Schlüsselwörter
Atemwegsstenose - inspiratorischer
Stridor - Kehlkopffehlbildung - Atemwegschirurgie - Rekonstruktion
Trachea - Kehlkopfrekonstruktion
1. Klinische Anatomie
Der Begriff des „laryngotrachealen Übergangs“ entspringt der klinischen Beobachtung
einiger Besonderheiten, die dieser nur wenige Zentimeter lange Abschnitt des oberen
Atemwegs bietet. Anatomisch handelt es sich um die Zone, die kranial am Unterrand
des subglottischen Abhangs beider Stimmlippen beginnt und sich über den Ringknorpel
auf die ersten Trachealspangen erstreckt. Die kaudale Begrenzung ist nicht eindeutig
definiert. Besondere Bedeutung erhält dieser Bereich als Prädilektionsstelle einiger
Krankheitsbilder, die sich entweder vorwiegend oder gar ausschließlich hier
abspielen. Dazu gehören der kindliche “Pseudo-Croup” bei akuten viralen Infektionen,
der echte Croup im Rahmen einer Diphterie, Atemwegsmanifestationen der Granulomatose
mit Polyangiitis (früher M. Wegener), die idiopathische progressive subglottische
Stenose sowie die zahlenmäßig besonders bedeutsame narbige subglottische Stenose,
etwa nach Langzeitintubation, Tracheotomie oder durch andere Traumata verursacht.
Der laryngotracheale Übergang beschreibt mithin die eigentliche Subglottis sowie den
Beginn der cranialen Trachea als biologisch homogene, aber anatomisch heterogene
Einheit. Besondere Bedeutung scheint dabei dem submukösen Gewebe auf der
Ringknorpelplatte zuzukommen. Das Cricoid weist die anatomische Besonderheit auf,
als einziger Abschnitt im Atemweg über die komplette Circumferenz vollständig
knorpelig durchbaut zu sein. Anders als sein Name suggeriert, ist der Ringknorpel
meist elliptisch geformt mit einer V-förmigen Vertiefung der Ringknorpelplatte.
Dorsal bildet er die Gelenkflächen für die Arytaenoidknopel und stützt somit die
dorsale Glottis. Über die membrana cricothyroidea ist er elastisch mit dem
Schildknorpel verbunden, mittels Kontraktion der Mm. cricothyroideii, als einziger
Kehlkopfmuskel innerviert durch den M. laryngeus superior, kippt er die
Arytaenoidknorpel nach dorsal und spannt somit die Stimmlippen vor (Rahmenspannung).
Die Nn. recurrentes verlassen in Höhe des cranialen Ringknorpels ihren Sulcus
zwischen Trachea und Ösophagus und streben nach variantenreicher Aufzweigung auf die
Rückseite der Ringknorpelplatte, um über deren cranialen Rand das Larynxinnere zu
erreichen.
2. Diagnostik
Leitsymptom der Erkrankungen des laryngotrachealen Übergangs ist der inspiratorische
Stridor. Ein weiterer Rückschluss auf Art und Ausprägung der Stenose ist auditiv
jedoch nicht möglich. Der einfachen indirekten Laryngoskopie entgehen subglottische
Veränderungen häufig, die transnasale flexible Endoskopie bietet eine höhere
diagnostische Sicherheit. Dennoch wird die korrekte Diagnose trotz typischer
Symptomatik erstaunlich häufig erst spät gestellt, insbesondere die Fehldiagnose
Asthma bronchiale ist nicht selten anzutreffen. Die zuverlässigste diagnostische
Maßnahme ist die endoskopische Untersuchung in Kurznarkose mit Hilfe starrer Optiken
bzw. Operationsmikroskop. Nur auf diese Weise lassen sich sämtliche Einzelheiten
umfassend erkennen und berücksichtigen. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit der
palpatorischen Untersuchung bzw. Manipulation. Die präoperative diagnostische
Endoskopie ist die wichtigste Maßnahme zur korrekten Diagnostik und dem zufolge auch
zur korrekten Auswahl des Therapieverfahrens. Ihre Bedeutung sowie die Wichtigkeit
der präzisen, akkuraten und reproduzierbaren Ausführung können daher kaum
überschätzt werden.
Die einfachste und häufig ausreichende Technik besteht in der kurzen Inspektion in
Apnoe. Bei komplexeren Situationen oder simultanen Interventionen sollte die
Jet-Ventilation als zuverlässiges und kostengünstiges Verfahren bevorzugt werden.
Alternativ ist eine intermittierende Intubation mit einem dünnen Tubus möglich.
Hierbei ist darauf zu achten, dass vor der ersten Intubation eine primäre Endoskopie
erfolgt, um tubusbedingte Veränderungen zu vermeiden, die eine exakte Diagnose
vereiteln können. Sofern Atemwegsstenosen in einer gewissen Regelmäßigkeit
untersucht werden, sollten fortgeschrittenere Beatmungsverfahren zur Verfügung
stehen, mit denen auch sehr komplexe Beatmungssituationen sicher beherrscht werden
können. Zu nennen sind hier die tubuslose supraglottische interpositionierte
simultane hoch- und niederfrequente Jet-Beatmung, die Apnoe-Oxygenation mit
Highflow-Sauerstoff sowie das Ventrain System. Speziell adaptierte
Jet-Ventilation-Geräte gewährleisten eine gute Oxygenierung über längere Zeiträume
auch bei sehr kleinen Kindern und Neugeborenen.
Die Lagerung des Patienten entspricht dem Vorgehen bei der Mikrolaryngoskopie, der
Kopf ist extendiert, der Hals flektiert (Schnüffelposition). Die oft zu beobachtende
gleichzeitige Extension des Halses sowie die Unterstützung der Schulterpartie mit
einem Lagerungskissen sind zu vermeiden, da sie die Exposition des Larynx erschweren
[7].
Mit dem Spatellaryngoskop des Anästhesisten wird der Kehlkopf eingestellt, die
Visualisierung erfolgt mit einer 0°-Optik von 30 cm Länge, bei Kindern entsprechend
kürzer. Sehr zu empfehlen ist die routinemäßige Videoprojektion und Aufzeichnung.
Sie erlaubt allen Beteiligten die simultane Information über die aktuelle
Untersuchung und somit über eventuelle Risikosituationen. Die interdisziplinäre
Diskussion des Falles anhand der aufgezeichneten hochauflösenden Videos ist
außerordentlich hilfreich für die exakte Diagnostik und Therapieplanung.
Nach Optimierung der Bildparameter und Absaugen von Sekreten wird eine langsame
Kamerafahrt von supraglottisch bis zur Carina und zurück ausgeführt. Die
topographische Relation der Pathologie kann durch Markierungen am Endoskop über
einen Fixpunkt (Zahnreihe) zuverlässig erfolgen.
Die Beurteilung der Atemwegsstenose sollte einem strukturierten und reproduzierbaren
Verfahren folgen. Die wichtigsten Parameter sind hierbei Stenosegrad, Stenoselänge,
Beteiligung von Ringknorpel und Stimmlippenebene, Konsistenz und Aktivitätsgrad. Ein
aktuelles Konsensus-Papier der ELS bietet einen guten Leitfaden für die Beurteilung
von Atemwegsstenosen [17]. Basierend auf der
Cotton-Myer-Klassifikation wurde eine ELS-Klassifikation geschaffen, die einfach
anzuwenden und zu memorieren ist ([Tab.1]),
aber dennoch mehr Informationen und einen höheren prognostischen Wert bietet [27].
Tab. 1 Klassifikation einer Stenose des Atemwegs nach der
European Laryngological Society (ELS). Unterlokalisationen:
supraglottisch/glottisch/subglottisch/tracheal. Die Summe der
Unterlokalisationen wird als Buchstabe angegeben (a=1 Lokalisation, b=2
Lokalisationen usw.) Komorbidität: Die Präsenz von kardiopulmonalen
Begleiterkrankungen wird mit einem „+“ codiert. Beispiel: Eine isolierte
subglottische Stenose mit 60%Einengung bei einem Patienten mit COPD
entspräche somit einem Grad IIIa+.
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Grad I
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Grad II
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Grad III
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Grad IV
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<50% Einengung der Querschnittsfläche
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50–70% Einengung der Querschnittsfläche
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70–99% Einengung der Querschnittsfläche
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Komplette Atresie
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Anzahl der Unterlokalisationen
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Anzahl der Unterlokalisationen
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Anzahl der Unterlokalisationen
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Anzahl der Unterlokalisationen
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Komorbidität
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Komorbidität
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Komorbidität
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Komorbidität
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Bei Erwachsenen steht die Dünnschicht-Computertomographie (ggf. mit Kontrastmittel)
als bildgebendes Verfahren im Vordergrund, insbesondere bei Stenosen des
laryngotrachealen Übergangs. Besonderes Augenmerk liegt auf den Veränderungen des
Ringknorpels und der Ringknorpelplatte. Die Kernspintomographie kann bei der
progressiven idiopathischen subglottischen Stenose die nahezu pathognomonische
submuköse Weichteilverdickung oft gut darstellen. Dreidimensionale Rekonstruktionen
können es erleichtern, die Topographie der Stenose rasch zu erfassen.
Im Kindes- und insbesondere Kleinkindesalter sind dagegen bildgebende Verfahren
aufgrund des schwachen Kontrastes zwischen Knorpelstrukturen und umgebendem
Weichteil nur bei speziellen Fragestellungen von Bedeutung.
3. Atemwegsstenosen im Erwachsenenalter
3. Atemwegsstenosen im Erwachsenenalter
3.1 Intubations-assoziierte Stenose
Im Erwachsenenalter ist die Ausbildung einer Trachealstenose durch Intubation ein
seltenes Ereignis ([Video 1]). Neben der
Länge der Tubusverweildauer [20] ist
insbesondere ein eventuelles Intubationstrauma von Bedeutung, wie es
insbesondere in Notfallsituationen auftreten kann. Der zugrunde liegende
Pathomechanismus ist nicht abschließend geklärt, eine multifaktorielle Genese
ist jedoch zu vermuten. Als zusätzliche Risikofaktoren gelten eine individuelle
Disposition sowie ein ösophago-laryngealer Reflux. Die Abgrenzung insbesondere
zur idiopathischen subglottischen Stenose kann schwierig sein. Als Grundregel
gilt, dass bei einer Zeitspanne von mehr als 2 Jahren zwischen stattgehabter
Intubation und erstmaligem Auftreten von Symptomen ein Zusammenhang als
unwahrscheinlich gelten muss. Typischerweise manifestiert sich die
intubations-assoziierte Stenose in Höhe des Ringknorpels und ist kurzstreckig.
