CC BY-NC-ND 4.0 · Gesundheitswesen 2023; 85(11): 1016-1026
DOI: 10.1055/a-2090-1553
Originalarbeit

Lange Arbeits- und Pendelzeiten als Risikofaktoren für eine depressive Symptomatik: Quer- und Längsschnittanalysen

Long Working and Commuting Times as Risk Factors for Depressive Symptoms: Cross-Sectional and Longitudinal Analyses
Nico Dragano
1   Institut für Medizinische Soziologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Germany
,
Hermann Burr
2   Fachbereich 3 Arbeit und Gesundheit, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Standort Berlin, Berlin, Germany
,
Maren Formazin
2   Fachbereich 3 Arbeit und Gesundheit, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Standort Berlin, Berlin, Germany
,
Anika Schulz
2   Fachbereich 3 Arbeit und Gesundheit, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Standort Berlin, Berlin, Germany
,
Uwe Rose
2   Fachbereich 3 Arbeit und Gesundheit, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Standort Berlin, Berlin, Germany
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Hintergrund Regelmäßige lange Arbeitszeiten und Arbeitswege könnten negative Folgen für die psychische Gesundheit haben. Die Studienergebnisse hierzu sind jedoch nicht eindeutig und variieren nach Ländern. Die vorliegende Analyse prüft für Deutschland Zusammenhänge zwischen langen Pendel- bzw. Arbeitszeiten und depressiver Symptomatik.

Methode Die „Studie Mentale Gesundheit bei der Arbeit“ (S-MGA) ist eine Längsschnittuntersuchung einer Zufallsstichprobe sozialversicherungspflichtig Beschäftigter. An der Basiserhebung nahmen 3 413 Personen teil, von denen 2 019 nach 5 Jahren erneut befragt wurden. Wöchentliche Arbeits- und Pendelzeiten sowie Covariaten (Alter, Geschlecht, berufliche Position, psychosoziale Arbeitsbedingungen) wurden zur Basisuntersuchung erhoben. Depressive Symptome wurden zu beiden Messzeitpunkten mit dem Patient Health Questionnaire (PHQ-9) erfasst. Um Zusammenhänge zu untersuchen, wurden mittels logistischer Regression Odds Ratios mit 95%-Konfidenzintervallen unter Kontrolle von Covariaten kalkuliert. Es wurden sowohl Querschnitts- (nur Basiserhebung) als auch Längsschnittsanalysen (Basis- und Nacherhebung) durchgeführt.

Ergebnisse Zur Basiserhebung hatten 7% der Beschäftigten lange wöchentliche Arbeitszeiten von≥55 Stunden, weitere 8% arbeiteten 49 bis 54 Stunden. Im Querschnitt waren lange Arbeitszeiten mit einer moderaten Erhöhung der depressiven Symptomatik gegenüber der Normalarbeitszeit (35 bis<40 h/Wo) assoziiert. Wenn die nach fünf Jahren neu auftretende depressive Symptomatik betrachtet wurde, war der Zusammenhang für Arbeitszeiten von 55 und mehr Stunden deutlich ausgeprägt (Odds ratio (OR) 2,14; 95% Konfidenzintervall (KI) 1,11;4,12), nicht jedoch für Arbeitszeiten von 49 bis 54 Stunden (OR 1,26, KI 0,65;2,43). Beschäftigte, die wöchentlich zehn Stunden und mehr pendelten, hatten im Querschnitt häufiger eine depressive Symptomatik (OR 1,83; KI 1,13;2,94) im Vergleich zur Referenzgruppe, die<2,5 Stunden pendelte. Dieser Zusammenhang war im Längsschnitt nicht zu beobachten.

Schlussfolgerungen Die Ergebnisse legen nahe, dass überlange Arbeits- und Pendelzeiten mit einer depressiven Symptomatik bei Beschäftigten assoziiert sind, wobei die Effekte bzgl. Pendelzeit nur im Querschnitt zu finden waren. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der Einhaltung von Arbeitszeitregelungen und der Vermeidung überlanger Arbeitszeiten für die Mitarbeitergesundheit. Zur Rolle des Pendelns sind weiterführende Untersuchungen nötig.


#

Abstract

Background Regular long working and commuting hours are thought to have negative consequences for mental health. However, the study results are not clear and vary by country. The present analysis examines associations between working or commuting hours and depressive symptoms in Germany.

Method The S-MGA study (German Study on Mental Health at Work) is a longitudinal cohort of a random sample of employees subject to social insurance contributions. We analysed data on 3,413 participants of the baseline survey (cross-sectional analysis) and on 2,019 people who participated at baseline and at a follow-up survey five years later (longitudinal analysis). Weekly working and commuting hours as well as covariates (age, gender, occupational position, psychosocial working conditions) were collected at baseline. Depressive symptoms were recorded with the Patient Health Questionnaire at both waves. To investigate associations, odds ratios with 95% confidence intervals were calculated by means of logistic regression. Both cross-sectional (baseline survey only) and longitudinal analyses (baseline and post-survey) were conducted.

Results At baseline survey, 7% of the employees had long working hours of≥55 hours per week, and another 8% worked 49–54 hours. In the cross-sectional analysis, long working hours were associated with moderately elevated depressive symptoms compared to normal working hours (35-<40 h/week). When new depressive symptoms after five years were considered, the correlation was significant for>55 weekly working hours (odds ratio [OR] 2,14; 95% confidence interval [CI] 1,11;4,12), but not for 49–54 h (OR 1,26, CI 0,65;2,43). Employees who commuted ten hours or more per week had more depressive symptoms in the cross-sectional analysis (OR 1,83; CI 1,13;2,94) compared to the reference group who commuted<2,5 hours. This correlation was not observed in the longitudinal analysis.

Conclusions The results suggest that excessive working and commuting time is associated with depressive symptoms in employees, although the effects of commuting time were only found cross-sectionally. The results underline the importance of adhering to working time regulations and avoiding excessive working hours. Further research is needed on the role of commuting in mental health.


#

Hintergrund

Angesichts der hohen Zahl psychischer Erkrankungen bei Beschäftigten ist die Identifikation von arbeitsbezogenen Risikofaktoren für diese Erkrankungen wichtig [1] [2]. Ein Faktor, der in diesem Zusammenhang diskutiert wird, sind lange Arbeitszeiten. Definiert werden sie zumeist als signifikante Abweichung von der Normalarbeitszeit, die in der Regel mit 35 bis<41 Wochenstunden angesetzt wird. In Übereinstimmung mit der International Labour Organisation (ILO) spricht das Statistisches Bundesamt ab 49 Wochenstunden von langen Arbeitszeiten [3]. In der internationalen Forschung wird zudem von überlangen Arbeitszeiten gesprochen, wenn Beschäftigte 55 Wochenstunden oder mehr arbeiten [4] [5].

Arbeitswochen von 49 bis zu 60 Stunden sind in Deutschland für eine kurze Zeit erlaubt, wenn sie anschließend durch kürzere Arbeitswochen ausgeglichen werden [3]. Auch wenn die mittlere Arbeitszeit hierzulande seit Jahren sinkt, ist der Anteil der Beschäftigten, die regelmäßig mehr als 48 Stunden arbeiten, beachtlich [6]: So gaben 2019 9,7% der Beschäftigen regelmäßige Wochenarbeitszeiten von mehr als 48 Stunden an [7]. Allerdings gibt es eine erhebliche Schwankungsbreite in Abhängigkeit von Beruf und Position. Unter Führungskräften liegt der Anteil beispielsweise bei 30,3%, bei Selbständigen mit Beschäftigten sogar bei 50,7% [7]. Hervorzuheben ist auch das Gesundheitswesen, in dem lange Arbeitszeiten häufiger sind als in anderen Branchen [8].

Eine lange Arbeitszeit kann die notwendige Regeneration nach psychischer und physischer Belastung während der Arbeit beeinträchtigen [9]. Auch sind bei langen Arbeitszeiten negative Auswirkungen auf das gesundheitsbezogene Verhalten möglich, da der Raum für gesundheitsförderliche Aktivitäten in der Freizeit wie Sport oder bewusste Ernährung eingeschränkt wird [10]. Ebenfalls berührt wird die “Work-Life-Balance“: Lange Arbeitszeiten sind im Querschnitt mit Konflikten zwischen Arbeits- und Privatleben und psychosomatischen Beschwerden assoziiert [11] [12] [13]. Je weniger Zeit für die Pflege von sozialen Kontakten und Beziehungen zur Verfügung steht, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit von Konflikten und negativen Gefühlen [14]. Hinzu kommt, dass es sich bei Berufen mit langen Arbeitszeiten häufig um Berufe mit insgesamt hohen quantitativen Anforderungen handelt, so dass lange Arbeitszeiten zudem unter hoher psychischer Belastung absolviert werden [9].

