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DOI: 10.1055/a-2044-0345
Prävention und Therapie der Frühgeburt. Leitlinie der DGGG, OEGGG und SGGG (S2k-Level, AWMF-Registernummer 015/025, September 2022) – Teil 2 mit Empfehlungen zur tertiären Prävention der Frühgeburt und zum Management des frühen vorzeitigen Blasensprungs
Article in several languages: English | deutsch- Zusammenfassung
- I Leitlinieninformationen
- II Leitlinienverwendung
- III Methodik
- IV Leitlinie
- 8 Früher vorzeitiger Blasensprung (PPROM)
- References
Zusammenfassung
Ziel Überarbeitete Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) und der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG). Ziel der Leitlinie ist es, die Prädiktion, die Prävention und das Management der Frühgeburt anhand der aktuellen Literatur, der Erfahrung der Mitglieder der Leitlinienkommission einschließlich der Sicht der Selbsthilfe evidenzbasiert zu verbessern.
Methoden Anhand der internationalen Literatur entwickelten die Mitglieder der beteiligten Fachgesellschaften und Organisationen zahlreiche Empfehlungen und Statements. Diese wurden in einem formalen Prozess (strukturierte Konsensuskonferenzen mit neutraler Moderation, schriftliche Delphi-Abstimmung) verabschiedet.
Empfehlungen Der Teil 2 dieser Kurzversion der Leitlinie zeigt Statements und Empfehlungen zur tertiären Prävention der Frühgeburt sowie zum Management des frühen vorzeitigen Blasensprungs.
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Schlüsselwörter
Leitlinie - Frühgeburt - vorzeitige Wehentätigkeit - Zervixinsuffizienz - früher vorzeitiger Blasensprung

I Leitlinieninformationen
Leitlinienprogramm
Informationen hierzu finden Sie am Ende der Leitlinie.
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Zitierweise
Prevention and Therapy of Preterm Birth. Guideline of the DGGG, OEGGG and SGGG (S2k Level, AWMF Registry Number 015/025, September 2022) – Part 2 with Recommendations on the Tertiary Prevention of Preterm Birth and on the Management of Preterm Premature Rupture of Membranes. Geburtsh Frauenheilk 2023; 83: 569–601
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Leitliniendokumente
Die vollständige Langfassung, eine Kurzfassung und eine DIA-Version dieser Leitlinie sowie eine Aufstellung der Interessenkonflikte aller Autoren und ein Leitlinienreport zum methodischen Vorgehen inkl. des Interessenkonfliktmanagements befinden sich auf der Homepage der AWMF: http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-025.html
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Leitliniengruppe
Autor |
AWMF-Fachgesellschaft |
---|---|
Prof. Dr. Richard Berger |
DGGG |
Autor/-in Mandatsträger/-in |
DGGG-Arbeitsgemeinschaft (AG)/AWMF/Nicht-AWMF-Fachgesellschaft/Organisation/Verein |
---|---|
Prof. Dr. Harald Abele |
AGG Sektion Frühgeburt |
Prof. Dr. Franz Bahlmann |
DEGUM |
Prof. Dr. Richard Berger |
DGGG |
Dr. Klaus Doubek |
BVF |
Prof. Dr. Ursula Felderhoff-Müser |
GNPI |
Prof. Dr. Herbert Fluhr |
AGIM |
PD Dr. Dr. Yves Garnier |
AGG Sektion Frühgeburt |
Prof. Dr. Susanne Grylka-Baeschlin |
DGHWi |
Aurelia Hayward |
DHV |
Prof. Dr. Hanns Helmer |
OEGGG |
Prof. Dr. Egbert Herting |
DGKJ |
Prof. Dr. Markus Hoopmann |
ARGUS |
Prof. Dr. Irene Hösli |
SGGG |
Prof. Dr. Dr. h. c. Udo Hoyme |
AGII |
Prof. Dr. Ruben-J. Kuon |
DGGG |
Dr. Wolf Lütje |
DGPFG |
Silke Mader |
EFCNI |
Prof. Dr. Holger Maul |
DGPM |
Prof. Dr. Werner Mendling |
AGII |
Barbara Mitschdörfer |
Bundesverband „Das frühgeborene Kind“ |
PD Dr. Dirk Olbertz |
GNPI |
Andrea Ramsell |
DHV |
Prof. Dr. Werner Rath |
DGPGM |
Prof. Dr. Claudia Roll |
DGPM |
PD Dr. Dietmar Schlembach |
AGG Sektion Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen und fetale Wachstumsrestriktion |
Prof. Dr. Ekkehard Schleußner |
DGPFG |
Prof. Dr. Florian Schütz |
AGIM |
Prof. Dr. Vanadin Seifert-Klauss |
DGGEF |
Prof. Dr. Daniel Surbek |
SGGG |
Die folgenden Fachgesellschaften/Arbeitsgemeinschaften/Organisationen/Vereine haben Interesse an der Mitwirkung bei der Erstellung des Leitlinientextes und der Teilnahme an der Konsensuskonferenz bekundet und Vertreter dafür benannt ([Tab. 2]).
Zusätzlich wirkten als Autoren an der Revision der Leitlinie Frau PD Dr. Mirjam Kunze, Prof. Dr. Jannis Kyvernitakis und Prof. Dr. Johannes Stubert mit. Eine Beteiligung an der Abstimmung der Empfehlungen und Statements fand nicht statt.
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II Leitlinienverwendung
Fragestellung und Ziele
Ziel der Leitlinie ist eine optimierte Betreuung von Patientinnen mit drohender Frühgeburt im ambulanten wie im stationären Versorgungssektor, um eine Senkung der Frühgeburtenrate zu erreichen. Bei nicht mehr aufzuhaltender Frühgeburt wird eine Reduktion der perinatalen bzw. neonatalen Morbidität und Mortalität angestrebt. Hierdurch soll auch die psychomotorische und kognitive Entwicklung frühgeborener Kinder verbessert werden.
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Versorgungsbereich
Ambulanter und/oder stationärer Versorgungsbereich.
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Anwenderzielgruppe/Adressaten
Die Empfehlungen der Leitlinie richten sich an Gynäkologinnen/Gynäkologen in der Niederlassung, Gynäkologinnen/Gynäkologen mit Klinikanstellung, Kinderärztinnen/Kinderärzte mit Klinikanstellung, Hebammen in der Niederlassung und Hebammen mit Klinikanstellung. Weitere Adressaten sind Interessenvertretungen der betroffenen Frauen und Kinder, Pflegekräfte (Geburtshilfe/Wochenbett, Kinderintensivstation), medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaften und Berufsverbände, Qualitätssicherungseinrichtungen (z. B. IQTIG), gesundheitspolitische Einrichtungen und Entscheidungsträger auf Bundes- und Landesebene, Kostenträger.
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Verabschiedung und Gültigkeitsdauer
Die Gültigkeit dieser Leitlinie wurde durch die Vorstände/Verantwortlichen der beteiligten medizinischen Fachgesellschaften, Arbeitsgemeinschaften, Organisationen und Vereine sowie durch den Vorstand der DGGG, SGGG, OEGGG sowie der DGGG/OEGGG/SGGG-Leitlinienkommission im September 2022 bestätigt und damit in ihrem gesamten Inhalt genehmigt. Diese Leitlinie besitzt eine Gültigkeitsdauer vom 01.10.2022 bis 30.09.2025. Diese Dauer ist aufgrund der inhaltlichen Zusammenhänge geschätzt. Bei dringendem Bedarf kann eine Leitlinie früher aktualisiert werden, bei weiterhin aktuellem Wissensstand kann ebenso die Dauer verlängert werden.
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III Methodik
Grundlagen
Die Methodik zur Erstellung dieser Leitlinie wird durch die Vergabe der Stufenklassifikation vorgegeben. Das AWMF-Regelwerk (Version 2.0) gibt entsprechende Regelungen vor. Es wird zwischen der niedrigsten Stufe (S1), der mittleren Stufe (S2) und der höchsten Stufe (S3) unterschieden. Die niedrigste Klasse definiert sich durch eine Zusammenstellung von Handlungsempfehlungen, erstellt durch eine nicht repräsentative Expertengruppe. Im Jahr 2004 wurde die Stufe S2 in die systematische evidenzrecherchebasierte (S2e) oder strukturelle konsensbasierte Unterstufe (S2k) gegliedert. In der höchsten Stufe S3 vereinigen sich beide Verfahren. Diese Leitlinie entspricht der Stufe: S2k.
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Empfehlungsgraduierung
Die Evidenzgraduierung nach systematischer Recherche, Selektion, Bewertung und Synthese der Evidenzgrundlage und eine daraus resultierende Empfehlungsgraduierung einer Leitlinie auf S2k-Niveau ist nicht vorgesehen. Es werden die einzelnen Statements und Empfehlungen nur sprachlich – nicht symbolisch – unterschieden ([Tab. 3]).
Beschreibung der Verbindlichkeit |
Ausdruck |
---|---|
starke Empfehlung mit hoher Verbindlichkeit |
soll/soll nicht |
einfache Empfehlung mit mittlerer Verbindlichkeit |
sollte/sollte nicht |
offene Empfehlung mit geringer Verbindlichkeit |
kann/kann nicht |
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Statements
Sollten fachliche Aussagen nicht als Handlungsempfehlungen, sondern als einfache Darlegung Bestandteil dieser Leitlinie sein, werden diese als „Statements“ bezeichnet. Bei diesen Statements ist die Angabe von Evidenzgraden nicht möglich.
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Konsensusfindung und Konsensusstärke
Im Rahmen einer strukturierten Konsenskonferenz nach dem NIH-Typ (S2k/S3-Niveau) stimmen die berechtigten Teilnehmer der Sitzung die ausformulierten Statements und Empfehlungen ab. Der Ablauf war wie folgt: Vorstellung der Empfehlung, inhaltliche Nachfragen, Vorbringen von Änderungsvorschlägen, Abstimmung aller Änderungsvorschläge. Bei Nichterreichen eines Konsensus (> 75% der Stimmen) Diskussion und erneute Abstimmung. Abschließend wird abhängig von der Anzahl der Teilnehmer die Stärke des Konsensus ermittelt ([Tab. 4]).
Symbolik |
Konsensusstärke |
prozentuale Übereinstimmung |
---|---|---|
+++ |
starker Konsens |
Zustimmung von > 95% der Teilnehmer |
++ |
Konsens |
Zustimmung von > 75 – 95% der Teilnehmer |
+ |
mehrheitliche Zustimmung |
Zustimmung von > 50 – 75% der Teilnehmer |
– |
kein Konsens |
Zustimmung von < 50% der Teilnehmer |
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Expertenkonsens
Wie der Name bereits ausdrückt, sind hier Konsensusentscheidungen speziell für Empfehlungen/Statements ohne vorige systemische Literaturrecherche (S2k) oder aufgrund von fehlender Evidenzen (S2e/S3) gemeint. Der zu benutzende Expertenkonsens (EK) ist gleichbedeutend mit den Begrifflichkeiten aus anderen Leitlinien wie „Good Clinical Practice“ (GCP) oder „klinischer Konsensuspunkt“ (KKP). Die Empfehlungsstärke graduiert sich gleichermaßen wie bereits im Kapitel Empfehlungsgraduierung beschrieben ohne die Benutzung der aufgezeigten Symbolik, sondern rein semantisch („soll“/„soll nicht“ bzw. „sollte“/„sollte nicht“ oder „kann“/„kann nicht“).
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Sondervotum OEGGG
Zu 6.9.1 Entbindungsmodus in Abhängigkeit von der Kindslage
Die Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) ist der Ansicht, dass es für die Empfehlung, aufgrund eines vermeintlich geringeren perinatalen Hirnblutungsrisikos als Entbindungsmodus eine Sectio caesarea zu präferieren, keine klinische und wissenschaftliche Grundlage gibt und der Entbindungsmodus im Bereich der frühen Frühgeburtlichkeit (SSW 22 + 0 bis 24 + 6) der individuellen maternalen und fetalen klinischen Situation angepasst werden muss. Die OEGGG empfiehlt im Bereich der frühen Frühgeburtlichkeit bei Einlingen in Schädellage ein individuelles Entbindungsmanagement, das die maternale und fetale klinische Situation berücksichtigt und auch eine Vaginalgeburt als Geburtsmodus in den klinischen Entscheidungsprozess einschließt [1].
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Sondervotum SGGG
Zu 1 Definition und Epidemiologie (und diverse andere Kapitel: 6.9.1, 6.9.6, 6.9.7, 8.8, 8.9)
In Bezug auf die Betreuung an der Grenze der Lebensfähigkeit wird auf die gemeinsam mit den Neonatologen erarbeitete Empfehlung der Schweiz verwiesen. Begründung: Die Empfehlungen in der Schweiz divergieren in mehreren Aspekten von den Empfehlungen in Deutschland. Sie sind aktuell in Überarbeitung [2].
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Zu 6.6 Applikation antenataler Steroide
In Bezug auf dieses Kapitel wird auf den SGGG Expertenbrief Nr. 56 Glucocorticoidtherapie zur antenatalen Lungenreifung bei drohender Frühgeburt: Indikationen und Dosierung verwiesen. Begründung: Die evidenzbasierten Empfehlungen in der Schweiz differieren leicht zu dieser LL, insbesondere hinsichtlich Gabe von antenatalen Glukokortikoiden 34 + 0 bis 36 + 0 SSW [3].
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Zu 6.2 Tokolyse
In Bezug auf tokolytische Medikamente sind in der Schweiz Betamimetika zur Tokolyse zugelassen und als Tokolytikum 1. Wahl einsetzbar, siehe auch den SGGG Expertenbrief Nr. 41 Tokolyse bei vorzeitiger Wehentätigkeit. Begründung: Die Empfehlungen und die Praxis in der Schweiz divergieren von denjenigen in Deutschland [4].
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Zu 8.8 Klinisches Management bei < 22 SSW
Bei schlechter Prognose sollte die Option eines Schwangerschaftsabbruchs erwähnt werden. Begründung: Die Option des Schwangerschaftsabbruchs mittels Geburtseinleitung bei schwerer mütterlicher körperlicher oder psychischer Gefährdung wird in der LL nicht erwähnt, obwohl sie klinisch von Bedeutung ist.
Das Sondervotum der OEGGG wird auch durch die SGGG übernommen.
Empfehlung 8.E63: Glukokortikoide sollten in 22 SSW nicht gegeben werden. In speziellen Fällen können sie in 23 SSW gegeben werden, wenn eine Frühgeburt in den nächsten 7 Tagen droht und nach Besprechung mit der Patientin durch Geburtshelfer*innen und Neonatolog*innen.
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IV Leitlinie
6 Tertiäre Prävention
6.1 Bettruhe
Konsensbasiertes Statement 6.S25 |
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---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Literatur: [5] |
|
Es gibt bisher keine gesicherte Datenlage, dass Bettruhe die Frühgeburtenrate senkt. Hingegen erhöht Bettruhe das maternale Thromboserisiko und begünstigt die Entwicklung einer Muskelatrophie und Osteoporose. |
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6.2 Tokolyse
Konsensbasierte Empfehlung 6.E22 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Eine Tokolyse soll mit dem Ziel durchgeführt werden, die Schwangerschaft um mindestens 48 h zu verlängern. Dies ermöglicht
|
6.2.1 Indikationen
Konsensbasierte Empfehlung 6.E23 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Eine medikamentöse Wehenhemmung sollte erfolgen bei
|
Konsensbasiertes Statement 6.S26 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Bei gegebener Indikation und nach Ausschluss von Kontraindikationen ist im Zeitraum zwischen 22 + 0 und 33 + 6 SSW eine Tokolyse angezeigt. |
Konsensbasiertes Statement 6.S27 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Eine medikamentöse Wehenhemmung (Betasympathomimetika, Atosiban, Nifedipin, Indometacin, NO-Donoren) ist in der Lage, bei vorzeitigen muttermundwirksamen Wehen die Geburt in 75 – 93% der Fälle um 48 h und in 62 – 78% um 7 Tage hinauszuschieben. |
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6.2.2 Medikamente
Konsensbasierte Empfehlung 6.E24 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Aufgrund der im Vergleich zu anderen Tokolytika signifikant höheren Rate maternaler Nebenwirkungen (Betasympathomimetika) und der nicht evidenzbasiert nachgewiesenen tokolytischen Effizienz (Magnesiumsulfat) sollten die kontinuierliche intravenöse Applikation von Betasympathomimetika und Magnesiumsulfat nicht mehr zur Tokolyse eingesetzt werden. |
Betasympathomimetika weisen unter allen Tokolytika neben dem größten Überwachungsaufwand auch die höchste Rate maternaler (bis zu 80% kardiovaskulärer) und fetaler Nebenwirkungen auf [7]. Hinzu kommt das Problem des Lungenödems bei ca. 1/350 Anwendungen [8]. Sie sollten daher nicht mehr zur Tokolyse eingesetzt werden [9]. Die in Deutschland häufig praktizierte Bolustokolyse mit Fenoterol weist signifikant weniger maternale Nebenwirkungen auf als die kontinuierliche intravenöse.
