei 30–35% als Ursache erfasst.
-
Kinder und Jugendlichen mit biopsie-gesicherter
Myokarditis und dem Phänotyp einer DCM wiesen in
mehr als 30% der Fälle
krankheitsverursachende Gene, die auch bei
primärer DCM beschrieben sind, auf.
-
Besonders bei Kindern unter 2 Jahren sind ein deutlich in
seiner Funktion eingeschränkter linker
Ventrikel, Zeichen der Herzinsuffizienz sowie Symptome
einer Virusinfektion und schwere
Krankheitsverläufe eine typische
Konstellation.
-
Bei Jugendlichen finden sich häufig eine
erhaltene Ventrikelfunktion und Brustschmerzen mit
leichten Krankheitsverläufen.
-
Fulminante Verlaufsformen manifestieren sich als ein
Pumpversagen des linken Ventrikels mit kardiogenem
Schock und der Notwendigkeit der mechanischen
Kreislaufunterstützung.
-
Arrhythmien sind in der Akutphase häufig, es
kommen sowohl bradykarde (Blockierungen der
AV-Überleitung) als auch tachykarde
(supraventrikuläre und ventrikuläre
Tachyarrhythmien) Herzrhythmusstörungen vor.
|
Epidemiologie
Die Myokarditis ist eine Erkrankung, die wahrscheinlich oft unerkannt bleibt, so
daß ihre Prävalenz unterschätzt wird [2]. Die jährliche Inzidenz im Kindesalter
beträgt zwischen 1 bis 2 Fällen pro 100,000 Kindern. Bei
ungefähr 0,05% der stationären Aufnahmen in Kinderkliniken
liegt eine Myokarditis vor [21]
[22]. Die akute Myokarditis ist eine bedeutsame Ursache
für die Morbidität und Mortalität bei Säuglingen,
Kindern und jungen Erwachsenen.
Körperliche Befunde und Leitsymptome
Körperliche Befunde und Leitsymptome
Die klinische Symptomatik der Myokarditis im Kindesalter reicht von asymptomatischen
Verläufen bis zum kardiogenen Schock und plötzlichen Herztod [1]
[17]. Das klinische
Bild variiert mit dem Alter der Kinder. Neugeborene und Kinder unter 2 Jahren
können unspezifische Symptome einer respiratorischen oder gastrointestinalen
Infektion mit Fieber oder Herzinsuffizienzsymptome mit Apathie und
Trinkschwäche entwickeln, oder sie können durch Apnoen, Dyspnoe,
Tachypnoe, Zyanose und vermehrtes Schwitzen auffallen. Eine fetale oder perinatale
Myokarditis (z. B. PVB19, CMV) manifestiert sich häufig als eine
chronische Erkrankung.
Bei älteren Kindern und Jugendlichen ist das klinische Bild ebenfalls
variabel. Häufig geht dem Erkrankungsbeginn ein 10 bis 14 Tage
zurückliegender Virusinfekt voraus. Die meisten Kinder klagen über
unspezifische respiratorische oder gastrointestinale Beschwerden und Stenokardien
(Angina pectoris). Jugendliche präsentierten sich typischerweise mit
Brustschmerz, Dyspnoe sowie Arrhythmien und erhaltener oder nur leicht
eingeschränkter Herzfunktion [17]. Neu
aufgetretene Herzrhythmusstörungen wie supraventrikuläre und
ventrikuläre Tachyarrhythmien sowie AV-Blockierungen sind nicht selten [19].
Kernaussage 4: Leitlinie Myokarditis
|
Myokarditis – Leitsymptome
|
-
Das klinische Bild variiert mit dem Alter der Kinder.
-
Neugeborene und Kinder<2 Jahren zeigen
häufig unspezifische Symptome einer
respiratorischen oder gastrointestinalen Infektion mit
Fieber und Zeichen der Herzinsuffizienz mit Apathie und
Trinkschwäche, Apnoen, Dyspnoe, Tachypnoe,
Zyanose oder vermehrtem Schwitzen.
-
Bei älteren Kindern und Jugendlichen liegt
häufig ein 10 bis 14 Tage
zurückliegender Virusinfekt vor. Es kommt zu
unspezifischen respiratorischen oder gastrointestinalen
Beschwerden, Angina pectoris sowie seltener zur
Herzinsuffizienz. Häufig sind neue
Herzrhythmusstörungen wie
supraventrikuläre und ventrikuläre
Tachyarrhythmien sowie AV-Blockierungen.
|
Diagnostik
Die Diagnose einer Myokarditis ist im Kindesalter häufig nicht einfach zu
stellen. Sie sollte bei jedem Säugling oder Kind mit einer
ungeklärten Herzinsuffizienz und/oder Herzrhythmusstörungen
bedacht werden.
Zielsetzung
Die Diagnose einer Myokarditis gelingt in der Regel nur durch das
Zusammenführen von klinischen, laborchemischen, histologischen,
immunhistologischen und molekularbiologischen Befunden sowie den Befunden aus
der speziellen kardialen Bildgebung, speziell aus der Echokardiographie sowie
aus dem kardialen MRT.
Bewertung der diagnostischen Verfahren
Echokardiogramm
Die Echokardiographie ist primär zur Evaluation der Struktur des
Herzens und zur Erfassung der kardialen Funktion sowie zum Ausschluß
anderer Ursachen einer Herzinsuffizienz wichtig. Eine systolische und
diastolische Dysfunktion und/oder Dilatation des linken Ventrikels
sind typische Befunde bei einer Myokarditis [3]. Auch kann der rechte Ventrikel in seiner Funktion
eingeschränkt sein. Die Wände der Ventrikel sind bei einem
Ödem typischerweise verdickt, es kann ein Perikarerguß
vorliegen. Bei kardialer Dekompensation findet sich eher ein ballonierter
Ventrikel mit dünnwandigem Myokard. Auch ist eine
intrakavitäre Thrombusformation möglich. Zudem besteht eine
AV-Klappeninsuffizienz unterschiedlichen Ausmaßes.