Lange und überlange Arbeitszeiten werden aus diesen Gründen als potentieller Risikofaktor für die Entwicklung von depressiven Störungen und manifesten Depressionen angesehen [5]. Die Evidenz für einen Zusammenhang stützt sich auf eine limitierte Zahl epidemiologischer Langzeitstudien, deren Ergebnisse aber uneinheitlich sind, wie zwei aktuelle Reviews und Meta-Analysen zum Thema zeigen. Virtanen und Kollegen berichten ein gepooltes relatives Risiko von 1,14 (95% KI 1,03;1,25) für das Neuauftreten von depressiven Symptomen, wenn Beschäftigte mehr als 55 Wochenstunden arbeiten (Referenz: 35–40 h) [4]. Auf Basis dieser Befunde hat die Weltgesundheitsorganisation beschlossen, überlange Arbeitszeiten in die Liste der Faktoren aufzunehmen, für die die globale Krankheitslast (burden of disease) berechnet wird [15], und eine entsprechende Metaanalyse initiiert [5]. In dieser Analyse wurden 22 Längsschnittuntersuchungen zusammengefasst, wobei im Ergebnis überlange Arbeitszeiten von 55 und mehr Wochenstunden nicht signifikant mit inzidenten Depressionen assoziiert waren [5]. Allerdings beurteilten beide genannten Reviews die Qualität der eingeschlossenen Studien als gering [4] [5]. Zudem stammten die Studien nur aus wenigen Ländern, mit einem Schwerpunkt auf den USA und Skandinavien. Beide Reviews stellten ferner fest, dass die Ergebnisse der Einzelstudien sehr unterschiedlich waren, so dass eine Zusammenfassung in einen gemeinsamen Schätzwert als kritisch zu erachten sei. Es ist also denkbar, dass es länderspezifische Unterschiede bzgl. der Arbeitsbedingungen oder der Arbeitsschutzgesetzgebung gibt, die mögliche Effekte von Arbeitszeiten auf die Gesundheit moderieren [16]. Für Deutschland wurden bislang nur Ergebnisse aus zwei Längsschnittstudien berichtet, die auf dem Sozioökonomischen Panel (SOEP) bzw. dem Pairfam-Panel basieren und im Rahmen der Metaanalyse von Virtanen ausgewertet wurden [4]. Während die Analysen auf Basis des SOEP eine moderate Risikoerhöhung ausweisen, konnte in der kleinen Studienpopulation der Pairfam-Studie kein Zusammenhang zwischen Arbeitszeiten und depressiver Symptomatik identifiziert werden.

Ein weiterer, bislang kaum beachteter Aspekt ist, dass die reine Arbeitszeit den mit der Erwerbstätigkeit verbundenen zeitlichen Aufwand nicht komplett abbildet, da der Arbeitsweg nicht berücksichtigt wird. Pendeln ist ein weit verbreitetes Phänomen; 2017 pendelten 69% aller abhängig Beschäftigten mindestens 2,5 Stunden pro Woche [17]. Trotz des Trends zu mehr Arbeit von zu Hause aus (z. B. Telearbeit, Heimarbeit), der in der COVID-19-Pandemie einen starken Anstieg erfahren hat, wird das berufliche Pendeln tätigkeitsbedingt bspw. in Handwerk, Industrie und personenbezogenen Dienstleistungen zumindest für einen Teil der Beschäftigten auch zukünftig bestehen. In der Literatur werden widersprüchliche Ergebnisse bzgl. Pendelzeiten und Indikatoren mentaler Gesundheit berichtet: Eine Studie mit Beschäftigten eines Industrieunternehmens aus Deutschland fand keinen Zusammenhang zwischen Pendelzeiten und mentaler Gesundheit [18], während in einer Längsschnittstudie in Großbritannien negative Effekte bei Frauen, nicht aber bei Männern beobachtet wurden [19]. Eine Längsschnittstudie aus Australien berichtete hingegen von einer schlechteren mentalen Gesundheit bei Beschäftigten mit längeren Pendelzeiten [20].

Ein weiterer wichtiger Punkt, wenn man Effekte von Arbeits- und Pendelzeit untersuchen möchte, ist die Länge der Nachverfolgungszeit in Längsschnittstudien zur depressiven Symptomatik [21]. Aktuelle Erkenntnisse der Forschung zu psychosozialer Arbeitsbelastung zeigen, dass je nach Zeitperspektive die Zusammenhänge zwischen Belastung und mentaler Gesundheit variieren [22].

Da die Evidenz zum Zusammenhang zwischen überlangen Arbeits- und Pendelzeiten mit einer depressiven Symptomatik insbesondere für Deutschland begrenzt ist, soll dieser Thematik in der vorliegenden Studie mit Daten einer Kohortenstudie sozialversicherungspflichtig Beschäftigter aus Deutschland sowohl im Quer- als auch im Längsschnitt nachgegangen werden.


#

Methoden

Studienstichprobe

Die Analyse beruht auf Daten der „Studie Mentale Gesundheit bei der Arbeit“ (S-MGA), einer durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) durchgeführten Längsschnittuntersuchung zur psychischen Gesundheit von Beschäftigten in Deutschland [23]. Die Stichprobe wurde auf Basis einer Zufallsauswahl von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (31–60 Jahre) rekrutiert. An der in den Jahren 2011/2012 durchgeführten Basiserhebung nahmen 4 511 Personen teil (Teilnahmerate nach der American Association for Public Opinion Research (AAPOR)=36%) [24]. Alle Personen wurden über die Studienziele aufgeklärt und erklärten ihre Teilnahmebereitschaft schriftlich [23]. Von dieser Stichprobe wurden für die im Folgenden vorgestellten Analysen zunächst Personen ausgeschlossen, die im Zeitraum zwischen Stichprobenziehung und Befragung ihre sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aufgegeben hatten (n=310; [Abb. 1]). Zudem wurden 269 Personen, die nur in geringfügigem Umfang von weniger als zehn Wochenstunden beschäftigt waren, und 519 Befragte, die bei mindestens einer der Studienvariablen fehlende Angaben hatten, ausgeschlossen. Für die Querschnittsanalysen der Basiserhebung standen somit Daten von 3 413 Personen zur Verfügung. Von diesen nahmen 2 119 an der Folgebefragung fünf Jahre später teil (AAPOR Teilnahmerate am Follow-up=69%). Einhundert Personen hatten fehlende Werte auf der Skala zur Messung depressiver Symptomatik und konnten in diesen Analysen nicht berücksichtigt werden. Somit verblieben für die longitudinale Analyse 2 019 Teilnehmende.

Zoom Image
Abb. 1 Flussdiagramm – von der gezogenen Stichprobe 2010 zur Analysestichprobe für den Querschnitt (2012) und den Längsschnitt (2012–2017) der S-MGA. *Zwischen dem Datum der Stichprobenziehung und der Basiserhebung lagen im Schnitt 13 Monate (Spannweite: 9–17). 310 Personen, die bei der Stichprobenziehung erwerbstätig waren, hatten diese bis zur Basiserhebung beendet und wurden ausgeschlossen.**Wöchentliche Arbeitszeit in Haupt- und Nebenbeschäftigung.

#

Datenerhebung

Die Datenerhebung erfolgte zu beiden Erhebungszeitpunkten durch computergestützte persönliche Interviews (CAPI), die mittels eines standardisierten Fragebogens durch geschulte Interviewende in der Wohnung der Teilnehmenden durchgeführt wurden. Im Anschluss an das Interview füllten die Probanden einen Fragebogen zur depressiven Symptomatik in Abwesenheit der Interviewenden aus, um Befragungseffekte, z. B. sozial erwünschte Antworten bei Interviews, zu minimieren [25]. Für die Studie liegt ein positives Ethikvotum der Ethikkommission der BAuA vor (Votum 006_2016_Müller).


#

Depressive Symptomatik

Die Zielgröße dieser Analyse wurde mit der deutschsprachigen Version des „Patient Health Questionnaire“ (PHQ-9) erfasst. Der PHQ-9 ist ein Screening-Instrument, das für die Anwendung im klinischen Bereich konzipiert wurde und das Vorliegen der Leitsymptome einer “Major Depression“ nach DSM-IV-Kriterien abfragt [26] [27]. Beispiele für Symptome sind „wenig Interesse oder Freude an Ihren Tätigkeiten”, „Niedergeschlagenheit, Schwermut oder Hoffnungslosigkeit”. Erfasst wird die Häufigkeit, mit der die Symptome in den 14 Tagen vor der Befragung auftraten [(0) überhaupt nicht; [1] an einzelnen Tagen; [2] an mehr als der Hälfte der Tage; [3] beinahe jeden Tag]. Der Gesamtwert wird als Summe aller Item-Punktwerte ermittelt und kann Werte zwischen 0 und 27 annehmen. Das Vorliegen einer depressiven Symptomatik wurde mit einem Cut-off-Wert von≥10 festgelegt [26] [28].


#

Überlange Arbeitszeiten und Arbeitswege

Die Dauer der Arbeitszeit wurde sowohl für die Haupttätigkeit als auch für eventuelle Nebentätigkeiten als durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit in Stunden in einem offenen Antwortformat erfragt. Die Gesamtzahl der Wochenarbeitsstunden aller Tätigkeiten wurde in die in der internationalen Forschung gängigen Kategorien “10 bis weniger als 35 Stunden“, “35 bis weniger als 41 Stunden“ (Referenzkategorie), “41 bis weniger als 49 Stunden“, “49 bis weniger als 55 Stunden“ und “55 und mehr Stunden“ unterteilt [5] [29]. Die Dauer der täglichen Pendelzeiten zur Arbeitsstätte und zurück wurde in Minuten erfragt und analog zur Arbeitszeit auf die wöchentliche Gesamtdauer umgerechnet. Im Gegensatz zur Arbeitszeit existiert für die Pendelzeiten keine international etablierte Kategorisierung, es wurde daher eine von der BAuA entwickelte Einstufung verwendet („weniger als 2,5 Stunden“, „2,5 bis weniger als 5 Stunden“, „5 bis weniger als 10 Stunden“, “10 und mehr Stunden“) [17].


#

Kontroll- und Stratifizierungsvariablen

Alter und Geschlecht wurden als Kontrollvariablen eingeschlossen. Das Alter wurde in den drei Kategorien 31 bis 40 Jahre, 41 bis 55 Jahre, 56 bis 60 Jahre berücksichtigt, um auch nicht-lineare Zusammenhänge zwischen depressiver Symptomatik und Alter erkennbar zu machen [30] [31]. Die berufliche Position wurde auf Basis des nach der „International Standard Classification of Occupations (ISCO-08)“ kodierten aktuellen Berufs mit vier Kategorien nach der Klassifikation des Ausbildungsniveaus „International Standard Classification of Education (ISCED)“ erfasst: Hilfsarbeitskräfte (ISCO Hauptgruppe 9), Fachkräfte [4] [5] [6] [7] [8], gehobene Fachkräfte (3) und akademische Berufe und Führungskräfte [1] [2] [32] [33]. In der ISCED, die auf das Bildungsniveau fokussiert, findet die Tätigkeit als Führungskraft keine Berücksichtigung. Für die vorliegende Arbeit wurden Führungskräfte gemeinsam mit den akademischen Berufen in einer ISCED-Gruppe zusammengefasst [34].

Ein möglicher Confounder in der Beziehung zwischen Arbeitszeit und depressiver Symptomatik ist das Ausmaß der psychischen Belastung während der Arbeitszeit. Um hierfür zu kontrollieren, wurden zwei Skalen aus dem Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) verwendet [35]. Sie bilden die zwei zentralen Dimensionen des Demand-Control-Modells ab [36]. „Quantitative Arbeitsanforderungen“ werden über den Mittelwert der Antworten von fünf Items zu Arbeitsmenge und Arbeitstempo erfasst, wobei Werte zwischen 0 und 4 möglich sind und hohe Werte eine hohe Belastung anzeigen. „Kontrolle über die eigene Arbeit“ wurde als Mittelwert der Antworten auf vier Items zum „Einfluss auf die Arbeit“ erhoben. Auch dieser Indikator kann Werte zwischen 0 und 4 annehmen, wobei hohe Werte für eine im positiven Sinne hohe Kontrolle über die Arbeit sprechen.

Potentielle Arbeitgeberwechsel wurden bei der Nacherhebung durch Fragen zu Erwerbsbiographien zwischen Erst- und Nachbefragung ermittelt. Die Befragten konnten angeben, ob sie seit der Basiserhebung den Arbeitgeber gewechselt hatten (kodiert als Wechsel nein/ja).


#

Statistische Methoden

Um den Einfluss überlanger Arbeits- und Pendelzeiten (unabhängige Variablen) auf das Auftreten einer depressiven Symptomatik (abhängige Variable) statistisch zu schätzen, wurden für beide Expositionen getrennt multiple logistische Regressionen berechnet. Es wurden sowohl zeitgleiche Zusammenhänge im Querschnitt als auch zeitverzögerte Effekte im Längsschnitt betrachtet [21] [22]. Neben Modellen ohne Adjustierung (Modell 1) wurden adjustierte Modelle berechnet. In der Querschnittsanalyse wurden die Kontrollvariablen Alter und Geschlecht (Modell 2) sowie berufliche Position, quantitative Anforderungen und Kontrolle (Modell 3) berücksichtigt. In der longitudinalen Analyse wurde zunächst für die depressive Symptomatik zur Basiserhebung adjustiert (Modell 2) und dann zusätzlich die Variablen Alter und Geschlecht (Modell 3) sowie berufliche Position, quantitative Anforderungen und Kontrolle (Modell 4) kontrolliert.

Zudem wurde untersucht, ob das gemeinsame Auftreten von langen Arbeits- und Pendelzeiten in besonderem Maße mit einer depressiven Symptomatik assoziiert war. Hierfür wurden die Variablen Arbeits- und Pendelzeiten dichotomisiert (für Arbeitszeit: weniger als 49 Stunden vs. 49 Stunden und mehr; für Pendelzeit: bis zu 5 Stunden vs. 5 Stunden und mehr) und vier Gruppen gebildet. Das Vorliegen einer über-additiven Interaktion wurde mittels Berechnung des Maßes „Relative Excess Risk due to Interaction“ (RERI) überprüft [37]. Die Ergebnisse der entsprechenden logistischen Regressionen werden als Odds Ratios (OR) mit 95% Konfidenzintervallen (KI) präsentiert, im Falle der RERI-Berechnung als Relative Risiken (RR) [37].

Zur Absicherung der Ergebnisse erfolgten vier Sensitivitätsanalysen. In der ersten wurden die Effekte im Quer- und Längsschnitt getrennt nach Geschlecht ermittelt, um zu prüfen, ob die Effekte für Frauen und Männer vergleichbar sind. Dann wurden die längsschnittlichen Analysen getrennt für Personen gerechnet, die im fünfjährigen Untersuchungszeitraum beim selben Arbeitgeber arbeiteten (n=1 488), und solchen, die nicht mehr beim damaligen Arbeitgeber arbeiteten (n=531). Bei der erstgenannten Gruppe ist im Vergleich zu der letztgenannten Gruppe von einer eher konstanten Exposition im Untersuchungszeitraum auszugehen. In der dritten Sensitivitätsanalyse wurden die Effekte im Quer- und Längsschnitt getrennt nach beruflicher Position (Hilfsarbeitskräfte und Fachkräfte, n=940; gehobene Fachkräfte, Akademische Berufe und Führungskräfte, n=1 079) ermittelt, um deren Einfluss zu bestimmen. Die vierte Analyse nutzte ein klassisches Kohortendesign für die längsschnittliche Analyse. Statt für depressive Symptome zur Basiserhebung zu adjustieren, wurden alle Teilnehmenden mit einer depressiven Symptomatik (PHQ≥10) zur Basiserhebung aus der Analyse ausgeschlossen.

Alle Analysen wurden mit dem Statistikprogramm SPSS IBM Version 27 durchgeführt.


#
#

Ergebnisse

Beschreibung der Population

Frauen und Männer waren in der Basiserhebung zu gleichen Anteilen in der Stichprobe der 3 413 Beschäftigten vertreten. Die Mehrzahl von ihnen war älter als 40 Jahre und rund 50% arbeiteten in höheren beruflichen Positionen ([Tab. 1]). Eine getrennte Darstellung der Merkmale nach Geschlecht zeigt teilweise deutliche Unterschiede, z. B. für die berufliche Position (Online Appendix Tabelle A0).

Tab. 1 Untersuchungsmerkmale der Stichprobe zur Basiserhebung (N=3 413).