Zu Magnesiumsulfat als Tokolytikum ist die Datenlage kontrovers. In Metaanalysen [6], [7] war Magnesiumsulfat hinsichtlich der Verlängerung der Schwangerschaft um 48 h tokolytisch effektiv im Vergleich zu Placebo (OR 2,46; 95%-KI 1,58 – 4,94), demgegenüber stehen die Ergebnisse und Aussagen des Cochrane Review 2014 [10], generiert aus 37 Studien mit 3571 Schwangeren. Danach ist Magnesiumsulfat zur Schwangerschaftsverlängerung über 48 h nicht wirksamer als Placebo oder keine Therapie und senkt die Frühgeburtenrate nicht. Allerdings ist die tokolytische Effizienz von Magnesiumsulfat dosisabhängig und dementsprechend auch die Häufigkeit maternaler Nebenwirkungen. Nach einer Metaanalyse aus 2019 ist die antenatale Gabe von Magnesiumsulfat (alle Indikationen) im Vergleich zu Placebo/keine Therapie mit keiner erhöhten Rate an perinatalen Todesfällen assoziiert [11]. In internationalen Leitlinien wird Magnesiumsulfat nicht mehr zur Tokolyse empfohlen [12], [13], [14].
Konsensbasierte Empfehlung 6.E25 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Unter Berücksichtigung der Effizienz und des Nebenwirkungsprofils sollten Kalziumantagonisten (Nifedipin), Oxytocinrezeptorantagonisten (Atosiban) und COX-Inhibitoren (Indometacin) trotz teilweise fehlender Zulassung vorzugsweise als Tokolytika verwendet werden. |
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6.2.3 Kombination mehrerer Tokolytika
Konsensbasierte Empfehlung 6.E26 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Die Kombination von Tokolytika sollte nach derzeitiger Datenlage im Hinblick auf die im Vergleich zur Anwendung eines Tokolytikums signifikant erhöhten Rate an maternalen Nebenwirkungen bei nicht nachgewiesener Steigerung der Effizienz unterbleiben. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E27 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Literatur: [16] |
|
Eine Kombination von Tokolytika mit oralem/vaginalem Progesteron zur adjunktiven Tokolyse sollte derzeit aufgrund der unzureichenden Studienlage nicht erfolgen. |
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6.2.4 Tokolyse bei extremer Frühgeburt, Mehrlingen und intrauteriner Wachstumsrestriktion
Konsensbasiertes Statement 6.S28 |
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---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Für den Einsatz von Tokolytika zur Wehenhemmung bei Frühgeburt an der Grenze zur Lebensfähigkeit, Mehrlingen und intrauteriner Wachstumsrestriktion fehlt die Evidenz aus randomisierten, kontrollierten Studien. Ihr Einsatz ist eine Einzelfallentscheidung, die im Sinne der partizipativen Entscheidungsfindung getroffen werden sollte. |
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6.2.5 Dauertokolyse
Konsensbasierte Empfehlung 6.E28 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Die Dauer- oder Erhaltungstokolyse (mehrheitlich definiert als Tokolyse > 48 h) sollte nach derzeitigem Kenntnisstand zur Senkung der Frühgeburtenrate sowie der neonatalen Morbidität und Mortalität nicht eingesetzt werden. |
Sie kann in Einzelfällen im Konsens mit der Schwangeren erwogen werden.
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6.3 Progesteron als Erhaltungstokolyse
Konsensbasierte Empfehlung 6.E29 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Schwangere mit Einlingsschwangerschaft sollten nach erfolgter Tokolyse zur Erhaltungsbehandlung kein Progesteron zur Prävention einer Frühgeburt erhalten. |
Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2017 mit selektivem Einschluss der hochqualitativen Studien zu diesem Thema zeigt, dass der Einsatz von Progesteron zur Erhaltungstokolyse die Rate einer Frühgeburt < 37 SSW nicht signifikant reduziert (OR 1,23, 95%-KI 0,91 – 1,67) [24].
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6.5 Antibiotikagabe bei vorzeitiger Wehentätigkeit
Konsensbasierte Empfehlung 6.E30 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Schwangere mit vorzeitiger Wehentätigkeit ohne Blasensprung und ohne lokoregionäre klinische Infektionszeichen sollen nicht allein mit dem Ziel, die Schwangerschaftsdauer zu verlängern oder die neonatale Morbidität zu senken, antibiotisch therapiert werden. |
Es liegen mittlerweile zahlreiche prospektiv randomisierte Studien vor, die den Effekt einer Antibiotikagabe auf die Frühgeburtenrate und perinatale Morbidität bei Frauen mit vorzeitiger Wehentätigkeit und intakter Fruchtblase untersucht haben. Wie eine Metaanalyse aus 2013 allerdings zeigte, ließ sich durch diese Intervention keine Verbesserung in den genannten Parametern erreichen [25].
Neuere Untersuchungen überprüfen die Wertigkeit einer amniozentesegesteuerten Antibiotikatherapie in dieser Konstellation. Bis zur Publikation valider Ergebnisse sollten Antibiotika in diesem Zusammenhang nicht eingesetzt werden, da neben einer möglichen Verkürzung der Schwangerschaftsdauer auch weitere schwerwiegende Nebenwirkungen wie die Selektion therapieresistenter Keime, die Induktion einer vaginalen Dysbiose, gastrointestinale Beschwerden etc. in Betracht gezogen werden müssen [26], [27]. Davon ausgenommen sind natürlich Patientinnen, bei denen eine klinische Beschwerdesymptomatik vorliegt.
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6.6 Applikation antenataler Steroide
6.6.1 Applikation und Dosierung
Konsensbasierte Empfehlung 6.E31 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Literatur: [28] |
|
Bei Frauen mit unmittelbar drohender Frühgeburt vor 34 + 0 SSW soll die Applikation antenataler Steroide mit 2 × 12 mg Betamethason i. m. im Abstand von 24 h erfolgen (alternativ Dexamethason, 4 × 6 mg i. m. alle 12 h). |
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6.6.2 Ab welcher Schwangerschaftswoche?
Konsensbasierte Empfehlung 6.E32 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Auch bei drohender Frühgeburt < 24 + 0 SSW sollte die Applikation antenataler Steroide erfolgen, falls eine neonatal-intensivmedizinische Maximaltherapie geplant ist. |
Eine kürzlich publizierte Metaanalyse konnte 8 nicht randomisierte Studien zu diesem Thema detektieren [29]. Der Einfluss einer einmaligen Gabe von Kortikosteroiden in 22 + 0 bis 23 + 6 SSW auf die neonatale Mortalität und Morbidität ist in [Tab. 5] und [6] dargestellt.
