Nephrologie aktuell 2023; 27(09): 417
DOI: 10.1055/a-2083-9292
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Hypertonie und Niere

Markus van der Giet
1   Berlin
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Prof. Dr. med. Markus van der Giet, Berlin

In diesem Jahr sind 2 Leitlinien für die Diagnostik und Therapie eines arteriellen Bluthochdrucks veröffentlicht worden. Zunächst wurden Mitte Juni die neuen sehr umfangreichen Empfehlungen der European Society of Hypertension (ESH) publiziert, einige Tage später dann die lange erwartete erste Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) für die Behandlung des arteriellen Hypertonus. Die NVL hat eine besondere Bedeutung, da sie erstmalig ein nationaler Konsens ist, wie bei Bluthochdruck in der Diagnostik und der Therapie vorgegangen werden sollte. Besonders wichtig ist, dass sich 23 Fachgesellschaften an der Erstellung beteiligt haben. Damit gibt dies allen Kolleginnen und Kollegen auch Sicherheit in der Bewertung des Bluthochdrucks. Beide Leitlinien unterscheiden sich nur in wenigen Nuancen und sind in hervorragender Weise ergänzend. Während in der NVL nur wenig über spezielle Indikationen in der Bluthochdrucktherapie Stellung genommen wird, so ist in den ESH-Empfehlungen sehr detailliert auch auf spezielle Indikationen, wie die Behandlung des Bluthochdrucks bei Niereninsuffizienz, eingegangen worden. In der vorliegenden Ausgabe der „Nephrologie aktuell“ werden die wichtigen Anpassungen der ESH im ersten Schwerpunktbeitrag für Sie zusammengefasst. Gerade bei den Vorgaben durch die KDIGO (Kidney Disease: Improving Global Outcomes) zur Bluthochdrucktherapie bei chronischer Nierenerkrankung gab es durchaus einige Verwirrungen.

Im zweiten Artikel geht PD Dr. Alexander Reshetnik, Berlin, auf das Thema der „Wearables“ für die Blutdruckdiagnostik ein. Alles in unserer Gesellschaft wird „digitaler“, und so wie sich das Smartphone vor über einem Jahrzehnt als Standardkommunikationsmittel durchgesetzt hat, so werden auch die sogenannten Wearables einen zunehmenden Stellenwert in der Überwachung der Körperfunktionen bekommen. Man kann sich durchaus darüber streiten, wie sinnvoll dies ist, aber Patienten werden zunehmend die neuen Technologien nutzen – und im Alltag sind wir dann mit den Ergebnissen konfrontiert. Während die Herzfrequenz, Temperatur oder auch die Sauerstoffsättigung eher gut gemessen werden können, ist die Messung des Blutdrucks, vor allem ohne Einsatz einer Manschette, schon erheblich komplizierter und die mögliche Fülle an Blutdruckwerten dann ggf. überfordernd. Im angesprochenen Artikel gibt PD Reshetnik einen Überblick über die Möglichkeiten der Wearables bei der Blutdruckmessung. Die Frage ist, ob dies funktioniert oder ob wir derzeit noch von einer Zukunftsentwicklung sprechen.

Im dritten Beitrag widmet sich Dr. Christopher Gohlisch, Berlin, einem besonderen Thema: Wie können und sollten wir Diuretika in der Bluthochdrucktherapie einsetzen? Patienten mögen diese nicht immer, aber trotz des hohen Alters der Medikamentenklasse ist diese immer noch hoch relevant, wie beeindruckend starke Studien aus den letzten Jahren zeigen. Durch die natriuretische Wirkung der Diuretika sind die Medikamente auch in der Bluthochdrucktherapie kaum wegzudenken und erlangen eine Renaissance in der Therapie. SGLT-2-Inhibitoren haben über die natriuretische Wirkung auch eine diuretische Wirkung, die eher geringer ausgeprägt, aber dennoch vorhanden ist. Gerade die Kombination von verschiedenen diuretischen Medikamenten kann vor allem in therapieresistenten Bluthochdrucksituationen von besonderer Bedeutung sein.

Im Journal-Club wird in der besprochenen Publikation der Frage nachgegangen, wie häufig eine Therapieresistenz beim Bluthochdruck identifiziert wird und ob hier auch die Adhärenz eine wichtige Rolle spielt.

Ich hoffe, dass die vorliegenden Schwerpunktbeiträge für die Therapie unserer Patienten mit chronischer Nierenerkrankung hilfreich sind. Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre.



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Article published online:
06 November 2023

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