Key words
ultrasound - muscular - tendons - bones - ultrasound-color doppler
Einleitung
Der Ultraschall (US) ist aufgrund der breiten Verfügbarkeit, Kosteneffizienz und konsequenten
Weiterentwicklung mobiler Ultraschallgeräte aus der Diagnostik von akuten Sportverletzungen
nicht mehr wegzudenken. Im Regelfall wird er als primäre bzw. fokussierte Untersuchungsmodalität
(point-of-care US, „POCUS“) genutzt, in Einzelfällen kann er auch additiv im Zusammenspiel
mit den anderen Modalitäten (vor allem der Magnetresonanztomografie [MRT]) verwendet
werden. US wird dabei nicht nur im klinischen Alltag, sondern mittlerweile auch direkt
als mobiler US in Trainingsstätten oder im Trainingslager verwendet. Wie das aktuelle
Beispiel der pädiatrischen Frakturversorgung zeigt, etabliert sich US zunehmend in
klinischen Leitlinien, was seinen Stellenwert weiter unterstreicht [1]. In der Sportmedizin liegt das Einsatzgebiet des US vor allem in der akuten Erstdiagnostik
oder im intensivierten Follow-Up bei Muskel- oder Sehnenverletzungen (mehrfache Untersuchungen
im kurzfristigen Zeitintervall nach Verletzungen, z. B. 2–3 mal pro Woche oder belastungsorientiert
im Rahmen der Aufbelastung), wohingegen neuere spezialisierte Ultraschallapplikationen
wie die Scherwellenelastografie und hochsensitive Dopplerverfahren (sog. microvascular
Imaging) vor allem im Hochleistungssport zum Einsatz kommen. Aufgrund der limitierten
Studienlage existieren hierfür jedoch nur wenige Anwendungsempfehlungen [2]. Die Implementierung des US in der muskuloskelettalen Diagnostik (MSK), sofern zur
Diagnostik angemessen, kann zur besseren Nutzung von MRT-Kapazitäten (Einsparen von
Doppeluntersuchungen) und deutlicher Kostenersparnis im Gesundheitssystem beitragen
[3].
Dieser Artikel gibt einen Überblick über die gängigen Anwendungsgebiete, häufige Fragen
hinsichtlich der Sonografie im Spitzensport sowie den Stellenwert mobiler Ultraschallgeräte
in der Sporttraumatologie.
Diagnostik von Muskelverletzungen
Diagnostik von Muskelverletzungen
Unabhängig von der Modalität sind bildgebende Verfahren neben der klinischen Untersuchung
in der Diagnostik von Muskelverletzungen nicht mehr wegzudenken. Einerseits kann die
klinische Verdachtsdiagnose gesichert, andererseits das exakte Verletzungsausmaß evaluiert
werden [4]. Aus dem Zusammenspiel dieser Parameter kann dann eine optimale Therapieentscheidung
und Prognose hinsichtlich der Wiederaufnahme der Wettkampffähigkeit (RTC; return to
competition) getroffen werden [5].
Wenngleich die MRT als Goldstandard in der Diagnostik von Muskelverletzungen gilt
(hinsichtlich des Ausmaßes eines strukturellen Defektes oder der Beurteilung nicht-struktureller
Läsionen), liegt der Stellenwert des US in der schnellen und zuverlässigen Erstdiagnose
und optimierten Festlegung des weiteren Prozederes [6]
[7]
[8]. Da der US in der Regel einfacher verfügbar ist als die MRT, eignet er sich vor
allem im Breiten- wie Spitzensport neben der Initialdiagnostik auch zur repetitiven
Verlaufskontrolle ([Abb. 1]), um eine engmaschige Trainingssteuerung zu gewährleisten oder Komplikationen frühzeitig
zu erkennen [8]. Insbesondere die Diagnostik des vorderen Oberschenkels und der Unterschenkelmuskulatur
ist – verglichen zur ischiocruralen Gruppe – aufgrund der geringeren erforderlichen
Eindringtiefe mit guter Schallqualität möglich.
Abb. 1 Strukturelle Muskelverletzung (Defektzone: 10 mm) im M. rectus femoris eines Fußballspielers.
In der Initialdiagnostik (A) ist die echoarme Rupturzone (Stern) scharf abgrenzbar und von einer deutlichen,
echoreichen periläsionalen Ödemzone umgeben. Hier bietet sich der direkte Vergleich
zur gesunden Gegenseite an (rechte Bildhälfte). Im Verlauf von 7 Tagen (B) wird diese im Rahmen der Muskelheilung zunehmend unscharf abgrenzbar (Stern) und
gering kleiner, wohingegen das umgebende Ödem noch deutlich sichtbar ist. Nach 17
Tagen (C) ist nur noch geringes Ödem mit leicht inhomogener Muskelfaserung sichtbar, der Muskel
wirkt noch aufgetrieben. Nach 25 Tagen ist der Strukturdefekt und die Ödemzone nicht
mehr sichtbar (D).
Engmaschige Verlaufskontrollen gewährleisten die Möglichkeit, früh operative Maßnahmen
oder Infiltrationen zu planen, z. B. wenn die Sehnenheilung durch ein persistierendes
Hämatom limitiert wird. Als mögliche Komplikation kann auch die Verkalkung eines Hämatoms
(im Sinne einer posttraumatischen Myositis ossificans) sonografisch anhand der kalkdichten
Struktur und korrespondierenden dorsalen Schallauslöschung eindeutig verifiziert werden.
Dies macht eine erweiterte Röntgendiagnostik obsolet ([Abb. 2]). Vor diesem Hintergrund liegt in vielen Ländern die Muskeldiagnostik (v. a. im
Breitensport) durch fehlende MRT-Kapazitäten weitgehend in der Hand des US.
Abb. 2 Fußballspieler mit Muskelfaserriss im M. biceps femoris (Caput breve) links. In der
Initialdiagnostik sind das zentrale Hämatom und die rupturierten Fasern gut abgrenzbar,
zur genauen Evaluation der Ausdehnung erfolgt im Spitzensport häufig eine ergänzende
MRT (A). Nach 3 Tagen erfolgt die ausgiebige Hämatomaspiration (B, linke Bildhälfte), wodurch der Defekt nach 14 Tagen deutlich regredient ist (B, rechte Bildhälfte). In der kurzfristigen Kontrolle wird 3 Wochen nach Trauma die
Verkalkung des Hämatoms mit dorsaler Schallauslöschung sichtbar (C, Pfeile), welche sich nach zielgerichteter Therapie in den folgenden 2 Wochen zunehmend
auflöst und im US wieder eine dorsale Bildentstehung aufweist (D, Pfeile).
Muskelverletzungen werden gemäß des zugrundeliegenden Pathomechanismus in direkte
(= extrinsische) und indirekte (= intrinsische) Verletzungen eingeteilt [9]. Direkte Muskeltrauma entsprechen einem Muskelschaden durch eine externe Kraft mit
daraus resultierender Kontusion oder Lazeration, hauptsächlich bedingt durch Anpralltraumata
(z. B. Knie gegen Oberschenkel), welche hierzulande typischerweise in Kontaktsportarten
wie Fußball, Handball oder Football/Rugby zu beobachten sind. Diese direkten Traumata
führen oft zu einer intramuskulären Einblutung ohne eigentliche Faserruptur. Die Rolle
des US liegt in der Lokalisation und Darstellung des Ausgangsbefundes als Baseline
für Verlaufskontrollen – die korrekte Anamnese und intensive Diskussion des Unfallmechanismus
ist hier zwingend notwendig. Die Einteilung des Verletzungsgrades basiert rein auf
klinischen Zeichen (mild, moderat, ausgeprägt) entsprechend dem Funktionsverlust und
der Zeitdauer der Erholungsphase [9]. Die standardisierte Untersuchung in Längs- und Querschnitt sowie die Anfertigung
von Panaromaaufnahmen sollten genutzt werden, um vergleichbare Verlaufskontrollen
über einen längeren Zeitraum zu gewährleisten ([Abb. 3]). Bei leichten Kontusionsverletzungen kann eine fokale inhomogene Zone ohne größeres
Hämatom sichtbar sein, welche sich in der Regel schnell zurückbilden. Schwerere Kontusionen
mit größerer Hämatombildung können je nach Zeitpunkt der Untersuchung unterschiedlich
aussehen. Innerhalb der ersten 24 Stunden können Hämatome sowohl hyper- als auch hypoechogen
erscheinen. In den folgenden Tagen erscheinen Hämatome eher liquide-echoarm, bis sie
nach der Koagulation inhomogen werden ([Abb. 3]). Zudem bietet der US die Möglichkeit, diese intramuskulären Hämatome rasch US-gestützt
zu punktieren, welches Schmerzen und die RTC-Zeit reduziert. Zudem kann nach Punktion
des Hämatoms noch einmal deutlich besser beurteilt werden, ob eine Faserverletzung
vorliegt oder nicht.