22 + 0 – 22 + 6 SSW |
OR |
95%-KI |
---|---|---|
neonatale Mortalität |
0,58 |
0,38 – 0,89 |
intraventrikuläre Hirnblutung (Grad III – IV) oder periventrikuläre Leukomalazie |
1,03 |
0,55 – 1,93 |
chronische Lungenerkrankung |
1,19 |
0,52 – 2,73 |
nekrotisierende Enterokolitis (> Stadium II) |
0,59 |
0,03 – 12,03 |
23 + 0 – 23 + 6 SSW |
OR |
95%-KI |
---|---|---|
neonatale Mortalität |
0,50 |
0,42 – 0,58 |
intraventrikuläre Hirnblutung (Grad III – IV) oder periventrikuläre Leukomalazie |
0,75 |
0,55 – 1,03 |
chronische Lungenerkrankung |
0,94 |
0,59 – 1,51 |
nekrotisierende Enterokolitis (> Stadium II) |
0,93 |
0,66 – 1,32 |
Während die neonatale Mortalität durch die einmalige Gabe von Kortikosteroiden signifikant gesenkt wird, liegt offenbar kein Einfluss auf die Morbidität vor. Angesichts der rasanten Fortschritte, die derzeit in der neonatologischen Intensivmedizin erzielt werden, sind deshalb zu diesem Thema dringend prospektiv randomisierte Studien erforderlich.
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6.6.3 Wiederholte Gabe antenataler Steroide
Konsensbasierte Empfehlung 6.E33 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Literatur: [30] |
|
Frauen, bei denen vor 29 + 0 SSW wegen drohender Frühgeburt vor mehr als 7 Tagen Steroide appliziert wurden, können nach Reevaluation bei zunehmendem Risiko für eine unmittelbar eintretende Frühgeburt einmalig eine weitere Steroidgabe erhalten. |
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6.6.4 Timing der Applikation antenataler Steroide
Konsensbasiertes Statement 6.S29 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Der Zeitpunkt und die Indikation zur antenatalen Steroidgabe ist wohl zu überlegen, da die neonatale Morbidität und Mortalität nur in einem Intervall zwischen 24 h und 7 Tagen nach der ersten Applikation gesenkt werden kann. Es gibt Hinweise, dass die Gabe von antenatalen Steroiden bereits vor 24 h wirkt. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E34 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Patientinnen mit vorzeitiger Wehentätigkeit, die eine vaginalsonografisch gemessene Zervixlänge > 30 mm oder von 15 – 30 mm aufweisen und zusätzlich negativ für Fibronektin, phIGFBP-1 oder PAMG-1 getestet sind, sollten keine Applikation antenataler Steroide alleine aufgrund der Wehentätigkeit erhalten, da ein geringes Risiko (< 5%) für eine Frühgeburt in den nächsten 7 Tagen besteht. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E35 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Liegen bei asymptomatischen Patientinnen mit einer Zervixlänge von 5 – 15 mm und einem negativen Test für Fibronektin, phIGFBP-1 oder PAMG-1 keine weiteren Risikofaktoren für eine Frühgeburt vor, sollte aufgrund der äußerst geringen Wahrscheinlichkeit für eine Entbindung innerhalb von 7 Tagen (< 1%) keine Applikation antenataler Steroide erfolgen. Dennoch sollte die Patientin weiter engmaschig hinsichtlich des Frühgeburtsrisikos überwacht werden. |
Noch viel geringer scheint das Frühgeburtsrisiko für asymptomatische Patientinnen mit kurzer Zervixlänge zu sein. So entband in einer retrospektiven Untersuchung, die 126 asymptomatische Patientinnen mit einer Zervixlänge ≤ 25 mm zwischen 23 und 28 SSW einschloss, keine Patientin innerhalb von 7 Tagen und lediglich eine innerhalb von 14 Tagen. Ihre Zervixlänge betrug weniger als 10 mm [36]. Die entsprechenden Kaplan-Meier-Kurven sind in nachfolgender Abbildung dargestellt ([Abb. 1]).


Diese Daten werden durch eine weitere retrospektive Studie gestützt, in die 367 weitestgehend asymptomatische Frauen – Druck oder Ziehen im Unterbauch, vaginales Spotting galten nicht als Ausschlusskriterien – mit einer Zervixlänge von weniger als 25 mm zwischen 24 und 34 SSW einflossen. Lediglich 2 dieser Patientinnen entbanden innerhalb von 7 Tagen [37].
In diesem Zusammenhang wurde in einer retrospektiven Analyse auch der Nutzen eines Fibronektintests bei asymptomatischen Patientinnen untersucht, deren Zervixlänge zwischen 22 und 32 SSW weniger als 10 mm betrug, im Vergleich zu denen mit einer Zervixlänge zwischen 11 und 25 mm. Der negative Vorhersagewert für eine Geburt innerhalb von 7 oder innerhalb von 14 Tagen betrug in beiden Gruppen 100% und lag für eine Frühgeburt vor 34 SSW immer noch bei fast 90% [38]. Eine weitere retrospektive Studie zeigt nahezu identische Ergebnisse [39] ([Tab. 7]).
Sensitivität (%) |
Spezifität (%) |
PPV (%) |
NPV (%) |
|
---|---|---|---|---|
CL: Zervixlänge; PPV: positiver Vorhersagewert; NPV: negativer Vorhersagewert |
||||
CL < 10 mm (n = 40) |
||||
Geburt < 7 Tage |
100 |
64,9 |
18,6 |
100 |
Geburt < 14 Tage |
100 |
66,7 |
25 |
100 |
Geburt < 34 SSW |
80 |
73,9 |
57,1 |
89,5 |
Geburt < 37 SSW |
58,8 |
73,9 |
62,5 |
70,8 |
CL 11 – 25 mm (n = 77) |
||||
Geburt < 7 Tage |
100 |
78 |
5,8 |
100 |
Geburt < 14 Tage |
100 |
73,2 |
11,8 |
100 |
Geburt < 34 SSW |
58,3 |
84,7 |
50 |
88,6 |
Geburt < 37 SSW |
35,7 |
84,7 |
58,8 |
68,4 |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E36 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Literatur: [40] |
|
Auf eine sogenannte Schnellreifung, Applikation der zweiten Dosis Betamethason nach bereits 12 anstatt 24 h, soll verzichtet werden, da hierdurch das Risiko für eine nekrotisierende Enterokolitis signifikant erhöht wird. |
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6.6.5 Applikation antenataler Steroide bei später Frühgeburt
Konsensbasierte Empfehlung 6.E37 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Auf eine Applikation antenataler Steroide bei Patientinnen mit drohender Frühgeburt zwischen 34 + 0 und 36 + 5 SSW sollte derzeit verzichtet werden, da bisher keine Untersuchungen zur psychomotorischen Entwicklung im späteren Lebensalter vorliegen. |
Der ALPS Trial zeigte eine signifikante Reduktion respiratorischer Störungen bei Kindern von Frauen mit später Frühgeburt zwischen 34 + 0 und 36 + 5 SSW, die antenatal 2 × 12 mg Betamethason i. m. erhalten hatten [41]. Auch im ASTECS-Trial, in dem Müttern mit elektiver Sectio am Termin antenatal 2 × 12 mg Betamethason appliziert wurde, konnte eine signifikante Reduktion des RDS (Respiratory Distress Syndrome) bei den geborenen Kindern beobachtet werden [42]. Allerdings zeigte sich, dass beim „School Assessment“ 10 Jahre später von den Lehrern signifikant mehr Kinder aus der Behandlungsgruppe im unteren Leistungsquartil und weniger Kinder im oberen Leistungsquartil eingeordnet eingeordnet wurden [43]. Bisher liegen für den ALPS Trial keine Nachuntersuchungen zu den Kindern vor. Deshalb sollte bis auf Weiteres bei dieser Patientengruppe keine antenatale Kortikoid-Applikation erfolgen.
