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DOI: 10.1055/a-2186-7028
Krisenintervention nach dem Tod eines Kindes
Das tote Kind am Einsatzort – Teil 3
Der plötzliche, notfallbedingte Tod von Kindern gehört zu den belastendsten Einsatzsituationen, mit denen man im Rettungsdienst überhaupt konfrontiert werden kann. Emotionale Reaktionen von Eltern sind mitunter kaum auszuhalten. Angesichts des traurigen und tragischen Notfallgeschehens werden häufig Ohnmachts- und Hilflosigkeitsgefühle erlebt. Der Beitrag gibt einen Überblick über Maßnahmen der Krisenintervention und enthält Empfehlungen für eine angemessene Einsatznachsorge.
Zusammenfassend sollten folgende Hinweise beachtet werden:
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Vermitteln Sie die Nachricht, dass ein Kind verstorben ist, mit eindeutigen und unmissverständlichen Formulierungen.
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Akzeptieren Sie in der Akutsituation: Es gibt keinen Trost.
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Eigene Betroffenheit zu zeigen, ist ausdrücklich erlaubt.
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Notärztinnen und Notärzte sollten Hinterbliebenen nach Möglichkeit keine sedierenden Medikamente verabreichen.
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Erläutern Sie den Eltern, dass das Hinzuziehen der Polizei bei jedem „nicht natürlichen" bzw. „ungeklärten“ Todesfall einen formellen Automatismus darstellt.
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Benachrichtigen Sie Psychosoziale Akuthelfer und weisen Sie auf vor Ort verfügbare Nachsorge- bzw. Selbsthilfegruppen hin.
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Wenn es gewünscht wird, sollte Hinterbliebenen eine Abschiednahme vom verstorbenen Kind ermöglicht werden. Bei der Gestaltung der Abschiednahme sind Vorgaben der Polizei jedoch zwingend zu beachten!
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Intravenöse und intraossäre Zugänge sowie Beatmungstuben sind im Körper zu belassen. Unabhängig davon sollte das verstorbene Kind so würdevoll wie möglich aufgebahrt werden.
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Wenn es gewünscht wird: Helfen Sie dabei, ein Andenken anzufertigen (Foto erstellen, Haarlocke abschneiden).
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Führen Sie innerhalb des Rettungsteams Nachbesprechungen durch, bei der sowohl medizinische als auch psychologische Aspekte des Notfallgeschehens noch einmal reflektiert werden können. Sowohl Debriefings direkt im Anschluss an den Einsatz („Hot Debriefings“) als auch ausführlichere Nachbesprechungen mit einigem zeitlichem Abstand („Cold Debriefings“) sind sinnvoll und angebracht.
Schlüsselwörter
Überbringen einer Todesnachricht - Beileidsbekundung - Abschiednahme - SchuldgefühlePublication History
Article published online:
26 February 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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