Die Echokardiographie allein kann eine Myokarditis von anderen Erkrankungen
mit einer Einschränkung der Ventrikelfunktion nicht
differenzieren.
Allerdings können auch Zeichen der isolierten diastolischen
Funktionsstörung bei noch erhaltener Ejektionsfraktion
(>50%) auf eine Myokarditis hinweisen [23].
Die Anwendung des Gewebedopplers zur Bestimmung des Füllungsindex
E/E´ gilt als Goldstandard zur Erfassung der diastolischen
Funktion und gilt bei einem E/E´≤8 als normal [24]
[25]. Ebenso
ist die Strain-Echokardiographie von Bedeutung, um Frühstadien
kardialer Limitationen nachweisen zu können [26]
[27]. Segmentale
Wandbewegungsstörungen sind ebenfalls häufig, die globale
Einschränkung der Pumpfunktion steht jedoch im Vordergrund.
EKG
Die wiederholte Ableitung des 12-Kanal-EKGs und Langzeit-EKGs gehört
zur Standarddiagnostik bei V. a. Myokarditis. Im Standard-EKG finden sich
bei über 90% der Kinder mit einer manifesten Myokarditis
Auffälligkeiten. Die häufigsten Veränderungen
sind:
-
Sinustachykardie (46%)
-
Repolarisationsstörungen (32–60%)
-
Veränderungen der elektrischen Herzachse (53%)
-
Zeichen der ventrikulären Hypertrophie (46%).
Weitere typische Befunde sind Infarktzeichen, Niedervoltage,
P-Wellen-Veränderungen sowie die typischen Zeichen einer
begleitenden Perikarditis mit ST-Streckenhebungen in den
präkordialen Ableitungen [28]
[29]. Verdachtsmomente werden durch das
Langzeit-EKG erhärtet. Dies sollte bei jedem Patienten zur
Aufdeckung von Herzrhythmusstörungen durchgeführt werden.
Die Sensitivität und Spezifität des EKG für die
Diagnose der Myokarditis ist niedrig [30].
Eine Myokarditis sollte bei jedem Patienten mit einem neu aufgetretenen
kompletten AV-Block ausgeschlossen werden [15]. Bei Patienten mit Post-COVID Syndromen kann es zum Posturalem
Tachykardie Syndrom (POTS) kommen.
Röntgen-Thoraxaufnahme
Zur Differentialdiagnose empfiehlt sich eine Röntgen-Thoraxaufnahme.
Häufigster pathologischer Befund ist die Kardiomegalie mit
verstärkter Lungengefäßzeichnung bis zum
Lungenödem bei der Hälfte der Kinder [31].
Kardiale Magnetresonanztomographie (CMRT)
Die CMRT wird bei Kindern zur Erfassung der myokardialen Schädigung
und Erkennung einer Inflammation zur Abgrenzung einer akuten Myokarditis von
einer nicht-inflammtorischen Kardiomyopathie durchgeführt. Neben der
Charakterisierung des Gewebes erlaubt die CMRT eine Quantifizierung der
Ventrikelvolumina, der Ejektionsfraktion sowie der Myokardmasse.
Die CMRT sollte bei bei Patienten mit klinischen Hinweisen für eine
Myokarditis erwogen werden, sie erlaubt prinzipiell die Darstellung des
gesamten Myokards und somit auch die Detektion der
unregelmäßig verteilten akuten Entzündungsherde. Bei
klinischem Verdacht auf eine Myokarditis sind die folgenden Befunde des CMRT
auf einen entzündlichen Prozeß hinweisend:
-
regionale oder globale Signalanhebung des Myokards in T1- und
T2-gewichteten Schichten
-
erhöhte frühe globale myokardiale
Gadoliniumanreicherung im Vergleich zwischen Myokard und
Skelettmuskel
-
Nachweis einer fokalen Läsion bei später
Gadoliniumanreicherung [32].
Ein normaler CMRT-Befund schließt allerdings eine Myokarditis nicht
aus. Die MRT ermöglicht auch keine ätiologische Zuordnung
der Myokarditis.
Die Lake Louise-Kriterien zur MRT-Diagnose einer Myokarditis bei Erwachsenen
sind 2018 aktualisiert worden und beinhalten seitdem auch sensitive Methoden
des Mappings zur Detektion von Ödem/Inflammation
(T2-Mapping) und diffuser Fibrose (T1-Mapping, ECV; [Tab. 2]) [33].
Tab. 2 Aktualisierte Lake Louise Kriterien.[33]
Aktualisierte Lake Louise Kriterien 2018
|
Hauptkriterien
|
-
Myokardiales Ödem (T2-Mapping oder in
T2-gewichteten Bildern)
-
Nicht-ischämische myokardiale
Schädigung (Abnormales T1, ECV oder
LGE)
|
Supportive Kriterien
|
-
Perikarditis (Erguss in Cine-Bildern oder
abnormales LGE, T2 oder T1)
-
Systolische linksventrikuläre Dysfunktion
(Regionale oder globale
Wandbewegungstörungen)
|
ECV=extrazelluläres Volumen, LGE=late
gadolinium enhancement
Im Gegensatz zu Erwachsenen ist jedoch die Verwendung der CMRT bei Kindern
nicht systematisch validiert. Standardisierte diagnostische Leitlinien und
klinische Protokolle fehlen noch. Diagnostische Herausforderungen in der
pädiatrischen Patientengruppe sind zudem physiologische Aspekte wie
hohe Herzfrequenzen, kleinere Anatomie und eingeschränkte
Compliance. Die Erfahrungen der Gewebecharakterisierung mit der CMRT bei
Kindern bei einem Verdacht auf einen Myokarditis sind begrenzt. Ergebnisse
des MYKKE-Registers an über 100 Kindern zeigen, dass die derzeit
für Erwachsene verwendeten CMRT-Protokolle für die
Diagnostik der Myokarditis bei Kindern ohne signifikante
Einschränkungen der Bildqualität angewendet werden
können, insbesondere auch die parametrischen Mapping-Techniken. Dies
ermöglicht eine weitere Standardisierung der Diagnostik der
pädiatrischen Myokarditis [34].
