CC BY-NC-ND 4.0 · Psychother Psychosom Med Psychol 2023; 73(09/10): 405-412
DOI: 10.1055/a-2136-6941
Diagnostische Verfahren

Ökonomische Erhebung prämenstrueller Symptomatik – Deutsche Übersetzung der Kurzversion der Premenstrual Assessment Form und deren psychometrische Überprüfung

Efficient assessment of premenstrual symptoms – German translation of the shortened Premenstrual Assessment Form and its psychometric evaluation
1   Emotions- und Biopsychologie, Universität Potsdam
,
Mathias Weymar
1   Emotions- und Biopsychologie, Universität Potsdam
,
Julia Wendt
1   Emotions- und Biopsychologie, Universität Potsdam
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Prämenstruelle Symptomatik ist eine weitverbreitete und dennoch wenig beforschte Problematik. Im deutschen Sprachraum existiert bislang kein Instrument zur Erhebung des breiten Spektrums an möglichen Symptomen und deren Ausprägung. Aus diesem Grund wurden die Kurzversionen der Premenstrual Assessment Form mit 20 und 10 Items übersetzt und an einer Stichprobe von N=147 menstruierenden Personen validiert. Die internen Konsistenzen der 20er und 10er Item-Versionen sind hoch (Cronbachs αPAF20=0,93 und αPAF10=0,88) und vergleichbar mit den Originalversionen. Eine Faktorenanalyse identifizierte zwei Skalen, die psychologische und physiologische Symptomatik erfassen. Konvergente Validität wird durch den Zusammenhang mit dem PMS-Impact Questionnaire (rPAF20=0,66, p<.001) belegt. Dieser ist signifikant höher (z=2.67, p=0,004) als der Zusammenhang mit dem Brief Symptom Inventory-18 (rPAF20=0,50, p<.001), wodurch die divergente Validität als gegeben angenommen wird. Es wurden außerdem Cut-Off Werte für Verdachtsdiagnosen auf Basis der Diagnosekriterien des DSM-V für beide Kurzformen berechnet. Die übersetzte Premenstrual Assessment Form ist ein valides, reliables, ökonomisches und flexibel einsetzbares Instrument. Es eignet sich zur Quantifizierung prämenstrueller Symptomatik in der Forschung.


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Abstract

Premenstrual symptomatology is a widespread and yet under-researched problem. To date, there is no German instrument for assessing the broad spectrum of possible symptoms and their degree of expression. For this reason, the short versions of the Premenstrual Assessment Form with 20 and 10 items were translated and validated in a sample of N=147 menstruating persons. The internal consistencies of the 20-item and 10-item versions are high (Cronbach's αPAF20=0.93 and αPAF10=0.88, respectively) and comparable to the original versions. Factor analysis identified two scales that assess psychological and physiological symptoms. Convergent validity was demonstrated by a correlation with the PMS Impact Questionnaire (rPAF20=0.66, p<.001). This association was significantly higher (z=2.67, p=0.004) than the correlation with the Brief Symptom Inventory-18 (rPAF20=0.50, p<0.001), which verifies divergent validity. Additionally, cut-off values for suspected diagnoses based on DSM-V diagnostic criteria for both short forms were calculated. The translated Premenstrual Assessment Form is a valid, reliable, and parsimonious instrument that can be used flexibly. It is suitable for quantifying premenstrual symptomatology in research.


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Einleitung

Das Prämenstruelle Syndrom (PMS) beschreibt eine Reihe heterogener psychischer und physiologischer Symptome (z. B. depressive Verstimmung, Reizbarkeit, Wassereinlagerungen und Schmerzen), die prämenstruell vorhanden sind und nach Einsatz der Menstruation wieder verschwinden. Die Prävalenz in der Bevölkerung ist ausgesprochen hoch: 50% aller menstruierenden Personen leiden unter dem PMS [1] und 90% erleben regelmäßig wenigstens ein Symptom [2]. Die Prämenstruelle Dysphorische Störung (PMDS) bezeichnet eine sehr starke Ausprägung vorwiegend der psychischen Symptomatik und ist als affektive Störung klassifiziert [3]. Für die Diagnosestellung nach dem Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen der fünften Auflage (DSM-V) müssen mindestens 5 von insgesamt 11 genannten Symptomen in der Woche vor Beginn der Menses auftreten und anschließend abklingen. Davon muss mindestens ein Symptom aus der Kategorie der affektiven Symptome (z. B. deutliche Affektlabilität, depressive Verstimmung, Angst) kommen. Zusätzlich müssen die Symptome mit klinisch relevantem Leiden oder Beeinträchtigung in mindestens einem Lebensbereich einhergehen.

Die Konstrukte des PMS und der PMDS sind wenig verstanden und kaum beforscht [4]. Nach einem initialen Anstieg der prämenstruellen Forschung in den 80er Jahren steigen die PMS-bezogenen Publikationen pro Jahr nur noch leicht. Von etwa 130 Veröffentlichungen pro Jahr Ende der 80er Jahre ist die durchschnittliche Anzahl im Zeitraum von 2019 bis 2021 lediglich auf 160 gestiegen (Suche bei PubMed zum Stichwort „premenstrual AND (symptom OR syndrome OR distress OR dysphoric)“ vom 18.05.22). Im Vergleich dazu steigen Publikationen zu den Stichworten „Depression“ oder „Angst“ exponentiell mit aktuellen Zahlen, die um die 30.000 Publikationen pro Jahr liegen.