Abb. 3 Junger Nachwuchsspieler (Fußball) mit stattgehabten Anpralltrauma (Knie gegen Oberschenkel)
und Muskelkontusion im linken M. vastus intermedius. In der Frühphase ist die inhomogene,
aufgetrieben Defektzone im Muskel sichtbar (A), welche sich nach 10 Tagen demaskiert und größenprogredient darstellt (B). Bei organisierten Anteilen wurde auf eine Aspiration verzichtet (Befund nicht kompressibel),
der Befund ist nach 28 Tagen deutlich regredient und nur noch als leichte Auftreibung
sichtbar (C). Die vollständige Ausheilung wurde nach rund 6 Wochen letztmalig kontrolliert (D).
Indirekte Muskeltraumata bezeichnen Faserrupturen. Der zugrundeliegende Mechanismus
besteht in einer pathologischen (Über-)Dehnung der Muskelfasern (in der Regel in einer
exzentrischen Kontraktion), welche die viskoelastischen Grenzen des Gewebes überschreitet
und infolgedessen zu einer Verletzung führt. Der US eignet sich hierbei primär zur
Detektion eines strukturellen Muskelschadens, ist der MRT in der Ausbreitung und Charakterisierung
vor allem in kleinen und nicht-strukturellen Muskelverletzungen unterlegen [10]. Da Muskelverletzungen der unteren Extremität häufig am myotendinösen Übergang stattfinden,
ist die Beurteilung der Sehnenanteile für die weiterführende Prognose relevant. Die
optimale Beurteilung der myotendinösen Verbindung ist im US nur schwer möglich, kann
jedoch additiv mit der MRT im Rahmen der Intervention und kurzfristigen Verlaufskontrolle
eingesetzt werden.
Eine Limitation des nativen US besteht bekanntermaßen in der Detektion und Beurteilung
von nicht-strukturellen Muskelverletzungen (entsprechend Grad 1–2 der Klassifikation
gemäß der Münchner Konsensus-Konferenz). [11] So zeigten Hotfiel und Kollegen, dass der konventionelle B-Bild-US in kleinen Muskelverletzungen
(= minor injury) in einer deutlichen Anzahl an Fällen diskrepante Unterschiede zur
MRT gezeigt hat [12]
[13]. Der Ultraschall fungiert bei leichten Verletzungen jedoch sehr gut als „Gatekeeper“:
Er kann zum Ausschluss einer strukturellen Muskelverletzung angewandt werden (Differenzierung
von Grad 2 vs. 3 Läsionen) [11]. Bei diskrepanten Befunden im US (eindrückliche Klinik mit Funktionseinschränkung
bei negativem US-Ergebnis) ist die MRT-Untersuchung durch die höhere Sensitivität
sinnvoll [14]. Auch wenn die Bildgebung eine grobe Einschätzung über die Dauer des Ausfalles abschätzen
lässt, zeigt die Literatur, dass bildgebende Marker im Falle von Hamstring-Verletzungen
keine verbesserte Prognoseabschätzung im Vergleich zu klinischen Parametern erlauben
[15]
[16].
Die mittlerweile auch im MSK-Bereich eingesetzte Kontrastmittel-verstärkte Sonografie
(CEUS) zeigt in ersten Studien in der Diagnostik von nicht-strukturellen Muskelverletzungen
eine bessere Detektion als die native B-Bild-Sonografie auf – das perfusionswirksame
Ödem lässt sich durch reduzierte und verzögerte KM-Anflutung visualisieren ([Abb. 4]) [12]
[13]. In speziellen Fällen ist die additive CEUS somit ein hilfreiches Tool, insbesondere
zur exakten, kurzfristigen Trainingssteuerung oder der gezielten Aufbelastung.
Abb. 4 Ödematöse Auftreibung ohne strukturelle Läsion im M. rectus femoris nach mehrfachen
stattgehabten Verletzungen in der Vergangenheit. In der CEUS zeigt sich eine deutliche
Reduktion des Blutflusses (A) sowie eine verzögerte und reduzierte KM-Anflutung in der Messung mittels Zeit-Intensitätskurve
(B). Die violette ROI stellt die Perfusion im Ödem dar, die blaue ROI gibt die normale
Perfusion im Referenzmuskel (M. vastus intermedius) wieder. Nach 3 Tagen ist nur noch
partiell Ödematisierung im Muskel sichtbar (C).
Bandrupturen und Sehnenverletzungen
Bandrupturen und Sehnenverletzungen
Der Einsatz des US im Rahmen von Sehnenverletzungen und Bandrupturen ist seit Jahrzehnten
bekannt und klinisch etabliert [2]. Die Vorteile ergeben sich durch die dynamische Untersuchung, einer hohen Ortsauflösung
und dem Einsatz der Dopplersonografie (v. a. bei Überlastungsschäden oder Tendinopathien).
Etabliert ist das Verfahren insbesondere in oberflächlichen Lokalisationen wie der
Achillessehne, Patellasehne, Quadricepssehne sowie des Bandapparates im Kniegelenk
([Abb. 5]). Die Differenzierung zwischen Partialruptur und Totalruptur gelingt hier in der
Regel mit hoher Genauigkeit. Auch die – im Vergleich dazu selteneren (isolierten oder
kombinierten) Verletzungen der Aponeurosen der Unterschenkelregion, häufig im Bereich
des medialen Gastrocnemius und M. soleus – lassen sich aufgrund der oberflächlichen
Lage sonografisch optimal charakterisieren. Hier existieren eigene, neue Klassifikationen
zur Beurteilung des Verletzungsausmaßes von Muskelaponeurose und freier Aponeurose
hinsichtlich der Return-to-sport-Prognose ([Abb. 6]) [17].
Abb. 5 Junger Fußballspieler mit Trauma im Training und Schmerzpunkt am lateralen Kniegelenk.
Im initialen US ist die Partialruptur des lateralen Kollateralbandes mit deutlicher
Auftreibung (Grad II Verletzung) ersichtlich (Pfeil), es ist weder eine Totalruptur
noch ein separierendes Hämatom erkennbar. Die deutliche Hypervaskularisation im hochsensitiven
Dopplerverfahren (B) bestärkt die Diagnose der frischen Teilruptur. Die MRT-Kontrolle nach 14 Tagen zeigt
eine noch bestehende Signalsteigerung bei durchgehendem Bandapparat (C). LCL: Laterales Kollateralband.
Abb. 6 Kombinierte Ruptur der Aponeurose des medialen M. gastrocnemius mit Affektion des
Muskels sowie der freien Aponeurose mit Einblutung. Der US zeigt die genaue Lokalisation
sowie Ausdehnung der Rupturzone im M. gastrocnemius (MG) innerhalb der komplexen Struktur
dieser anatomischen Region (A Längsschnitt, C Querschnitt). Korrespondierend dazu die vergleichenden MRT-Aufnahmen (B coronar, D axial). MS = M. soleus.
Im Rahmen der Diagnostik von Tendinopathien, allen voran Patellaspitzensyndrom und
Achillessehnentendinopathie, ist der US mittlerweile die Methode der Wahl. Der Einsatz
des multiparametrischen US (mpUS, [18]) mit Anwendung der Scherwellenelastografie (SWE) und neuer 3D-Doppler-Techniken
zur Quantifizierung der Neovaskularisation heben die US-Diagnostik auf ein neues Level
und gewährleisten fortlaufend bessere Standardisierung und Vergleichbarkeit ([Abb. 7]). Die Quantifizierung der 3D-Vaskularisation reduziert die subjektive Einschätzung
des Untersuchers und erlaubt eine verbesserte Aussagekraft in Verlaufskontrollen ([Abb. 7B, E]). Im Rahmen der Achillessehnentendinopathie können niedrigere Steifigkeitswerte
in Kombination mit der Neovaskularisation in der Dopplersonografie beobachtet werden
[19]
[20]. Für das Patellaspitzensyndrom fehlen aktuell noch aussagekräftige Studien zur SWE,
wohingegen B-Bild-Charakteristika wie Verdickung, Strukturverlust, Ossifikationen
gemeinsam mit der Neovaskularisation etablierte Kriterien sind – und zur Diagnose
ausreichen. Klinisch lässt sich in zunehmenden Fällen beobachten, dass im Rahmen des
Follow-Ups nach Therapie das Lig. Patellae am kaudalen Patellarpol elastografisch
zunehmend steifer wird, was unserer Meinung nach auf eine Fibrosierung des Gewebes
hindeutet ([Abb. 7C, F]).
Abb. 7 Profisportler (Fußball) mit Patellaspitzensyndrom. MpUS mit Baseline-Untersuchung
vor der Saison (A–C) und Follow-Up nach der Saison (D–F) bei über 40 Pflichtspielen und dreimaliger ACP-Therapie vor Saison. Die Neovaskularisation
ist trotz hoher Belastung während der Saison im Verlauf deutlich reduziert (A, B vs. D, E), welche mittels 3D-Verfahren quantifiziert werden kann (prozentualer Anteil der
Farbvoxel zu den Grauwert-Voxel). Die SWE zeigt eine erhöhte Steifigkeit der Patellaspitze
nach der Saison sowohl in der farbkodierten Map als auch metrisch. Der Spieler war
im Verlauf beschwerdefrei.
Interventioneller Ultraschall
Interventioneller Ultraschall
Der interventionelle Ultraschall ist sowohl bei akuten Muskelverletzungen als auch
chronischen Überlastungsschäden der Sehnen anzuwenden. Intramuskuläre Hämatome sind
durch den Organisationsprozess in der Regel nach 2 bis 3 Tagen klar abgrenzbar (echoarm
bis echoleer) [8]. Dies ist der optimale Zeitpunkt für die US-gezielte Aspiration [21]. Bei strukturellen Muskeldefekten (Muskelfaserriss) kann zu diesem Zeitpunkt das
umgebende oder die Sehnenanteile separierende Hämatom aspiriert und gleichzeitig lokal
wirksame Injektionstherapien (platelet rich plasma [PRP], autolog-konditioniertes
Plasma [ACP]) durchgeführt werden ([Abb. 8]). Durch diese Intervention kann eine schnellere Heilung des Muskelgewebes durch
verbesserte Adaptierung der Muskelfasern erreicht werden. In-vitro-Studien belegen
zwar das regenerative Potenzial von PRP bei akuten Weichteilverletzungen, allerdings
liegen nur wenige randomisierte, kontrollierte Studien vor, die einen eindeutigen
klinischen Nutzen belegen [22]. So zeigen einzelne Studien zur PRP-Injektion bei Muskelverletzungen eine bildgebende
Korrelation für eine schnellere Heilung und Reduktion der Zeit bis zur Wiederaufnahme
des Trainings („time to sports“) [23].
Abb. 8 Kombination der Modalitäten und der US-gezielten Intervention. Partialruptur am myotendinösen
Übergang des M. biceps femoris (Caput longum) eines Fußballspielers (A). Nach Aspiration des Hämatoms wurde in der gleichen Intervention direkt an den Faserdefekt
ACP injiziert (B). Die kurzfristige US-Kontrolle nach 2 Wochen zeigt einen regelrechten Heilungsverlauf
ohne Hämatom, die genaue Beurteilung des Sehnenanteiles ist im US erschwert (C). Die MRT-Kontrolle nach 6 Wochen zeigt eine gute Sehnenheilung bei noch umgebendem
Ödem (D).
Fraktursonografie
Der US zur Frakturdiagnostik ist nicht in der Lage, die Projektionsradiografie vollständig
zu ersetzen, sondern nur bei definierten ndikationen zu ergänzen und überflüssige
Aufnahmen mit ionisierender Strahlung zu vermeiden. [24] Er wird zur Frakturdiagnostik, Kontrolle der Frakturheilung, bei Bandinstabilitäten
und bei traumatischen Weichteilverletzungen eingesetzt – insbesondere im Wachstumsalter.
Die US-Bildgebung stellt stets rein die kortikale Knochenoberfläche dar und kann zur
Bestätigung oder zum Ausschluss einer Fraktur genutzt werden ([Abb. 9A, B]). Großer Vorteil des US ist die zusätzliche Beurteilung des Weichteilmantels um
den Knochen zur Detektion von Hämatomen oder Gelenkergüsse im gleichen Untersuchungsgang.
Zur genauen Beurteilung der Frakturstellung/Dislokation ist die additive Röntgenuntersuchung
vorteilhaft.
Abb. 9 Beispiele für point-of-care US (A–C) und additiver US-Untersuchung (D–F) in der Frakturdiagnostik. A–C 28-jähriger Freizeitsportler nach Kletterunfall (Bouldern) mit sonografisch abgrenzbarer
kortikaler Stufenbildung (A Längsschnitt, B Querschnitt) und somit Diagnose einer Weber-B-Fraktur. Die ergänzende, präoperative
Röntgenuntersuchung (C) dient der Evaluation der Frakturstellung. D–F 29-jährige professionelle Balletttänzerin mit initialem V. a. Milzruptur bei linksseitigem
Oberbauchschmerz. Nach Anamnesegespräch und Ausschluss eines Milztraumas wird der
von der Pat. angegebene, umschriebene Schmerzpunkt im Bereich der 11. Rippe untersucht.
Hier zeigen sich die dislozierte Rippenfraktur mit deutlicher Stufe (D Längsschnitt) und umgebend diffuses, echoreiches Hämatom (markiert) im Vergleich
zur normalen Interkostalmuskulatur (Stern, E Querschnitt). Die initiale Röntgenuntersuchung war negativ (F).
Beim Erwachsenen kann die Untersuchung bei Verdacht auf Rippenfraktur(en) vor dem
Röntgen erfolgen. Ist bereits eine Röntgenaufnahme ohne Frakturnachweis angefertigt
worden, soll bei klinischem Verdacht einer Fraktur die betreffende Rippe (Patient*in
visualisiert des maximalen Schmerzpunkt) sonografisch untersucht werden ([Abb. 9D–F]). Insbesondere bei Rippenfrakturen sollte immer der Interkostalmuskel mitbeurteilt
werden, da das umgebende Hämatom zur Detektion der Fraktur hilfreich ist ([Abb. 9E]). Im Rahmen der Verlaufskontrolle kann bei fehlendem Kallusnachweis in der Projektionsradiografie
der US additiv genutzt werden, da Kallus morphologisch präziser und früher visualisiert
werden kann [25]
[26]. Somit können Verlaufskontrollen und die daraus resultierende Belastung stadiengerecht
gesteigert werden.
Bei der Dokumentation von Frakturen sollte immer ein Standardprotokoll mit entsprechender
Dokumentation genutzt werden, da es zwingend notwendig ist, die genaue Lokalisation
und Schallebene in Verlaufskontrollen zu reproduzieren (z. B. bei mehreren Untersuchern).
Mobiler Ultraschall
Technische Innovationen in der Gerätetechnik haben im letzten Jahrzehnt dazu geführt,
dass zunehmend kompakte, kostengünstige Ultraschallgeräte verfügbar sind. Diese Geräte
können mit Kabelverbindung oder via Funkverbindung (Bluetooth oder WLAN) auf Tablets
oder Handys übertragen werden. Dies macht den Ultraschall zu einer ortsunabhängigen
Modalität, welche klinisch wie auch präklinisch genutzt werden kann und sich zunehmend
in unterschiedlichen medizinischen Fachgebieten etabliert. So kann sie einerseits
direkt am Patientenbett zur Erweiterung der klinischen Untersuchung verwendet werden,
andererseits kommt sie präklinisch im Rettungsdienst zum Einsatz (zum Beispiel zur
Pneumothorax-Diagnostik nach Trauma oder FAST-Sonografie). In der Sporttraumatologie
haben sich solche Systeme noch nicht gänzlich etabliert bzw. sind nur additiv im Einsatz.
In einem Vergleich mehrerer mobiler US-Geräte (sog. hand-held devices) wurde kritisiert,
dass keines der bewerteten Geräte alle von den Experten*innen gewünschten Eigenschaften
(Bildqualität, Benutzerfreundlichkeit, Tragbarkeit, Gesamtkosten, Sondenportfolio)
aufweist [27]. Durch ihre Kompaktheit bieten diese Geräte jedoch Vorteile für einzelne Bereiche
([Tab. 1]).
Tab. 1
Übersicht der Anwendungsgebiete und allgemeinen Vor- bzw. Nachteile der mobilen Sonografie.
Adaptiert nach Hees et al. [27].
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Anwendungsgebiet
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Vorteile
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Nachteile
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US-gezielte Intervention
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Frakturdiagnostik
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Trauma (eFAST)
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Die publizierte Literatur zum Einsatz mobiler Ultraschallgeräte in der Sporttraumatologie
ist aktuell noch spärlich. Einzelne Studien konnten zeigen, dass Standardmessungen
der Muskeldicke und die Beurteilung der Muskelarchitektur mit mobilen Ultraschallgeräten
eine gute Vergleichbarkeit zum Standardultraschall aufweisen [28]. Aus der klinischen Erfahrung lässt sich berichten, dass oberflächlich gelegene
Strukturen wie z. B. die Beurteilung des M. Quadriceps oder der Unterschenkelmuskulatur
mit mobilen Geräten in einer akzeptablen Bildqualität bewertet werden können. Schwierigkeiten
ergeben sich an anatomischen Lokalisationen mit deutlich größeren Muskelvolumina,
wie z. B. die Beurteilung der ischiocruralen Gruppe (Hamstrings) bzw. deren proximalen
Sehnenansätzen. Hier kommen mobile Ultraschallgerät aufgrund der Eindringtiefe und
Anlotung hinsichtlich der Bildqualität an ihre Grenzen.
Einsatz am Spielfeldrand von mobilen Ultraschallgeräten
Einsatz am Spielfeldrand von mobilen Ultraschallgeräten
Durch die kompakten Dimensionen ermöglichen mobile Ultraschallgeräte den Einsatz am
Spielfeldrand [29]. Grundsätzlich eignet sie sich damit zur raschen Korrelation der Befunde aus der
klinischen Untersuchung [5], jedoch ist die Aussagekraft im direkten Spielbetrieb limitiert. Auch wenn sie die
klinische Untersuchung zu komplettieren vermögen, werden sie der Komplexität dieser
Situation nicht gerecht. Neben dem Zeitdruck muss in diesen Situationen auch die Einschätzung
des Spielers/der Spielerin betrachtet werden, die ggf. auch ohne pathologischen Untersuchungsbefund
(klinisch und sonografisch) die Wettkampfbelastung nicht weiterführen können. Zudem
ist hervorzuheben, dass in der Diagnostik von akuten Muskelverletzungen die Abgrenzung
des intramuskulären Hämatoms als Korrelat eines strukturellen Muskeldefekts oder Kontusionstrauma
relevant ist, was in der Frühphase (wenige Minuten nach der Verletzung) nicht suffizient
zu bewerten ist. Somit birgt die schnelle Beurteilung am Spielfeldrand Risiken: falsch-positive
Befunde können sowohl Untersucher*in als auch Sportler*in verunsichern; falsch-negative
Befunde können dazu führen, dass die weiterführende Diagnostik und entsprechende gezielte
Therapie oder Trainingssteuerung nicht adäquat durchgeführt wird. [30] Aus diesen Gründen hat sich die Ultraschalldiagnostik am Spielfeldrand bisher nicht
etabliert und wird von uns nicht empfohlen.
Ein weitaus etablierteres Einsatzfeld ist die Anwendung des mobilen Ultraschalls nach
der Wettkampfbelastung in der Kabine bzw. Trainingsstätte. Dabei kann in ruhiger Umgebung
eine umfangreiche klinische Untersuchung durchgeführt werden, welche um eine fokussierte
US-Diagnostik erweitert wird. Der Stellenwert des US ist hierbei nicht nur die reine
Aussage um das Vorliegen einer muskulären oder tendinösen Verletzung, sondern auch
die Festlegung des weiteren Prozederes (Kompressionsverband, weiterführende MRT, Injektionstherapie,
Physiotherapie, Trainingssteuerung). Je nach Befund kann eine weiterführende MRT-Diagnostik
geplant werden oder diese Ressourcen gespart werden. Somit kann die Akutdiagnostik
verbessert werden und der/die Sportler*in zeitnah einer optimierten und kosten- wie
ressourceneffizienten Behandlung zugeführt werden. Vergleicht man die diagnostische
Aussagekraft von mobilen mit stationären/traditionellen Ultraschallgeräten, zeigen
sich in der Literatur durchaus akzeptable Ergebnisse, die jedoch stark vom Untersucher
und der untersuchten Körperregion abhängig sind. [31]
Besondere Bedeutung kommt den mobilen Ultraschallgeräten im Rahmen von Auswärtsspielen
oder im Trainingslager zu, da die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den etablierten
radiologischen Betreuern sowie die Infrastruktur vor Ort oftmals nicht gegeben sind.
Das Einsatzgebiet umfasst sowohl die akute Verletzungsdiagnostik, die Kontrolle und
Trainingssteuerung bei Überlastungsschmerzen, der Einsatz im Rahmen von US-gezielten
Infiltrationen. Eine interessante Option und mögliche Zukunftsanwendung bieten hierbei
Remote-Geräte, die eine telemedizinische Befundung oder zusätzliche Meinung durch
einen Spezialisten entweder zeitgleich oder im Zeitversatz nach Übermittlung der Bilder
erlauben (Tele-Sonografie) [32].
Zusammenfassung
Der US in der Sporttraumatologie umfasst viele klinische Anwendungsgebiete – allen
voran die Muskel- und Sehnensonografie – und wird vor allem zur fokussierten Initialdiagnostik
und zum intensiven Follow-Up genutzt. Durch den technischen Fortschritt sind mittlerweile
auch vermehrt mobile US-Geräte in Trainingsstätten bzw. extraklinisch im Einsatz,
welche neben Vorteilen allerdings auch Risiken bergen (Stichwort: strukturierte Ausbildung
der Anwender). Die Diagnostik am Spielfeldrand hat sich aufgrund der Komplexität und
des Zeitdrucks hingegen bis heute nicht etabliert, wohl aber die intensive Nutzung
in Trainingsstätten und Trainingslagern. Neue US-Applikationen wie die SWE und 3D-Vaskularisation
nehmen vermehrt Einzug in die Sehnendiagnostik, wenngleich aktuell noch vorrangig
im Bereich der Wissenschaft. In den kommenden Jahren liegt ein besonderes Augenmerk
auf der telemedizinischen Sonografie, da die fokussierte sonografische Bildakquisition
in der Sporttraumatologie sehr gut durch einen zusätzlichen Spezialisten interpretiert
werden kann (standardisierte und fokussierte Untersuchungsstruktur).