Endomyokardbiopsie (EBM)
Die Endomyokardbiopsie erfolgt mit dem Ziel der ätiopathologischen
Klärung der Myokarditis und wird meist aus dem rechten Ventrikel
entnommen [30]. Bei Patienten mit einer
univentrikulären Kreislaufsituation müssen die Biopsien aus
dem singulären Ventrikel entnommen werden.
Die Indikation ist gegeben bei Verdacht auf eine Myokarditis mit
eingeschränkter Herzfunktion, wenn innerhalb der ersten 14 Tage nach
Beginn der Herzinsuffizienztherapie anhand des klinischen Befundes und der
echokardiographischen Parameter ein unzureichendes Ansprechen der Behandlung
besteht. Bei hämodynamischer Instabilität muss die
Indikation zur Endomyokardbiopsie auch früher gestellt werden
(siehe unten).
In zahlreichen Studien konnte gezeigt werden, dass die EMB entscheidend dazu
beiträgt, die definitive Diagnose einer Myokarditis zu sichern, was
wiederum Auswirkungen auf das klinische Management der Patienten
hinsichtlich Therapie und Überwachung des Krankheitsverlaufs hat
[35]
[36]
[37]. Die Entnahme von EMB geht
an Zentren, an denen diese Prozedur regelmäßig
durchgeführt wird, auch bei Kindern mit einer niedrigen
Komplikationsrate einher [38]. Die
Gesamtinzidenz schwerwiegender Komplikationen wie
Herzrhythmusstörungen, AV-Block und
Perforation/Perikardtamponade ist insgesamt selten und betrug
beispielsweise 1,9% bei 1,000 entnommenen EMB bei Kindern [39].
Da weder klinische noch laborchemische oder bildgebende Verfahren eine
Differenzierung der Myokarditis nach ätiopathogenetischen
Gesichtspunkten (infektiös versus nicht-infektiös) zulassen,
sind histologische, immunhistologische sowie molekularbiologische
Untersuchungen an Endomyokardbiopsien nach wie vor der Goldstandard bei der
Diagnose der Myokarditis [8]
[40]. Zur Minimierung des "sampling
errors" sollten möglichst 3–5 Biopsien entnommen
werden [8]. Hierbei ist von Vorteil, dass
sowohl die histologischen Färbungen (Hämatoxylin-Eosin [HE],
Masson Trichrom, Giemsa) als auch die immunhistologischen Färbungen
z. B. zur Differenzierung von Entzündungszellinfiltraten
(CD3+T-Lymphozyten, CD68+Makrophagen mit MHCII Expression),
aber auch in situ Hybridisierungen zum Nachweis viraler
Nukleinsäuren oder diverser zellulärer mRNAs an 4%
gepuffertem Formalin-fixiertem Herzmuskelgewebe durchgeführt werden
können [3]
[41]
[42]. Für
molekularpathologische, molekulargenetische und infektionspathologische
Untersuchungen durch q(RT-) PCR ist es zudem sinnvoll, dass 1–2 EMB
in RNAlater fixiert werden.
Molekularbiologische Erregerdiagnostik
Virus-induzierte Myokarditiden kommen, anders als immunbedingte
Herzmuskelentzündungen, bei Kindern häufiger vor als bei
Erwachsenen. In EMB werden neben Enteroviren (EV) –
einschließlich Coxsackieviren der Gruppe A und B – verschiedene
Herpesviren (Epstein-Barr-Virus, humanes Herpesvirus 6 (HHV-6), humanes
Cytomegalievirus (selten), am häufigsten Parvovirus B19 (PVB19) durch
PCR-Untersuchungen und in situ Hybridisierung nachgewiesen [41]. PVB19, der Erreger der Ringelröteln,
infiziert im Vergleich zu Enteroviren keine Myokardiozyten, sondern
Endothelzellen kleinerer Arteriolen und Venolen und induziert dadurch eine
endotheliale Dysfunktion und sekundär eine inflammatorische
Myokardschädigung [43]. Bei der
PVB19-Myokarditis wird eine Viruslast>500
Kopien/µg myokardialer Nukleinsäure als
kritisch für die Aufrechterhaltung einer kardialen Entzündung
angesehen [44]. Herpesviren hingegen infizieren
primär myokardiale T-Zellen und B-Zellen [41]. Die Bewertung positiver viraler PCR Befunde muss auf dem
Hintergrund immunhistologischer Befunde erfolgen, um pathogenetisch irrelevante
latente Viruspersistenzen (z. B. bei HHV-6 oder PVB19 mit geringen
Kopienzahlen) ohne entzündliche Begleitaktivität im Myokard zu
identifizieren (45,46). Die Prognose scheint hier gut.
Histologie/Immunhistologie an EMB
Die Diagnose der Myokarditis an EMB beruht seit 1987 auf den DALLAS-Kriterien,
wobei die akute Myokarditis durch das Vorhandensein eines entzündlichen
Infiltrats und einer damit verbundenen Myozytolyse nicht-ischämischer
Genese charakterisiert ist. Bei der sogenannten „borderline“
Myokarditis zeigt sich ein eher spärliches lymphozytäres
Infiltrat ohne Nachweis von Myozytennekrosen. Zukünftig werden genauer
definierte Kriterien und detailliertere Beschreibungen spezifischer
morphologischer Merkmale zu einer verbesserten Nomenklatur der Myokarditis
beitragen.