Um das Verständnis und den Umgang mit der extrem weit verbreiteten Symptomatik zu verbessern, ist spezifische Forschung erforderlich. Dafür notwendig sind geeignete Instrumente, die die Ausprägung von prämenstrueller Symptomatik abbilden. Zur klinischen Diagnostik eines PMS oder einer PMDS sind laut dem DSM-V Symptomtagebücher über mindestens zwei symptomatische Zyklen nötig [3]. Dies ist ein Aufwand, der außerhalb von groß angelegten klinischen Studien in der Forschung kaum umsetzbar ist. Des Weiteren gibt es Hinweise darauf, dass das tägliche Verfolgen von prämenstruellen Symptomen zu einem Anstieg der berichteten Symptome führt [5]. Sparsame, ökonomische Fragebögen zur Erfassung der Ausprägung prämenstrueller Symptome sind deshalb unerlässlich zur dringend notwendigen Erforschung der Hintergründe und Prozesse der PMS und PMDS.

Im deutschen Sprachraum gibt es aktuell lediglich drei validierte Instrumente zur Erfassung prämenstrueller Veränderungen. Das „Screening-Instrument für prämenstruelle Symptome“ (SIPS) dient der Identifikation von Personen, die aufgrund ihrer Symptome möglicherweise einen Behandlungsbedarf aufweisen [6]. Das zweite validierte Instrument ist der „PMS-Impact Questionnaire“ (PMS-I), welcher die Beeinträchtigung durch Prämenstruelle Veränderungen quantifiziert [7]. Das dritte Instrument, die deutsche Übersetzung der „Premenstrual Tension Syndrome Observer and Self-Rating Scale“ [8], erfasst ein breiteres Spektrum an Symptomen, die allerdings nur als vorhanden oder nicht vorhanden angegeben werden können. Ein Spektrum von prämenstruellen Symptomen und deren Ausprägung wird mit keinem der drei Fragebögen erhoben. Im englischen Sprachraum hingegen existiert eine Vielzahl von Instrumenten zur Erhebung prämenstrueller Symptomatik, die bis zu 100 verschiedene Symptome umfassen [9], was die Heterogenität und Variationsbreite des PMS widerspiegelt [10]. Eine der meistverwendeten Skalen ist die Premenstrual Assessment Form (PAF) [11], auf deren Items diverse weitere Instrumente basieren [9]. Der Fragebogen besteht aus 95 Items, die eine weite Bandbreite an symptomatischen Veränderungen während der prämenstruellen Phase abbilden.

Zwei sparsamere Kurzversionen der PAF wurden auf Basis der 20 meistberichteten Items (PAF20) und der 10 am eindeutigsten auf drei gefundenen Komponenten Affekt, Schmerzen und Wasserrückhalt (Einlagerung von Flüssigkeit im Körpergewebe; engl. water retention) ladenden Items (PAF10) erstellt [12]. Die Kurzversionen zeigen gute psychometrische Gütekriterien, die mit denen der Langform vergleichbar sind. Sowohl die PAF20 als auch die PAF10 weisen eine interne Konsistenz von .95 auf. Die Test-Retest Reliabilität für beide Kurzversionen (sowie die Skalen) wird mit .6-.7 berichtet.

Da bis zu 90% aller Personen mit aktivem Menstruationszyklus prämenstruelle Veränderungen erleben [13], ist prämenstruelle Symptomatik als dimensionales Konstrukt anzusehen. In den meisten Fällen führen die Veränderungen zu keinem klinisch relevanten Leiden. Die Erforschung der Veränderungen ist jedoch auch außerhalb des klinischen Bereichs relevant. Die PAF20 erhebt im Vergleich zum SIPS ein Spektrum von psychischer und physischer Symptomatik, welches nicht auf psychopathologische, affektive Veränderungen und klinische Diagnostik der PMDS fokussiert ist. Entsprechend richtet sich die PAF20 anders als der SIPS an eine nicht-klinische Zielgruppe.

Zur Quantifizierung von prämenstrueller Symptomatik ist nicht nur die Abfrage breit aufgefächerter Symptome wichtig, sondern auch die Erhebung ihrer Ausprägungen. Die Premenstrual Tension Syndrome Skalen fragen lediglich das Vorliegen oder Nicht-Vorliegen von Symptomen ab. Die PAF20 hat im Gegensatz dazu den Vorteil, auch die Stärke der vorliegenden Symptome zu quantifizieren. Dies wird nicht nur dem Erleben der Symptomatik gerechter, sondern erzeugt auch mehr Varianz, was die wissenschaftliche Untersuchung der Phänomene erleichtert.

In Abgrenzung zur PMS-I erhebt die PAF20 die eigentliche prämenstruelle Symptomatik statt der Beeinträchtigung durch die Symptome. Beide Konstrukte sind bei der Erforschung prämenstrueller Veränderungen von Bedeutung, allerdings differenziert zu betrachten.