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6.7 Notfall-Zerklage
Konsensbasierte Empfehlung 6.E38 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Bei mehr als 1 cm eröffnetem Muttermund vor 24 + 0 SSW in Einlingsschwangerschaften kann die Anlage einer Notfall-Zerklage erwogen werden mit dem Ziel, eine signifikante Prolongation der Schwangerschaft zu erreichen. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E39 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Literatur: [47] |
|
Frauen mit Notfall-Zerklage sollten perioperativ Indometacin und Antibiotika erhalten. |
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6.8 Neuroprotektion
Konsensbasiertes Statement 6.S30 |
|
---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Literatur: [48] |
|
Die typische Hirnschädigung des unreifen Neugeborenen ist die peri-/intraventrikuläre Hirnblutung (PIVH) und die periventrikuläre Leukomalazie (PVL)/diffuse Schädigung der weißen Hirnsubstanz. |
6.8.1 Magnesium
Konsensbasierte Empfehlung 6.E40 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Steht bei Patientinnen eine Frühgeburt < 32 SSW unmittelbar bevor, kann die intravenöse Applikation von Magnesium zur fetalen Neuroprotektion erwogen werden. |
Die Therapie sollte mit einem Bolus von 4 – 6 g innerhalb von 30 min gestartet werden, dem eine Erhaltungsdosis von 1 – 2 g für 12 h folgt. Ziel ist es, den Magnesiumspiegel im maternalen Serum zu verdoppeln. Sollte die Geburt nicht innerhalb von 12 h eintreten, kann die Magnesium-Applikation auch zu einem späteren Zeitpunkt bei erneut drohender Frühgeburt wieder begonnen werden.
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6.8.2 Spätes Abnabeln
Konsensbasierte Empfehlung 6.E41 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Bei frühgeborenen Kindern sollte spät abgenabelt werden. Bei Kindern < 28 SSW soll die Nabelschnur nicht ausgestrichen werden. |
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6.9 Entbindung
6.9.1 Entbindung in Abhängigkeit von der Kindslage
Konsensbasierte Empfehlung 6.E42 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Die Evidenz aus prospektiv randomisierten Studien zum Entbindungsmodus bei Frühgeburt ist unzureichend. Bei Schwangeren < 30 + 0 SSW kann im Falle einer Schädellage bei individueller Risiko-Nutzen-Abwägung eine Sectio caesarea erwogen werden. |
Konsensbasiertes Statement 6.S31 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Es gibt derzeit keine Hinweise dafür, dass bei Frauen mit Einlingsschwangerschaft in Schädellage und drohender Frühgeburt ab 30 + 0 SSW die alleine aufgrund des Gestationsalters indizierte Sectio caesarea die neonatale Mortalität/Morbidität reduziert. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E43 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Literatur: [56] |
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Bei Schwangeren < 36 + 0 SSW sollte im Falle einer Beckenendlage in Abhängigkeit vom sonografischen Schätzgewicht und anderen Einflussfaktoren eine Sectio caesarea zur Reduktion der neonatalen Morbidität und Mortalität erwogen werden. |
#
6.9.2 Sectio caesarea per Uteruslängsschnitt
Konsensbasierte Empfehlung 6.E44 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Insbesondere im Falle einer extremen Frühgeburt kann ein Uteruslängsschnitt im Einzelfall vorteilhaft sein, um das Kind möglichst schonend zu entwickeln. |
Konsensbasierte Empfehlung 6.E45 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Aufgrund des erhöhten Risikos für eine Uterusruptur soll bei Z. n. Sectio mit Uteruslängsschnitt bei allen folgenden Geburten eine primäre Re-Sectio empfohlen werden. |
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6.9.3 Vaginal operative Entbindung
Konsensbasierte Empfehlung 6.E46 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Literatur: [59] |
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Aufgrund des erhöhten Risikos für eine intraventrikuläre Hirnblutung sollte unterhalb von 34 + 0 SSW eine Kindsentwicklung per Vakuumextraktion unterlassen werden. |
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6.9.4 Fetalblut-Analyse
Konsensbasierte Empfehlung 6.E47 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Unterhalb von 34 + 0 SSW sollte aufgrund potentieller Verletzungsrisiken keine Fetalblut-Analyse erfolgen. |
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6.9.5 Antibiotikaprophylaxe bei B-Streptokokken
Konsensbasierte Empfehlung 6.E48 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Literatur: [60] |
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Ist bei einer Frühgeburt der GBS-Status positiv oder unbekannt, soll eine subpartale Antibiotikaprophylaxe durchgeführt werden. |
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6.9.6 Zusammenarbeit mit Neonatologie
Konsensbasierte Empfehlung 6.E49 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Ein Pädiater/Neonatologe soll frühzeitig in die Behandlung und Beratung bei drohender Frühgeburt einbezogen werden. |
Dem betreuenden Pädiater sollen alle Informationen zu der Schwangeren, die wichtig sind für die Erstversorgung und Behandlung des Frühgeborenen, übermittelt werden. Dies sind u. a. Medikamente, der HBs-Ag-Status, die Blutgruppe, der CMV-Antikörperstatus (bis 32 SSW), Befunde der Pränataldiagnostik sowie die Ergebnisse des mikrobiologischen Screenings Schwangerer mit drohender Frühgeburt auf GBS (Gruppe-B-Streptokokken), MRSA (multiresistenter Staphylococcus aureus), MRGN (multiresistente gramnegative Bakterien) und von der Wiederholung des Screenings bei Prolongation der Schwangerschaft.
Konsensbasierte Empfehlung 6.E50 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
Literatur: [64] |
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Im Falle einer Frühgeburt (< 35 + 0 SSW) soll ein neonatologisch erfahrener Arzt anwesend sein und das Neugeborene unmittelbar versorgen. Bei drohenden Frühgeburten < 32 + 0 SSW und/oder einem Schätz-/Geburtsgewicht < 1500 g soll ein Facharzt mit der Schwerpunktbezeichnung „Neonatologie“ in Rufbereitschaft verfügbar sein. |
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6.9.7 Sterbebegleitung
Konsensbasiertes Statement 6.S32 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Für Palliativversorgung und Sterbebegleitung in der Perinatalphase ist für verstorbene bzw. im Sterbeprozess befindliche Neugeborene und ihre Familie speziell geschultes Personal hinzu zu ziehen. Die Sterbebegleitung gehört zu den Ausbildungsinhalten in der Perinatologie. Die würdevolle Sterbebegleitung ist nach den Grundsätzen der Bundesärztekammer eine zentrale, nicht zu delegierende ärztliche Aufgabe. |
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7 Besonderheiten bei Gemini und höhergradigen Mehrlingen
7.1 Epidemiologie und Ätiologie
Konsensbasiertes Statement 7.S33 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Mehrlingsschwangere haben ein signifikant erhöhtes Frühgeburtsrisiko. |
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7.2 Prävention
7.2.1 Progesteron
Konsensbasierte Empfehlung 7.E51 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Nur aufgrund des Vorliegens einer Zwillingsschwangerschaft sollen Frauen kein Progesteron zur Prävention einer Frühgeburt erhalten. |
Konsensbasiertes Statement 7.S34 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Bei Frauen mit Zwillingsschwangerschaft, deren vaginalsonografisch gemessene Zervixlänge vor 24 + 0 SSW ≤ 25 mm beträgt, liegt keine ausreichende Datenlage vor, um eine Empfehlung zur Progesteron-Applikation aussprechen zu können. |
Eine Metaanalyse individueller Patientendaten (Individual Patient Data Meta-Analysis, IPDMA) von Romero et al. aus dem Jahr 2017 mit 6 Studien, welche die Gabe von vaginalem Progesteron gegen Placebo oder keine Behandlung bei n = 303 asymptomatischen Zwillingsschwangerschaften mit einer Zervixlänge ≤ 25 mm im 2. Trimenon untersuchte, konnte eine signifikante Reduktion einer Frühgeburt vor 33 SSW (31,4% vs. 43,1%; RR 0,69 [95%-KI 0,51 – 0,93]) sowie ein verbessertes neonatales Outcome aufzeigen (z. B. Reduktion eines neonatalen Todes [RR 0,53 {95%-KI 0,35 – 0,81}]), eines Atemnotsyndroms (RR 0,70 [95%-KI 0,56 – 0,89]), eines Geburtsgewichtes < 1500 g (RR 0,53 [95%-KI 0,35 – 0,80]) [72]. In dieser Metaanalyse ist die Studie von El-Refaie, die Progesteron in einer täglichen Dosis von 400 mg einsetzte, mit 70,4% gewichtet [73]. Diese Studie wurde inzwischen vom Journal zurückgezogen, da es für die Arbeit keine Zustimmung einer Ethikkommission gab und erhebliche Bedenken hinsichtlich der Validität und Integrität der Daten bestehen. Somit sind die Aussagen der o. g. Metaanalyse vom Romero et al. mit hoher Unsicherheit zu bewerten.
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7.2.2 Zerklage
Konsensbasierte Empfehlung 7.E52 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Bei Zwillingsschwangeren sollte keine primäre Zerklage angelegt werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 7.E53 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Bei Zwillingsschwangeren, deren Zervixlänge vor 24 + 0 SSW weniger als 15 mm beträgt, kann die Anlage einer sekundären Zerklage erwogen werden. |
In einer Metaanalyse aus 2021, die 1211 Frauen aus 16 Studien mit Zwillingsschwangerschaft untersuchte, konnte gezeigt werden, dass bei Patientinnen mit Zwillingsschwangerschaft, deren Zervixlänge weniger als 15 mm betrug, durch die Anlage einer Zerklage die Frühgeburtenrate < 34 SSW signifikant reduziert (RR 0,57; 95%-KI 0,43 – 0,75) und die Schwangerschaftsdauer gegenüber der Kontrollgruppe um fast 4 Wochen verlängert wurde (95%-KI 2,19 – 5,59) [74].
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7.2.3 Zervixpessar bei verkürzter Zervixlänge
Konsensbasierte Empfehlung 7.E54 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Bei Frauen mit Zwillingsschwangerschaft, deren vaginalsonografisch gemessene Zervixlänge vor 24 + 0 SSW ≤ 25 mm beträgt, sollte die Anlage eines Zervixpessars im Einzelfall erfolgen. |
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7.2.4 Zervixpessar nach vorzeitiger Wehentätigkeit und verkürzter Zervixlänge
Konsensbasiertes Statement 7.S35 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Literatur: [81] |
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Es gibt Hinweise aus einer prospektiv randomisierten Studie, dass bei Zwillingsschwangeren nach behandelter vorzeitiger Wehentätigkeit und vaginalsonografisch verkürzter Zervixlänge (< 20 mm zwischen 24 + 0 und 29 + 6 SSW; < 10 mm zwischen 30 + 0 und 33 + 6 SSW) die Anlage eines Zervixpessars die Frühgeburtenrate senken kann. |
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7.2.5 Notfall-Zerklage
Konsensbasierte Empfehlung 7.E55 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Bei mehr als 1 cm eröffnetem Muttermund vor 24 + 0 SSW sollte auch bei einer Zwillingsschwangeren eine Notfall-Zerklage angelegt werden mit dem Ziel, eine signifikante Prolongation der Schwangerschaft zu erreichen. |
In einer prospektiv randomisierten Studie konnte gezeigt werden, dass durch eine Notfall-Zerklage bei Frauen mit Zwillingsschwangerschaft und geöffnetem Muttermund die Frühgeburtenrate < 34 SSW (RR 0,71; 95%-KI 0,52 – 0,96) sowie die perinatale Mortalität (6/34 [17,6%] vs. 20/26 [77%]; RR 0,22, 95%-KI 0,1 – 0,5) gesenkt und das Zeitintervall von der Diagnose der Muttermunderöffnung bis zur Geburt (8,3 ± 5,8 vs. 2,9 ± 3,0 Wochen) signifikant verlängert wird [82].
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8 Früher vorzeitiger Blasensprung (PPROM)
8.1 Prävalenz und Ätiologie
Konsensbasiertes Statement 8.S36 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Literatur: [83] |
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Ein früher vorzeitiger Blasensprung (Blasensprung vor 37 + 0 SSW) betrifft ca. 3% aller Schwangeren: 0,5% vor 27 SSW, 1% zwischen 27 und 34 SSW sowie 1% zwischen 34 und 37 SSW. |
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8.2 Risikofaktoren
Konsensbasiertes Statement 8.S37 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Literatur: [84], [85], [86], [87], [88], [89], [90], [91], [92] |
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Ein signifikanter Risikofaktor für einen frühen vorzeitigen Blasensprung (PPROM) ist der Zustand nach PPROM in der Eigenanamnese. Zusätzliche Risikofaktoren gleichen denen der spontanen Frühgeburt. |
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8.3 Diagnostik
Konsensbasierte Empfehlung 8.E56 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Die Diagnose eines PPROM lässt sich in den meisten Fällen durch eine Speculumuntersuchung stellen. Bei Unsicherheiten sollen biochemische Testverfahren eingesetzt werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 8.E57 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Bei Patientinnen mit PPROM soll auf eine digitale Untersuchung verzichtet werden. |
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8.4 Latenzzeit
Konsensbasiertes Statement 8.S38 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Über 50% aller Patientinnen mit PPROM werden nach einer Woche entbunden. |
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8.5 Maternale und fetale Risiken
Konsensbasiertes Statement 8.S39 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Bei Patientinnen mit PPROM besteht die Gefahr der klinischen Infektion. Weitere Risiken sind die Plazentalösung und der Nabelschnurvorfall. |
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8.6 Triple I
Konsensbasiertes Statement 8.S40 |
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---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke ++ |
International hat der Terminus Triple I den Begriff Chorioamnionitis abgelöst, um maternales Fieber von Infektion oder Inflammation oder beidem zu differenzieren ([Tab. 8]). |
Definition |
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* Triple I: Inflammation oder Infektion oder beides; **Amnionflüssigkeit gewonnen mittels Amniozentese; ***Histopathologie postpartal an der Plazenta [105]. |
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maternales Fieber |
Liegt die oral gemessene Temperatur über 39,0 °C, besteht maternales Fieber. Liegt die oral gemessene Temperatur zwischen 38,0 und 38,9 °C, erfolgt eine Wiederholung nach 30 min. Liegt die Temperatur erneut über 38,0 °C, besteht maternales Fieber. |
V. a. Triple I |
maternales Fieber unklarer Herkunft und eines der folgenden Merkmale:
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bestätigtes Triple I |
V. a. Triple I und objektive Befunde einer Infektion, wie beispielsweise: Amnionflüssigkeit** mit positiver Gramfärbung, niedrige Glukosekonzentration (< 14 mg/dl), erhöhte Leukozytenzahl (> 30 Zellen/mm3), positive Bakterienkultur oder histopathologischer Befund*** einer Inflammation oder Infektion oder beidem der Plazenta, der Eihäute oder der Nabelschnur (Funisitis) |
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8.7 Maternale und fetale Risiken bei Triple I
Konsensbasiertes Statement 8.S41 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Die maternalen Risiken bei einem Triple I umfassen neben einer Sepsis uterine Dysfunktion mit der Gefahr des Geburtsstillstandes und der postpartalen Atonie. Im Falle einer Sectio caesarea drohen Wundinfektionen, Endomyometritis, Thrombophlebitis und pelvine Abszessbildung. |
Konsensbasiertes Statement 8.S42 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Der Fetus kann im Rahmen eines Triple I ein Inflammatory-Response-Syndrom entwickeln. Postnatal sind die betroffenen Kinder dem hohen Risiko einer Sepsis ausgesetzt. |
#
8.8 Klinisches Management bei PPROM < 22 SSW
Konsensbasierte Empfehlung 8.E58 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Bei einem PPROM vor Erreichen der Lebensfähigkeit sollen die Gefahren der maternalen Sepsis, der fetalen pulmonalen Hypoplasie und fetaler Skelettdeformitäten mit den werdenden Eltern erörtert werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 8.E59 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Eine Therapie mit Antibiotika bei Patientinnen mit PPROM vor Erreichen der Lebensfähigkeit kann erwogen werden. |
Da nahezu alle Studien zur antibiotischen Therapie bei Blasensprung nur Patientinnen nach 24 + 0 SSW rekrutiert haben, liegen keine belastbaren Daten zur Applikation vor Erreichen der Lebensfähigkeit vor. Aber alleine schon die Gefahr für die Patientin, infolge einer aszendierenden Infektion in eine Sepsis zu geraten, lässt eine Antibiose ratsam erscheinen [117]. Eingesetzt werden kann das gleiche Regime, das zum Vorgehen bei PPROM zwischen (22 + 0) 24 + 0 – 33 + 6 SSW beschrieben wird.