Mittels zusätzlicher immunhistologischer Verfahren an Paraffinschnitten
können eine Identifikation, Phänotypisierung und Quantifizierung
der das Myokard infiltrierenden Immunzellen erfolgen, wodurch Aussagen
über die Aktivität der immunologischen Prozesse in den
verschiedenen Stadien der Erkrankung getroffen werden können und die
Treffsicherheit der Diagnostik erhöht wird [8]
[36]. Der immunhistologische Nachweis
eines zellulären Infiltrates von≥14 Lymphozyten und
Makrophagen/mm2 bei mindestens 7
Lymphozyten/mm2 Myokardgewebe bei Erwachsenen sichert
somit die Diagnose einer chronischen Myokarditis/inflammatorischen
Kardiomyopathie auch bei fehlendem Nachweis von Myozytolysen [35]. Bei kleinen Kindern wurden niedrigere
Normalwerte der Immunzellen als bei Erwachsenen gemessen und betragen im Median
2,5/mm2 (1,0–4,0) CD3+T-Zellen,
0,5/mm2 (0,0–0,6) CD20+B-Zellen und
4,0/mm2 (2, 5–6, 0) CD68+Makrophagen
[42] ([Abb.
1]).
Abb. 1 Histologie der Myokarditis (Quelle: Prof. Dr. Karin
Klingel, Tübingen) [rerif].
Die Differenzierung der Entzündungsreaktion kann zukünftig durch
molekulare Analysen wie Genomik, Epigenomik, Proteomik und Metabolomik als
Plattformen für diagnostische Tests und Studien zur Therapie der
Myokarditis ergänzt werden [47]
[48]
[49]. Mittels Next
Generation Sequencing (NGS) können zudem komplexe Netzwerke bei der
Herzinsuffizienz während und nach Myokarditis beleuchtet werden (48).
Auch die Einzelzell-RNA-Sequenzierung (scRNA-seq) von Kardiomyozyten und anderen
kardialen Zellen wird zudem das Verständnis der Pathogenese der
Myokarditis erheblich verbessern und die Grundlage für wirksame
therapeutische Strategien liefern (50).
Labordiagnostik
Verschiedene Laborparameter werden bei Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems
mit der Frage Ischämie/Myokarditis häufig
durchgeführt und sind bei der Dagnose einer myokardialen
Schädigung sowie zur Einschätzung der Prgnose hilfreich. Die
verfügbaren Biomarker können jedoch die zugrundeliegende
Ursache nicht eindeutig identifizieren und zwischen einer Ischämie,
einer kardialen Schädigung oder einer Entzündung
differenzieren. Die traditionellen Biomarker für einen myokardialen
Zellschaden, CK-MB und Troponin, können bei der akuten Myokarditis
erhöht sein und können leicht bestimmt werden. Sowohl
Troponin I als auch Troponin T können bei der Myokarditis im
Kindesalter erhöht sein, jedoch sind beide weder sensitive noch
spezifische Marker für eine Biopsie-gesicherte Myokarditis [6]
[35].
Im Mykke-Register fanden sich abhängig vom Verlauf der Myokarditis
erhöhte Troponinwerte. Bei 86% der Kinder mit akuter
Myokarditis zeigten sich erhöhte Troponinwerte. Bei
abheilender/chronische Myokarditis und Z.n. Myokarditis waren es
deutlich weniger (78% und 57%).
Eine Subanalyse an einer Kohorte von 250 Patienten aus dem Mykke-Register
zeigte keine wesentlichen Unterschiede zwischen hochsensitiven und nicht
hochsentivem Troponinen bei chronischer Myokarditis. Einzig bei der akuten
Myokarditis war das hochsensitive Troponin häufiger erhöht.
Dies Daten sind bislang nicht publiziert.
BNP und NT-proBNP sind typischerweise bei einer akuten Myokarditis im
Kindesalter erhöht und sind zur Beurteilung der Ausgangssituation
wie auch des Verlaufs wichtige Parameter [1].
Die unspezifischen Entzündungsparameter (Leukozyten, CRP,
Blutsenkunsgeschwindigkeit) können erhöht sein,
schließen bei Normalwerten aber eine myokardiale Inflammation nicht
aus [15].
Die häufig noch praktizierte serologische Bestimmung von
virusspezifischen Antikörpern bei Patienten mit vermuteter
Myokarditis ist in der Regel ohne diagnostische Relevanz, teuer und deshalb
nicht indiziert. Statt dessen sollte ein direkter Virusgenomnachweis im Blut
und/oder Stuhl/Urin versucht werden [51]. Ausnahmen sind die virale Hepatitis, HIV und die Borreliose
([Abb. 2]).
Abb. 2 Klinik und Diagnostik bei Myokarditis im Kindesalter
[rerif].
Als erweiterte Diagnostik sollte bei Kindern mit Myokarditis und dem Bild
einer dilatativen Kardiomyopathie auch eine Analyse krankheitsverursachender
Kardiomyopathiegene mittels Next-Generation Sequenzing (NGS) in Betracht
gezogen werden [16].
Kernaussage 5 Leitlinie: Myokarditis
|
Myokarditis – Diagnostik
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Differenzialdiagnosen
Differentialdiagnostisch ist prinzipiell jede Erkrankung mit einer
Einschränkung der linksventrikulären Pumpfunktion in
Erwägung zu ziehen, speziell die dilatative Kardiomyopathie.
Therapie
Grundsätze/Ziele/Strategien der Behandlung
Es existiert bisher keine spezifische Therapie der pädiatrischen
Myokarditis. Die Grundlage der Therapie ist symptomorientiert und basiert
abhängig von der kardialen Funktionsstörung auf der
leitliniengerechten Behandlung der akuten oder chronischen Herzinsuffizienz
sowie ggf. der Herzrhythmusstörungen.