Um die Lücke an deutschsprachigen Instrumenten zur Erfassung prämenstrueller Symptomatik zu schließen, soll nun die Kurzversion der PAF übersetzt und an einer nicht-klinischen Stichprobe validiert werden.


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Material und Methoden

Übersetzungsprozess

Die PAF20 wurde mit Erlaubnis einer der Hauptautorinnen übersetzt und validiert. Der Übersetzungsprozess bestand dabei aus fünf Schritten.

  1. Im ersten Schritt wurden die Items von zwei deutschen Muttersprachlerinnen mit C2-Englisch-Niveau übersetzt.

  2. Im zweiten Schritt wurden die beiden Übersetzungen gegeneinander verglichen und Items hervorgehoben, die eine Diskrepanz aufwiesen.

  3. Die entsprechenden Formulierungen wurden im nächsten Schritt von den beiden Übersetzerinnen diskutiert, bis ein Konsens über das jeweilige Item zustande kam.

  4. Anschließend folgte eine unabhängige Bewertung der Übersetzung einer dritten Person (C2-Englisch-Niveau, Psychologische Psychotherapeutin).

  5. Abschließend erfolgte eine Prätestung mit Feedback von drei Personen, die der Zielgruppe des Fragebogens (Personen mit aktivem Menstruationszyklus) angehören. Die Testenden füllten den übersetzten Fragebogen dabei einmal aus und gaben anschließend Feedback bezüglich der Verständlichkeit der Items und Format des Fragebogens.

Die Vorgehensweise basiert auf den in einer Übersichtsarbeit als am wichtigsten identifizierten Schritten bei der interkulturellen Adaptation von Fragebögen [14].


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Validierung

Die finale Version der übersetzten PAF wurde anschließend in einer Online-Studie validiert. Auf Basis eines Subject-To-Item-Verhältnisses von 7, wie in der Literatur zur Prüfung der internen Konsistenz vorgeschlagen [15], wurde eine Stichprobe von 140 Personen angestrebt. Da der Fragebogen nicht zur Diagnostik bestimmt ist, wurde keine klinische Stichprobe erhoben. Das Ausfüllen des Fragbogens dauerte etwa 10 Minuten und wurde mit dem Online-Fragebogen Tool SoSciSurvey auf dem Server der Universität Potsdam implementiert. Eingeschlossen wurden Personen über 18 Jahren mit aktiven Menstruationszyklen, d. h. Personen, die angaben, regelmäßige oder auch unregelmäßige Monatsblutungen zu erleben. Dieses Kriterium wurde auf der ersten Seite der Online-Erhebung im Selbstbericht abgefragt. Wurde dies verneint, endete die Online-Studie vor dem Ausfüllen der Fragebögen. Die Rekrutierung erfolgte über die Studienrekrutierungsplattform SONA der Universität Potsdam, von wo aus Teilnehmende direkt zur Online-Umfrage weitergeleitet wurden. Die Versuchspersonen wurden für ihre Teilnahme mit Versuchspersonenstunden im Rahmen des Studiums vergütet oder nahmen ohne Vergütung teil. Die Erhebung lief im Zeitraum von Februar bis Oktober 2022. Das Studienprotokoll wurde von der Ethikkommission der Universität Potsdam genehmigt (Ethikvotum Nr. 30/2022).


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Verwendete Instrumente

Premenstrual Assessment Form

Der PAF20 Fragebogen besteht aus 20 Items mit Symptomen, für die jeweils retrospektiv angeben wird, wie stark die Ausprägung der letzten prämenstruellen Phase erlebt wurde. Das Antwortformat ist eine 6-Punkt-Likert Skala, welche von 1- „nicht vorhanden oder keine Veränderung vom Normalzustand“ bis hin zu 6-„extreme Veränderung, vielleicht sogar bemerkbar für flüchtig Bekannte“ reicht. Am Ende wird ein Summenwert von 0–100 errechnet. Die Bearbeitung dauert 2–3 (PAF20) bzw. 1–2 (PAF10) Minuten. Der übersetzte Fragebogen befindet sich im Zusatzmaterial (online verfügbar).


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Kontrollvariablen

Als Kontrollvariablen wurden soziodemographische Daten erhoben (Alter, Bildungsabschluss, Geschlechtsidentität, Beruf/Studium), sowie Körpergröße und -gewicht zur Berechnung des Body-Mass-Indexes (BMI). Ebenfalls erhoben wurden Informationen zur Regelmäßigkeit des Menstruationszyklus, der aktuellen Zyklusphase (durchschnittliche Länge des Zyklus, Tage seit Beginn der letzten Menstruation) sowie zur Nutzung hormoneller Kontrazeptiva.


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Konvergente Validität

Der PMS-I [7] besteht aus 18 Items, die auf zwei Skalen die funktionale (z. B. „Wegen meiner PMS-Symptome gehe ich weniger Freizeitaktivitäten nach.“) und psychologische (z. B. „Wegen meiner PMS-Symptome kann ich schlechter mit Stress umgehen.“) Beeinträchtigung aufgrund prämenstrueller Veränderungen abfragen. Die beiden Skalen zeigen jeweils eine gute interne Konsistenz von α=0,9. Das Instrument zeigt gute diskriminante und konvergente Validität [7].

Des Weiteren wurden die Kriterien zur Diagnose eines PMS oder einer PMDS nach dem DSM-V erhoben. Dabei wurden Items aus den Formulierungen der Symptome des DSM-V erstellt. Die Versuchspersonen wurden dann gebeten, für jedes der zwölf Symptome anzugeben, wie stark sie dieses normalerweise einige Tage vor der Menstruation erleben. Das Antwortformat wurde hier vom SIPS [6] übernommen, bei welchem im Gegensatz dazu die Items aus den DSM-IV Kriterien bestehen. Zudem gaben die Teilnehmenden an, wie stark sie unter den genannten Symptomen leiden und Einschränkungen in den in den DSM-V Kriterien angegebenen Lebensbereichen erleben. Die Symptome und Einschränkungen wurden mit Hilfe einer 4-stufigen Likert-Skala (1- „gar nicht“ bis 4- „stark“) erhoben. Auf Basis der Antworten wurden die Teilnehmenden nach den DSM-V Kriterien in die Verdachtsdiagnose-Gruppen „PMDS“, „PMS“ und „ohne Verdachtsdiagnose“ aufgeteilt. Die Verdachtsdiagnose „PMDS“ wurde vergeben, wenn mindestens 5 der 11 Symptom-Items mit einem Wert≥3 beantwortet wurden, davon mindestens eins mit vier und jeweils ein Item aus der Gruppe der Kern- und der Zusatzsymptome nach DSM-V Klassifikation. Zusätzlich musste in mindestens einem Lebensbereich eine starke Beeinträchtigung angegeben werden. Die Einteilung in diese Gruppe ist analog zur Diagnosestellung nach dem DSM-V. Zur Gruppe „PMS“ wurden angelehnt an das SIPS Personen gezählt, die die Kriterien für die Gruppe „PMDS“ nicht erfüllten, aber in mindestens fünf Symptomen und einem Bereich der Beeinträchtigung einen Wert≥3 angaben.


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Divergente Validität

Es wurde zur Erhebung der divergenten Validität außerdem das Brief Symptom Inventory-18 (BSI-18) [16] eingesetzt. Das BSI-18 besteht aus 18 Items, die aktuelle psychische Symptomatik auf den Skalen Angst, Depression und Somatisierung misst. Die Skala zeigt trotz ihrer Sparsamkeit gute psychometrische Gütekriterien.

Die PAF erfasst Zyklus-bezogen physiologisches und psychisches Unwohlsein, einschließlich Angst und Traurigkeit. Das BSI-18 umfasst ebenfalls Items, die sowohl körperliches (Skala Somatisierung) als auch psychisches Unwohlsein (Skalen Ängstlichkeit und Depressivität) erfassen, dies allerdings unabhängig vom Menstruationszyklus (Beispielitem aus dem BSI-18: Wie sehr litten sie in den vergangenen 7 Tagen unter… Furchtsamkeit; Beispielitem aus der PAF20: Wie stark erlebten Sie in der prämenstruellen Phase ihres letzten Zyklus… sich ängstlich(er) fühlen). Zum Nachweis der divergenten Validität soll gezeigt werden, dass die PAF spezifisch prämenstruelle und nicht generelle Symptomatik erhebt. Zusammenhänge zwischen PAF und BSI-18 werden jedoch trotzdem erwartet, da Komorbiditäten mit unipolaren affektiven und Angststörungen beim PMS und der PMDS häufig auftreten [17].

Trotz der hohen inhaltlichen Nähe in den Itemformulierungen zwischen PAF und BSI-18 und den beschriebenen Komorbiditäten wird erwartet, dass die PAF eindeutig Zyklus-spezifische und nicht die generelle Symptomatik erfasst. Daher wird eine signifikant niedrigere Korrelation zwischen PAF und BSI-18 als zwischen der PAF und dem PMS-I erwartet. Denn obwohl der PMS-I nicht direkt die PMS-Symptome, sondern deren Auswirkungen auf verschiedene Lebensbereiche erfasst, wird basierend auf der Zyklusspezifität eine höhere gemeinsame erklärte Varianz erwartet. Damit wäre im Sinne einer divergenten Validität nachgewiesen, dass in der PAF eindeutig prämenstruelle Symptomatik erfasst wird und nicht die angrenzende, aber getrennt zu betrachtende generelle psychopathologische Symptomatik.


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Statistische Analysen

Alle Analysen wurden mit R Version 4.1.2 durchgeführt. Zur Gewährleistung der Annahme der Normalverteilung wurden die intervallskalierten Variablen bei Bedarf BoxCox transformiert. Die Hypothesen wurden mit einer 5%igen Fehlerwahrscheinlichkeit überprüft.

Um den Einfluss der erhobenen Kontrollvariablen auf die PAF-Werte zu untersuchen und mögliche Verzerrungen aufzudecken, wurde eine lineare Regression mit den Prädiktoren BMI, Alter und Zyklusphase (Dummy-kodiert) auf den PAF-Summenwert gerechnet. Der Einfluss hormoneller Verhütung wurde mit einem t-Test (PAF-Summenwert) und einem Chi-Quadrat-Test (Kategorie nach Verdachtsdiagnosen DSM-V Kriterien) überprüft.

Für das Gütekriterium der Reliabilität wurde jeweils für die 20-Item und 10-Item Version der übersetzten PAF ein Cronbachs-Alpha-Wert berechnet, wobei α≥0,7 als akzeptabel, α≥0,8 als gut und α≥0,9 als exzellent interpretiert wird [18]. Die konvergente Validität wurde durch zwei Berechnungen überprüft. Die erste Berechnung beinhaltete eine Korrelation zwischen dem PAF-Summenwert und dem PMS-I Summenwert. Für die Zusammenhänge zwischen prämenstrueller Symptomatik und Beeinträchtigung durch die Symptomatik werden sehr hohe Korrelationen von bis .8 beobachtet [19]. Aus diesem Grund erwarten wir hier hohe Korrelationen >0,5. In einer einfaktoriellen ANOVA wurde zusätzlich überprüft, ob die Varianz der PAF-Summenwertes signifikant durch die Einteilung der Versuchspersonen in die Gruppen „PMDS“, „PMS“ und „ohne Verdachtsdiagnose“ nach den DSM-V Kriterien zu erklären ist. Im zweiten Schritt wurde bei signifikantem Ergebnis überprüft, ob der Effekt in die erwartete Richtung geht, die PAF-Werte der PMDS-Gruppe demnach im Mittel signifikant höher als die der PMS-Gruppe sind und die Werte der PMS-Gruppe wiederum signifikant höher liegen als die der Gruppe ohne Verdachtsdiagnose.

Für die divergente Validität wurden bivariate Korrelationen des PAF-Summenwertes mit dem Global Severity Index (GSI) des BSI-18 gerechnet. Es wurden signifikant niedrigere Zusammenhänge als mit dem PMS-I Summenwert erwartet (einseitige Testung). Die Literatur zeigt Korrelationskoeffizienten zwischen .4 und .5 für die Assoziation von PMS-Symptomatik und psychopathologischer Symptomatik wie Angst und Depression [19]. Wir erwarten hier Zusammenhänge mit ähnlichen Effektstärken, die eindeutig niedriger liegen als der Zusammenhang zur Beeinträchtigung durch die prämenstruelle Symptomatik.

Für die Überprüfung der faktoriellen Validität wurde eine Faktorenanalyse mit Varimax-Rotation angewendet. Zur Bestimmung der idealen Faktorenanzahl wurde ein Scree-Plot erstellt und nach der sogenannten „Knickmethode“ die Anzahl der Faktoren bestimmt. Wenn kein eindeutiger Knick identifiziert werden konnte, wurde die Faktorenzahl sekundär nach Eigenwertmethode identifiziert. Der gleiche Prozess wurde jeweils für die 10-Item und die 20-Item Version durchgeführt.

Um Annäherungen für Cut-Off Werte möglicher klinischer Relevanz zu erhalten, wurden die Teilnehmenden in zwei Gruppen eingeteilt, die zum einen Personen beinhaltete, die nach den selbstberichteten DSM-V Kriterien einen Verdacht auf PMS oder PMDS zeigten, und zum anderen Personen enthielt, die keinen Verdacht zeigten. Es wurde anschließend nach dem optimalen Cut-Off Wert zur Differenzierung der Gruppen gesucht. Dafür wurde mittels einer ROC-Analyse der Punkt mit der maximalen Summe von Spezifität und Sensitivität ermittelt.


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Ergebnisse

Übersetzungsprozess

Die beiden unabhängigen Übersetzungen zeigten eine hohe inhaltliche Übereinstimmung. Es traten lediglich geringfügige Differenzen bzgl. der Itemformulierungen auf, die in den Schritten 3 (Diskussion der Übersetzerinnen bis zum Konsens) und 4 (Bewertung und Überarbeitung durch dritte Person) des Prozesses behoben wurden. Aufgrund des Feedbacks der Testenden in Schritt 5 wurden keine Veränderungen mehr an der finalen Version des Fragebogens vorgenommen.


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Stichprobe

Die Stichprobe bestand aus 147 menstruierenden Personen im Alter von 18 bis 48 Jahren, wobei das Durchschnittsalter bei 24,9 Jahren lag. Die Geschlechtsidentität wurde vom Großteil (138 Personen, 93,9%) als weiblich angegeben, von drei Personen als divers, weiteren drei Personen als nicht-binär und drei Personen wollten keine Angabe zu ihrer Geschlechtsidentität machen. Alle bis auf zwei Versuchspersonen gaben an, sich aktuell im Studium zu befinden. 79,6% (n=117) der Personen gaben einen regelmäßigen Zyklus an. 21,1% (n=31) gaben eine Verwendung hormoneller Kontrazeptiva an, wobei 22 Personen eine Verhütungspille einnahmen, sechs eine Hormonspirale und drei einen Verhütungsring verwendeten.

Zum Zeitpunkt des Ausfüllens befanden sich nach der forward-count Methode 44,2% (n=65) in der Follikelphase (Tag 1–12 des Zyklus), 41,5% (n=61) in der Lutealphase (durchschnittliche Zykluslänge-12 Tage) und 12,2% (n=18) in der Zyklusmitte. Bei drei Personen fehlten Angaben zur Berechnung der Phase.


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Einfluss von Kontrollvariablen

Bei Personen, die hormonell verhüten (n=31/21,09%, mPAF20=40,77±22,16), gab es im Vergleich zu natürlich zirkulierenden Personen (n=116/78,91%, mPAF20=47,71±20.44) keinen signifikanten Unterschied in der Symptomatik (t=− 1,85, p=0,07). Ein Chi-Quadrat-Test zeigte, dass es ebenfalls keine signifikanten Verteilungsunterschiede der Verdachtsdiagnosen basierend auf den DSM-V Kriterien nach Verhütung gibt (χ2=2,94, p=0,23). Eine lineare Regression zeigte keinen signifikanten Einfluss von aktueller Zyklusphase (Luteal- vs. Follikelphase, Dummy-kodiert: β=− 0,07, p=0,46; Ovulation vs. Follikelphase: β=0,09, p=0,31), Alter (β=0,10, p=0,26) oder Body-Mass-Index (β=0,10, p=0,24) auf die berichtete Symptomatik. Da keine der Kontrollvariablen einen signifikanten Einfluss auf die prämenstruelle Symptomatik zeigte, wurden sie nicht in die späteren Analysen einbezogen.


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Validität und Reliabilität

Sowohl die PAF20 als auch die PAF10 zeigten gute interne Konsistenzen von αPAF20=0,93 und αPAF10=0,87. Eine einfaktorielle ANOVA zeigt eine signifikante Varianzerklärung des PAF20 (F=27,75, p<0,001) wie auch des PAF10 (F=25,05, p<0,001) Summenwerts durch die Gruppenzuordnung auf Basis der DSM-V Kriterien. Dabei geht der Effekt in die erwartete Richtung, wobei der PAF-Summenwert bei der Verdachtsdiagnose „PMDS“ (n=27/18,37%, m=63,08±18,04) höher ist als bei „PMS“ (n=34/23.13%, m=55,26±14,78) und Personen mit der Verdachtsdiagnose „PMS“ im Durchschnitt wiederum einen höheren Wert aufzeigen als Personen ohne Verdachtsdiagnose (n=84/57,14%, m=36.99±18.87) (für Signifikanzniveaus der Mittelwertvergleiche siehe [Abb. 1]). Der Gesamtmittelwert liegt bei mPAF20=46,24 (±20,93) bzw. mPAF10=22,89 (±10,81).

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Abb. 1 Summenwert der Premenstrual Assessment Form 20 nach Verdachtsdiagnosen basierend auf selbstberichteten DSM-V Kriterien. PMS – Prämenstruelles Syndrom; PMDS – Prämenstruelle Dysphorische Störung. Gruppe „keine“ n=85, „PMS“ n=34, „PMDS“ n=27. Boxplots visualisieren Mediane und Quartile der Verteilungen. * p<0,05;  ** p<0,01;  *** p<0,001.

Des Weiteren wurde eine Korrelation von rPAF20=0,66 (p<0,001) bzw. rPAF10=0,62 (p<0,001) des PAF-Summenwertes mit dem PMS-I Summenwert gefunden. Der GSI des BSI-18 hingegen zeigt eine Korrelation von rPAF20=0,50 (p<0,001) bzw. rPAF10= .47 (p<.001). Die Korrelation von PAF20 mit PMS-I ist signifikant größer als die Korrelation mit dem GSI (z=2,67, p=0,004).


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Faktorenstruktur

Zur Bestimmung der Anzahl der zu extrahierenden Faktoren wurde ein Scree-Plot für die PAF20 erstellt. Es zeigte sich ein leichter Knick bei einer 2-Faktoren-Struktur (Eigenwerte Komponenten 1: 10,74; 2: 2,42; 3: 1,34; 4: 1,22; 5: 1,03). Im Scree-Plot der PAF10 war ein klarer Knick bei zwei Komponenten erkennbar (Eigenwerte Komponenten 1: 5,37; 2: 1,73; 3: 0,99; 4: 0,78). Die Ladungen der Items der beiden Versionen auf den beiden Faktoren können [Tab. 1] entnommen werden. Die orthogonale Varimax-Rotation wurde zur Vergleichbarkeit mit der Methodik des Originalinstruments [12] verwendet. Da allerdings korrelierte Faktoren stark anzunehmen sind, wurde zusätzlich eine oblique Promax-Rotationsanalyse durchgeführt. Hierbei ist das Faktorenladungsmuster identisch mit dem der orthogonalen Rotation.

Tab. 1 Faktorenladungen der übersetzten Premenstrual Assessment Form Items der 20er und 10er Version

PAF20

PAF10

Faktorladungen

Faktorladungen

1

2

1

2

Fehlen von Energie

0,58

Ängstlichkeit

0,60

Unwohlsein

0,61

0,40

Überforderungsgefühl*

0,70

0,72

Nörgeln

0,75

Unzufriedenheit mit Aussehen

0,56

0,45

Weinen

0,73

Gestresstheit*

0,85

0,90

Stimmungsschwankungen

0,78

Gereiztheit*

0,77

0,70

Traurigkeit*

0,82

0,82

Intoleranz

0,52

Brustschmerzen*

0,62

0,60

Rückenschmerzen*

0,57

0,56

Gewichtzunahme*

0,68

0,70

Unterleibsschmerzen*

0,63

0,61

Schwellungen*

0,61

0,63

Aufgeblähtheit*

0,71

0,69

Sexuelles Verlangen

0,41

Hautprobleme

0,43

Anmerkungen. Es werden alle Ladungen ≥0,4 angegeben. Mit * markierte Items sind in der 10er Version enthalten. Faktor 1 wird als psychologische Symptomatik und Faktor 2 als physiologische Symptomatik benannt.