N

%

MW (SD)

Mittlere Arbeitszeit

Mittlere Pendelzeit

MW (SD)

MW (SD)

AUSWERTBARE FÄLLE

3 413

100

38,9 (11,8)

3,9 (3,2)

GESCHLECHT

Männlich

1 697

50

44,4 (8,5)

4,2 (3,5)

Weiblich

1 716

50

33,4 (12,0)

3,6 (2,9)

ALTER

31–40

840

25

40,0 (12,1)

4,0 (3,4)

41–55

2 060

42

38,3 (11,7)

3,9 (3,1)

56–60

513

34

38,7 (11,5)

4,0 (3,3)

BERUFLICHE POSITION

Hilfsarbeitskräfte

206

6

31,4 (13,3)

3,3 (2,9)

Fachkräfte

1 521

45

38,3 (11,9)

3,6 (3,1)

Gehobene Fachkräfte

915

27

37,6 (10,2)

4,3 (3,4)

Akademische Berufe und Führungskräfte

771

23

43,5 (11,8)

4,4 (3,4)

SKALA QUANTITATIVE ANFORDERUNGEN*

3 413

2,3 (0,8)

SKALA KONTROLLE*

3 413

2,2 (0,7)

WÖCHENTLICHE ARBEITSZEIT

3 413

38,9 (11,8)

10 bis<35 Stunden

836

24

22,6 (7,0)

3,3 (2,7)

35 bis<41 Stunden

1 113

33

38,7 (1,7)

4,1 (3,2)

41 bis<49 Stunden

925

27

44,0 (2,0)

4,3 (3,5)

49 bis<55 Stunden

289

8

50,4 (1,0)

4,0 (3,6)

≥55 Stunden

250

7

61,6 (7,3)

4,0 (3,6)

WÖCHENTLICHE PENDELZEIT

3 413

3,9 (3,2)

<2,5 Stunden

1 071

31

37,4 (13,3)

1,2 (0,5)

2,5 bis<5 Stunden

1 268

37

38,8 (11,3)

3,2 (0,6)

5 bis<10 Stunden

826

24

40,0 (10,3)

6,1 (1,2)

≥10 Stunden

248

7

41,8 (10,9)

12,3 (4,1)

DEPRESSIVE SYMPTOMATIK (PHQ-9)

3 413

4,3 (3,5)

Nein (PHQ<10)

3 144

92

38,8 (11,8)

3,9 (3,2)

Ja (PHQ≥10)

269

8

39,5 (11,8)

4,3 (3,4)

Alle Prozente gerundet; darum summieren sie sich nicht immer auf 100. MW=Mittelwert, SD=Standardabweichung, N/n=Anzahl; *Die Skala reicht von 0 bis 4, †Die Skala reicht von 0 bis 27.

Die mittlere wöchentliche Arbeitszeit in der Stichprobe betrug 38,9 Stunden und die Beschäftigten pendelten im Schnitt 3,9 Stunden in der Woche. Zusammen genommen arbeiteten 42% der Befragten 41 Stunden und mehr in der Woche. Acht Prozent arbeiteten 49 bis weniger als 55 Stunden und eine Arbeitszeit von 55 Stunden und mehr wurde von 7% der Befragten berichtet. Lange Pendelzeiten von zehn und mehr Stunden wöchentlich wurden ebenfalls von 7% der Beschäftigten angegeben. Die Korrelation zwischen Arbeits- und Pendelzeiten war mit r=0,104 gering. [Tab. 1] zeigt auch die mittleren Arbeits- und Pendelzeiten für einzelne Subgruppen. So arbeiteten Männer im Mittel länger als Frauen (Männer=44,4 Stunden, Frauen=33,4 Stunden) und auch die Pendelzeiten der Männer waren länger (Männer=4,2 Stunden, Frauen=3,6 Stunden). Hinsichtlich der beruflichen Position waren tendenziell eher Beschäftigte in höheren beruflichen Positionen von langen Arbeits- und Pendelzeiten betroffen.

Im Querschnitt waren sowohl Arbeits- als auch Pendelzeiten – mit einer Ausnahme – nicht signifikant mit einer hohen depressiven Symptomatik assoziiert ([Tab. 2]). Lediglich in der Gruppe der Beschäftigten mit Pendelzeiten von 10 und mehr Stunden pro Woche war eine deutlich erhöhte Odds Ratio zu beobachten (Modell 3: OR=1,83, 95% KI=1,13;2,94). Für überlange Arbeitszeiten von 55 und mehr Stunden war die Odds Ratio zwar erhöht, das Konfidenzintervall (KI) schließt aber die 1 ein (Modell 3: OR=1,45, 95% KI=0,83;2,51).

Tab. 2 Zusammenhänge (Querschnitt) zwischen Arbeits- und Pendelzeiten und depressiver Symptomatik bei 3 413 Beschäftigten der S-MGA Basiserhebung (logistische Regression; Odds Ratios (OR) und 95% Konfidenzintervalle (KI)).

Modell 1 nur Arbeitszeit oder nur Pendelzeit

Modell 2+Kontrolle für Alter und Geschlecht

Modell 3+Kontrolle für Alter, Geschlecht, berufliche Position, psychosoziale Arbeitsbedingungen

N

Prävalenz depressive Symptomatik* n (%)

Mittlerer Symptomwert (PHQ-9; MW, SD)

Nagelkerke R2

p

OR

95% KI

Nagelkerke R2

p

OR

95% KI

Nagelkerke R2

p

OR

95% KI

ARBEITSZEIT‡

0,001

0,875

0,015

0,211

0,118

0,094

10 bis<35 Stunden

836

67 (8)

4,4 (3,4)

1,13

0,80;1,58

0,87

0,61;1,24

0,82

0,57;1,19

35 bis<41 Stunden

1 113

80 (7)

4,3 (3,5)

1

1

1

41 bis<49 Stunden

925

78 (8)

4,3 (3,7)

1,19

0,86;1,65

1,29

0,93;1,79

1,30

0,92;1,83

49 bis<55 Stunden

289

24 (8)

4,1 (3,5)

1,17

0,73;1,88

1,32

0,82;2,14

1,56

0,93;2,61

≥55 Stunden

250

20 (8)

4,5 (3,6)

1,12

0,67;1,87

1,32

0,77;2,22

1,45

0,83;2,51

PENDELZEIT‡

0,002

0,106

0,016

0,052

0,117

0,099

<2,5 Stunden

1 071

75 (7)

4,1 (3,5)

1

1

1

2,5 bis<5 Stunden

1 268

102 (8)

4,4 (3,6)

1,16

0,85;1,58

1,21

0,89;1,65

1,17

0,85;1,61

5 bis<10 Stunden

826

63 (8)

4,3 (3,6)

1,10

0,77;1,55

1,16

0,82;1,64

1,11

0,77;1,60

≥10 Stunden

248

29 (12)

4,6 (3,9)

1,80

1,12;2,77

1,90

1,21;3,01

1,83

1,13;2,94

PHQ-9=Patient Health Questionnaire; MW=Mittelwert; SD=Standardabweichung; OR=Odds Ratio; KI=Konfidenzintervall; N/n=Anzahl; *PHQ-9-Wert Basiserhebung≥10; ‡ Stunden pro Woche.

[Tab. 3] zeigt die Ergebnisse der Längsschnittanalyse. Beschäftigte mit den längsten Arbeitszeiten (≥55 Stunden) hatten im Vergleich zu Beschäftigten mit Arbeitszeiten von 35 bis<41 Stunden im vollständig adjustierten Modell 4 eine 2,14-fach erhöhte Odds Ratio (95% KI=1,11;4,12), nach fünf Jahren eine depressive Symptomatik zu berichten. Bei Wochenarbeitszeiten von 41 bis<49 bzw. 49 bis<55 Stunden waren die Odds Ratios ebenfalls erhöht (OR=1,34, 95% KI=0,88;2,03 bzw. OR=1,26, 95% KI=0,65;2,43). Für Pendelzeiten war kein Effekt zu beobachten: Beschäftigte mit besonders langen Anfahrtszeiten hatten tendenziell sogar ein niedrigeres Risiko für eine depressive Symptomatik als solche mit geringen Pendelzeiten von weniger als 2,5 Stunden pro Woche.

Tab. 3 Zusammenhänge (Längsschnitt) zwischen Arbeits- und Pendelzeiten zur Basiserhebung und einer depressiven Symptomatik bei der Nacherhebung bei 2 019 Beschäftigten der S-MGA (logistische Regression; Odds Ratios (OR) und 95% Konfidenzintervalle (KI)).

N

Depressive Symptomatik bei der Nacherhebung

Modell 1 nur Arbeitszeit oder nur Pendelzeit

Modell 2+Kontrolle für depressive Symptomatik zur Basiserhebung

Modell 3+Kontrolle für depr. Sympt. zur Basiserhebung, Alter und Geschlecht

Modell 4+Kontrolle für depr. Sympt. zur Basiserheb., Alter, Geschl., berufl. Pos., psychosoz. Arbeitsbed.

