Mackensen A.
et al.
Anti-CD19 CAR T cell therapy for refractory systemic lupus erythematosus.
Nat Med 2022;
28: 2124-2132
Individuell, aufwändig und – noch – sehr teuer: CAR-T-Zellen
müssen für jeden Patienten „maßgeschneidert“
werden. Mit den gentechnisch veränderten Immunzellen therapierten
Ärzte bisher vor allem Krebsleiden wie B-Zell-Leukämien und
-Lymphome, die zuvor nur schwer behandelbar waren. Zunächst isolieren sie
dafür körpereigene T-Zellen aus dem Blut des Patienten. Im Labor
werden diese dann gentechnologisch so verändert, dass sie die namensgebenden
„Chimären Antigen-Rezeptoren“ (CAR) auf ihrer
Oberfläche ausbilden. „Solche Rezeptoren können nahezu
beliebig viele Zielstrukturen, zum Beispiel Eiweiße, auf anderen Zellen
erkennen und dann eine Immunreaktion auslösen“, erläutert
Prof. Georg Schett, Direktor der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und
Immunologie – am Uniklinikum Erlangen und einer der federführenden
Autoren der Nature Medicine-Studie. Für die Therapie der
B-Zell-Leukämien wurde das für B-Zellen charakteristische
Ober-flächeneiweiß CD19 als Ziel ausgewählt. Weil auch der
SLE mit einer gesteigerten B-Zell-Aktivität einhergehe, lag es nahe,
dieselbe genetische Modifikation der CAR-T-Zellen auch hierfür einzusetzen.
Die so modifizierten CAR-T-Zellen erhält der Patient über eine
Infusion. Zuvor erfolgt, bei SLE ebenso wie bei Leukämie, eine
Chemotherapie. Sie hemmt die Aktivität des körpereigene
Immunsystems, um die spätere Arbeit der CAR-T-Zellen zu erleichtern.
Nach vielversprechenden Vorversuchen an Mäusen bewährten sich die
Design-Zellen auch bei den fünf Erlanger Patient:innen. Vier Frauen und ein
Mann erhielten als weltweit erste von SLE Betroffene eine CAR-T-Zelltherapie. Die
zuvor hohe Krankheitsaktivität, die bereits die Nieren in Mitleidenschaft
gezogen hatte, ging durch die Therapie drastisch zurück. „Sowohl die
krankheitstypischen Antikörper als auch Symptome wie Müdigkeit und
Abgeschlagenheit nahmen stark ab, zugleich besserte sich die Nierenfunktion
deutlich“, berichtet Studienleiter Schett. Besonders beeindruckend: Noch
Monate nach der einmaligen CAR-T-Zell-Infusion konnten die Patientinnen und
Patienten auf ihre zuvor eingenommenen Medikamente verzichten, der SLE kehrte
dennoch nicht wieder zurück.
„Die neue Therapie scheint wie ein Reset-Knopf zu wirken, der dem entgleisten
Immunsystem einen Neustart ermöglicht“, sagt Prof. Christof Specker,
Präsident der DGRh und Direktor der Klinik für Rheumatologie und
Klinische Immunologie an den Kliniken Essen-Mitte. Mit großen Erwartungen
werde nun verfolgt, wie die Therapie sich in größeren
Patientenkollektiven bewähre – und wie es den zuerst Behandelten
weiter ergehe. Ob man von einer dauerhaften Heilung eines SLE durch eine solche
Therapie sprechen kann, müsse trotz der vielversprechenden Ergebnisse noch
abgewartet werden. Die Nachbeobachtungszeit der ersten so behandelten Patienten
beträgt bislang erst 13 bis 23 Monate.
Nach einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie