Md Yusof MY.
et al.
Breakthrough SARS-CoV-2 infections and prediction of moderate-to-severe outcomes
during rituximab therapy in patients with rheumatic and musculoskeletal diseases
in the UK: a single-centre cohort study.
Lancet Rheumatol 2023;
5: e88-e98
Bei Patienten unter Rituximab-Therapie kam es häufig zu einem
SARS-CoV-2-Durchbruch, die meisten COVID-19-Fälle verliefen jedoch mild. Das
Nutzen-Risiko-Verhältnis könnte bei geimpften Patienten mit schweren
rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen, für die es kaum andere
Behandlungsmöglichkeiten gibt, für Rituximab sprechen. Im Rahmen der
vorliegenden retrospektiven Kohortenstudie werteten die Forscher der
Universität Leeds, Großbritannien, Daten von allen mit Rituximab
behandelten Patienten mit rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen und
einem Alter von mindestens 18 Jahren aus, die zwischen September 2019 und April 2022
eine Therapie mit mindestens einer Rituximab-Infusion erhielten. Bei Patienten im
ersten Rituximab-Zyklus bestand dieses Regime aus 100 mg Methylprednisolon
und 1000 mg Rituximab, die die Ärzte an den Tagen 1 und 14
intravenös verabreichen. Im Uniklinikum Leeds erhielten die meisten
Patienten mit rheumatoider Arthritis in den 8 Monaten nach Beginn der Pandemie im
Vereinigten Königreich (März 2020) Wiederholungszyklen mit einem
Halbdosis-Schema. Die wichtigsten klinischen Daten, Labormessungen und
Behandlungsmerkmale entnahmen die Wissenschaftler den Krankenakten der Patienten.
Eine SARS-CoV-2-Infektion bestätigten die Ärzte durch einen
Antigentest oder einen PCR-Test, den Schweregrad stuften sie gemäß
der Definition der WHO-Arbeitsgruppe in leicht (WHO-Grad 1–4), mittelschwer
(WHO-Grad 5) und schwer (WHO-Grad 6–10) ein. Eine
SARS-CoV-2-Durchbruchinfektion definierten die Experten als Infektion, die 14 Tage
oder mehr nach der zweiten Impfstoffdosis einer Zweidosisreihe bei
vollständig geimpften Personen auftrat. Die Forscher erhoben die
Gesamtserum-Immunglobulinkonzentrationen etwa 4–6 Monate nach jedem
Rituximab-Zyklus nephelometrisch und bestimmten die Untergruppen der B-Zellen im
peripheren Blut (naive Zellen, Gedächtniszellen und Plasmablasten) mittels
Durchflusszytometrie. Als primären Endpunkt definierten die Experten eine
Durchbruchsinfektion mit COVID-19 bei Patienten, die vollständig geimpft
waren.
Die Forscher schlossen 400 Patienten in die Auswertung ein. Von sämtlichen
Patienten waren 372 (93%) vollständig gegen COVID-19 geimpft. In
insgesamt 774,6 Patientenjahren Nachbeobachtungszeit kam es zu einem Anstieg aller
SARS-CoV-2-Schweregrade, wobei die meisten Infektionen jedoch mild verliefen. Von
370 Patienten, die vollständig geimpft waren und über
vollständige Daten verfügten, erkrankten 110 (30%) an
COVID-19, davon 16 (4%) an einem mittelschweren bis schweren Durchbruch von
COVID-19, ein Patient (<1%) starb. Nach der Impfung erwiesen sich
die Inzidenzraten von COVID-19 aller Schweregrade und von mittelschwerer bis
schwerer COVID-19 bei vollständig geimpften Personen im Vergleich zu
ungeimpften oder teilweise geimpften Personen als deutlich niedriger. Eine
multivariable Cox-Regressionsanalyse zeigte, dass die Anzahl der Begleiterkrankungen
und Hypogammaglobulinämie Faktoren darstellten, die mit einem
erhöhten Risiko für mittelschwere bis schwere COVID-19 assoziiert
waren. Dieses Risiko verringerte sich statistisch signifikant mit jeder erhaltenen
Impfstoffdosis. Eine gleichzeitige Einnahme von Prednisolon, Rituximab-assoziierte
Faktoren (z. B. Rituximab-Dosis und Zeit bis zur Impfung seit der letzten
Rituximab-Dosis) und Impfstoff-assoziierte Faktoren (z. B. Impfstofftyp und
periphere B-Zell-Depletion) zeigten sich als nicht prädiktiv für
mittelschwere bis schwere COVID-19-Verläufe.
Die Resultate zeigen, dass milde SARS-CoV-2-Infektionen bei Patienten mit
rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen unter Rituximab-Therapie trotz
vollständiger Impfungen häufig auftraten. Im Falle einer infrage
kommenden Rituximab-Therapie sollten Immunglobulinkonzentrationen beobachtet und
bei Patienten mit Hypogammaglobulinämie eine
Risiko-Nutzen-Abwägung vorgenommen werden, da beide Faktoren konsistente
Prädiktoren für SARS-CoV-2-Durchbrüche sind, so die
Autoren.
Dr. Maddalena Angela Di Lellis, Tübingen