Im frühen Stadium der Stenosenbildung, vor Abschluss der vollständigen narbigen
Durchbauung, kann eine endoskopische Therapie erfolgreich sein.
Video 1 Narbige subglottische Stenose nach Intubationsbeatmung.
3.2 Idiopathische progressive subglottische Stenose (IPSS)
Die IPSS betrifft nahezu ausschließlich Frauen im gebärfähigen Alter ([Video 2]). Die Symptomatik des
inspiratorischen Stridors entwickelt sich zumeist über Jahre, akzelerierte
Verläufe sind jedoch möglich [29]. Ein
auslösendes Ereignis muss durch die sorgfältige Anamnese ausgeschlossen werden,
eine länger als 2 Jahre zurückliegende Intubation kann als ätiologisch
unbedeutend gelten. Besonderes Augenmerk sollte dem Ausschluss einer
Systemerkrankung gelten, insbesondere einer Polyangiitis mit Granulomatose
(Morbus Wegener). Während Schwangerschaften sind beschleunigte
Krankheitsverläufe typisch. In Kombination mit der eindeutigen
Geschlechtsdisposition wurde dies von jeher als Hinweis auf einen möglichen
Zusammenhang mit dem Stoffwechsel weiblicher Sexualhormone gewertet. Die
Studienlage ist bislang hierzu widersprüchlich, in jüngster Zeit gibt es jedoch
Hinweise, dass eine Dysbalance zwischen verschiedenen Typen von Östrogen- und
Progesteronrezeptoren ätiologisch bedeutsam sein könnten, deren Bedeutung für
die Wundheilung an anderer Stelle dokumentiert werden konnte [4]
[5]
[6]. Das endoskopische
Erscheinungsbild ist uneinheitlich, zeigt jedoch immer eine unauffällige
epitheliale Oberfläche, zumeist mit submukösen, korkenzieherartigen
Narbensträngen. Nahezu pathognomonisch ist eine Vermehrung des submukösen
Gewebes insbesondere im Bereich der Ringknorpelplatte, das nosologisch nicht
zuzuordnen ist. In der Literatur werden zahlreiche ätiologische Modelle
diskutiert, die vom ösophagotrachealen Reflux über Mikrotraumen durch
Hustenanfälle bis hin zu chronischen Mykoplasmeninfektionen reichen [3]
[8]
[9]. Keines dieser
Erklärungsmodelle kann jedoch das klinische Erscheinungsbild, den Verlauf der
Erkrankung und insbesondere die Geschlechtsverteilung plausibel erklären.
Entsprechend uneinheitlich sind die Vorschläge zur Therapie. Einige Autoren
interpretieren die IPSS als fibrosierende Entzündung im Sinne einer begrenzten
oder lokalisierten Systemerkrankung, woraus gefolgert wird, dass eine operative
Sanierung den pathophysiologischen Prozessen unzureichend gerecht werde. Die
Anwendung endoskopischer Verfahren, üblicherweise bestehend aus
laserchirurgischen Maßnahmen, ggf. in Kombination mit einer
Hochdruck-Ballondilatation sowie intraläsionalen Injektionen mit
Kortikosteroiden, zeigen sich jedoch in vielen Serien eher enttäuschende
Ergebnisse mit insbesondere hoher Behandlungsfrequenz bei nur kurzen
symptomfreien Intervallen [19]
[23].
Video 2 Typisches Bild einer idiopathischen progressiven subglottischen
Stenose (IPSS). Diese Erkrankung kommt nahezu ausschließlich
Frauen im gebärfähigen Alter vor.
Die offene operative Rekonstruktion zielt darauf ab, die Zonen der Pathologie
möglichst vollständig zu entfernen. Das Verfahren der Wahl ist die
cricotracheale Resektion (CTR, s. Kap. Operative Verfahren) - Entsprechende
Daten in der Literatur zeigen überwiegend gute bis sehr gute Ergebnisse [1]
[2]
[10]. Dem gegenüber stehen
jedoch ein höherer Aufwand sowie ein nicht zu unterschätzendes
Komplikationsrisiko gerade in dieser Patientengruppe, die sich durch eine höhere
Re-Stenosierungstendenz von anderen Stenoseformen unterscheidet.
3.3 Tracheotomie
Die häufigste Form der Tracheotomie-assoziierten Trachealstenose besteht in der
sogenannten “A-Frame”–Deformation ([Video
3]). Ursächlich ist ein Verlust von Trachealvorderwand, wie er
iatrogen durch eine zu großzügige Resektion (insbesondere bei einem
nekrotisierten Björk-Lappen) oder nach perioperativer Infektion mit
nachfolgender Nekrose ausbildet. Die fehlende Vorderwandstabilität führt zu
einer Instabilität der Trachealseitenwände, die sich dann nach Art der Form des
Buchstaben A medialisieren. Für diesen Zustand wurde auch der treffende Begriff
der “pseudoglottischen” Stenose gefunden. Ein weiterer wesentlicher Risikofaktor
ist die Verletzung des Cricoids im Rahmen der Tracheotomie, in deren Folge sich
eine chronische Perichondritis mit anschließender Stenosierung ausbildet.
Abhängig von der individuellen Situation sind selbstverständlich auch andere
Schädigungsmuster anzutreffen. Die initial vermutete höhere Frequenz von
laryngotrachealen Stenosen nach dilatativer Punktionstracheotomie lässt sich
weder statistisch noch nach eigener Beobachtung verifizieren [14].
Video 3 Die sogenannte “A-Frame”–Deformität der Trachea
entsteht typischerweise nach dem Verschluss eines Tracheostomas.
3.4 Systemerkrankungen
In der Mehrzahl der Fälle lassen sich Systemerkrankungen durch eine ausführliche
Anamnese bzw. durch das Vorliegen von weiteren Manifestationen bestätigen.
Insbesondere bei der Polyangiitis mit Granulomatose kann es zu einem larvierten
Erstbefund im Bereich des subglottischen Larynx kommen [28]. Die endoskopische Diagnostik zeigt in
den meisten Fällen ein typisches Bild, hingegen können sowohl Biopsien als auch
die serologischen Parameter gerade in der Frühphase nicht immer Klarheit
schaffen. Zur Abklärung einer idiopathischen subglottischen Stenose, die in der
Abgrenzung zu larvierten Systemerkrankungen schwierig sein kann, ist eine
vollständige Diagnostik im Sinne eines Ausschlussverfahrens obligat.
4. Atemwegsstenosen im Kindesalter
4. Atemwegsstenosen im Kindesalter
4.1 Subglottische Stenosen
Der Ringknorpel ist als einziger Abschnitt im Atemweg vollständig knorpelig
durchbaut und weist schon physiologisch den geringsten Querschnitt auf.
Gemeinsam mit zahlreichen weiteren Faktoren macht dies das Cricoid zur
Prädilektionsstelle für die Ausbildung von Stenosen. Entsprechend findet sich
hier die größte Anzahl aller erworbenen und angeborenen Krankheitsbilder, die zu
einer Einengung des Lumens führen können. Intubations-assoziierte Läsionen
bleiben mit Abstand die größte Gruppe.
In der Perinatalmedizin ist die Vermeidung eines Tracheostomas ein hohes Ziel.
Anders als in der Erwachsenen-Intensivmedizin werden dafür auch längere
Intubationszeiten in Kauf genommen. Dies beruht nicht nur auf dem verständlichen
Wunsch, eine zusätzliche Traumatisierung und Stigmatisierung des Kindes und der
Angehörigen zu vermeiden. Vielmehr ist Neonatologen bewusst, dass eine
frühkindliche Tracheotomie ein erhebliches Risiko für das Kind darstellt. Dies
gilt nicht nur für den operativen Eingriff selbst, der sich technisch erheblich
von den Verfahren im höheren Lebensalter unterscheidet und auch für einen
geübten Operateur eine Herausforderung darstellt. Denn auch nach erfolgreicher
Anlage und Abheilung eines Tracheostomas bleibt ein erhebliches Risiko bestehen:
Die Kombination aus geringen Halsdimensionen mit meist gut ausgebildetem
subkutanem Fettgewebe und insgesamt nur geringer Reserve bei Apnoephasen führt
zu einer hohen Gefährdung gegenüber einer akzidentiellen Kanülendislokation. Bei
Säuglingen ist nach Entfernung der Trachealkanüle der Tracheostomakanal durch
die umgebenden Halsweichteile unmittelbar funktionell verschlossen. Nicht selten
wird dies erst bemerkt, wenn die kompensatorische Reserve bereits aufgebraucht
ist. Es kommt daher immer wieder zu Todesfällen durch Verlegung bzw. Dislokation
einer Kanüle bei ansonsten reizlosem Tracheostoma. Anders als in jedem anderen
Lebensalter stellt daher das Tracheostoma bei Säuglingen ein besonders zu
beachtendes Risiko der Atemwege dar. Daraus leitet sich die Notwendigkeit einer
permanenten Überwachung der Respiration ab. Wegen dieser erhöhten Mortalität
sollte die Anlage eines Tracheostomas im Alter bis zu 18 Monaten nur bei
fehlenden Alternativen unternommen werden. Diese Arbeit stellt andere, evtl.
auch aufwendig erscheinende Therapieverfahren vor, die intensiv angewandt und
ausgenutzt werden sollten, um möglichst dem Ziel der Tracheostomavermeidung nahe
zu kommen.
4.2 Glottische Stenosen
Die Interarytaenoidfibrose ist eine typische, aber wenig bekannte
Komplikation nach Intubation. Durch eine Narbenbildung in der hinteren Kommissur
entsteht eine mechanische Fixierung und/oder Ankylose der Arytaenoidknorpel. Die
Abgrenzung zum neurogenen Stimmlippenstillstand ist klinisch schwierig, die
Prüfung der passiven Mobilität der Arytaenoidknorpel im Rahmen einer
Mikrolaryngoskopie stellt den diagnostischen Goldstandard dar ([Video 4]). Die operative Therapie muss,
wie bei allen glottischen Stenosen, auf einen möglichst guten Kompromiss
zwischen Stimme und Atmung abzielen. Zwar vermeidet die Tracheotomie dieses
Dilemma weitgehend, wird aber zumeist als nicht akzeptabel empfunden, so dass
eine gewisse Stimmverschlechterung als Preis einer Tracheostomavermeidung in
Kauf genommen wird. Für die Wahl des operativen Vorgehens sind zahlreiche
individuelle Faktoren maßgeblich, zumeist ist mindestens eine subtotale
Arytaenoidektomie erforderlich. Falls dies nicht ausreicht, muss eine
Erweiterung der Ringknorpelplatte im Sinne einer posterioren laryngotrachealen
Rekonstruktion (LTR, s. Kap. Operative Verfahren) erfolgen. Nur in sorgfältig
ausgewählten Fällen milder Interarytaenoidfibrosen kann eine alleinige
laserchirurgische Narbentrennung ausreichend sein, die dann aber immer mit einer
passageren Laterofixation kombiniert werden muss.
Video 4 Fixation der Aryknorpel durch eine Interarytaenoidfibrose.
4.3 Supraglottische Stenosen
4.3.1 Laryngomalazie
Die häufigste Ursache für den Stridor des Neugeborenen liegt in Veränderungen
der Supraglottis, die zu einer Kollapsneigung bei Inspiration führen. Als
Oberbegriff hat sich der Begriff der Laryngomalazie durchgesetzt, der das
funktionelle Zusammenspiel aus Unreife des juvenilen Larynx, die eine
Instabilität der Epiglottis zur Folge hat und eine relative Hypertrophie der
Schleimhaut in der Region der Arytenoidknorpel beschreibt. Meist ist auch
eine Verkürzung der aryepiglottischen Falten im Sinne einer diskreten
Fehlbildung anzutreffen. Die instabile Epiglottis und die hypertrophe
Schleimhaut der Stellknorpel können durch den Strom der Atemluft in die
Glottis eingesaugt werden ([Video
5]).
Video 5 Typische Laryngomalazie mit eingerollter Epiglottis und
Schleimhautüberschuss der Aryknorpel bei verkürzter aryepiglottischer
Falte. Das Video zeigt die Insuffizienz des Kehlkopfeingangs in
Spontanatmung.
In bis zu 60%aller Säuglinge mit Stridor wird eine Laryngomalazie als
primäre Ursache gefunden. Das stridoröse Atemgeräusch setzt typischerweise
am Tag der Geburt oder wenige Tage später ein. Besonders auffällig ist die
Verschlechterung der Symptomatik bei Anstrengung, z. B. beim Trinken oder
Schreien. Die Stimme ist völlig unbeeinträchtigt. Das Atemgeräusch kann
lageabhängig sein und verringert sich meist in Bauchlage. Der in der Regel
niederfrequente inspiratorische Stridor nimmt meist im Verlauf der ersten
Lebensmonate zu und erreicht unbehandelt ein Maximum 3 bis 6 Monate nach der
Geburt. Mit dem Wachstum des Kindes kommt es in der Regel zu einer spontanen
Besserung des Atemgeräusches, so dass in über 90%der Fälle nach dem 18.
Lebensmonat keine Auffälligkeiten mehr vorliegen. In ca. 10%der Fälle kann
die chronische Obstruktion der Atemwege jedoch zu Apnoen, Behinderung der
Nahrungsaufnahme mit Gedeihstörungen, Gewichtsverlust und pulmonaler
Belastung führen. Diese schwere Form der Laryngomalazie bedarf einer
weiteren Abklärung, um mögliche chirurgische Behandlungsoptionen zu prüfen.
Aber auch leichtere Formen können eine Indikation für eine minimal-invasive
Therapie sein, insbesondere wenn die Eltern in konstanter Sorge wegen der
bedrohlich empfundenen Atemgeräusche sind.
Die unterschiedlichen Formen der Laryngomalazie haben Niederschlag in
zahlreichen Klassifikationen gefunden. Unter dem Oberbegriff
Supraglottoplastik werden sämtliche Maßnahmen zur Stabilisierung des
Kehlkopfeingangs zusammengefasst. Die Durchtrennung der zumeist verkürzten
aryepiglottischen Falten führt durch die natürliche Elastizität der
Epiglottis zu einer verringerten Prolapsneigung in Richtung Glottis. Bei
Schleimhauthypertrophie in der Region der cartilagines cuneiforme und
corniculata ist deren Reduktion unter strenger Schonung der hinteren
Kommissur angezeigt. In seltenen Fällen ist es notwendig, die Epiglottis
mittels Reduktion der Schleimhaut an ihren freien Rändern zu „trimmen“.
Die Supraglottoplastik ([Video 6]) ist
ein gut reproduzierbarer Eingriff überschaubaren Schwierigkeitsgrades.
Essentiell sind eine optimale Exposition und maximal gewebeschonende
Technik. Komplikationen drohen nur bei einem zu aggressiven Vorgehen. Die
lokale Gewebereaktion bleibt so gering, dass eine Extubation direkt nach dem
Eingriff möglich ist. Das Neuauftreten einer Schluckstörung wird selten und
dann nur passager beobachtet.
Video 6 Die chirurgische Behandlung der Laryngomalazie richtet
sich nach dem Befund, wobei die wesentlichen Schritte eine Reduktion
der Schleimhaut der Aryknorpel und Auflösen der verkürzten
aryepiglottischen Falten beinhalten.
Die schwerwiegendste Komplikation besteht in der Ausbildung einer
supraglottischen Stenose durch überschießende Vernarbung. Die beste
Prophylaxe besteht in einer zurückhaltenden Schleimhautresektion und
penibler Schonung der hinteren Kommissur.
Die hohen Erfolgsraten von über 95%, die minimale Invasivität sowie die
Möglichkeit der simultanen Ausführung im Rahmen einer diagnostischen
Endoskopie machen die Supraglottoplastik zu einem eleganten und effektiven
Verfahren, das niederschwellig indiziert werden sollte.
5. Fehlbildungen
5.1 Glottisches web
Das konnatale “Web” beschreibt eine angeborene Synechierung beider
Stimmlippen, die typischerweise die ligamentären Anteile der Glottis betrifft.
Die Diagnostik ist endoskopisch meist augenfällig, geringer ausgeprägte Befunde
werden aber bei flexibler Endoskopie nicht selten übersehen, weil die
Stimmlippen passiv aneinander gelagert erscheinen. Obwohl es meist als zarte und
kurzstreckige Membran imponiert, handelt es sich um eine komplexe Fehlbildung
unterschiedlichen Ausmaßes, die anterokaudal immer den Ringknorpel erreicht
([Video 7]). Die Therapie richtet
sich nach der Ausdehnung des Befundes: ist die glottische Stenose atemwirksam
steht die Normalisierung der Atmung im Vordergrund. Langfristig muss aber das
Ziel der möglichst wenig gestörten Stimmbildung bedacht werden. Die alleinige
Durchtrennung oder gar Durchstoßung ist daher nicht ausreichend und sollte nur
im Notfall angewendet werden. Ein nicht adäquates alleiniges Durchtrennen der
Membran kann zu Zunahme der Stenose bis zur kompletten Atresie der Glottis
führen. Therapie der Wahl ist die endoskopische Auftrennung der Synechie mit
passagerer Einlage eines Platzhalters. Eine Tracheotomie, auch passager, sollte
vermeiden werden. Dieser Eingriff ist ab einem Gewicht von etwa 10kg gut
möglich. Bis zu diesem Zeitpunkt kann eine passagere Glottiserweiterung sinnvoll
sein. Die primär definitive Rekonstruktion ist nur bei simultanen laryngealen
Fehlbildungen, insbesondere einer subglottischen Stenose, im Einzelfall
angezeigt.
Video 7 Die angeborene Synechierung beider Stimmlippen ist
eine komplexe Fehlbildung unterschiedlichen Ausmaßes, die anterokaudal
immer den Ringknorpel erreicht.
5.2 Konnataler Stimmlippenstillstand
Der konnatale beidseitige Stimmlippenstillstand ist vermutlich neurogenen
Ursprungs. Eine genaue pathophysiologische Erklärung ist nicht bekannt. Die
Position der stillstehenden Stimmlippen kann stark variieren und für
unterschiedliche klinische Belastung der Kinder sorgen.
Auch für den erfahrenen Untersucher kann die Beurteilung der Stimmlippenmobilität
beim Neugeborenen sehr schwierig sein und stellt eine der wenigen eindeutigen
Indikationen für die flexible Endoskopie am wachen Kind dar. Eine
Ko-Manifestation von einem Stimmlippenstillstand und einer Laryngomalazie kommt
regelhaft vor. Daher sollte bei der Abklärung eines Stridors bei Laryngomalazie,
die Mobilität der Stimmlippen sicher beurteilt werden.
Die Elektromyographie ist in diesem Lebensalter nicht sinnvoll einsetzbar.
Das spontane Einsetzen der Motilität der Glottis ist beschrieben und konnte auch
am eigenen Krankengut mehrfach nachvollzogen werden. Daher sollten ablative
Glottiserweiterungen erst nach dem 12. Lebensmonat erwogen werden. Bis zu diesem
Zeitpunkt kann, abhängig von der klinischen Symptomatik, die Anlage eines
Tracheostomas unvermeidbar sein, obwohl dies gerade in dieser Altersgruppe mit
einer nicht unerheblichen Morbidität verbunden ist. Im Einzelfall kann eine
passagere Lateralisation einer Stimmlippe mittels eines Zugfadens für
Verbesserung der Respiration sorgen und die Anlage eines Tracheostomas vermeiden
helfen.
5.3 Konnatale subglottische Stenose
Eine genuine Hypoplasie des Ringknorpels hat einen reduzierten Durchmesser zur
Folge, der je nach Ausprägung zu primärer Obstruktion der Atmung des
Neugeborenen führen kann. Führt diese Obstruktion zu einer notfallmäßigen
Intubation des Kindes nach der Geburt, ist die Stenose später kaum von einem
Intubationstrauma zu unterscheiden.
Die konnatale Ringknorpelstenose zeichnet sich durch einen überwiegend
inspiratorischen Stridor aus, der unmittelbar postpartal oder wenige Wochen nach
Geburt auftritt. Äußere Ursachen und insbesondere eine Intubation liegen
typischerweise nicht vor. Für die Diagnostik ist die starre Endoskopie bei
erhaltener Spontanatmung das Mittel der Wahl . Dies muss mit besonderer Vorsicht
geschehen, da nur leichte zusätzliche Schleimhautschwellungen zu einem
vollständigen Verschluss des restlichen Lumens führen können. Bildgebende
Verfahren sind in der Diagnostik nicht hilfreich.
Falls eine Intubation unumgänglich ist, sollte sie mit einem möglichst dünnen
Tubus und für kurze Zeit erfolgen. Eine Tracheotomie kann und sollte tunlichst
vermieden werden, da eine Ringknorpelerweiterung unmittelbar nach Diagnose
möglich ist. Goldstandard in der Behandlung der konnatalen Ringknorpelstenose
ist die laryngotracheale Rekonstruktion (Auto-LTR, s. Kap. Operative Verfahren)
mit autologem Schildknorpel ([Abb.
1a-c]). Diese ist auch bei Frühgeborenen ab 1000g Geburtsgewicht
möglich.
Abb. 1 Einteilung der Larynxspalten nach Benjamin und Inglis.
5.4 Dorsale laryngotracheale Spalte
Eine Spaltbildung im dorsalen Larynx wird mit Aspiration, rezidivierenden
respiratorischen Infekten und Gedeihstörung klinisch auffällig [16]. Die Ränder der Spalten lagern sich
passiv einander an, für die Diagnostik ist die Palpation der Ringknorpelplatte
unter aktiver Aufspreizung der hinteren Kommissur entscheidend, dies ist nur im
Rahmen einer Mikrolaryngoskopie möglich. An die Prüfung auf das Vorliegen einer
Larynxspalte sollte bei der endoskopischen Diagnostik einer Ösophagusatresie
aufgrund einer überzufälligen Assoziation beider ebenfalls immer gedacht werden
[13].
Die klinische Einteilung der Spaltenausdehnung wurde durch Benjamin und Inglis
([Abb. 1]) anhand anatomischer und
prognostischer Kriterien definiert und hat sich in der Praxis bewährt.
Ausgedehntere Formen mit Spaltbildung über das Cricoid hinaus (Typ III nach
Benjamin und Inglis) oder bis in die intrathorakale Trachea reichend (Typ IV)
führen meist schon in der Neonatalzeit zur respiratorischen Insuffizienz durch
rezidivierende Aspirationen und pulmonale Infektionen aufgrund der über eine
weite Strecke fehlenden Trennung von Ösophagus und Atemweg. Ein typisch
hinweisendes Phänomen bei der meist nötigen Intubation ist die posteriore
Dislokation des Endotrachealtubus, häufig gelingt nur eine endoskopische
Intubation.
Typ IV-Spalten sind extrem selten und meist mit weiteren Fehlbildungen oder
genetisch definierten Syndromen assoziiert [24].
An Komorbiditäten wurden Frühgeburtlichkeit, weitere tracheo-bronchiale
Malformationen, Mikrogastrie und diverse gastrointestinale oder kardiale
Fehlbildungen neben neurologischen Beeinträchtigungen berichtet [24] . Diese erfordern einen
multidisziplinären diagnostischen und therapeutischen Ansatz, der neben vielem
anderen in der Regel eine Tracheotomie und chronische Heimbeatmung sowie
perkutane Sondenernährung meist über PEJ über die ersten Lebensjahre beinhaltet.
Allerdings sollte der Schweregrad weiterer tracheobronchialer Malformationen
sowie von Komorbiditäten an anderen Organsystemen minutiös abgeklärt werden,
bevor eine Entscheidung zur operativen Therapie ab initio getroffen wird.
Leichtere Formen (Grad I und II nach Benjamin und Inglis) können endoskopisch
angegangen werden ([Video 10]). Wenn die
gesamte Ringknorpelplatte betroffen ist (Grad III) bietet die offene
Rekonstruktion über eine Laryngofissur wesentlich höhere Erfolgsaussichten. Die
operative Rekonstruktion niedriggradiger Larynxspalten erfolgt unmittelbar nach
Diagnose ungeachtet des Lebensalters, falls keine anderweitigen
Kontraindikationen vorliegen (z. B. niedriges Körpergewicht bei
Frühgeborenen).
Video 10 Dorsale Kehlkopfspalte mit einer Ausdehnung in die
zervikale Trachea (Typ III).
Neugeborene mit Typ IV Spalten benötigen eine initiale intensivmedizinische
Stabilisierung und an klinischer Toleranz und Stabilität orientiertes
sequentielles therapeutisches Vorgehen. Die historische Mortalität von über
90%konnte in spezialisierten Zentren auf unter 20%gesenkt werden. Die Anlage
eines Tracheostomas und die operative Korrektur zumindest des intrathorakalen
trachealen Anteils der Spalte zur Absicherung der Trachealkanülenlage sowie die
Anlage eines Gastrostomas mit jejunalem Schenkel sind dringende erste Schritte.
Diese Eingriffe machen den Einsatz einer Herzlungenmaschine oder ECMO
erforderlich, wofür zunächst ein gewisses Körpergewicht erreicht werden muss.
Der operative Verschluss der Larynxspalte wird in einem weiteren Schritt in der
Regel etwa 2 bis 3 Monate später je nach klinischem Verlauf durchgeführt.
6. Neubildungen
6.1 Hämangiome
Bei den konnatalen Neubildungen handelt es sich überwiegend um Hämangiome
, die bevorzugt in der Subglottis auftreten. Die früher häufig indizierte
laserchirurgische Therapie der konnatalen Hämangiome ([Video 8]) im Atemweg ist inzwischen von
der medikamentösen Therapie mit Propanolol vollständig verdrängt worden. Die
klinische Erscheinung der subglottischen Hämangiome ist häufig relativ
unspezifisch und dadurch schwierig von anderen Läsionen zu unterscheiden. Auf
Grund der Lokalisation verbietet sich eine Probeentnahme. Daher ist bei
klinischem Verdacht eine probatorische gewichtsadaptierte medikamentöse
Behandlung mit einem Beta-Blocker die Therapie der Wahl. Bei zutreffendem
Verdacht ist innerhalb von wenigen Tagen mit einer ersten Besserung zu rechnen.
Bei den wenigen, nicht auf die konservative Therapie ansprechenden Befunde
können, die in den weiteren Abschnitten beschriebenen rekonstruktiven
Operationsmöglichkeiten zum Einsatz kommen.
Video 8 Subglottische Stenose bei Hämangiom. Nach Einleitung
der medikamentösen Therapie ist innerhalb von wenigen Tagen mit
klinischer Besserung zu rechnen.
6.2 Zysten des Recessus morgagni/Laryngozelen
Eine Aussackung des Recessus morgagni zwischen Stimmlippe und Taschenfalte kann
erhebliche Ausmaße annehmen und zu einer Obstruktion des Atemwegs führen. Eine
solche Aussackung ist im Kleinkindalter im Sinne einer Zyste abgekapselt. Die
Therapie beinhaltet in den meisten Fällen eine Marsupialisation der Zyste. Diese
ist in der Regel danach ausreichend drainiert.
6.3 Subglottische Zysten
Bei der subglottischen Zysten handelt es sich um vermutlich degenarative
aufgetriebene Mukosadrüsen, die typischerweise im laryngotrachealen Übergang bei
Frühchen ([Abb. 2]) auftreten können.
Diese sind singulär, aber auch multilokulär zu finden und können bei
entsprechender Größenzunahme für erhebliche Atemobstruktion sorgen. Die Therapie
beinhaltet eine Marsupialisation und ggf. Ballondilatation des Lumens im
betroffenen Bereich. Da es sich in der Regel um sehr junge Säuglinge handelt,
kann die Zusammenarbeit zwischen Anästhesisten und HNO-Arzt bei der Prozedur
sehr anspruchsvoll sein.
Abb. 2 Subglottische Zysten bei einem ehemaligen Frühchen.
6.4 Papillomatose
Die juvenile Papillomatose der oberen Atemwege ist eine relativ seltene
Erkrankung, sollte jedoch differentialdiagnostisch immer bei einem Stridor im
Säuglingsalter ([Video 9]) berücksichtigt
werden. Auf Grund der Komplexität des Krankheitsbildes kann sie im Rahmen dieser
Arbeit nicht vertieft dargestellt werden.
Video 9 Glottische Papillomatose bei einem Säugling.
7. Operative Verfahren
7.1 Endoskopische Therapieoptionen bei Atemwegsstenosen
Endoskopische Therapieverfahren haben den großen Vorteil, dass sie direkt den
diagnostischen Schritten angeschlossen werden können. Ein weiterer Vorteil ist
die geringere Morbidität im Vergleich zu offenen chirurgischen Verfahren.
Auf der anderen Seite bringen sie, insbesondere in Bezug auf das
Atemwegsmanagement, besondere Herausforderungen an das gesamte interdisziplinäre
Team mit. Bei sehr kleinen Kindern oder risikoreichen Interventionen ist daher
eine sehr eng abgestimmte Kooperation zwischen Anästhesisten und Chirurgen
unentbehrlich. Dazu gehört eine genaue Planung, einschließlich der
postoperativen Phase, der Behandlung und die videobasierte Darstellung für das
gesamte Team im OP-Raum.
7.2 Hochdruck-Ballondilatation
Bei diesem Verfahren werden im Rahmen einer direkten (Mikro)Laryngoskopie
Hochdruckballons in Höhe der Stenose appliziert und aufgepumpt ([Video 11]). Die auf dem Markt vorhandenen
Produkte bedienen eine sehr enge therapeutische Nische und sind entsprechend
kostspielig. Die Eigenschaften der verschiedenen Ballons sind durch ihre
Zulassungen definiert und werden in verschiedenen Größen und Drücken
angeboten.
Video 11 Subglottische Stenose infolge einer Intubationsbeatmung
bei einem Säugling vor einer Ballondilatation.
Das Verfahren ist technisch einfach und risikoarm. Im Vergleich zu den
klassischen Bougierungstechniken ist die Erfolgsrate wesentlich höher, da bei
der Ballondilatation eine exzentrische, radiäre Kraftausübung erfolgt, die
tangentiale Scherkräfte vermeidet. Daher gilt die Ballondilatation als
niedrigschwellige Erstmaßnahme mit breitem Indikationsbereich [32]. Als Grundregel gilt, dass die
Ergebnisse umso besser sind, je frischer die Stenose ist ([Video 12]). Vor einer Dilatation kann das
gezielte Einschneiden von zirkulären Narben zur Verbesserung der Narbensprengung
hilfreich sein.
Video 12 Minimale Reststenose subglottisch nach zweimaliger
Ballondilatation beim Säugling in [Video 11].
Bei komplett narbig durchbauten Verengungen bleibt die alleinige Dilatation
erfolglos. Aber auch als adjuvante Massnahme nach offenen Rekonstruktionen hat
sich die Ballondilatation einen festen Platz erobert, weil sich damit
postoperative Ödeme hervorragend auspressen lassen, sowie beginnende
Restenosierungen im frühen Stadium aufgehalten werden können.
Lateralverlagerung einer Stimmlippe/Laterofixation
Ein bilateraler Stimmlippenstillstand kann angeboren oder erworben sein.
Der konnatale Stillstand ist, in Abhängigkeit von der Stellung der unbeweglichen
Stimmlippen, sehr variabel in der klinischen Ausprägung. Eine Behandlung ist
dann erforderlich, wenn die allgemeine Entwicklung des Kindes beeinträchtigt
ist. Grundsätzlich kann mit dem Einsetzen der Mobilität der Stimmlippen im
Verlauf der ersten Lebensjahre gerechnet werden. Da die individuelle spontane
Verbesserungstendenz nicht zu prognostizieren ist, orientiert sich die
Aggressivität der Therapie an der Belastung des Kindes.
Ein erworbener Glottisstillstand kann die Folge von operativen Eingriffen am
Herzen oder Ösophagus sein. Die Ursache des Stillstands ist ein Trauma der
neuralen Versorgung und kann je nach Ausmaß irreparabel sein. In diesen Fällen
kann eine dauerhafte endoskopische Glottiserweiterung notwendig sein.
Eine passagere Lateralisation kann helfen Zeit zu gewinnen und ein Tracheostoma
zu vermeiden, wenn mit einer spontanen Besserung zu rechnen wäre.
Die Lateralisation einer Stimmlippe erfolgt unter endoskopischer bzw.
mikroskopischer Kontrolle mittels eines um den Processus vocalis geschlungenen
Fadens. Dieser wird nach lateral durchgezogen und entweder auf der Haut über
einen Silikonknopf geknüpft oder subkutan verborgen. Bei einer permanenten
ablativen Glottiserweiterung wird ein Teil der dorsalen Glottis der betroffenen
Seite vor der Lateralisation laserchirurgisch reseziert
7.3 Anwendung eines Lasers
Die Anwendung verschiedener Lasertechniken zur Behandlung von Stenosen im
Kindesalter wurde in der Vergangenheit intensiv und kontrovers diskutiert.
Mittlerweile herrscht in allen größeren Zentren Einigkeit darüber, dass die
Rolle des Lasers im kindlichen Atemweg sehr begrenzt zu sehen ist. Zwar können
bei sorgfältiger Indikation und technisch akkurater Anwendung geringgradige
subglottische Stenosen nicht selten erfolgreich behandelt werden. Dem steht aber
eine hohe Rezidivrate gegenüber, die in keinem Fall zu wiederholten
laserchirurgischen Maßnahmen führen sollten, da sonst strukturelle Veränderungen
im umliegenden Knorpel ausgelöst werden, die zu einer Zunahme des Stenosegrads
als auch der Stenoselänge führen. Die Erfolgsaussichten für eine offene
Rekonstruktion werden schlimmstenfalls empfindlich beeinträchtigt. Daher sollte
im Fall einer Restenosierung nach Laseranwendung unbedingt ein offenes Verfahren
zur Rezidivbehandlung eingestzt werden. In der Vergangenheit wurde eine Vielzahl
von Lasertypen propagiert, die breiteste Erfahrung und die besten Ergebnisse
wurden aber mit dem CO2-Laser erreicht, der die geringsten thermischen
Begleitschäden aufweist und besonders akkurat anzuwenden ist.
Die Anwendung eines CO2-Lasers erfolgt typischerweise mittels Ankopplung an das
optische System eines OP-Mikroskops. Der Einsatz über eine Glasfaser bringt
keine zusätzlichen Vorteile und kann nur im Einzelfall sinnvoll erscheinen. Die
Vorteile liegen in der blutarmen und kontakfreien Vorgehensweise, die die
Resektion bestimmter Areale sehr präzise ermöglichen. Typische Einsatzgebiete
sind z. B. die Arythenoidektomie oder glottiserweiternde ablative Maßnahmen.
Eine Supraglottoplastik kann ebenfalls mittels CO2-Laser erfolgen ([Video 6]).
Bei Kleinkindern ist die Lasernutzung durch die Anforderungen an den zu
schützenden Beatmungstubus eingeschränkt. Das Risiko eines Tubusbrandes darf
nicht unterschätzt werden. Dieses Risiko lässt sich durch den Einsatz einer
Jet-Beatmung eliminieren.
Anwendung eines “Shavers”
Bei dem s.g. „Shaver“ handelt es sich um ein speziell für die Atemwegschirurgie
entwickelten oszillierenden Messer mit gleichzeitiger Aspiration. Dadurch wird
weiches Gewebe eingesaugt und gleichzeitig minimal invasiv abgeschnitten. Der
„Shaver“ ist bei der Entfernung von kleinen Veränderungen der Schleimhaut, wie
z. B. bei der Papillomatose sehr nützlich und erlaubt ein feines Arbeiten unter
endoskopischer Kontrolle.
8. Offene Rekonstruktion von Atemwegsstenosen
8. Offene Rekonstruktion von Atemwegsstenosen
Bis in die 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts galt der Ringknorpel des
Kehlkopfes als „no-man’s land“, der tunlichst nicht operativ angegangen werden
sollte. Hintergrund war die Beobachtung während der großen Diphterie Epidemien des
ausgehenden 19. Jahrhunderts, dass schon leichte Affektionen des laryngotrachealen
Übergangs hochgradige Atemwegsstenosen auslösen können, die mit den Mitteln der
damaligen Zeit fast nie erfolgreich rekonstruiert werden konnten. Weiterhin wurde
der Ringknorpel als das Fundament des Larynx apostrophiert, das zu schwächen mit dem
hohen Risiko einer dauerhaften Kehlkopfstabilität verbunden sei. Außerdem wurde das
Risiko einer Recurrensschädigung bei Eingriffen an der Ringknorpelplatte als nahezu
obligat eingeschätzt. Bei Kindern wurden Operationen am Ringknorpel erst zu Beginn
der 1990er Jahre gewagt, die herrschende Meinung war, dass die Gefahr von
Wachstumsstörungen hoch sei.
Grundsätzlich sind zwei verschiedene operative Strategien bei Eingriffen am
larygotrachealen Übergang zu unterscheiden.
Die resezierenden Verfahren ("Resektion”) zielen darauf ab, die Pathologie
vollständig zu entfernen und den Atemweg durch eine End-zu-End Anastomose zu
rekonstruieren. Sie sind technisch anspruchsvoll und haben ein ernsthaftes
Komplikationspotential. Im Gegenzug bieten sie gegenüber allen anderen Techniken
deutlich überlegene Erfolgsraten und sind meist einzeitig durchführbar. Im Idealfall
erlauben sie eine simultane Resektion eines vorbestehenden Tracheostoma.
Die augmentierenden Verfahren (“Rekonstruktion”) belassen das stenoseformende Gewebe
und zielen auf eine Erweiterung durch das Einbringen von Knorpeltransplantaten,
zumeist von der Rippe. Sie sind technisch weniger komplex und bieten ein breiteres
Indikationsspektrum, führen jedoch im Vergleich zu den resezierenden Verfahren zu
schlechteren Ergebnissen. Sie sind nur zweizeitig, also bei bestehendem
Tracheostoma, durchführbar, wodurch sich die Patientenbelastung erhöht, aber das
Risiko für die Atemwege reduziert. Durch das Bestehenbleiben des Tracheostomas kann
bei diesem Verfahren ein neu angelegtes Lumen des Larynx, z. B. bei einer Atresie,
längerfristig durch einen Stent geschient werden.
Im Einzelfall kann auch eine Kombination der o.g. Strategien im Sinne einer
erweiterten Rekonstruktion der Atemwege erforderlich sein.
Die Einführung der Hochdruck-Ballondilatation in den letzten Jahren hat die
postoperative Nachsorge nach einer rekonstruktiven Operation der Atemwege und damit
die Erfolgsaussichten zusätzlich verbessert, weil damit beginnende Restenosierungen
oder postoperative Narbe auch in einer frischen Anastomosennarbe schonend behandelt
werden können.
8.1 Cricotracheale Resektion (CTR)
Für laryngotracheale Stenosen mit Beteiligung des Ringknorpels, jedoch
ohne Affektion der Glottisebene, stellt die cricotracheale Resektion
das Verfahren der Wahl dar. Das gilt unabhängig von der zugrundeliegenden
Ätiologie und des Ausmaßes der Pathologie. Die cricotracheale Resektion (CTR)
wurde für erwachsene Patienten erstmals nahezu zeitgleich und unabhängig
voneinander von Pearson [21] und Grillo
[11] beschrieben, die Übertragung auf
die pädiatrische Population erfolgte erst Ende der 80er Jahre durch Monnier
[18].
Das Grundprinzip besteht in der vollständigen Resektion der laryngotrachealen
Stenose ([Abb. 3]) unter Einschluss des
Ringknorpelbogens mit vollständiger Exposition ([Abb. 4]) der Ringknorpelplatte [31]. Nach entsprechenden
Mobilisationsmanövern wird die distale Trachea partiell an das verbleibende
Cricoid, überwiegend an das Thyroid ([Abb.
5]) adaptiert (thyrotracheale Anastomose). Ein bereits vorhandenes
Tracheostoma wird in der Regel in die Resektion eingeschlossen, es sei denn
zwischen caudalem Stenosenrand und cranialem Tracheostomarand sind 2–3 gesunde
Trachealspangen verblieben, die für eine Anastomose zur Verfügung stehen. In
aller Regel wird der Eingriff einzeitig ausgeführt, das heißt ohne erneute
Tracheostoma-Anlage.
Abb. 3 Prinzip der cricotrachealen Resektion (CTR). Die Stenose
des laryngo-trachealen Übergangs wird dargestellt und unter Schonung der
Innervation mobilisiert. Quelle: Erstellt durch S. Burger im Auftrag vom
Klinikum Stuttgart
Abb. 4 Prinzip der cricotrachealen Resektion (CTR). Die Stenose
des laryngo-trachealen Übergangs wird vollständig unter Erhaltung der
dorsalen Platte des Ringknorpels reseziert. Quelle: Erstellt durch S.
Burger im Auftrag vom Klinikum Stuttgart
Abb. 5 Prinzip der cricotrachealen Resektion (CTR). Die Trachea
wird mobilisiert und in erhaltene Larynxstruktur hinein anastomosiert.
Quelle: Erstellt durch S. Burger im Auftrag vom Klinikum Stuttgart
Wenn immer möglich erfolgt die Beatmung zunächst über eine Larynxmaske. Über
einen zervikalen Zugang werden Cricoid, Thyroid sowie Trachea penibel exponiert.
Abhängig von der zu erwartenden Resektatlänge wird ein supralaryngealer Release
durch Absetzen der infrahyoidalen Muskulatur ausgeführt. Die Präparation der
lateralen Trachea erfolgt streng entlang des Knorpels, wodurch Schädigungen der
Nervi recurrentes zuverlässig vermieden werden können. Insbesondere für diesen
Teilschritt ist die Verwendung einer Lupenbrille sehr zu empfehlen. Unterhalb
der Stenose wird die Trachea inzidiert und der distale Trachealstumpf intubiert.
Die craniale Inzision erfolgt in der Membrana cricothyroidea, der
Ringknorpelbogen wird beidseits schräg abgesetzt ([Abb. 6]), die Mukosa auf der
Ringknorpelplatte abhängig von der Höhe der Stenose inzidiert. Die
Ringknorpelplatte wird bis zu ihrem caudalen Rand dargestellt, das stenotische
Segment vom Ösophagus separiert und in toto reseziert ([Abb. 7]). Die vollständige Resektion der
gesamten pathologischen Anteile ist von hoher Bedeutung, ebenso wie die
großzügige mediastinale Mobilisation der distalen Trachea. Mit dem Diamantbohrer
wird die Ringknorpelplatte ausgedünnt, um mögliche Reste von Pathologie zu
entfernen sowie zusätzlich Platz zu gewinnen ([Abb. 8]). Die distale Trachea wird nun spannungsfrei auf die
Ringknorpelplatte gelegt und mit resorbierbarem Nahtmaterial mit den lateralen
Aspekten des Cricoids, der Mukosa der Interarytenoidregion sowie dem Thyroid
anastomosiert ([Abb. 9]). Hierdurch
entsteht eine primär epithelisierte Anastomose unter Vermeidung freiliegender
Knorpelflächen (Abb. 9in Ordner CTR intra-OP). Vor dem abschließenden Knüpfen
der Anastomosenvorderwand wird der Beatmungstubus aus der distalen Trachea
entfernt und die noch einliegende Larynxmaske wieder zur Ventilation verwendet.
Wesentlicher Vorteil hierbei ist die unmittelbare Überprüfung auf eventuelle
Luftlecks, die penibel geschlossen werden müssen. Bis auf wenige Ausnahmen wird
die Atmung des Patienten spontanisiert, eine postoperative Intubation bringt
keine Vorteile. Kinn-Brustnähte erschweren eine physiologische Atmung und
bringen keine zusätzliche Sicherheit für die Anastomosenintegrität. Sie sind
daher als obsolet anzusehen.
Abb. 6 Intraoperative Schritte der CTR. Exposition des
Ringknorpels.
Abb. 7 Intraoperative Schritte der CTR. Exposition der
Ringknorpelplatte nach Resektion des stenosierten Bereichs.
Abb. 8 Intraoperative Schritte der CTR. Beginn der Anastomosierung
zwischen Trachea und Larynx durch vorgelegte Fäden.
Abb. 9 Intraoperative Schritte der CTR. Abschluss der
Anastomosierung zwischen Trachea und Larynx.
Die Erfolgsrate einer technisch akkurat ausgeführten und korrekt indizierten CTR
sind mit gut über 90%als hervorragend anzusehen, was von verschiedenen
Arbeitsgruppen reproduziert werden konnte [12]
[26]
[33]. Dennoch handelt es sich um einen
komplexen, dreidimensionalen Eingriff erheblichen Schwierigkeitsgrades, der eine
nicht zu unterschätzende Lernkurve erfordert. Trotz der hervorragenden
Endergebnisse sind Komplikationen nicht selten. Kleinere endoskopische
Korrekturen, etwa Abtragungen von Fibrinbelägen oder Granulationen sind bei
knapp 2/3 aller Patienten erforderlich, zumeist nur einmalig. Schwere
Komplikationen wie Anastomoseninsuffizienzen oder Knorpelnekrosen sind sehr
seltene Ausnahmefälle [22]. Trotz der
anatomischen Nähe sind bei akkurater und präziser Operationstechnik Verletzungen
der Nervi recurrentes seltene Ereignisse.
8.2 Tracheasegmentresektion
Die Tracheasegmentresektion ist das Verfahren der Wahl bei Stenosen der
cervicalen und mediastinalen Trachea ohne Ringknorpelbeteiligung, die im
Vergleich zu subglottischen Stenosen allerdings viel seltener auftreten. Wenn
das Cricoid involviert ist stellt die Segmentresektion eine Kontraindikation
dar! Die nicht erkannte und/oder nicht respektierte Ausdehnung der Pathologie in
das Niveau des Cricoids führt regelmäßig zu Restenosierungen, wenn dennoch eine
reine Segmentresektion an Stelle der eigentlich indizierten CTR ausgeführt wird.
Es handelt sich im engeren Sinne nicht um eine Operation am laryngotrachealen
Übergang, daher soll diese Operationstechnik nur knapp dargestellt werden.
Da isolierte Trachealstenosen ohne Beteiligung des Ringknorpels vergleichsweise
selten anzutreffen sind, die Tracheasegmentresektion als „Querresektion“ jedoch
häufig als Synonym für Trachealchirurgie verwendet wird, steht zu vermuten, dass
die Indikation häufig zu unkritisch gestellt wird. Dies dürfte der Grund dafür
sein, dass die Tracheasegmentresektion zu Unrecht den Ruf als wenig
erfolgsträchtiges Verfahren hat. Bei korrekter Indikation und präziser
technischer Umsetzung sind die Erfolgsraten hingegen hervorragend.
Der Zugangsweg ist nahezu ausschließlich transzervikal, auch für Stenosen recht
knapp oberhalb der Bifurkation. Die optimale Exposition des stenotischen Areals
mit zirkumferentieller Präparation des gesamten Trachealumfangs ist von
essentieller Bedeutung. Die Separation zwischen Ösophagus und Pars membranacea
ist obligat. Auf eine ausreichende Mobilisation der distalen und proximalen
Trachea zur Sicherstellung einer spannungsfreien Anastomose ist streng zu
achten, abhängig von der Resektatlänge. Nach vollständiger Resektion sämtlicher
pathologischer Anteile erfolgt die Anastomose mit resorbierbarem Nahtmaterial
(PDS 2.0 oder 3.0). Eine postoperative Intubation sollte nur im absoluten
Ausnahmefall erfolgen, Kinn-Brustnähte sind obsolet.
8.3 Laryngotracheale Rekonstruktion (LTR)
Schon vor über 100 Jahren wurde bei den seinerzeit endemischen diphteriebedingten
subglottischen Stenosen der Versuch unternommen, durch eine dauerhafte Einlage
eines Platzhalters eine Erweiterung des verengten Atemwegs zu erreichen. Mit dem
Namen Rethy ist die Technik der zusätzlichen Spaltung des Ringknorpels
verbunden, durch welche die schienende Dilatation erleichtert werden sollte. In
den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts beschrieb Cotton erstmals eine
Technik, bei der die Spaltung des Ringknorpels anterior und posterior mit einem
autologen Transplantat aus Rippenknorpel fixiert wurde [15]. Unter dem Begriff der
laryngotrachealen Rekonstruktion stellte dieses Verfahren für die folgenden 3
Jahrzehnte den Goldstandard in der Behandlung subglottischer und glottischer
Stenosen dar. Durch Einführung der cricotrachealen Resektion auch bei Kindern
hat sich die Bedeutung des Verfahrens relativiert. Es bleibt jedoch das
Verfahren der Wahl für alle Fälle mit Beteiligung der Stimmlippenebene. Auch bei
höhergradigen Interarytenoidfibrosen, die endoskopisch nicht erfolgversprechend
zu behandeln sind, stellt die laryngotracheale Rekonstruktion (LTR) weiterhin
die beste Therapieform dar.
Im Vergleich zur cricotrachealen Resektion stellt die LTR ein technisch weniger
komplexes Verfahren dar, das wesentlich rascher erlernt werden kann [30]. Die möglichen Komplikationen sind zwar
nicht weniger häufig, jedoch weniger dramatisch. Dies dürften auch die
wichtigsten Gründe dafür sein, dass sich gerade im Kindesalter die grundsätzlich
erfolgsträchtigere CTR nur an besonders spezialisierten Zentren zahlenmäßig
gegen die laryngotracheale Rekonstruktion durchsetzen konnte. Ein weiterer Grund
sind die zunehmenden Zahlen von komplexen Stenosen unter Beteiligung der
Glottisebene.
Die autologe Transplantation von Rippenknorpel ist im Kindesalter sehr
zuverlässig möglich, mit zunehmendem Lebensalter kommt es zunehmend zu
Wundheilungsstörungen mit Resorptionen oder Abstoßungen. Dennoch kann die LTR
bis in das 4. Lebensjahrzehnt eine durchaus sinnvolle Behandlungsoption
darstellen, wenn resezierende Verfahren nicht möglich sind. Darüber hinaus ist
die Indikation jedoch sehr streng zu stellen.
Die Entnahme von Rippenknorpel ist nach dem vollendeten 2. Lebensjahr in aller
Regel technisch gut möglich. In den ersten 18 Lebensmonaten kann eine Sonderform
der LTR mit Verwendung von autologem Schildknorpel ausgeführt werden [25] (s. Kap. LTR-S).
Für die LTR gibt es je nach Autor verschiedene Modifikationen, daher sollen hier
nur die Grundzüge beschrieben werden.
Über einen Zugang von außen in Höhe des Ringknorpels werden Thyroid, Cricoid und
craniale Trachea dargestellt. Anders als bei der CTR ist eine zirkumferenzielle
Präparation nicht erforderlich, ein wesentliches Risiko für die Nervi
recurrentes entsteht daher nicht. Nach penibler Exposition der laryngealen
Strukturen erfolgt die mediale Inzision der Membrana cricothyroidea, des
Cricoids sowie der oberen 1–3 Trachealspangen. Je nach genauer Lokalisation der
Stenose muss zusätzlich eine partielle oder auch totale Laryngofissur erfolgen.
Für die atraumatische Exposition bietet sich die Verwendung eines speziellen
Laryngofissur-Sperrers an ([Abb. 10]).
Nach übersichtlicher Exposition der Ringknorpelplatte erfolgt die Inzision auf
ganzer Länge, bis es zu einem deutlichen Auseinanderklaffen der beiden
Ringknorpelhälften kommt. Gegebenenfalls muss eine zusätzlich bestehende
Interarytenoidfibrose mit Mikroscheren aufgetrennt werden, wobei eine craniale
Schleimhautbegrenzung erhalten bleiben sollte. Das posteriore Transplantat wird
siegerpodestartig präpariert, wobei der „1.Platz“ lumenwärts zeigt und mit
Rippenperichondrium bedeckt bleiben sollte, um die Granulationsneigung zu
verringern. Zur Aufnahme des Transplantats wird das posteriore Perichondrium der
Ringknorpelplatte unterminiert. Dann gelingt das Einsetzen des Transplantats mit
deutlicher Vorspannung, in den allermeisten Fällen ist eine zusätzliche
Fixierung durch Naht nicht erforderlich und nicht sinnvoll. Durch die
Eigenspannung des Ringknorpels kommt es zu einem primär stabilen Sitz des
Rippenknorpels ([Abb. 11]). In analoger
Weise wird ein 2. Transplantat in das gespaltene Cricoid eingesetzt, das je nach
individueller Situation in die craniale Trachea oder das caudale Thyroid
hineinreicht ([Abb. 12]).
Abb. 10 Speziell für die Exposition einer Laryngofissur
entwickelter chirurgischer Wundsperrer. Die Branchen lassen sich je nach
anatomischer Tiefe in verschiedenen Längen austauschen. Quelle: Richard
Wolf GmbH
Abb. 11 Prinzip der dorsalen laryngo-trachealen Rekonstruktion
(LTR). Ein Knorpeltransplantat von der Rippe wird in die gespaltene
Ringknorpelplatte dorsal eingesetzt. Die Exposition gelingt am besten
mittels einen dafür entwickelten Laryngofissursperrers. Quelle: Erstellt
durch S. Burger im Auftrag vom Klinikum Stuttgart
Abb. 12 Prinzip der anterioren laryngo-trachealen Rekonstruktion
(LTR). Ein Knorpeltransplantat von der Rippe wird in den gespaltenen
Ringknorpel frontal eingesetzt. Quelle: Erstellt durch S. Burger im
Auftrag vom Klinikum Stuttgart
Die LTR ist ein modulares Verfahren, das auch nur anterior oder nur posterior
eingesetzt werden kann. Die alleinige anteriore LTR bedarf keines Stentings und
kann im Regelfall ohne Tracheostoma ausgeführt werden. Die posteriore LTR sowie
die kombiniert anterior und posteriore LTR sollten hingegen in der Regel
zweizeitig, das heißt mit passagerer Tracheotomie oder Erhalt eines bereits
bestehenden Tracheostomas ausgeführt werden.
Das postoperative Stenting zur Schienung des Rekonstruktionsergebnisses wird
zunehmend zurückhaltend eingesetzt. Der Montgomery T-Tubus führt durch
Granulationsbildung und Druckläsionen nicht selten zu erheblichen Problemen. Der
von Monnier entwickelte „LT-Mold“ stellt eine erhebliche Verbesserung in allen
Belangen dar, ist jedoch leider weiterhin nicht kommerziell verfügbar.
Alternativ ist der Stent nach Rutter derzeit die beste verfügbare Lösung und
wird von uns als Standard verwendet. Dieser Stent ist individuell kürzbar,
jedoch nicht der laryngealen Anatomie angepasst. Insgesamt ist die Frage des
postoperativen Stentings, gerade im Kindesalter, jedoch noch in vielen Aspekten
nicht zufriedenstellend gelöst.
An den lumenwärts gerichteten Transplantatflächen kommt es relativ regelmäßig zu
Granulationen und Ödembildungen. Eine Kontroll-Endoskopie mit der Option auf
Granulationsabtragung sollte regelmäßig nach etwa 3 Wochen erfolgen. Hartnäckige
Granulationen können durch die topische Applikation von Mitomycin-C (Dosierung
2mg/ml) häufig sehr gut beeinflusst werden. Wenn schließlich im Rahmen einer
Kontroll-Endoskopie eine erfolgreiche Rekonstruktion des Atemwegs bestätigt ist,
kann das schrittweise Dekanülement erfolgen. Üblicherweise wird hierfür zunächst
die Kanülengröße schrittweise verkleinert (Downsizing) gefolgt vom Abstöpseln
der Kanüle. Im letzten Schritt erfolgt das Abkleben des Tracheostoma vor dem
operativen Tracheostomaverschluss. Im Erwachsenenalter kann dieser Prozess
üblicherweise erheblich verkürzt werden.
9. Spezielle operative Verfahren im Kindesalter
9. Spezielle operative Verfahren im Kindesalter
9.1 Erweiterte CTR
Bei pathologischen Veränderungen in mehreren Segmenten unter Beteiligung der
Glottis (Multilevel-Stenosen) kann eine Kombination aus CTR und LTR indiziert
sein. Dabei wird der subglottische Anteil reseziert bis knapp an das Niveau des
subglottischen Abhangs beider Stimmlippen. Die glottische Stenose wird durch
eine Spaltung der Ringknorpelplatte mit Einbringen eines
Rippenknorpeltransplantats im Sinne einer posterioren LTR erweitert ([Abb. 13]). Die thyrotracheale Anastomose
erlaubt eine weitgehende mukosale Bedeckung des Knorpeltransplantats, was der
Bildung von Granulationen vorbeugt. Wegen der ausgedehnten Destabilisierung des
laryngealen Skeletts wird eine postoperative Stentversorgung erforderlich und
damit auch der Erhalt oder die Neueinlage eines Tracheostomas unterhalb der
Anastomose, das nach Normalisierung der Atemfunktion zweizeitig verschlossen
wird ([Video 13]). zeigt eine
Multilevelstenose beim Kind, ([Abb. 13])
demonstriert das Prinzip der Rekonstruktion, ([Video 14]) zeigt die ausgeheilte Situation nach erweiterter CTR.
Abb. 13 Prinzip der erweiterten CTR. Das Verfahren nutzt die
Vorteile der Kombination von CTR und LTR für die Behandlung von
Multilevelstenosen mit Beteiligung der Glottis. Quelle: Erstellt durch
S. Burger im Auftrag vom Klinikum Stuttgart
Video 13 Präperativer Zustand bei einem Kleinkind mit einer
Multilevelstenose mit Fixation der Glottis. Es wurde eine erweiterte
CTR indiziert.
Video 14 Postoperativer Zustand nach erweiterter CTR bei einem
Kleinkind.
9.2 Laryngotracheale Rekonstruktion mit autologem Schildknorpel
Dieses Verfahren kann heute als Goldstandard bei der Behandlung der konnatalen
Ringknorpelstenose gelten. Die durchweg positiven Erfahrungen haben aber auch
zur Anwendung bei weiteren Indikationen geführt. Bei der submukösen Exstirpation
von subglottischen konnatalen Zysten ist die LTR-S eine sinnvolle
prophylaktische Maßnahme zur Vermeidung von narbigen Stenosierungen. Aber auch
narbige intubations-assoziierte Stenosen sind im Säuglingsalter mit erstaunlich
guten Erfolgen zu behandeln.
Bei diesem Verfahren wird über einen äußeren Zugang aus dem freien Oberrand des
Schildknorpels ein ca. 2x3 mm großes Knorpelstück gewonnen ([Abb. 14]
[15]
[16]). Dies ist elegant im
gleichen Operationsgebiet ohne zusätzliche Inzision möglich. Das Transplantat
wird in den gespaltenen Ringknorpel eingebracht und mit Nähten fixiert.
Postoperativ bleibt das Kind für 2–4 Tage intubiert. Dieses Verfahren ist in
über 95%der Fälle erfolgreich und geht mit einer nur minimalen zusätzlichen
Morbidität einher [25]. Von besonderer
Bedeutung ist jedoch, dass sämtliche Rekonstruktionsmöglichkeiten weiterhin
ungeschmälert zur Verfügung stehen, sowohl die klassische laryngotracheale
Rekonstruktion mit autologem Rippenknorpel als auch die cricotracheale
Resektion. Selbst wenn es auf diese Weise nicht gelingen sollte, einen dauerhaft
ausreichenden Atemweg zu rekonstruieren, kann das Verfahren dennoch sehr
wertvoll sein, um ein Tracheostoma in den ersten Lebensmonaten zu vermeiden und
das Kind mit ausreichender translaryngealer Atmung in ein Lebensalter zu
bringen, in dem offene Rekonstruktionen mit sehr guten Erfolgsaussichten und
akzeptablen Risikoprofil angewendet werden können.
Abb.14 Prinzip der autologen LRT mit Schildknorpel - 1. Schritt.
Quelle: Erstellt durch S. Burger im Auftrag vom Klinikum Stuttgart
Abb.15 Prinzip der autologen LRT mit Schildknorpel - 2. Schritt.
Quelle: Erstellt durch S. Burger im Auftrag vom Klinikum Stuttgart
Abb.16 Prinzip der autologen LRT mit Schildknorpel - Abschluss.
Dieser Eingriff ist bei Säuglingen mit einer Ringknorpelstenose sehr
hilfreich und mit geringer Morbidität verbunden. Quelle: Erstellt durch
S. Burger im Auftrag vom Klinikum Stuttgart
Der Eingriff ist nur wenig invasiv und deutlich weniger belastend als etwa eine
vollständige cricotracheale Resektion, ein gewichtiger Vorteil bei den oft
multimorbiden, syndromalen oder aus anderen Gründen wie einer Frühgeburtlichkeit
labilen kleinen Patienten.
Die LTR-S ist daher das Verfahren der Wahl zur Behandlung von subglottischen
Atemwegstenosen im Alter bis zum 18. Lebensmonat, nahezu ungeachtet der zugrunde
liegenden Äthiologie. In erstaunlich vielen Fällen ist es sogar als alleinige
Maßnahme ausreichend, um einen dauerhaft ausreichenden und mitwachsenden Atemweg
zu rekonstruieren.
9.3 Rekonstruktion einer dorsalen Kehlkopf-Spalte
Der operative Verschluss einer dorsalen Kehlkopf-Spalte stellt eine chirurgische
Herausforderung dar. Die Risiken für den Erfolg des Verfahrens sind nicht so
sehr in der technischen Ausführung, sondern viel mehr in den biologischen
Besonderheiten der anatomischen Region zu sehen. Der zu verschließende
Schleimhautspalt befindet sich zwischen Atem- und Speiseweg und ist entsprechend
bei jedem Schluck- bzw. Atemzug beansprucht. Dadurch ist die Heilung großen
Risiken unterworfen. Um das Risiko durch Regurgitation von Magensaft zu
reduzieren, wird die Durchführung einer Fundoplicatio, bzw. die Einlage einer
Ernährungssonde im Vorfeld des Spaltenverschlusses regelmäßig empfohlen.
Eine weitere Herausforderung ist das Alter der Patienten. In der weit
überwiegenden Zahl der Fälle erfolgt die Behandlung im ersten Lebensjahr. Die
Mehrheit der Patienten weisen zusätzliche Fehlbildungen auf, die die Komplexität
der therapeutischen Strategie erhöhen.
Die chirurgische Strategie leitet sich von der Ausdehnung des Befundes ab.
Larynxspalten vom Typ I und Typ II lassen sich in der Regel endoskopisch, die
meisten Typ III und alle Typ IV Spalten erfordern einen externen Zugang und die
Anlage eines Tracheostomas. Typ IVb Spalten mit Ausdehnung kaudal der oberen
Thoraxapertur laryngo-tracheale Spalten erfordern intraoperativ eine
extrakorporale Oxygenierung (ECMO), da andernfalls die Exposition des OP-Gebiets
nicht möglich ist.
9.4 Endoskopischer Verschluss dorsaler Kehlkopfspalten
Unabhängig vom Zugangsweg ist das Prinzip des Spaltverschlusses gleich: die
Schleimhaut des offenen Spaltes zwischen Larynx und Ösophagus/Hypopharynx muss
geschlitzt und anschließend zweischichtig, nach laryngeal und nach pharyngeal,
mittels resorbierbaren Einzelknüpfnähten verschlossen werden ([Abb. 17]).
Abb. 17 Prinzip des zweischichtigen Spaltverschlusses einer
Larynxspalte. Das Trennen der laryngealen Schleimhaut von der
ösophagealen Schleimhautschicht vor dem Vernähen der Kanten der Spalte
ist von zentraler Bedeutung für einen erfolgreichen Eingriff.
Die endoskopische Versorgung ist technisch anspruchsvoll und verlangt eine sehr
enge Kooperation zwischen Operateur und Anästhesie-Team. In den meisten Fällen
sind die Patienten sehr jung und bringen kein Tracheostoma mit. Die Operation
ist daher nur unter Anwendung einer supraglottischen Jet-Beatmung möglich.
Alternativ kann eine passagere Tracheotomie unvermeidbar sein.
Die Einstellung des dorsalen Larynx gelingt am besten mittels eines
Lindholm-Laryngoskops. Es ist ein Hersteller von Jet-Ventilatoren am Markt
vorhanden, der die kontrollierte Beatmung von Säuglingen ab 1000 g Körpergewicht
durch seine speziell für diese Altersklasse entwickelte Technik erlaubt.
Die freie und vollständige Exposition des Spaltes ist eine essentielle
Voraussetzung für die optimale Schleimhautnaht. Diese gelingt in unseren Händen
am besten durch den Einsatz eines Larynxspreizers ([Abb. 18]), der mit dem Griff nach oben
innerhalb des Lindholm-Rohrs arretiert wird.
Abb. 18 Exposition einer dorsalen Larynxspalte Typ III mittels
eines Larynxspreizers. Dieses Instrument wird auch für die Überprüfung
der passiven Mobilität der Glottis eingesetzt.
Die Schleimhaut-Schlitzung erfolgt, mikroskopisch kontrolliert, mittels
CO2-Laser, wobei auf eine möglichst geringe Karbonisation der Schnittkanten zu
achten ist. Die freien Schleimhautränder sind atraumatisch zu handhaben, um die
Abheilung der Anastomose nicht zusätzlich zu gefährden. Die resorbierbaren Nähte
werden vorgelegt und anschließend einzeln, unter Verwendung eines
Knotenschiebers, versenkt. Die Technik erfordert Geduld und Rücksicht auf die
respiratorischen Bedürfnisse des Kindes, die eng mit dem Anästhesie-Team
koordiniert werden müssen.
Falls möglich, sollte auf die Einlage einer naso-gastralen Ernährungssonde
verzichtet werden, da diese zusätzliche Risiken für die Nähte durch die
mechanische Beanspruchung und als Leitschiene für Magensaft darstellt.
9.5 Offener Verschluss dorsaler Kehlkopfspalten
Die überwiegende Anzahl der Typ III und alle Typ IV Larynxspalten erfordern einen
offenen Zugang. Dafür werden die Trachea bis zum kaudalen Fundus der Spalte
eröffnet, ebenso der Ringknorpel, die Membrana cricothyroidea und das Thyroid,
jeweils streng in der Mittellinie. Diese komplette Laryngofissur muss im Bereich
der vorderen Kommissur unter Sicht mit der Lupenbrille exakt mittig erfolgen,
dann sind spätere Synechierungen der Stimmlippen in aller Regel nicht zu
befürchten. Nach Einsetzen des Laryngofissursperrers ist die Übersicht auf die
dorsale Spaltbildung hervorragend. Nach Abschwellen mit topischem Suprarenin
werden die lateralen Anteile in einen vorderen und einen hinteren Lappen
aufgetrennt. Besonders im Fundus der Spalte muss auf eine komplette
Entepithelisierung der Spalte geachtet werden, da hier die Prädilektionsstelle
für Rezidive liegt. Sodann werden zunächst die beiden posterioren
Schleimhautläppchen, gefolgt von den beiden anterioren Schleimhautläppchen mit
Einzelknopfnähten adaptiert. Bei ausreichendem Schleimhautangebot und
insbesondere bei Revisionen kann ein Transplantat interponiert werden, etwa
Sternum- oder Tibiaperiost, seltener auch Faszia lata, Temporalisfaszie oder
Perichiondrium vom Ohrknorpel.
Der Verschluss der Laryngofissur erfolgt niveaugerecht und führt fast nie
Wundheilungsstörungen. Ein postoperatives Stenting ist nicht erforderlich, wohl
aber die Anlage eines Tracheostoma. Eine Magensonde sollte vermeiden werden, um
keinen zusätzlichen Fremdkörperdruck auf die Rekonstruktion auszulösen. Bereits
im Vorfeld sollte das Kind mit einer PEG oder PEJ versorgt worden sein. Der
Verschluss des Tracheostomas ist erst nach Normalisierung der Atmung und des
Schluckens möglich. Unmittelbar nach Geburt sondenernährte Kinder brauchen dabei
oft viele Monate, bis sie den physiologischen Schluckvorgang wieder erlernt
haben, selbst wenn die anatomische Situation ad integrum rekonstruiert werden
konnte. [Video 15] zeigt die
endoskopische Diagnostik einer Typ III dorsalen Larynxspalte vor der
Rekonstruktion via Laryngofissur, [Video
16] den gleichen Fall bei der Kontrollendoskopie nach abgeschlossener
Wundheilung. In beiden Fällen ist die instrumentelle Palpation bedeutsam, um die
Ausdehnung exakt zu bestimmen bzw. um verbliebene Fisteln oder Insuffizienzen zu
erkennen.
Video 15 Präoperative Endoskopie eines laryngealen Spaltes Typ III.
Video 16 Postoperative endoskopische Kontrolle nach Verschluss
eines laryngealen Spaltes Typ III über eine Laryngofissur.
9.6 Zweizeitiger Verschluß von laryngotrachealen Spalten Typ IV
Im Vordergrund der Versorgung von Neugeborenen mit laryngotrachealen Spalten Typ
IV, die typischerweise bis knapp vor die tracheale Carina reichen, steht die
respiratorische Stabilisierung, die möglichst rasche Erzielung eines sicheren
Atemweges und die Verhinderung von Aspirationen. Es handelt sich häufig um
Frühgeborene mit dementsprechend niedrigem Geburtsgewicht, geringer Toleranz
gegenüber invasiven Eingriffen und häufiger Multimorbidität durch Malformation
weiterer Organsysteme. Therapeutische Entscheidungen sollten in schweren Fällen
erst nach multidisziplinärer Diskussion unter Einbeziehung auch einer
palliativmedizinischen Perspektive gefällt werden.
Ein erster Schritt besteht in der Anlage eines Gastrostomas mit jejunalem
Schenkel sowohl zur Ableitung von Magensekreten und Vermeidung von
gastroösophagealem Reflux als auch zur jejunalen Ernährung. Die operative
Korrektur des intrathorakalen trachealen Spaltenanteils gelingt mit
ausreichender Sicherheit nur unter Verwendung einer ECMO oder
Herzlungenmaschine, wofür in der Regel ein Körpergewicht von etwa 2000g
vorliegen muss. Die Anlage eines Tracheostomas macht nur Sinn, wenn die
tracheale Spalte zumindest bis auf Höhe des Stomas verschlossen ist, um einen
sicheren Kanülenwechsel zu ermöglichen. Die Anlage eines Tracheostomas wird
daher mit dem Verschluss des trachealen Anteils der Spalte kombiniert. Über
einen rechts-lateralen thorakalen Zugang werden die beiden lateralen Anteile der
Spalte in analoger Technik zu der im vorhergehenden Absatz beschriebenen
adaptiert. In der Regel erweist sich das vorliegende Gewebsmaterial als
redundant mit in der Folge häufig einer persistierenden
Tracheomalazie-Symptomatik. Eine weitere Problematik besteht in der möglichen
Stufenbildung am Übergang der rekonstruierten Pars membranacea zur intakten am
Fundus der ehemaligen Spalte. Bei ungünstiger Wahl der Trachealkanülenlänge kann
die Kanülenspitze in diesen Bereich zu liegen kommen, was zu relevanten
Obstruktionen und Schleimhautläsionen führen kann. Eine endoskopische Kontrolle
des operativen Erfolgs wie auch der Kanülenlage ist daher bereits intraoperativ
angezeigt.
Der operative Verschluss des laryngealen und einer evtl trachealen Restspalte
kann dann zeitlich orientiert an Stabilität und Gedeihen des Kindes in der Regel
nach 6–12 Wochen erfolgen. Das operative Vorgehen entspricht dem im
vorhergehenden Kapitel beschriebenen.
Tracheale Spaltenrezidive sind unserer Erfahrung nach selten, treten dann
typischerweise am Übergang von laryngealem und thorakalem Spaltenanteil auf
[24]. Demgegenüber besteht eine
Tracheomalazie nahezu obligat und kann eine Langzeitbeatmung erfordern.
Im Verlauf von häufig einigen Jahren ist nach Stabilisierung der Tracheomalazie
und Wachstum des Kindes eine Entwöhnung von der Heimbeatmung und später auch die
Dekanülierung möglich.
Eine ausgeprägte Gedeihstörung trotz Sondierung hochkalorischer Nahrung über
Jejunostoma ist bei vielen Kindern mit Typ IV Spalte zu beobachten. Hier sind
zusätzliche kalorische Nahrungsanreicherungen erforderlich. Schluckakt und
ösophageale Funktion können lange kompromittiert bleiben. Rezidivierende
Aspirationen und daraus folgende respiratorische Infektionen können
dementsprechend trotz guten operativen Erfolges persistieren. Dennoch sollte ein
Spaltenrezidiv ausgeschlossen werden.