Konsensbasierte Empfehlung 8.E60 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Auf die Applikation antenataler Steroide, eine Tokolyse oder eine Neuroprotektion mit Magnesium soll bei PPROM vor Erreichen der Lebensfähigkeit verzichtet werden. |
#
8.9 Klinisches Management bei PPROM zwischen (22 + 0) 24 + 0 und 33 + 6 SSW
Konsensbasierte Empfehlung 8.E61 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Zwischen 22 + 0 und 23 + 6 SSW soll entsprechend der Leitlinie „Frühgeborene an der Grenze der Lebensfähigkeit 024-019“ das weitere Vorgehen mit den Eltern abgestimmt werden. |
8.9.1 Exspektatives Vorgehen
Konsensbasierte Empfehlung 8.E62 |
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---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Falls keine unmittelbare Gefahr für Mutter und Kind besteht, soll bei einem PPROM zwischen 22 + 0 und 23 + 6 SSW, falls eine Maximaltherapie gewünscht wird, oder zwischen 24 + 0 und 33 + 6 SSW zunächst ein exspektatives Vorgehen erwogen werden. |
Bei einem PPROM zwischen 24 + 0 und 33 + 6 SSW oder zwischen 22 + 0 und 23 + 6 SSW, falls eine Maximaltherapie gewünscht wird, sind die Gefahren der aufsteigenden Infektion gegen die neonatalen Risiken, die aus der Frühgeburt resultieren können, abzuwägen [118]. Eine aszendierende Infektion mit Chorioamnionitis, vorzeitige Plazentalösung, pathologisches CTG (Kardiotokogramm) oder ein hohes Risiko oder das Vorhandensein eines Nabelschnurvorfalls sind Indikationen für eine sofortige Entbindung. Ansonsten ist ein exspektatives Vorgehen derzeit internationaler Standard [119].
#
8.9.2 Applikation antenataler Steroide
Konsensbasierte Empfehlung 8.E63 |
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---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Bei Patientinnen mit PPROM zwischen 22 und 23 + 6 SSW, falls eine Maximaltherapie gewünscht wird, oder zwischen 24 + 0 und 33 + 6 SSW soll die Applikation antenataler Steroide mit 2 × 12 mg Betamethason i. m. im Abstand von 24 h erfolgen (alternativ Dexamethason, 4 × 6 mg i. m. alle 12 h). |
#
8.9.3 Antibiotikagabe
Konsensbasierte Empfehlung 8.E64 |
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---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
* Das Vorgehen unter 22 + 0 SSW sowie zwischen 34 + 0 und 36 + 6 SSW ist in 8.E59 bzw. in 8.E70 beschrieben. Literatur: [120] |
|
Bei Patientinnen mit PPROM zwischen 22 + 0 und 33 + 6 SSW soll eine Antibiotikatherapie erfolgen.* |
Konsensbasierte Empfehlung 8.E65 |
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---|---|
Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
* Es gibt keine klare Empfehlung zur Azithromyzindosierung und -dauer. Eine häufig verwendete Dosierung ist die Einzelgabe von 1 g am ersten Tag. In der Fachinformation für Azithromyzin ist jedoch die empfohlene Gesamtdosis mit 1,5 g in einem 3-Tage-Therapieschema (3 × 500 mg) oder 5-Tage-Therapieschema angegeben, um genügend Effektivität zu erzielen. Leider liegen bisher keine prospektiv randomisierten Untersuchungen zur Azithromyzindosierung- bzw. dauer vor. Eine retrospektive Analyse von 4 verschiedenen Antibiotikaregimen (Azithromyzin 1 g Einzeldosis, Azithromyzin über 5 d, Azithromzcin über 7 d und Erythromycin über 7 d) zusätzlich zum üblichen Ampicillin 2 d i. v., gefolgt von 5 d Amoxillin oral zeigte keinen Unterschied bezüglich Latenzzeit und Rate an Chorioamnionitis. Jedoch hatten die Frühgeboren in der 5-Tage-Azithromyzingruppe eine höhere Rate an RDS (44%) vs. Azithromyzin-Einzelgabe (29%) vs. Erythromyzingruppe (29%) [121]. |
|
Die Datenlage erlaubt keine Empfehlung eines bestimmten Therapieregimes. Eine Möglichkeit ist die i. v. Applikation von Ampicillin für 2 Tage gefolgt von 5 Tagen Amoxicillin oral sowie eine orale Gabe von Azithromyzin* zu Beginn. Die Kombination aus Amoxicillin und Clavulansäure soll vermieden werden. |
#
8.9.4 Tokolyse
Konsensbasiertes Statement 8.S43 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Literatur: [122] |
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Der Einsatz einer Tokolyse ist nicht mit einer signifikanten Verbesserung der perinatalen Morbidität und Mortalität bei PPROM assoziiert. |
Sie kann bei vorzeitigen Wehen bis zum Abschluss der fetalen Lungenreifung erwogen werden (Einzelfallentscheidung).
#
8.9.5 Neuroprotektion
siehe 6.8.1.
#
8.9.6 Maternale und fetale Überwachung
Konsensbasierte Empfehlung 8.E66 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Patientinnen mit PPROM sollen mit Hinblick auf ein Triple I überwacht werden. Klinische Anzeichen sind maternales Fieber plus einer der folgenden Befunde: fetale Tachykardie (> 160 Schläge/min) oder maternale Leukozyten > 15000/µl oder purulenter Fluor aus dem Muttermund. |
Schwangere mit frühem vorzeitigem Blasensprung sollten routinemäßig auf Infektionszeichen hin untersucht werden. Hierzu gehören die oben genannten klinischen Parameter, aber auch Symptome wie schmerzhafter Uterus, uterine Kontraktionen, mütterlicher Blutdruck und Herzfrequenz [105]. Darüber hinaus sollen zumindest tägliche Kontrollen des Blutbildes und des CRPs (C-reaktives Protein) erfolgen. Allerdings ist der Nutzen täglicher Laborkontrollen umstritten [123]. Kunze et al. beschrieben für eine Kombination aus maternalem Fieber, CRP und Leukozyten zur Prädiktion eines FIRS (Fetal Inflammatory Response Syndrome) eine AUC (Area Under the Curve) von lediglich 0,66 [124]. Musilova et al. berichteten für einen CRP-Wert von 17,5 mg/l im maternalen Serum zur Prädiktion einer intraamnialen Infektion oder Inflammation eine Sensitivität von 47%, eine Spezifität von 96%, einen positiven Vorhersagewert von 42% und einen negativen Vorhersagewert von 96% [125].
Das tägliche CTG-Monitoring bei Patientinnen mit PPROM ist übliche klinische Praxis. Allerdings steht derzeit keine fetale Überwachungsmethode zur Verfügung, die zuverlässig eine intrauterine Inflammation oder Infektion anzeigt. Weder das CTG noch die Erweiterung zu einem biophysikalischen Profil (CTG plus fetale Atem- und sonstige Bewegungen, fetaler Tonus sowie Fruchtwassermenge) sind geeignete Prädiktoren für eine intrauterine Infektion (CTG: Sensitivität 39%; biophysikalisches Profil: 25%) [104].
Ebenso wenig sind regelmäßige Überwachungen der Fruchtwassermenge sinnvoll. Die Verminderung der Fruchtwassermenge steigert zwar das Risiko für eine Kompression der Nabelschnur und verkürzt nachweislich den Abstand bis zum Einsetzen der Geburtswehen, die prädiktiven Werte für ein negatives Outcome sind jedoch niedrig [126]. Die Doppler-Sonografie hat bei vorzeitigem Blasensprung keine nachgewiesenen Vorteile [127].