In der Akutphase erfolgt bei einer stationären Behandlung eine
kontinuierliche Monitor-Überwachung der Vitalparameter. Bei einem
milden Verlauf mit normaler kardialer Funktion kann nach gründlicher
Abwägung der Risiken die Therapie gegebenenfalls ambulant erfolgen.
Bei einem Patienten mit Herzinsuffizienz sollten eine initiale Bettruhe und
körperliche Schonung für 3–6 Monate erfolgen [52]. Beim Auftreten von
Herzrhythmusstörungen sollte eine antiarrhythmische Therapie
ergänzend begonnen werden. Als unspezifische immunmodulatorische
Therapie kann eine intravenöse Gabe von Immunglobulinen empfohlen werden
(siehe unten). Weitere immunmodulatorische oder immunsuppressive Therapien
sollten in Abhängigkeit der Endomyokardbiopsie diskutiert werden, wobei
im Kindesalter keine randomiserten Studien vorliegen, die deren Wirksamkeit
ausreichend belegen.
Gelingt durch diese Maßnahmen keine ausreichende Stabilisierung des
Patienten, müssen Kreislaufunterstützungssysteme (z. B.
ECMO, VAD) zum Einsatz kommen. Bei nicht erfolgreichem Weaning bleibt die
Herztransplantation als letzte therapeutische Option.
Medikamentöse Behandlung
Medikamentöse Herzinsuffizienztherapie
Die Therapie der Herzinsuffizienz bei Kindern und Jugendlichen mit dem
Verdacht auf Myokarditis richtet sich nach der klinischen
Präsentation und den Symptomen. In der Akutphase erfolgt eine
kontinuierliche Monitor-Überwachung. Es werden eine systolische und
diastolische Herzinsuffizienz unterschieden, wobei bei der systolischen
Herzinsuffizienz Formen mit mild/moderat reduzierter
linksventrikulärer Ejektionsfraktion (HFmrEF 41–49%)
und mit deutlich reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF≤40%)
unterschieden werden. Zeichen und Symptome der Herzinsuffizienz
können im Frühstadium und bei nur gering
eingeschränkter Ejektionsfraktion fehlen (HFpEF≥50%)
(53).
Die Basistherapie beinhaltet entsprechend der klinischen Symptomatik
(NYHA-Stadium/modifizierter Ross-Score) und der kardialen
Dysfunktion die Therapie zur Modulation des
Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) und des sympathischen
Nervensystems mit Angiotensin-konvertierenden Enzyminhibitoren (ACE-I),
Betablockern und Mineralokortikoidrezeptorantagonisten. Diese haben bei der
akuten Myokarditis möglichweise noch zusätzliche
antiinflammatorische Wirkungen [54]. SGlt2
Inhibitoren sind zur Zeit für Kinder noch nicht zugelassen.
Die Therapie mit einem Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor (ARNI) ist
aktuell in der EU bei Kindern im Zulassungsprozess begriffen. Sofern eine
Therapie (aktuell Off-Label) erwogen wird, sind die rechtlichen Bedingungen
zu beachten [55]. Bei Kongestion sollten
Diuretika zur Optimierung der Vorlast verabreicht werden. Patienten mit
akuter Dekompensation, kardiogenem Schock oder Low-Cardiac-Output Syndrom
benötigen eine intravenöse Therapie mit Inotropika,
z. B. mit Milrinon, Epinephrin und/oder Dobutamin [53]
[56]
Antiarrhythmische Therapie
Die Therapie von bradykarden oder tachkarden Herzrhythmusstörungen
sollte entsprechend den aktuellen Leitlinien erfolgen [57]
[58]
[59]. Bei lebensbedrohlichen Tachyarrhythmien
kann die vorübergehende Versorgung des Patienten mit einer
„life-vest“ oder einem AED (ambulanter externer
Defibrillator) statt einer frühzeitigen ICD-Implantation erwogen
werden. 8.2.1.3. Immunmodulative, antivirale und immunsuppressive
Therapien
Die Studienlage zu immunmodulativen, antiviralen und immunsuppressiven
Therapien im Kindes- und Jugendalter ist weiterhin unbefriedigend. Daten aus
größeren oder randomisierten placebo-kontrollierte Studien
liegen bislang nicht vor.
Intravenöse Immunglobulingabe (IVIG)
Immunglobuline konnten bei verschiedenen inflammatorischen Erkrankungen
erfolgreich als antientzündliche Therapie eingesetzt werden. Sie
weisen sowohl proinflammatorische Effekte auf, die zu einer Aktivierung von
Immunzellen und der Opsonierung von infektiösen Erregern
führen, als auch entzündungshemmende Wirkungen, die zur
Neutralisierung von Toxinen und zum Abbau von Komplementfaktoren und
Zytokinen führen. Sie können die Ausschüttung von
entzündungshemmenden Zytokine wie Interleukin (IL)-1RA und IL-8
triggern und die Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen hemmen,
z. B. IL-6 und IL-1 [60].
Die einzige kontrollierte Studie zur IVIG-Therapie im pädiatrischen
Bereich untersuchte die IVIG-Gabe bei Kindern mit Myokarditis und viraler
Enzephalitis, wobei das ereignisfreie Überleben höher und
die linksventrikuläre Ejektionsfraktion in der IVIG-Gruppe im
Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant verbessert waren [61]. Alle weiteren größeren
pädiatrischen Studien waren retrospektiv, zeigten aber geringere
linksventrikuläre Diameter und eine bessere kardiale Funktion nach
IVIG-Gabe oder ein besseres Überleben [62]
[63]
[64]
[65]. Dieser Effekt konnte
allerdings nicht in allen Studien gefunden werden [17]
[22].
