Arthritis und Rheuma 2023; 43(06): 369-371
DOI: 10.1055/a-2130-3944
Editorial

Therapierefraktäre Erkrankungen in der Kinderrheumatologie

Prasad T. Oommen
,
Almut Meyer-Bahlburg
,
Frank Weller-Heinemann
,
Toni Hospach
 
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    Dr. Prasad T. Oommen
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    Prof. Dr. Almut Meyer-Bahlburg
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    Frank Weller-Heinemann
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    Dr. Toni Hospach

    Liebe Leserinnen und Leser,

    traditionell endet auch das a + r-Jahr 2023 mit einem Schwerpunktheft „Kinderrheumatologie“ – in diesem Jahr mit Fokus auf „Therapierefraktäre Erkrankungen“.

    Die Autorinnen und Autoren haben sich der Herausforderung gestellt und betrachten in ihren spannenden und aktuellen Übersichten sehr unterschiedliche Erkrankungsentitäten.

    Am Anfang der Frage der „Refraktärität“ steht für das Behandlungsteam und die Betroffenen die Frage nach den individuell zu erreichenden Therapiezielen (Treat-to-Target), die Frage der Therapieadhärenz, der individuellen Verträglichkeit/Toxizität der z. T. immunologisch invasiven Therapien bei jungen Patient*innen sowie die Frage eines pharmakologischen Wirkverlusts bspw. durch neutralisierende Anti-Drug-Antibodies. In dieser komplexen Gemengelage gilt es, die Kinder sorgfältig zu untersuchen, Targets zu definieren und in enger Absprache mit den betroffenen Kindern, Jugendlichen und Eltern, die Therapie anzupassen und eng zu überwachen.

    Johannes-Peter Haas aus dem Deutschen Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie in Garmisch-Partenkirchen beschreibt in seiner Übersicht zu therapiefraktären Verläufen der polyartikulären JIA zunächst die aktuelle Standardtherapie der polyartikulären JIA und umreißt im Weiteren Kriterien und Ursachen, die hier Therapierefraktärität definieren können. Abschließend werden sehr konkret lokale, In- und Off-Label-Vorschläge gemacht, um dem heterogenen und herausfordernden Therapiespektrum der polyartikulären JIA gerecht zu werden.

    Klaus Tenbrock (Aachen/Bern) hat sich als Konsortialführer der ProKind-Studie der GKJR der therapierefraktären Verläufe beim juvenilen systemischen Lupus erythematodes (SLE) angenommen. Auch er fokussiert sich zunächst auf die wichtige Frage nach zu erreichenden Therapiezielen und bezieht sich hier auf die von der Childhood Lupus T2T Task Force erarbeiteten Definitionen. Im Weiteren stellt er die Therapie der refraktären Lupus-Nephritis in Abgrenzung zur Therapie des refraktären nonrenalen Lupus dar und beschreibt zugelassene (Belimumab), für Kinder und Jugendliche noch nicht zugelassene (JAK-Inhibition, IL-2) sowie spannende, aber experimentelle Ansätze (CAR-T-Zellen) zur Behandlung therapierefraktärer juveniler SLE-Patient*innen vor.

    Die chronisch nichtbakterielle Osteomyelitis ist ein seltenes Krankheitsbild in der Kinderrheumatologie, bei dem mit nichtsteroidalen Antiphlogistika gute Therapieerfolge erzielt werden können. Gabriele Hahn (Dresden) und Christian Hedrich (Liverpool) fassen in ihren Updates zur chronisch nichtbakteriellen Osteomyelitis aktuelle pathophysiologische und genetische Konzepte zusammen und diskutieren die therapeutischen Möglichkeiten jenseits der nichtsteroidalen Antiphlogistika, die schweren Fällen, u. a. denen mit Wirbelsäulenbeteiligung vorbehalten sind, allerdings vor dem Hintergrund fehlender Zulassungen und insgesamt weiterhin geringer Evidenz.

    Die Uveitis ist die häufigste extraartikuläre Komorbidität der juvenilen idiopathischen Arthritis und somit für Kinderrheumatolog*innen eine stete Herausforderung. Arnd Heiligenhaus (Münster) et al. beschreiben in ihrer Übersicht „Uveitis bei juveniler idiopathischer Arthritis – leitliniengerechtes Management und therapierefraktäre Verläufe“, wie man schrittweise die lokale und systemische Therapie der Uveitis intensiviert. Wesentlich ist hier die enge Zusammenarbeit zwischen Ophthalmologie und Rheumatologie, um insbesondere bei therapierefraktären Fällen individuell angepasste Therapieentscheidungen zu treffen. Besonders schön illustriert und abgeschlossen wird dieser Artikel durch 6 Fälle, die die Behandlungsherausforderungen bei dieser Patientengruppe skizzieren.

    Die Kinder- und Jugendmedizin, und hier im Speziellen die Kinder- und Jugend-Rheumatologie, muss sich regelmäßig mit dem Einsatz von Medikamenten ohne spezifische Zulassung beschäftigen. Insbesondere im Zusammenhang mit therapierefraktären Behandlungssituationen spielt der Einsatz eben solcher Substanzen eine große Rolle. Ariane Klein und Gerd Horneff aus dem Kinderrheumazentrum Sankt Augustin beschreiben in einer sehr instruktiven Übersicht zu Off Label in der Kinderrheumatologie, wie sich die aktuelle Zulassungssituation darstellt und welche juristischen Aspekte beim Off-Label-Einsatz zu berücksichtigen sind. Die Autoren verdeutlichen, dass gerade im kinderrheumatologischen Kontext ganz besonders der Schweregrad und die daraus erwachsenden funktionellen Einschränkungen bei Anträgen klar benannt werden sollten. Gemeinsam mit Prof. Dr. Stefan Dhein, Leipzig (Medizinischer Dienst Sachsen), der den Artikel aus Sicht des Medizinischen Diensts der Krankenversicherung begleitet hat, folgen am Ende des Artikels 7 konkrete Tipps, die bei einem „Off Label“-Antrag in der Kinderrheumatologie zu bedenken sind.

    So spannt das diesjährige pädiatrische Schwerpunktheft einen weiten Bogen und versucht Wege aufzuweisen, wie der vulnerablen Gruppe von Kindern und Jugendlichen mit anhaltender Inflammation eine bessere Versorgung zuteilwerden kann, um die somatischen und psychosozialen Konsequenzen von Krankheit und Therapie möglichst umfassend im Blick zu behalten.

    Das Schriftleitungsteam Kinderrheumatologie wünscht den Leserinnen und Lesern ein frohes Weihnachtsfest und hofft auf ein friedlicheres und optimistisches neues Jahr 2024!

    Mit besten Grüßen

    Prasad T. Oommen, Düsseldorf

    Almut Meyer-Bahlburg, Greifswald

    Frank Weller-Heinemann, Bremen

    Toni Hospach, Stuttgart


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    Publikationsverlauf

    Artikel online veröffentlicht:
    21. Dezember 2023

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    Georg Thieme Verlag KG
    Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

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