Prävalenz* n (%)

Mittelwert (PHQ-9; MW, SD)

Nagelkerke R2

p

OR

95% KI

Nagelkerke R2

p

OR

95% KI

Nagelkerke R2

p

OR

95% KI

Nagelkerke R2

p

OR

95% KI

ARBEITSZEIT‡

0,001

0,811

0,147

0,745

0,171

0,155

0,182

0,062

10 bis<35 Stunden

496

48 (10)

4,7 (3,8)

1,04

0,70;1,54

1,08

0,71;1,64

0,83

0,53;1,28

0,80

0,52;1,25

35 bis<41 Stunden

673

63 (9)

4,6 (3,7)

1

1

1

1

41 bis<49 Stunden

538

57 (11)

4,6 (3,7)

1,15

0,79;1,67

1,13

0,76;1,69

1,28

0,85;1,93

1,34

0,88;2,03

49 bis<55 Stunden

172

15 (9)

4,0 (3,6)

0,92

0,51;1,67

0,96

0,52;1,80

1,13

0,60;2,13

1,26

0,65;2,43

≥55 Stunden

140

17 (12)

4,5 (4,4)

1,34

0,76;2,37

1,49

0,82;2,73

1,82

0,97;3,38

2,14

1,11;4,12

PENDELZEIT‡

0,002

0,607

0,148

0,507

0,166

0,755

0,175

0,614

<2,5 Stunden

613

68 (11)

4,6 (3,7)

1

1

1

2,5 bis<5 Stunden

758

74 (10)

4,6 (3,8)

0,87

0,61;1,23

0,83

0,58;1,21

0,87

0,60;1,27

0,83

0,57;1,21

5 bis<10 Stunden

498

46 (9)

4,6 (3,8)

0,82

0,55;1,21

0,80

0,53;1,22

0,86

0,56;1,31

0,82

0,53;1,25

≥10 Stunden

150

12 (8)

4,6 (3,8)

0,70

0,37;1,32

0,63

0,32;1,25

0,72

0,36;1,43

0,68

0,34;1,36

PHQ-9=Patient Health Questionnaire; MW=Mittelwert; SD=Standardabweichung; OR=Odds Ratio; KI=Konfidenzintervall; N/n=Anzahl; *PHQ-9 Wert zur Nachuntersuchung≥10; ‡ Stunden pro Woche.

Die Frage, ob es besonders ungünstig ist, wenn Beschäftigte sowohl lange Arbeits- als auch Pendelzeiten aufweisen, wurde mit einer Interaktionsanalyse beantwortet ([Tab. 4]). In der Tendenz war dies sowohl für die Quer- als auch für die Längsschnittanalyse der Fall. Der RERI zeigt in beiden Fällen das Vorliegen einer überadditiven Interaktion an. Die Konfidenzintervalle schließen aber jeweils die 0 (keine Überadditivität) ein, was für eine fehlende statistische Präzision aufgrund einer zu geringen Fallzahl spricht.

Tab. 4 Interaktion langer Arbeitszeiten (≥49 Std. Woche) und langer Pendelzeiten (≥5 Std. Woche) in Bezug auf das Auftreten einer depressiven Symptomatik im Quer- und Längsschnitt.

N

Prävalenz depressiver Symptomatik 2012 [n (%)]

RR*

95% KI

RERI†

95% KI

QUERSCHNITT (N=3 413)

keine langen Arbeitszeiten/keine langen Pendelzeiten

1972

152 (8)

1

lange Arbeitszeiten/keine langen Pendelzeiten

902

73 (8)

1,19

0,74;1,92

keine langen Arbeitszeiten/lange Pendelzeiten

367

25 (7)

1,09

0,80;1,48

lange Arbeitszeiten/lange Pendelzeiten

172

19 (11)

1,89

1,09;3,28

0,61

− 0,49;1,70

Prävalenz depressiver Symptomatik 2017 n (%)

RR§

95% KI

RERI†

95% KI

LÄNGSSCHNITT (N=2 019)

keine langen Arbeitszeiten/keine langen Pendelzeiten

1 163

123 (10)

1

lange Arbeitszeiten/keine langen Pendelzeiten

544

45 (8)

1,23

0,69;2,19

keine langen Arbeitszeiten/lange Pendelzeiten

208

19 (9)

0,80

0,54;1,18

lange Arbeitszeiten/lange Pendelzeiten

104

13 (13)

1,63

0,82;3,26

0,61

− 0,63;1,84

* Relatives Risiko (RR). Statistische Kontrolle für Alter und Geschlecht, berufliche Position, psychosoziale Arbeitsbedingungen. Um RERI berechnen zu können, wurden hier RR kalkuliert (38, 43).; † Relative Excess Risk due to Interaction (RERI) (38, 43, 44). Ein signifikant positiver RERI bedeutet, dass es einen überadditiven Effekt der Kombination langer Arbeitszeiten und langer Pendelzeiten gibt.; § Relatives Risiko. Statistische Kontrolle für depressive Symptomatik zur Basiserhebung, Alter, Geschlecht, berufliche Position, psychosoziale Arbeitsbedingungen.


#

Sensitivitätsanalysen

In der ersten Sensitivitätsanalyse wurde untersucht, ob die Effekte von Arbeits- und Pendelzeiten auf die depressive Symptomatik nach Geschlecht variieren (Online Appendix Tabellen A1 & A2). Mit zwei Ausnahmen waren nur geringe Geschlechterunterschiede erkennbar. Bei Arbeitszeiten von weniger als 35 Stunden war das Risiko einer depressiven Symptomatik bei den Männern erhöht, bei den Frauen verringert. Bei Pendelzeiten von 10 und mehr Stunden war das Risiko im Längsschnitt für Männer deutlich höher als für Frauen. In der zweiten Sensitivitätsanalyse wurde untersucht, ob die Effekte von Arbeits- und Pendelzeiten auf die depressive Symptomatik im Längsschnitt davon abhingen, ob die Beschäftigten ihren Arbeitgeber wechselten oder nicht (Online Appendix Tabelle A3). Generell waren die Odds Ratios in der Gruppe der Job-Wechsler höher als bei Teilnehmenden, die nicht gewechselt hatten. Eine weitere stratifizierte Analyse nach der beruflichen Position zeigte keine Unterschiede zwischen den Subgruppen (Online Appendix Tabellen A4 & A5). Die Wiederholung der längsschnittlichen Analyse unter Ausschluss aller Teilnehmenden mit einer depressiven Symptomatik zur Basiserhebung erbrachte vergleichbare Ergebnisse wie die in [Tab. 3] gezeigte Hauptanalyse. Allerdings reduzierten sich die Schätzer leicht und das Konfidenzintervall für die Risikokategorie Arbeitszeiten≥55 Wochenstunden schloss nun die 1 ein (Online Appendix Tabelle A6). Dies könnte mit der reduzierten Fallzahl (Ausschluss von 158 Fällen) und der dadurch gesunkenen statistischen Power zusammenhängen.


#
#

Diskussion

Die Ergebnisse legen nahe, dass überlange Arbeits- und Pendelzeiten bei sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen und Männern in Deutschland mit einer depressiven Symptomatik assoziiert sind. Bei überlangen Arbeitszeiten (55 Stunden und mehr) fanden sich ausgeprägte Effekte im Längsschnitt, dagegen traten bei langen Pendelzeiten (10 Stunden und mehr) Effekte nur im Querschnitt auf. Bei einer Arbeitswoche von 55 Stunden oder mehr ließ sich ein mehr als doppelt so hohes Risiko für eine depressive Symptomatik im Längsschnitt ermitteln, bei Pendelzeiten von 10 Stunden oder mehr war das Risiko im Querschnitt nahezu verdoppelt. Bei Arbeitszeiten von 41 bis unter 55 Stunden konnten wir sowohl im Quer- als auch im Längsschnitt nur eine leicht erhöhte depressive Symptomatik finden. Allerdings gab es Hinweise darauf, dass es ein zusätzliches Risiko für eine depressive Symptomatik bei denjenigen Beschäftigten geben könnte, die sowohl lange Arbeits- als auch lange Pendelzeiten haben.

Das Ergebnis, dass überlange Arbeitszeiten bei Frauen und Männern in Deutschland im Längsschnitt mit einer depressiven Symptomatik assoziiert sind, korrespondiert mit Analyseergebnissen einer Auswertung der SOEP-Studie, die ebenfalls auf einer repräsentativen Stichprobe in Deutschland basiert [4]. Es steht jedoch im Kontrast zu einer Auswertung der deutschen Pairfam-Studie, die, basierend auf einer kleineren Stichprobe jüngerer Arbeitnehmer in Deutschland, keine signifikanten Effekte fand [4]. Wie schon einführend dargestellt, gibt es auch international widersprüchliche Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen langen Arbeitszeiten und depressiver Symptomatik. Die zwei aktuellsten Reviews bzw. Metaanalysen haben aufgezeigt, dass die Ergebnisse der Einzelstudien tatsächlich uneinheitlich sind [4] [5] und dass für valide Schlussfolgerungen mehr Studien aus den einzelnen Ländern benötigt werden. Der Umstand, dass in unserer Studie klare Zusammenhänge im Längsschnitt erkennbar waren, spricht einerseits dafür, dass überlange Arbeitszeiten im deutschen Arbeitskontext eine gesundheitliche Wirkung entfalten. Anderseits könnten auch methodische Besonderheiten Unterschiede zu anderen Studien erklären (siehe unten).