Eine Meta-Analyse kam kürzlich zu dem Schluss, dass die IVIG-Therapie
der konventionellen Behandlung in Bezug auf die Verringerung der
Sterblichkeit überlegen ist [66]. Es
sind dringend multizentrische und besser konzipierte randomisierte und
kontrollierte Studien im pädiatrischen Bereich erforderlich.
Erwachsene Patienten mit einer persistierenden Parvovirus B19 Infektion und
dilatativer Kardiomyopathie profitierten nicht von einer
Immunglobulintherapie [67]. Bei Kindern und
Jugendlichen mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion
und Herzinsuffizienzsymptomatik ist bei Verdacht auf eine Myokarditis eine
Therapie mit Immunglobulinen (1–2 g/kg KG
über 48 h) zu empfehlen. Eine immunsuppressive Therapie der
akuten Virusmyokarditis mit Kortikosteroiden ist nicht indiziert, da
hierdurch eine erhöhte Virusreplikation und Hemmung des endogenen
Interferonsystems induziert werden kann [68].
Diese ist nur nach bioptischem Ausschluß einer Virusinfektion bei
postviraler chronischer Myokarditis sowie bei kardialer Beteiligung bei
entzündlichen Systemerkrankungen gerechtfertigt (siehe unten).
Therapeutischer Ausblick
Blockierung von Interleukin-1β
Bei Erwachsenen mit Coxsackievirus-B3 (CVB3)-Infektion und DCM wurden
erhöhte IL-1β-mRNA-Spiegel nachgewiesen [69]. IL-1β spielt
ätiopathogenetisch sowohl bei infektiösen als auch bei
nicht-infektiösen Myokarditiden eine wichtige Rolle. Im
Erwachsenbereich wurde bereits eine klinische Studie (ARAMIS,
ClinicalTrials.gov Identifier: NCT03018834) zur Inhibierung von
IL-1β initiiert [70].
Einzelfallberichte bei Kindern weisen darauf hin, dass die Blockierung
von IL-1β z. B. durch Antikörper gegen den
IL-1β-Rezeptor oder zukünftig auch gegen IL-1β
als individuelle Heilversuche geeignet scheinen, eine Myokarditis zu
therapieren [71]. Auch bei Kindern mit
PIMS/MIS-C, die meist eine myokardiale Beteiligung aufweisen,
wird Anakinra als IL-1-Rezeptor-Antagonist bei
therapierefraktärer Behandlung nach IVIG und Steroiden empfohlen
und als sicher betrachtet [72]
[73] . Größere Studien bei
Kindern mit Myokarditis liegen bislang nicht vor.
Immunadsorption
Unter dem Aspekt einer durch Autoimmunantikörper getriggerten
Myokarditis wurde in einigen Studien die Methode der Immunabsorption
angewandt, mit dem Ziel die auslösenden Antikörper sowie
proinflammatorische Zytokine zu eliminieren. Besonders bei Patienten mit DCM
zeigten sich Verbesserungen der kardialen Funktion [74]
[75]. Auch in Kombination mit
gleichzeitiger IVIG-Gabe sind positive Effekte beschrieben [76]. Im pädiatrischen Bereich gibt es
dazu keine verlässlichen Daten.
Weitere immunmodulatorische Therapien
Nicht-steroidale entzündungshemmende Medikamente (NSAIDs) wie
Ibuprofen sollten bei zusätzlicher Perikardbeteiligung
kurzzeitig angewandt werden, da bei der Coxsackievirus-B3-Myokarditis in
Mäusen eine Zunahme der Inflammation gezeigt wurde [77]. Bei Peri(myo)karditis kann neben der
Therapie mit ASS eine additive Behandlung mit Colchicin empfohlen
werden, um das Ansprechen der medikamentösen Therapie zu
verbessern und Remissionsraten und Rückfälle zu
verhindern [78].
Antivirale Therapie
Bei Virusnachweis in der Endomyokardbiopsie kann eine antivirale Behandlung
in Betracht gezogen werden. Eine antivirale Therapie kann trotz eines
fehlenden Virusnachweises im Myokard, aber akuter klinischer Infektion mit
Einschränkung der Pumpfunktion erfolgen [3]. Bei einer niedrigen Anzahl von Virusgenomen (z. B.
PVB19) und fehlender myokardialer Inflammation ist diese aktuell nicht
indiziert [35]. Die Therapie mit Ganciclovir
oder Valganciclovir kann bei Nachweis von akuten Herpesvirusinfektionen im
Myokard oder Nachweis einer systemischem CMV-Infektion in Erwägung
gezogen werden [6]
[45]. Ebenso wurden die Behandlung u. a. mit Aciclovir bei
Herpesviren, Oseltamivir bei Influenza sowie weitere Optionen für
die Therapie bei HIV oder Hepatitis C mit myokardialer Beteiligung
beschrieben [3].
Interferon-ß
Eine Therapie mit Interferon-β bei inflammatorischer Kardiomyopathie
und positivem Virusnachweis ist bislang nur in einer Pilotstudie mit einer
Verringerung der Viruslast bei Enterovirus- und Adenovirus-positiven
Patienten und Verbesserung der NYHA-Klasse veröffentlicht worden.
Bei Kindern sind die Nachweisraten von Viren im Myokard höher als
bei Erwachsenen, wobei die Therapie mit Interferon-β bei positivem
Virusnachweis für Entero- oder Adenoviren in der Endomyokardbiopsie
und fortbestehender Herzinsuffizinz mit klinischer Beeinträchtigung
nach kritischer Prüfung der Nebenwirkungen in Erwägung
gezogen werden kann [42].
Bei der Mehrzahl der Patienten mit einer PVB19-Persistenz hatte die Therapie
allerdings keinen signifikanten Effekt [79].