Die Summenwerte der beiden auf den Faktorenladungen basierenden Skalen korrelieren zu .59 (p<0,001) bei der PAF20 und zu 0,51 (p<0,001) bei der PAF10. Die Summenwerte von PAF10 und PAF20 zeigen eine Korrelation von 0,96 (p<0,001).


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Cut-Off Werte

Der optimale Cut-Off Wert der PAF20 zur Differenzierung der Gruppen mit und ohne Verdachtsdiagnose, bei dem gleichzeitig Sensitivität und Spezifität maximiert werden, liegt bei 53. Dieser Cut-Off zeigt eine Sensitivität von .72 und eine Spezifität von .73. Die entsprechende ROC-Kurve ist in [Abb. 2] zu sehen.

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Abb. 2 ROC-Kurven der PAF20 und PAF10 als Prädiktor einer prämenstruellen Verdachtsdiagnose basierend auf selbstberichteten DSM-V Kriterien.

Bei der PAF10 liegt der optimale Cut-Off Wert ebenfalls etwa in der Mitte des zu erreichenden Werts bei 23 (Sensitivität=0,82, Spezifität=0,61).


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Diskussion

Die Übersetzung der Kurzversion der Premenstrual Assessment Form wurde an einer nicht-klinischen Stichprobe von 147 menstruierenden Personen validiert. Dabei wurden sowohl die Version mit 20 als auch mit 10 Items betrachtet. Beide Versionen zeigen sehr gute interne Konsistenzen. Eine hohe Assoziation von PAF-Summenwerten mit den PMS-I Werten sowie nachgewiesene Gruppenunterschiede in den PAF-Summenwerten nach Verdachtsdiagnosen basierend auf den DSM-V Kriterien belegen eine gute konvergente Validität. Die Assoziation mit dem GSI des BSI-18 liegt aufgrund von Komorbidität von PMS und Angst-/Depressionssymptomatik im erwarteten Bereich. Dennoch ist die Korrelation mit der Zyklus-unspezifischen Symptomatik signifikant niedriger als die Assoziation mit dem PMS-I. Dadurch wird belegt, dass die PAF20 eindeutig Zyklus-spezifische Symptomatik und nicht generelle psychische Belastung abbildet. Die divergente Validität wird aus diesem Grund als gegeben angenommen. Die Werte der übersetzten PAF20 sind vergleichbar mit denen der englischen Originalversion (mPAF20, original=43,0±20,8, mPAF20, Übersetzung=46,2±20,9), während die Werte der PAF10 etwas höher liegen (mPAF10, original=17,4±10,9, mPAF10, Übersetzung=22,9±10,8). Es wurde eine 2-Faktoren-Stuktur gefunden, wobei die beiden Faktoren eindeutig psychologische und physiologische Symptomatik abbilden. Es wurden außerdem Cut-Off Werte für die Verdachtsdiagnosen „PMS“ oder „PMDS“ nach den DSM-V Kriterien identifiziert (PAF20: 53/100; PAF10: 23/50).

Die Autorinnen des Originalinstruments [12] fanden eine 3-Faktorenstruktur, bei der die Faktoren mit Affekt, Schmerzen und Wasserrückhalt betitelt wurden. Unsere Daten der übersetzten Version unterstützen jedoch am wahrscheinlichsten ein 2-Faktorenmodell, wobei die beiden Faktoren inhaltlich auf physiologischer und psychologischer Symptomatik basieren. Warum der physiologische Faktor nicht wie im Originalinstrument in Schmerz und Wasserrückhalt aufgegliedert ist, ist nicht ganz klar. Allerdings laden auch in der Originalversion die Items inhaltlich nicht eindeutig auf diesen Faktoren. Die Items „Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen“ und „Gefühl von Unwohlsein“ beispielsweise sind den Faktoren nicht eindeutig zuordbar. Zusätzlich besteht die dritte Komponente „Wasserrückhalt“ aus der Originalversion auch aus Items wie „Hautunreinheiten“ und „verringerte Energie“. Die Autorinnen des Originalinstruments [12] berichten zudem nicht, nach welchem Kriterium die Komponentenzahl ausgewählt wurde. Es ist denkbar, dass die Faktorenstruktur äquivalent zu der aus dieser Studie ist, aber durch das Eigenwertkriterium eine Entscheidung für drei Faktoren getroffen wurde, was zu vergleichsweise niedrigen Ladungen auf den letzten Faktor und einem unklaren Ladungsmuster führte. Die 2-faktorielle Struktur jedoch hat eine hohe Augenscheinvalidität und liefert eine gute Grundlage zur Differenzierung der körperlichen und psychischen Ebene der Symptomatik.

Die identifizierten Cut-Off Werte für eine klinische Relevanz liegen in etwa bei der Hälfte des möglichen Wertespektrums. Hier liegen 46.3% der Befragten über dem Cut-Off, was passend zu dem Befund ist, dass etwa die Hälfte aller Menstruierenden unter dem Vollbild des PMS leidet. In einer Meta-Analyse epidemiologischer Studien mit einer Gesamtstichprobe von N=18803 zeigte sich eine gepoolte Prävalenz von 47.8% für das Vollbild des PMS [1]. Es weist ebenfalls darauf hin, dass die PAF das gesamte Varianzspektrum der Symptome abbildet und wenig Deckeneffekte aufweist.

Die erhobene Stichprobe besteht fast ausschließlich aus Studierenden mit einem Altersdurchschnitt von 25 Jahren. Damit ist sie jünger und gebildeter als repräsentativ für die Bevölkerung wäre. Die Verteilung der Verdachtsdiagnosen auf Basis der DSM-V Kriterien ist allerdings vergleichbar zu der Verteilung in repräsentativen Erhebungen [1], was dafürspricht, dass es zu wenig Verzerrung gekommen ist. Zwar zeigen sich im PAF10-Summenwert in der vorliegenden Stichprobe höhere Werte als im Originalinstrument, allerdings weisen die beiden Stichproben auch systematische Unterschiede auf. Es handelte sich in der Validierung der Originalversion um Personen, die an einer klinischen Interventionsstudie zur Raucherentwöhnung teilnahmen und einen deutlich höheren Altersdurchschnitt aufwiesen (m=38±6,49). Die Schwere der berichteten PMS-Symptomatik nimmt mit dem Alter ab [20], was eine mögliche Erklärung für die Unterschiede in den Summenwerten ist.

Ein Punkt, der gegen die retrospektive Erhebung von prämenstrueller Symptomatik spricht, sind Befunde, die darauf hinweisen, dass PMS-Symptome im Vergleich zur prospektiven Erhebung überschätzt werden [21]. Basierend darauf wäre zu erwarten, dass Personen, die sich aktuell in der späten Lutealphase oder kurz danach befinden, realistischere Einschätzungen geben können und somit niedriger ausgeprägte Symptomatik berichten. Da allerdings in den vorliegenden Daten keine Unterschiede der berichteten Symptomstärke in Abhängigkeit der aktuellen Zyklusphase zu sehen sind, gehen wir davon aus, dass die retrospektive Erhebung keine systematische Verzerrung hervorruft.

Limitationen

Die erhobene Stichprobe ist nicht repräsentativ für die Grundgesamtheit der menstruierenden Personen. Dass die Verteilung der Symptomatik allerdings ähnlich wie in repräsentativen Studien ist, deutet darauf hin, dass es hierdurch zu wenigen Verzerrungen gekommen ist. Außerdem fand keine klinische Diagnostik statt, um die Cut-Off-Werte für die klinische Relevanz der Symptomatik zu verifizieren. Falls das Instrument zu klinischen Screeningzwecken eingesetzt werden soll, ist eine weitere Studie mit einer repräsentativen Stichprobe und klinischer Diagnostik notwendig.


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Schlussfolgerung

Zusammenfassend betrachtet bietet die deutsche Übersetzung der PAF20 und der PAF10 ein valides und reliables Instrument zur retrospektiven Erfassung prämenstrueller Symptomatik. Vor allem in Erhebungen, in denen Symptomtagebucherhebungen nicht realisierbar sind, bietet sich die Verwendung an. Das Instrument eignet sich daher, um notwendige Forschung zum besseren Verständnis des Konstrukts PMS im Deutschsprachigen Raum voranzutreiben. Durch einfache Anpassung der Zeitangabe in den Instruktionen eignen sich die beiden ökonomischen Kurzversionen auch zur Erhebung im Tagebuchformat oder zur mehrfachen Erhebung während verschiedener Zyklusphasen. Diese Einsatzmöglichkeiten des Instruments müssen jedoch in weiteren Studien konzipiert und validiert werden.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Zusatzmaterial

  • Literatur

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Korrespondenzadresse

Berenike Lisa Blaser. M. Sc.
Universität Potsdam, Emotions- und Biopsychologie
Karl-Liebknecht-Str. 24/25
14476 Potsdam
Deutschland   

Publication History

Received: 16 September 2022

Accepted: 15 February 2023

Article published online:
24 August 2023

© 2023. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial-License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commercial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/).

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

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Abb. 1 Summenwert der Premenstrual Assessment Form 20 nach Verdachtsdiagnosen basierend auf selbstberichteten DSM-V Kriterien. PMS – Prämenstruelles Syndrom; PMDS – Prämenstruelle Dysphorische Störung. Gruppe „keine“ n=85, „PMS“ n=34, „PMDS“ n=27. Boxplots visualisieren Mediane und Quartile der Verteilungen. * p<0,05;  ** p<0,01;  *** p<0,001.
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Abb. 2 ROC-Kurven der PAF20 und PAF10 als Prädiktor einer prämenstruellen Verdachtsdiagnose basierend auf selbstberichteten DSM-V Kriterien.