In unserer Studie konnten wir zudem im Querschnitt einen Zusammenhang zwischen langen Pendelzeiten von 10 und mehr Stunden und einer depressiven Symptomatik aufzeigen. Im Längsschnitt war jedoch kein Effekt ermittelbar. Die internationale Studienlage zur Wirkung des Pendelns ist bislang widersprüchlich. Eine deutsche Querschnittstudie mit mehr als 4 000 Beschäftigten eines Industrieunternehmens fand keine Effekte von Pendelzeiten auf die mentale Gesundheit, erfasst über den SF-12 [18]. Da diese Studie sich auf ein Unternehmen beschränkte, ist sie jedoch mit unserer Stichprobe nur bedingt vergleichbar. Eine australische Längsschnittstudie von mehr als 17 000 befragten Beschäftigten in Australien fand im Längsschnitt kleine Effekte für eine beeinträchtigte mentale Gesundheit bei Arbeitswegen von mehr als 10 Stunden pro Woche [20]. Möglicherweise konnten diese kleinen Effekte aufgrund der statistischen Stärke dieser – im Vergleich zu S-MGA – deutlich größeren Studie aufgedeckt werden. Eine Längsschnittstudie von fast 18 000 repräsentativ befragten Beschäftigten in Großbritannien fand hingegen insgesamt keine Effekte längerer Pendelzeiten auf die durch das PHQ-12 Instrument erfasste mentale Gesundheit [20]. Die Ergebnisse der britischen Studie deuten zudem darauf hin, dass das verwendete Transportmittel ein wichtiger Faktor ist: Pendelzeiten zu Fuß oder mit dem Rad hatten einen positiven Effekt auf die mentale Gesundheit, Pendelzeiten mit dem Auto einen negativen Effekt und Pendelzeiten mit dem ÖPNV keinen Effekt. Eine aktuelle Übersichtsarbeit, die sich mit der Rolle des Transportmittels befasst hat, weist ebenfalls divergierende Ergebnisse aus [38]. Ferner sind Ausweicheffekte denkbar, dergestalt, dass viele Beschäftigte, die sich akut durch Pendelzeiten belastet fühlen, das Pendeln reduzieren oder auf andere Transportmittel wechseln, so dass Zusammenhänge im Längsschnitt nicht mehr nachweisbar sind.

Methodische Überlegungen

Diese Untersuchung hat verschiedene Stärken, z. B. dass sie auf einer repräsentativen Stichprobe sozialversicherungspflichtig Beschäftigter beruht [23] und dadurch Rückschlüsse auf einen Großteil der Beschäftigten in Deutschland erlaubt. Weiterhin werden durch das Kohortendesign Längsschnittanalysen und damit Aussagen zu potentiellen Ursache-Wirkungs-Beziehungen bzw. der zeitlichen Abfolge von Exposition und Outcome möglich [39] [40]. Ein weiterer Vorteil ist die Messung der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, die die Exposition besser abbildet als Angaben zu Arbeitsstunden gemäß Arbeitsvertrag. Zudem wurde eine depressive Symptomatik mit einem etablierten Instrument (PHQ-9) erfasst, dessen Schwellenwert eine klinisch bedeutsame Erhöhung anzeigt [28].

Dem steht eine Reihe an Limitationen gegenüber. Zunächst ist festzuhalten, dass die Stichprobengröße für eine epidemiologische Analyse von Risikofaktoren eher klein ist. Die statistische Power ist somit eingeschränkt, so dass kleinere Effekte (OR<2,0) nicht präzise schätzbar sind. Dies betrifft auch die Analyse der gemeinsamen Wirkung von langen Arbeits- und Pendelzeiten, deren Effektschätzer zwar eine überadditive Interaktion andeuten, deren Konfidenzintervalle aber weit sind. Ein nächster Punkt ist, dass alle Angaben auf Selbstberichten beruhen und keine objektiven Arbeits- und Pendelzeiten erfasst wurden. Ein Bias bei Selbstberichten, in denen sowohl Expositionen und Outcomes zusammen erfasst werden, ist damit möglich, wobei dieser Effekt in der Längsschnittanalyse mit einem fünfjährigen Abstand zwischen den Messungen vermutlich gering sein dürfte [39]. Zugleich ergibt sich hieraus ein weiteres mögliches Problem. Der Abstand zwischen Exposition und Outcome-Messung ist mit fünf Jahren vergleichsweise groß. Eine depressive Symptomatik kann sich über die Zeit ändern und das angewandte Studiendesign kann eine depressive Symptomatik, die in der fünfjährigen Studienperiode auftrat und wieder abgeklungen ist, nicht detektieren [21]. Insofern wären kürzere Nachverfolgungszeiten von 1 bis 2 Jahren vorteilhaft gewesen. Hinzu kommt, dass es das Studiendesign mit derzeit nur einer Basiserhebung und einer Nacherhebung nicht zulässt, mögliche zeitliche Veränderungen näher zu untersuchen, z. B. ob aufgrund von Symptomen bei der Basiserhebung Arbeits- oder Pendelzeiten im Verlauf der Nachbeobachtung reduziert wurden [40]. Aus diesen Gründen wurden in der vorliegenden Untersuchung sowohl Längsschnitts- als auch Querschnittsanalysen vorgenommen, um zumindest auch kurzfristige Effekte untersuchen zu können [22]. Ebenfalls möglich ist eine Verzerrung der Ergebnisse der Längsschnittanalysen durch eine differentielle Nichtteilnahme an der Zweituntersuchung. Zwar war die Teilnahme weder signifikant mit den beiden Expositionen noch mit depressiven Symptomen zur Basiserhebung assoziiert, Männer, jüngere Personen und Personen mit niedrigen beruflichen Positionen nahmen aber seltener teil (Ergebnisse nicht gezeigt). Dies könnte eine weitere mögliche Quelle für Bias sein. Eine zusätzliche Limitation der vorliegenden Studie ist – wie schon oben erwähnt – dass die verwendeten Transportmittel beim Pendeln nicht erfasst wurden. Schließlich ist anzumerken, dass Selbstständige, die häufig überlange Arbeitszeiten haben, in der Stichprobe fehlten.


#

Perspektive

Überlange Arbeits- und Pendelzeiten kommen als mögliche Risikofaktoren für eine depressive Symptomatik bei Beschäftigten in Deutschland in Frage. Obwohl nach gültiger Rechtslage überlange Arbeitszeiten nicht oder nur in Ausnahmefällen auftreten sollten, ist de facto ein Teil der Beschäftigten weiterhin betroffen. Um gesundheitliche Folgen zu vermeiden, sollte weiterhin konsequent auf die Umsetzung bestehender Regeln hingewirkt werden. Dies gilt auch für die im Zuge der COVID-19 Pandemie verstärkt eingesetzte Möglichkeit der Arbeit von Zuhause aus, was dazu verleiten könnte, Arbeitszeiten weiter auszudehnen. Weiterhin können Risikofaktoren auch im klinischen Alltag berücksichtigt werden, etwa im Kontext einer Berufsanamnese bei Patientinnen oder Patienten mit Frühsymptomen oder bei Menschen, die mit chronischen psychischen Erkrankungen weiter erwerbstätig sind. Aufgrund der methodischen Einschränkungen dieser Studie ist eine weitere empirische Beschäftigung mit der Thematik aber notwendig.


#

Hinweis

Eine frühe Fassung dieses Manuskripts in englischer Sprache wurde als Preprint veröffentlicht [41].