Immunsuppressive Therapien
Eine immunsuppressive Behandlung mit Steroiden, Azathioprin oder Cyclosporin
A wird bei Patienten mit myokardialem Virusnachweis weiterhin nicht
empfohlen, da sie zu einer erhöhten Virusreplikation und Hemmung des
endogenen Interferonsystems führen könnte [6]. Eine immunsuppressive Therapie kann bei
niedriger PVB19-Last oder niedriger HHV6-Last bei Ausschluss einer
Virämie und kardialer Inflammation einen Vorteil bringen [45]
[46]. Bei
Erwachsenen mit Biopsie-gesicherter Virus-negativer inflammatorischer
Kardiomyopathie und moderat bis schwer eingeschränkter
linksventrikulärer Funktion fand sich eine signifikante Verbesserung
der Herzfunktion [80]
[81]
[82]. Grundsätzlich ist
zu beachten, dass die chronische kardiale Inflammation dieser Patienten sich
vom häufig akuten Verlauf mit schwerer myokardialer Inflammation und
eingeschränkter Funktion bei Kindern unterscheidet.
Für Kinder gibt es nur wenige Daten zur immunsuppressiven Therapie
mit Prednisolon in Kombination mit Azathioprin oder Cyclosorin A. Bei
Myokarditis ohne Virusnachweis mit eingeschränkter Pumpfunktion
und/oder Herzinsuffizienz ist die immunsuppressive Therapie mit
Prednisolon und Azathioprin und gegebenenfalls auch mit IL-ß
Antagonisten zu empfehlen.
Es konnte eine Verbesserung der linksventrikulären Ejektionsfraktion
und des linksventrikulären Durchmessers gezeigt werden [83]
[84]
[85]. Die Zahl der Patienten ist begrenzt,
größere randomisierte kontrollierte Studien sind daher
dringend erforderlich [86].
Weitere Therapiemöglichkeiten
Die Therapie der seltenen bakteriellen, parasitären und
mykologischen Myokarditiden ist nach dem individuellen
Erreger-spezifischen mikrobiologischen Befund auszurichten.
Spezifische immunmodulative und immunsuppressive Therapien bei
myokardialer Beteiligung nach SARS-CoV-2-Infektion
Kinder mit kardialer Beteiligung nach SARS-CoV-2-Infektion und dem
multisystemischen Inflammationssyndom (MIS-C) werden mit unterschiedlichen
Therapieschemata behandelt. Hier stehen IVIG und Glukokortikoide als
Therapie der ersten Wahl im Vordergrund. Bei Refraktärität
wird die immunmodulatorische Therapie auf Anakinra oder Tocilizumab
ausgeweitet.
Operativ-chirurgische Behandlung
Mechanische Kreislaufunterstützungssysteme und
Herztransplantation
Bei fehlender Stabilisierung trotz optimaler medikamentöser Therapien
kann eine mechanische Kreislaufunterstützung (z. B.
ECMO/VAD) und/oder Herztransplantation indiziert sein. Die
Ergebnisse der Herztransplantation bei den schweren Verläufen bei
Erwachsenen mit einer Myokarditis sind im Vergleich zu Patienten mit anderen
kardialen Erkrankungen nicht ungünstiger [30]. Vorteilhafter erscheint aber auch bei Kindern
zunächst der Einsatz von Organersatzverfahren (Assist devices), da
bei einem Teil der fulminanten Virusmyokarditiden innerhalb von Wochen eine
deutliche Verbesserung der linksventrikulären Pumpfunktion
eintreten kann und ein Entwöhnen ggf. möglich ist [87]. Bei kreislaufkompromittierten Patienten
mit noch ausreichender rechtsventrikulärer Funktion liegen Daten
vor, dass bei der Kreislaufunterstützung inklusive einer Entlastung
(sog. Unloading) des linken Ventrikels mittels Impella-Pumpen auch
antientzündliche Therapien zum Tragen kommen können [88].
Behandlungsergebnisse und Risiken
Bei bis zu 45% der Kinder mit einer Myokarditis sind in der Akutphase
Arrhythmien beschrieben worden [19]. Eine
mechanische Kreislaufunterstützung wurde in 14–23% der
Fälle beschrieben, bei ca. 24–43% konnte das System
wieder entfernt werden [15]
[20]. Bei 13–20% der Kinder war eine
Herztransplantation notwendig, die Mortalität lag bei ca. 5%
[1]
[20].
Das Flussdiagramm ([Abb. 3]) fasst die
diagnostischen und therapeutischen Schritte bei der Myokarditis im Kindesalter
zusammen. Beim klinischen Verdacht auf eine akute Myokarditis sollte eine
Diagnostik zum direkten Virusgenomnachweis für kardiotrope Viren im Blut
oder Stuhl/Urin durchgeführt werden.
Abb. 3 Flussdiagramm zur Therapie der Myokarditis im Kindesalter
[rerif].
Bei positivem Virusnachweis bzw. dringendem Verdacht wird eine
Immunglobulintherapie mit 1–2 g/kg über 24–48
Stunden empfohlen, bei negativem Befund wird symptomatisch behandelt [3]
[61]. Die Therapie
der Herzinsuffizienz erfolgt individuell in Anlehnung an die aktuellen
Leitlinien. Sofern innerhalb der folgenden 14 Tage nach Therapiebeginn anhand
des klinischen Befundes und der echokardiographischen Parameter (LVEF) ein
unzureichendes Ansprechen der Behandlung zu dokumentieren ist, besteht die
Indikation zur Endomyokardbiopsie mit dem Ziel der ätiopathologischen
Klärung [30]. Bei Instabilität
muss die Indikation zur Endomyokardbiopsie auch früher gestellt
werden.