Konsensbasiertes Statement 8.S44 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Literatur: [128] |
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Der Einsatz einer Amniozentese zur Diagnose eines Triple I ist nur in Ausnahmefällen sinnvoll, z. B. bei unklarem maternalem Infektionsherd. |
Konsensbasiertes Statement 8.S45 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Die Prädiktion eines Triple I mittels im Vaginalsekret gemessener biochemischer Parameter ist nach heutigem Kenntnisstand nicht sinnvoll. |
#
8.9.7 Amnioninfusion
Konsensbasiertes Statement 8.S46 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Der Stellenwert einer Amnioninfusion bei PPROM kann nach aktueller Datenlage nicht ausreichend beurteilt werden. |
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8.9.8 Antibiotikaprophylaxe bei B-Streptokokken
Siehe Empfehlungen zur GBS-Prophylaxe.
#
8.9.9 Entbindung
Konsensbasierte Empfehlung 8.E67 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Bei Patientinnen mit PPROM zwischen 22 und 23 + 6 SSW, falls eine Maximaltherapie gewünscht wird, oder zwischen 24 + 0 und 33 + 6 SSW kann ab 34 + 0 SSW eine Entbindung oder ein exspektatives Vorgehen erwogen werden. Indikationen für eine sofortige Entbindung unabhängig vom Schwangerschaftsalter sind ein Triple I (V. a. oder bestätigt), vorzeitige Plazentalösung, pathologisches CTG oder ein hohes Risiko für oder das Vorhandensein eines Nabelschnurvorfalls. |
Konsensbasierte Empfehlung 8.E68 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Patientinnen mit einem Triple I (V. a. oder bestätigt) sollen eine Antibiotikatherapie erhalten und unmittelbar entbunden werden. |
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8.10 Klinisches Management bei PPROM zwischen 34 + 0 und 36 + 6 SSW
Konsensbasierte Empfehlung 6.E69 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Im Falle eines frühen vorzeitigen Blasensprunges zwischen 34 + 0 und 36 + 6 SSW sollte, falls keine Kontraindikationen bestehen, alternativ zur zeitnahen Entbindung ein exspektatives Vorgehen angeboten werden mit dem Ziel, die Schwangerschaft bis 37 + 0 SSW zu prolongieren. |
Im Rahmen des PPROMT-Trial wurden in den Jahren 2004 bis 2013 1839 Frauen zwischen 34 + 0 und 36 + 6 SSW rekrutiert, die einen vorzeitigen Blasensprung hatten (PPROM) [132]. Verglichen wurde eine unmittelbare Geburtseinleitung mit einem abwartenden (exspektativen) Vorgehen. In der Studiengruppe kamen nach exspektativem Vorgehen 21% der Kinder nach 37 SSW zur Welt, in der Kontrollgruppe lediglich 3%. Die Prävalenz der neonatalen Sepsis war in beiden Gruppen gleich, allerdings trat ein RDS nach abwartendem Vorgehen signifikant seltener auf. In dieser Gruppe war auch das Geburtsgewicht der Kinder signifikant erhöht und die Aufenthaltsdauer auf der neonatalen Intensivstation bzw. im Krankenhaus kürzer. Hingegen trat bei den Müttern dieser Kinder erwartungsgemäß häufiger eine uterine Blutung vor oder während der Geburt sowie Fieber unter der Geburt auf. Die Sectiorate war im Vergleich zur Geburtseinleitung signifikant niedriger [132].
Die Ergebnisse des PPROMT-Trial werden durch den PPROMEXIL- und PPROMEXIL-2-Trial gestützt [133], [134]. Wurde allerdings eine Kolonisation mit B-Streptokokken diagnostiziert, war die Prävalenz einer „Early Onset Sepsis“ bei den betroffenen Neonaten signifikant erhöht (15,2 vs. 1,8%; p = 0,04) [135]. In einer Metaanalyse zu dieser Thematik, die 12 Studien einbezieht, kann weiterhin bei exspektativem Vorgehen keine erhöhte Prävalenz der neonatalen Sepsis beobachtet werden. Nach unmittelbarer Geburtseinleitung war die Rate des RDS, der neonatalen Mortalität, der Notwendigkeit zur Beatmung, der Endomyometritis und der Sectio caesarea signifikant erhöht, während die Inzidenz der Chorioamnionitis erniedrigt war [118]. Auch eine Patient-Level-Metaanalyse kommt zu ähnlichen Ergebnissen [136].
Konsensbasierte Empfehlung 8.E70 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Die klinische Überwachung und Antibiotikatherapie bei PPROM mit 34 + 0 – 36 + 6 SSW soll so erfolgen wie für (22 + 0)24 + 0 – 33 + 6 SSW. Auf die Applikation antenataler Steroide, eine Tokolyse oder eine Neuroprotektion mit Magnesium soll verzichtet werden. |
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9 Psychosomatische Begleitung und unterstützende Therapieangebote
Konsensbasierte Empfehlung 9.E71 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Schwangere, die wegen vorzeitiger Wehentätigkeit stationär behandelt werden, wie auch Frauen nach einer Frühgeburt, sollten ein Angebot für eine psychosomatische Begleitung und unterstützende Therapieangebote erhalten. |
Neben der Sorge vor den z. T. schwer abschätzbaren gesundheitlichen Folgen einer Frühgeburt werden auch die therapeutischen Maßnahmen mit Immobilisierung, Wehenhemmung und Kortisongabe stressvoll erlebt. Bei Zusatzbelastungen (früheres Verlusterlebnis, psychische Vorerkrankungen, Partnerschaftsprobleme etc.) finden sich dann gehäuft Ängste und Depressionen [137], [138], [139]. Gerade auch bei großen Familien stellt die Hospitalisierung der Mutter das familiäre System unter großen organisatorischen Druck.
Zur Erfassung von psychischen, aber auch sozialen Belastungsfaktoren bieten sich verschiedene psychometrische Testverfahren an, z. B. HADS, Babylotse Plus Screeningbogen etc. [140].
Den betroffenen Paaren sollte eine akute psychologische Krisenintervention und nachfolgende supportive Gesprächsangebote sowie ggf. eine Psychotherapie angeboten werden. Dadurch wird auch der Aufbau der Eltern-Kind-Bindung unterstützt.
Die Begleitung durch Selbsthilfegruppen wie den Bundesverband „Das Frühgeborene Kind“ [141] kann den Betroffenen helfen, sodass auf diese Möglichkeiten hingewiesen werden sollte.
Den betroffenen Familien sollten die Möglichkeiten im Rahmen der Frühen Hilfen aktiv angeboten werden, die lokale und regionale Unterstützungssysteme mit koordinierten Hilfsangeboten für Eltern und Kinder bilden und das Ziel haben, Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern und Eltern in Familie und Gesellschaft frühzeitig und nachhaltig zu verbessern [142].
Als besonders hilfreich hat sich dabei das Programm Babylotse erwiesen, das eine Systematisierung der Überleitung von Familien aus dem Gesundheitssystem heraus in das Netz der Frühen Hilfen und andere soziale Sicherungssysteme verfolgt. Kern ist die Lotsenfunktion zum Finden und Nutzen der passenden Einrichtungen aus der Vielzahl der Angebote vor Ort.
Alle diesen Maßnahmen verstehen sich als zusätzliches Angebot zur fürsorglichen Begleitung der Patientin und ihrer Angehörigen durch die betreuende Hebamme.
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10 Beratung nach vorangegangener spontaner Frühgeburt
Konsensbasierte Empfehlung 10.E72 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Nach einer spontanen Frühgeburt sollen die betroffenen Eltern vom betreuenden geburtshilflichen Team über das Wiederholungsrisiko in einer Folgeschwangerschaft und die Möglichkeiten der primären Prävention aufgeklärt werden. |
Konsensbasierte Empfehlung 10.E73 |
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Expertenkonsens |
Konsensusstärke +++ |
Eine Schwangere nach vorangegangener spontaner Frühgeburt soll über die Möglichkeiten der primären und sekundären Prävention beraten werden. |
Als Beratungsgrundlage kann hier die Patientenleitlinie „Frühgeburt: Was Sie als werdende Eltern wissen sollten“ sehr hilfreich sein [143].
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Publication History
Received: 15 January 2023
Accepted after revision: 22 January 2023
Article published online:
04 May 2023
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