#
#
#

Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Zusätzliches Material

  • Literatur

  • 1 Deutsche Rentenversicherung Bund: Rentenversicherung in Zeitreihen. Berlin: DRV; 2019
  • 2 Angerer P, Glaser J, Gündel H. et al. Psychische und psychosomatische Gesundheit in der Arbeit: Wissenschaft, Erfahrungen und Lösungen aus Arbeitsmedizin, Arbeitspsychologie und Psychosomatischer Medizin. Heidelberg, München, Landsberg, Frechen, Hamburg: ecomed-Storck GmbH;; 2014
  • 3 Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): Arbeitszeitgesetz. In: Verbraucherschutz BfJuf, (ed.). Berlin. 2020
  • 4 Virtanen M, Jokela M, Madsen IE. et al. Long working hours and depressive symptoms: systematic review and meta-analysis of published studies and unpublished individual participant data. Scandinavian journal of work, environment & health 2018; 44: 239-50.
  • 5 Rugulies R, Sørensen K, Di Tecco C. et al. The effect of exposure to long working hours on depression: A systematic review and meta-analysis from the WHO/ILO Joint Estimates of the Work-related Burden of Disease and Injury. Environment International 2021; 155: 106629
  • 6 Backhaus N, Tisch A, Wöhrmann AM. BAuA-Arbeitszeitbefragung: Vergleich 2015 – 2017 – 2019. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin; 2020;
  • 7 Statistisches Bundesamt: Überlange Arbeitszeiten https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Qualitaet-Arbeit/Dimension-3/ueberlange-arbeitszeiten.html2020).
  • 8 Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des Bundes In: Verbraucherschutz BdJuf, (ed.): § 87 Abs 3 S 1, § 90 Abs 1 BBG. Berlin: Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz; 2020
  • 9 Sonnentag S. The recovery paradox: Portraying the complex interplay between job stressors, lack of recovery, and poor well-being. Research in Organizational Behavior 2018; 38: 169-85.
  • 10 Virtanen M, Jokela M, Nyberg ST. et al. Long working hours and alcohol use: systematic review and meta-analysis of published studies and unpublished individual participant data. Bmj 2015; 350: g7772
  • 11 Backhaus N, Brauner C, Tisch A. Auswirkungen verkürzter Ruhezeiten auf Gesundheit und Work-Life-Balance bei Vollzeitbeschäftigten: Ergebnisse der BAuA-Arbeitszeitbefragung 2017. Zeitschrift für Arbeitswissenschaft 2019; 73: 394-417
  • 12 Müller G, Tisch A, Wöhrmann AM. The impact of long working hours on the health of German employees. German Journal of Human Resource Management 2018; 32: 217-35.
  • 13 Wöhrmann AM, Brenscheidt F, Gerstenberg S. Arbeitszeit in Deutschland: Länge, Lage, Flexibilität der Arbeitszeit und die Gesundheit der Beschäftigten. In: Rump J, Eilers S, (eds.): Arbeitszeitpolitik Zielkonflikte in der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung lösen. Berlin, Heidelberg: Springer Gabler; 2019: 159-177
  • 14 Garthus-Niegel S, Hegewald J, Seidler A. et al. The Gutenberg health study: associations between occupational and private stress factors and work-privacy conflict. BMC public health 2016; 16: 192
  • 15 Pega F, Momen NC, Ujita Y. et al. Systematic reviews and meta-analyses for the WHO/ILO Joint Estimates of the Work-related Burden of Disease and Injury. Environment International 2021; 155: 106605
  • 16 Dragano N, Siegrist J, Wahrendorf M. Welfare regimes, labour policies and unhealthy psychosocial working conditions: a comparative study with 9917 older employees from 12 European countries. Journal of epidemiology and community health 2011; 65: 793-799
  • 17 Wöhrmann AM, Backhaus N, Tisch A. et al. BAuA-Arbeitszeitbefragung: Pendeln, Telearbeit, Dienstreisen, wechselnde und mobile Arbeitsorte. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin BAuA, Dortmund. 2020
  • 18 Mauss D, Jarczok MN, Fischer JE. Daily commuting to work is not associated with variables of health. Journal of occupational medicine and toxicology 2016; 11: 12
  • 19 Martin A, Goryakin Y, Suhrcke M. Does active commuting improve psychological wellbeing? Longitudinal evidence from eighteen waves of the British Household Panel Survey. Preventive medicine 2014; 69: 296-303
  • 20 Milner A, Badland H, Kavanagh A. et al. Time Spent Commuting to Work and Mental Health: Evidence From 13 Waves of an Australian Cohort Study. The American Journal of Epidemiology 2017; 186: 659-67.
  • 21 Ford MT, Matthews RA, Wooldridge JD. et al. How do occupational stressor-strain effects vary with time? A review and meta-analysis of the relevance of time lags in longitudinal studies. Work & Stress 2014; 28: 9-30
  • 22 Boini S, Kolopp M, Grzebyk M. et al. Is the effect of work-related psychosocial exposure on depressive and anxiety disorders short-term, lagged or cumulative?. International archives of occupational and environmental health 2020; 93: 87-104
  • 23 Rose U, Schiel S, Schroder H. et al. The Study on Mental Health at Work: Design and sampling. Scandinavian journal of public health 2017; 45: 584-94.
  • 24 American Association for Public Opinion Research: Standard definitions: Final dispositions of case codes and outcome rates for surveys. 7th ed2011
  • 25 Feveile H, Olsen O, Hogh A. A randomized trial of mailed questionnaires versus telephone interviews: response patterns in a survey. BMC medical research methodology 2007; 7: 27
  • 26 Kroenke K, Spitzer RL, Williams JB. The PHQ-9: validity of a brief depression severity measure. Journal of General Internal Medicine 2001; 16: 606-613
  • 27 Löwe B, Spitzer RL, Gräfe K. et al. Comparative validity of three screening questionnaires for DSM-IV depressive disorders and physicians’ diagnoses. Journal of affective disorders 2004; 78: 131-140
  • 28 Manea L, Gilbody S, McMillan D. A diagnostic meta-analysis of the Patient Health Questionnaire-9 (PHQ-9) algorithm scoring method as a screen for depression. General Hospital Psychiatry 2015; 37: 67-75
  • 29 Kivimaki M, Jokela M, Nyberg ST. et al. Long working hours and risk of coronary heart disease and stroke: a systematic review and meta-analysis of published and unpublished data for 603,838 individuals. Lancet (London, England) 2015; 386: 1739-1746
  • 30 Busch MA, Maske UE, Ryl L. et al. [Prevalence of depressive symptoms and diagnosed depression among adults in Germany: results of the German Health Interview and Examination Survey for Adults (DEGS1)]. Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz 2013; 56: 733-739
  • 31 Schmitt M, Altstötter-Gleich C, Hinz A. et al. Normwerte für das Vereinfachte Beck-Depressions-Inventar (BDI-V) in der Allgemeinbevölkerung [Norm values for the simplified Beck Depression Inventory (BDI-V) in the general population]. Diagnostica 2006; 52: 8
  • 32 Hagen F: Levels of Education: Relation between ISCO Skill Level and ISCED Categories http://www.fernunihagen.de/FTB/telemate/database/isced.htm#ISCO (last accessed on Mach 21, 2015
  • 33 International Labor Office Staff: International Standard Classification of Occupations 2008 (ISCO-08): Structure, Group Definitions and Correspondence Tables. Geneva, Switzerland: International Labour Office; 2012
  • 34 Müller W, Wirth H, Bauer G. et al. Entwicklung einer europäischen sozioökonomischen Klassifikation. Wirtschaft und Statistik 2007; 527-530
  • 35 Nübling M, Stößel U, Hasselhorn H-M. et al. Measuring psychological stress and strain at work – Evaluation of the COPSOQ Questionnaire in Germany. Psycho-social medicine. 2006 3. Doc05
  • 36 Karasek R, Theorell T. Healthy work : stress, productivity, and the reconstruction of working life. New York, NY, USA: Basic Books; 1990
  • 37 Andersson T, Alfredsson L, Kallberg H. et al. Calculating measures of biological interaction. European Journal of Epidemiology 2005; 20: 575-579
  • 38 Marques A, Peralta M, Henriques-Neto D. et al. Active Commuting and Depression Symptoms in Adults: A Systematic Review. International journal of environmental research and public health 2020; 17
  • 39 Zapf D, Dormann C, Frese M. Longitudinal studies in organizational stress research: a review of the literature with reference to methodological issues. Journal of Occupational Health Psychology 1996; 1: 145-169
  • 40 Taris TW, Kompier MAJ. Cause and effect: Optimizing the designs of longitudinal studies in occupational health psychology. Work & Stress 2014; 28: 1-8
  • 41 Dragano N, Burr H, Formazin M. et al. Long working and commuting times as risk factors for depressive symptoms. Cross-sectional and longitudinal analyses. medRxiv 2022; DOI: 10.1101/2022.12.22.22283831.

Korrespondenzadresse

Dr. Nico Dragano
Universitätsklinikum Düsseldorf
Institut für Medizinische Soziologie
Universitätsstraße 1
40225 Düsseldorf
Germany   

Publication History

Article published online:
16 November 2023

© 2023. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial-License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commercial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/).