Die weitere Vorgehensweise richtet sich nach den Befunden der
histologischen/immunhistologischen Diagnostik sowie der
molekularpathologischen Erregerdiagnostik aus der Myokardbiospie. Sofern im
Biopsat der Nachweis von viralen Genomen mit Verdacht auf ein akute Infektion
gelingt bei gleichzeitigem Vorliegen einer lymphozytären Inflammation,
kann bei Herpesviren (Cytomegalievirus, Herpes-simplex-Virus, evtl. Humanes
Herpesvirus 6) eine Therapie mit Ganciclovir/Valganciclovir erwogen
werden. Bei Nachweis von Entero- oder Adenoviren kann eine immunmodulierende
Therapie mit Typ I Interferonen nach kritischer Prüfung der aktuellen
Symptomatik und der potentiellen Nebenwirkungen erwogen werden [89]. In dieser Situation ist von einem
immunsuppressiven Therapieansatz dringend abzuraten. Bei Patienten mit
Biopsie-gesicherter Myokarditis ohne Virusgenomnachweis und weiter bestehender
Herzinsuffizienz mit kardialer Funktionseinschränkung kommt eine
immunsuppressive Therapie mit Prednisolon und Azathioprin in Betracht [82]. Die Indikation zur Re-Biopsie erfolgt in
Abhängigkeit vom individuellen klinischen Verlauf.
Nachsorge und Verlaufskontrollen
Nachsorge und Verlaufskontrollen
Patienten mit Myokarditis sollten in Abhängigkeit ihrer klinischen Symptome,
der Einschränkung der Herzfunktion sowie des Vorhandenseins von
Herzrhythmusstörungen in regelmäßigen Abständen
kinderkardiologisch untersucht werden.
Klinische Verlaufsuntersuchungen
Nach mildem Verlauf sollte eine Verlaufskontrolle nach 3 Monaten mittels
Echokardiographie, EKG, 24-EKG sowie eine Laborkontrolle inklusive Troponin und
NT-proBNP/BNP erfolgen. Zudem sollte bei Kindern und Jugendlichen ohne
Anzeichen einer anhaltenden Entzündung vor Aufnahme sportlicher
Aktivitäten eine Ergometrie oder Spiroergometrie durchgeführt
werden. Eine weitere Verlaufskontrolle ist 12 Monate nach initalen Beschwerden
zu empfehlen.
Zudem sollte mindestens 6–12 Monate nach initaler Erkrankung ein
Verlaufs-MRT zur Evaluation einer Persistenz der Inflammation sowie des
Ausmaßes von Fibrose bzw. Late Gadolinium Enhancement (LGE)
stattfinden.
Weitere klinische Kontrollen sind nach 12 Monaten in Abhängigkeit der
noch vorhandenen Pathologien in Labor, EKG, Echokardiographie und MRT zu
initiieren.
Bei Patienten mit eingeschränkter Herzfunktion, schweren
Verläufen oder Herzrhythmusstörungen können weitere
Kontrollen in kürzeren Abständen notwendig sein. Dies ist unter
Berücksichtigung der Klinik und der Ergebnisse der Bildgebung und des
Labors individuell zu entscheiden.
Sportliche Aktivität nach Myokarditis
Bei einer Myokarditis soll in der Phase mit aktiver Inflammation auf sportliche
Aktivitäten (Freizeit- und Leistungssport) verzichtet werden. Da diese
Dauer sehr variabel sein kann, ist in Abhängigkeit von den klinischen
und diagnostischen Befunden eine Meidung sportlicher Aktivität
(Freizeit- und Leistungssport) von 3–6 Monaten empfohlen. Es sollte nach
dieser Phase eine ausführliche kinderkardiologische Evaluation des
individuellen Risikos für einen plötzlichen Herztod mittels
Bildgebung, EKG, 24-h-EKG, Belastungsuntersuchung und ggf. Laboruntersuchungen
(Troponin, NT-proBNP/BNP) erfolgen. Bei asymptomatischen Patienten mit
unauffälliger Diagnostik in der Evaluation kann die Rückkehr zum
Freizeit- und Leistungssport erfolgen. Eine eingeschränkte Herzfunktion,
Vorhandensein von LGE sowie Herzrhythmusstörungen erhöhen das
Risiko für Komplikationen wie den plötzlichen Herztod [52]
[90]
[91]
[92].
Bei symptomatischen Patienten, persistierender kardialer
Funktionseinschränkung und/oder auffälliger Diagnostik
ist die Teilnahme an Freizeit- oder Leistungssport individuell zu prüfen
[52]
[90]
[91]
[92]. In der
Akutphase nur gering symptomatische Patienten ohne Einschränkung der
Ventrikelfunktion mit rascher und anhaltender Beschwerdefreiheit können
bei unauffälligem EKG bereits nach 4 Wochen die Sportfreigabe erhalten
(siehe [Abb. 4]).
Abb. 4 Flußdiagramm zur Sportfreigabe nach Myokarditis im
Kindesalter [rerif].
Durchführung der Diagnostik und Therapie
Durchführung der Diagnostik und Therapie
Koordination und Durchführung der Diagnostik durch einen Arzt für
Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunktbezeichnung Kinder- und Jugendkardiologie.
Therapeutische Maßnahmen obliegen bei Kindern und Jugendlichen (Transition
17–21 Jahre) der Verantwortung eines Arztes für Kinder- und
Jugendmedizin mit Schwerpunktbezeichnung Kinder- und Jugendkardiologie. Die
operative Behandlung soll altersunabhängig durch einen Herzchirurgen mit
Zertifikat „Chirurgie angeborener Herzfehler“ an einem
Kinderherzzentrum bzw. einem zertifizierten Zentrum für Erwachsene mit
angeborenen Herzfehlern erfolgen.
Contributor’s Statement
Alle authors contributed to this consensus statement.