Georg Thieme Verlag
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

  • Literatur

  • 1 Deutsche Rentenversicherung Bund: Rentenversicherung in Zeitreihen. Berlin: DRV; 2019
  • 2 Angerer P, Glaser J, Gündel H. et al. Psychische und psychosomatische Gesundheit in der Arbeit: Wissenschaft, Erfahrungen und Lösungen aus Arbeitsmedizin, Arbeitspsychologie und Psychosomatischer Medizin. Heidelberg, München, Landsberg, Frechen, Hamburg: ecomed-Storck GmbH;; 2014
  • 3 Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): Arbeitszeitgesetz. In: Verbraucherschutz BfJuf, (ed.). Berlin. 2020
  • 4 Virtanen M, Jokela M, Madsen IE. et al. Long working hours and depressive symptoms: systematic review and meta-analysis of published studies and unpublished individual participant data. Scandinavian journal of work, environment & health 2018; 44: 239-50.
  • 5 Rugulies R, Sørensen K, Di Tecco C. et al. The effect of exposure to long working hours on depression: A systematic review and meta-analysis from the WHO/ILO Joint Estimates of the Work-related Burden of Disease and Injury. Environment International 2021; 155: 106629
  • 6 Backhaus N, Tisch A, Wöhrmann AM. BAuA-Arbeitszeitbefragung: Vergleich 2015 – 2017 – 2019. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin; 2020;
  • 7 Statistisches Bundesamt: Überlange Arbeitszeiten https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Qualitaet-Arbeit/Dimension-3/ueberlange-arbeitszeiten.html2020).
  • 8 Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des Bundes In: Verbraucherschutz BdJuf, (ed.): § 87 Abs 3 S 1, § 90 Abs 1 BBG. Berlin: Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz; 2020
  • 9 Sonnentag S. The recovery paradox: Portraying the complex interplay between job stressors, lack of recovery, and poor well-being. Research in Organizational Behavior 2018; 38: 169-85.
  • 10 Virtanen M, Jokela M, Nyberg ST. et al. Long working hours and alcohol use: systematic review and meta-analysis of published studies and unpublished individual participant data. Bmj 2015; 350: g7772
  • 11 Backhaus N, Brauner C, Tisch A. Auswirkungen verkürzter Ruhezeiten auf Gesundheit und Work-Life-Balance bei Vollzeitbeschäftigten: Ergebnisse der BAuA-Arbeitszeitbefragung 2017. Zeitschrift für Arbeitswissenschaft 2019; 73: 394-417
  • 12 Müller G, Tisch A, Wöhrmann AM. The impact of long working hours on the health of German employees. German Journal of Human Resource Management 2018; 32: 217-35.
  • 13 Wöhrmann AM, Brenscheidt F, Gerstenberg S. Arbeitszeit in Deutschland: Länge, Lage, Flexibilität der Arbeitszeit und die Gesundheit der Beschäftigten. In: Rump J, Eilers S, (eds.): Arbeitszeitpolitik Zielkonflikte in der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung lösen. Berlin, Heidelberg: Springer Gabler; 2019: 159-177
  • 14 Garthus-Niegel S, Hegewald J, Seidler A. et al. The Gutenberg health study: associations between occupational and private stress factors and work-privacy conflict. BMC public health 2016; 16: 192
  • 15 Pega F, Momen NC, Ujita Y. et al. Systematic reviews and meta-analyses for the WHO/ILO Joint Estimates of the Work-related Burden of Disease and Injury. Environment International 2021; 155: 106605
  • 16 Dragano N, Siegrist J, Wahrendorf M. Welfare regimes, labour policies and unhealthy psychosocial working conditions: a comparative study with 9917 older employees from 12 European countries. Journal of epidemiology and community health 2011; 65: 793-799
  • 17 Wöhrmann AM, Backhaus N, Tisch A. et al. BAuA-Arbeitszeitbefragung: Pendeln, Telearbeit, Dienstreisen, wechselnde und mobile Arbeitsorte. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin BAuA, Dortmund. 2020
  • 18 Mauss D, Jarczok MN, Fischer JE. Daily commuting to work is not associated with variables of health. Journal of occupational medicine and toxicology 2016; 11: 12
  • 19 Martin A, Goryakin Y, Suhrcke M. Does active commuting improve psychological wellbeing? Longitudinal evidence from eighteen waves of the British Household Panel Survey. Preventive medicine 2014; 69: 296-303
  • 20 Milner A, Badland H, Kavanagh A. et al. Time Spent Commuting to Work and Mental Health: Evidence From 13 Waves of an Australian Cohort Study. The American Journal of Epidemiology 2017; 186: 659-67.
  • 21 Ford MT, Matthews RA, Wooldridge JD. et al. How do occupational stressor-strain effects vary with time? A review and meta-analysis of the relevance of time lags in longitudinal studies. Work & Stress 2014; 28: 9-30
  • 22 Boini S, Kolopp M, Grzebyk M. et al. Is the effect of work-related psychosocial exposure on depressive and anxiety disorders short-term, lagged or cumulative?. International archives of occupational and environmental health 2020; 93: 87-104
  • 23 Rose U, Schiel S, Schroder H. et al. The Study on Mental Health at Work: Design and sampling. Scandinavian journal of public health 2017; 45: 584-94.
  • 24 American Association for Public Opinion Research: Standard definitions: Final dispositions of case codes and outcome rates for surveys. 7th ed2011
  • 25 Feveile H, Olsen O, Hogh A. A randomized trial of mailed questionnaires versus telephone interviews: response patterns in a survey. BMC medical research methodology 2007; 7: 27
  • 26 Kroenke K, Spitzer RL, Williams JB. The PHQ-9: validity of a brief depression severity measure. Journal of General Internal Medicine 2001; 16: 606-613
  • 27 Löwe B, Spitzer RL, Gräfe K. et al. Comparative validity of three screening questionnaires for DSM-IV depressive disorders and physicians’ diagnoses. Journal of affective disorders 2004; 78: 131-140
  • 28 Manea L, Gilbody S, McMillan D. A diagnostic meta-analysis of the Patient Health Questionnaire-9 (PHQ-9) algorithm scoring method as a screen for depression. General Hospital Psychiatry 2015; 37: 67-75
  • 29 Kivimaki M, Jokela M, Nyberg ST. et al. Long working hours and risk of coronary heart disease and stroke: a systematic review and meta-analysis of published and unpublished data for 603,838 individuals. Lancet (London, England) 2015; 386: 1739-1746
  • 30 Busch MA, Maske UE, Ryl L. et al. [Prevalence of depressive symptoms and diagnosed depression among adults in Germany: results of the German Health Interview and Examination Survey for Adults (DEGS1)]. Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz 2013; 56: 733-739
  • 31 Schmitt M, Altstötter-Gleich C, Hinz A. et al. Normwerte für das Vereinfachte Beck-Depressions-Inventar (BDI-V) in der Allgemeinbevölkerung [Norm values for the simplified Beck Depression Inventory (BDI-V) in the general population]. Diagnostica 2006; 52: 8
  • 32 Hagen F: Levels of Education: Relation between ISCO Skill Level and ISCED Categories http://www.fernunihagen.de/FTB/telemate/database/isced.htm#ISCO (last accessed on Mach 21, 2015
  • 33 International Labor Office Staff: International Standard Classification of Occupations 2008 (ISCO-08): Structure, Group Definitions and Correspondence Tables. Geneva, Switzerland: International Labour Office; 2012
  • 34 Müller W, Wirth H, Bauer G. et al. Entwicklung einer europäischen sozioökonomischen Klassifikation. Wirtschaft und Statistik 2007; 527-530
  • 35 Nübling M, Stößel U, Hasselhorn H-M. et al. Measuring psychological stress and strain at work – Evaluation of the COPSOQ Questionnaire in Germany. Psycho-social medicine. 2006 3. Doc05
  • 36 Karasek R, Theorell T. Healthy work : stress, productivity, and the reconstruction of working life. New York, NY, USA: Basic Books; 1990
  • 37 Andersson T, Alfredsson L, Kallberg H. et al. Calculating measures of biological interaction. European Journal of Epidemiology 2005; 20: 575-579
  • 38 Marques A, Peralta M, Henriques-Neto D. et al. Active Commuting and Depression Symptoms in Adults: A Systematic Review. International journal of environmental research and public health 2020; 17
  • 39 Zapf D, Dormann C, Frese M. Longitudinal studies in organizational stress research: a review of the literature with reference to methodological issues. Journal of Occupational Health Psychology 1996; 1: 145-169
  • 40 Taris TW, Kompier MAJ. Cause and effect: Optimizing the designs of longitudinal studies in occupational health psychology. Work & Stress 2014; 28: 1-8
  • 41 Dragano N, Burr H, Formazin M. et al. Long working and commuting times as risk factors for depressive symptoms. Cross-sectional and longitudinal analyses. medRxiv 2022; DOI: 10.1101/2022.12.22.22283831.

Zoom Image
Abb. 1 Flussdiagramm – von der gezogenen Stichprobe 2010 zur Analysestichprobe für den Querschnitt (2012) und den Längsschnitt (2012–2017) der S-MGA. *Zwischen dem Datum der Stichprobenziehung und der Basiserhebung lagen im Schnitt 13 Monate (Spannweite: 9–17). 310 Personen, die bei der Stichprobenziehung erwerbstätig waren, hatten diese bis zur Basiserhebung beendet und wurden ausgeschlossen.**Wöchentliche Arbeitszeit in Haupt- und Nebenbeschäftigung.